Geschichte des
Geschlechts v. Kleist Dritter Teil - Biographien bis 1880 Dritte Abteilung Muttrin - Damensche Linie Der Damensche und der Ruschitz-Dargener Ast
2. überarbeitete Auflage auf Grundlage des Textes von H. Kypke (1885) und von Ergänzungen von Hans Wätjen (1979) überarbeitet von Sigurd v. Kleist
Hamm 2017
© 2016 Familienverband derer v. Kleist e. V., Hamm - Stand: 25. Juni 2018 Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verfassers in irgend einer Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen -1-
Inhaltsverzeichnis1 Seite 1.Aufl Damenscher Ast Gut Damen Dubislaff, auch Bratta genannt (III. 2) Damen-Voldekowscher Seitenzweig Kowalk-Schmenziner Seitenzweig Voldekower Nebenzweig Dargenscher Nebenzweig Schwellin-Voldekower Nebenzweig Nachkommen III. 486 Stavenower Seitenzweig (Alt-) Schmenziner Seitenzweig Nereser Seitenzweig Siedkow-Ruschitzer Seitenzweig Nemitzer Seitenzweig Camissow-Natztower Nebenzweig (Neu-) Drenower Nebenzweig Segenthiner Seitenzweig Hohenauener Nebenzweig Franz Casimirs Seitenzweig Alexander Michaels (III. 390) Nebenzweig Damen-Garbnicken’scher Seitenzweig Kowalker Seitenzweig Damen-Zarnekowscher Seitenzweig Damen-Nemmeriner Seitenzweig Zebliner Seitenzweig Damen-Dargenscher Seitenzweig Damen-Kieckower Seitenzweig (Alt-) Drenower Nebenzweig Damen-Zadtkower Seitenzweig Kowalk-Warniner Seitenzweig Nebenzweige Wusseken Ruschitz-Dargener Ast Nachträge Sabina von Kleist Biographien nicht zuordenbarer Familienmitglieder Namens-Register der Biographien aller Bände der Familiengeschichte bis 1880 Die männlichen Familienmitglieder Die Töchter Die Schwiegertöchter Die Schwiegersöhne
2 2 2 9 23 28 34 45 66 77 105 125 137 162 170 175 182 199 203 213 220 242 244 255 266 285 297 311 312 331 352 360 366 392 392 398 398 422 441 456
Das Vorwort befindet sich im ersten Band “Muttrin” der Muttrin-Damenschen Linie.
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Im Jahr 2008 ausgestorbene Seitenzweige sind im Inhaltsverzeichnis grau dargestellt. Die Seitenzahlen der 1. Auflage sollen es erleichtern, ältere Verweise in dieser Auflage zu finden.
299 299 300 305 318 322 328 337 356 364 380 394 404 425 432 437 442 453 456 462 466 484 487 497 506 523 534 544 546 563 581 588 592 612 621 654 654 672 683 693
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen -2-
Der Damen'sche Ast. Der andere, nicht minder umfangreiche Ast an dem Muttriner Stamme ist der Damen'sche, welcher seinen Namen von dem Stammsitz Damen trägt.
Damen ist zwei Meilen von Polzin nordostwärts an der Straße, welche von Polzin nach Cöslin führt, gelegen. Nicht weit vom Dorfe fließt die Damitz oder Dame, welche das Damen'sche Feld an der Abendseite von einem Teile der Wusterbarther Güter scheidet und dem Dorfe Vietzow gegenüber sich in die Persante ergießt. Letztere fließt gegen Norden nahe an Damen vorüber. Dieser Rittersitz gehörte nicht zu den nach Belgard bedepflichtigen. Wahrscheinlich ist, daß Damen ehedem zu Wusterbarth, woselbst ein Schloßgut und Schloßberg, gehörte. Um 1365 brachte Jarislav es an die Familie. In den Jahren 1436 und 1439 wohnte Hermann (M. 9) auf Damen.2 Von 1485 bis 1650 befand sich das Gut nebst Zubehör (Katschenhagen, Wald mit Buschgütern und halb Nemmerin) im Besitz der Damen'schen Linie allein. In alten Zeiten existierten dort vier Rittersitze.3 Bei der Kirchenvisitation in Damen (1591) waren Lorenz, Aßmus, Matthias und Reichardt, die Kleiste zu Damen, gegenwärtig und haben die damals angefertigte Kirchen- und Pfarrmatrikel mitvollzogen. In dieser Matrikel sind einige Legate notiert, von deren Zinsen die Armen des Orts alljährlich 5 Paar Schuhe erhielten. Für einen Teil des Geldes war ein Kamp angekauft worden, von dessen Pacht die Armen alljährlich ein „Laken Belgardisch Wandt" bekamen. In jener Zeit waren 26 besetzte Höfe à 1 1/ 2 Hf. im Orte. Im vorigen Jahrhunderte bestand das Dorf aus drei Anteilen a., b. und c. Zu Damen a. gehörten ein Rittersitz, die Grobke genannt, 2 Vorwerke, 2 Schäfereien, 3 Bauern, 3 Halbbauern, 1 Schmiede und die beiden Feldgüter Curow und Sand. Damen b. bestand in einem Vorwerke, einer Schäferei, 3 Bauern, 4 Halbbauern, den Feldgütern Klein-Nemrin und Sand (verschieden von dem bei Damen a. angeführten Feldgute gleichen Namens) und einem Anteile an Katschenhagen, der Burgwald genannt. Damen c. umfaßte 2 Vorwerke, von denen das eine gemeiniglich „das hohe Haus" genannt wurde, 2 Schäfereien, 2 Bauern, 3 Halbbauern und die Feldgüter Beuckhof und Rauden. Laut Verfügung der Kgl. Regierung vom 8. Januar 1847 heißen die früheren Güter Damen a., b. und c. jetzt: Damen a., b., c., Rauden und Sand. Die Rittergutsqualität ist allein auf Damen gelegt. Sand ist 1877 anderweitig verkauft; desgleichen Rauden. Damen kam 1878 zur Subhastation, in welcher Graf Conrad Kl. -Schmenzin (II. 225) und Major Hugo v. Kl. -Retzow-Groß-Tychow (III. 843) es gemeinschaftlich erstanden.4 Zu dem Damen'schen Aste gehört eine Anzahl geistig sehr bedeutender Männer. Unsere Stammtafel beginnt mit III. 2.
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Stettin erachtet den 1407 in Colberg auftretenden Hermann Kleist mit dem 1436 und 1439 zu Damen wohnhaften für identisch (Urkb. II, S. 282). 3 Die Gebrüder Tessen, Asmus, Adrian und Daniel Kl., Inhaber der 4 Rittersitze zu Damen, wurden von dem Herzoge Johann Friedrich, nach einer Urk. vom 20. Septbr. 1576, die vom Herzoge Bogislaw XIV. am 1. Oktbr. 1631 bestätigt wurde, mit einem Wehr auf der Persante zwischen Damen und Zadtkow belehnt. 4 Geschichte des Geschlechts v. Kl., III. Teil. Abt. II, S. 101. (1. Auflage)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen -3-
Dubislaff, auch Bratta genannt,5 auf Damen, 1477, † c. 1482. Er war Henning's (I. M. 8) und der Margarethe von Wedelstädt aus Gülzow Sohn.6 In dem Gesamtlehnbriefe vom 13. April 1477 wird seiner und seiner fünf Söhne: Drews, Curt, Bisprow, Peter und Pribislaff (III. 7—11) zum ersten Male Erwähnung getan (125). Dubislaff besaß außer Damen die Hälfte des Schlosses und der Stadt Bublitz mit den dazu gehörigen Dörfern. Die andere Hälfte besaß sein Bruder Bisprow.7 Des Ersteren Anteil an Bublitz kaufte 1479 Ludwig Graf zu Eberstein und Herr von Naugard, erwählter Bischof zu Cammin (135). Die alten Urkunden berichten über Dubislaff noch Folgendes: „Als seine Brüder Jakob, Schir, David und Volz ohne Erben gestorben, nahm er Jakobs und Davids Anteil an den Damen'schen Gütern allein an sich, und seiner Brüder Bisprow und Pribislaff Kinder haben es studio concordiae dabei gelassen. — Als auch Jürgen Kl., Jarslaffs jüngster Enkel, vor Belgard erschlagen, hat er die Damen'schen Güter, welche Jarslaff gehabt, an sich gebracht, für sich eingenommen, und vorgegeben, daß sie ihm allbereits bei Jarslaffs ältesten Sohnes Hermann Zeiten verpfändet gewesen, darüber er zu Damen geblieben. Ob er aber hernachhero deshalben mit seinen Brüdern Bisprow, Pribslaffen, Voltzen und Schieren, welche zu der Zeit im Leben gewesen und ihren Sitz und Unterhalt zu Muttrin und in den dazu gehörigen Gütern gehabt oder mit ihren Kindern sich vertragen, findet man keine Nachricht, es ist aber, daß es geschehen, vermuthlich."8 Am 28. Dezember 1486 wurden bereits Dubislaffs Söhne, die Gebrüder Drews, Curt, Bisperow, Peter und Pribislaff, belehnt (192). Der Vater war zuvor, wie die Stammt. richtig sagt, c. 1482 gestorben. In dem bez. Lehnbriefe von 1486 werden als Güter der Damen'schen Linie folgende angegeben: ganz Damen, Katschenhagen, Warnin, Groß- und Klein-Hansfelde, Groß- und Klein-Voldekow, halb Nemmerin, Drenow, Zarnekow, Freienstein, Latzig und Anteile an Gr. -Dubberow, Zadtkow, Muttrin, Döbel, Kieckow, Krössin, Kowalk, Dimkuhlen und Schmenzin (192).9 Dubislafs war zweimal verheiratet: a) mit Catharina von Podewils, des Michel auf Podewils Tochter, welche ihm drei Söhne: 1) Drews, 2) Curt und 3) Bisprow (III. 7—9) schenkte und b) mit.... von Glasenapp aus Gramenz, mit welcher er zwei Söhne: 4) Peter und 5) Pribislaff (III. 10—11) zeugte. III. 7. Andreas (Drews),
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Seine wendischen Zunamen sind: Brat, Bratt, Brato, Brata und Bratta. Siehe Geschichte des Geschlechts v. Kl., II. Teil, IV. Genealogie und Geschichte der Kleist von 1289 bis 1477 (2008) 7 Descr. geneal. 19. 8 v. d. Osten bestätigt dies, indem er von Dubislaff aussagt: „Dieser Dubslaff hat sehr um sich gegriffen. Er brachte die Anteile seiner Brüder Jacob und David an sich, ohne Ihnen dafür etwas besonders sonderlich zu geben, und nach des Jürgen Tode bemächtigte er sich auch des alten Jarislaffs Anteilgüter; er gab für, daß der alte Jarislaff Ihm darüber eine Verschreibung gegeben hätte, und die beiden ließen dies alles so hingehen. " 9 Nach alten Nachrichten soll Dubislaff noch a. 1524 in hohem Alter gelebt haben. Es ist dies jedoch unwahrscheinlich, da der Lbr. von 1486 nur seine 5 Söhne erwähnt und bei der Aufzählung der Guter ausdrücklich bezeugt: „was ihr Vater gehabt. " Hiernach ist vielmehr anzunehmen, daß der Vater vor 1486 gestorben. 6
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen -4-
fürstlicher Rat zu Damen 1477, † 1488, Dubislaffs ältester Sohn, nahm seinen Sitz zunächst in Voldekow. Ihm bekannte sich unter dem 25. Januar 1477 Ludwig Graf zu Eberstein, Bischof von Cammin, zu einer Schuld von 400 Mark, wofür derselbe ihm 32 Mark aus der Urbör (= Urbede) von Bublitz verpfändete. Das Geld sollte ihm in Damen erstattet werden. Drews vermachte dies Darlehn später dem Cösliner Nonnenkloster, was Bischof Martin erst 1500, nach Drews Tode, bestätigte, da der vorige Bischof alle solche Sachen hatte liegen lassen (124). Laut Urkunde vom 19. August 1481 wird Drews als Schuldbürge des Jerslaff von Herzberg angegeben, der mit andern Neustettiner Bürgern dem Herzoge Bogislav X. eine Schatzung zu zahlen schuldig war (150). Im Jahre 1485 erscheint er zum ersten Male unter den fürstlichen Räten. Als Solcher hat er die Urkunde dd. Stolp 13. November 1485 mitvollzogen, nach welcher Herzog Bogislav X. seiner Mutter, der Herzogin Sophie 1000 Gulden jährliche Einkünfte zu ihrem Leibgedinge verschrieb (177). — Am 10. Februar 1486 unterschrieb er als fürstlicher Rat den Verhörsbescheid in dem Prozeß des Curt Kl. und seiner Brüder wider Peter Kl., Vogt zu Neustettin, welchen Bescheid der Kanzler Georg Kl. verfaßt hat (179 und 180).10 Drews war im Jahre 1477 mit seinem Vater und vier Brüdern belehnt worden (125). Im Jahre 1486 wurde er mit seinen vier Brüdern von neuem belehnt. Dabei ward ihnen und allen ihren Vettern, welche den Kleist'schen Namen und Schild führen, zugleich die gesamte Hand in allen Gütern, die sie zu Lehn haben und künftig bekommen würden, erteilt (192). Im Jahre 1488 starb Drews Kl. Nach v. d. Osten soll er von den Bauern in Drenow erschlagen worden sein. Von seiner ersten Gemahlin.... von Münchow aus Neu-Buckow hatte er zwei Söhne: 1) Bartes und 2) Matthias (III. 23 und 24). Seine zweite Gemahlin... v. d. Osten schenkte ihm einen dritten Sohn Dubislaff (III. 25). Sie vermählte sich als Witwe mit Dionysius von Wedell. III. 8. Curt auf Damen und Kowalk 1477, † vor 1501, Dubislaffs anderer Sohn, ward 1477 und 1486 belehnt (125 und 192). Bei der Präsentation und Institution des Pastors Petrus Wolkow in Muttrin und Damen am 31. August 1493 ist Curts Name nicht genannt. Entweder hatte er seinen Sitz auf seinem andern Gute Kowalk aufgeschlagen oder war bereits todt (279). Jedenfalls starb er vor 1501, denn am 13. Dezember ej. a. werden schon seine beiden ältesten Söhne Drews und Paul belehnt, und zwar mit Allem, was ihr Vater gehabt in den Dörfern und Gütern Damen, Dubberow, Muttrin, Zadtkow, Döbel, Kieckow, Drenow, Zarnekow, Kowalk, Schmenzin, Groß- und Klein-Voldekow, Warnin und Nemmerin (343). Curt war zweimal vermählt: a) mit... von Manteuffel, mit welcher er kinderlos blieb und b) mit.... von Wopersnow aus Standemin, welche ihm vier Söhne: 1) Lorenz, 2) Andreas, 3) Paul und 4) Georg (III. 26—29) und zwei Töchter schenkte.
10 Unter den fürstlichen Räthen befand er sich am 13. Februar und 4. April 1486 zu Rügenwalde (182, 1 84 und 186 a), am 18. und 27. Februar 1487 (194 und 196) und 31. Dezember ej. a. (199); endlich am 1. Januar, 2. und 21. Februar 1488 (200, 201 und 202).
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Die ältere derselben, Catharina, wurde die zweite Gemahlin des Dinnies von Below auf Pennecow († um 1528). Die jüngere Anna heiratete Tönnies Claus von Zitzewitz auf Budow, 1527 war sie Witwe (426). III. 9. Bisprow auf Damen, 1477, † vor 1518, Dubislaffs dritter Sohn, ward gleichfalls 1477 und 1486 belehnt (125 und 192). Am 26. März 1493 und am 31. Dezember 1500 unterschrieb und untersiegelte er den Revers der pommerschen Stände, in welchem sie dem Kurfürsten für den Fall des unbeerbten Todes ihres Herzogs Bogislav X. oder seiner Nachfolger die Succession in den pommerschen Landen zusicherten (266 und 337).12 In der Urkunde vom 31. August 1493 wird er als zweiter Patron von Damen namhaft gemacht (279). Außer Damen b. besaß er Voldekow, Zarnekow und einen Anteil an Dargen. Am 23. September 1518 wurden bereits die Söhne mit den väterlichen Gütern belehnt; der Vater war also zuvor gestorben (393). Bisprow war zweimal verheiratet: a) mit Ursula von Manteuffel, des Eccard auf Polzin und der Catharina von Kameke auf Bitziker Tochter, mit welcher er drei Söhne: 1) Henning, 2) Dubslaff, 3) Pribeslaff (III. 30—32 - siehe unten Damen-Zarnekower Seitenzweig S. 244) und eine Tochter Dorothea zeugte. Letztere wurde die Gemahlin des Henning von Below; und b) mit Sophia von Wolden, des Vivigenz und einer von Zitzewitz aus Quackenburg Tochter, welche ihm drei Söhne: 4) Hans, 5) Joachim, 6) Georg (III. 33—35 - siehe unten Damen-Zarnekower Seitenzweig S. 244) und zwei Töchter schenkte: 1) Barbara, Gemahlin des Tews von Wolden auf Koprieven und 2) Gertrud, † 1588 im Alter von 83 Jahren, Gemahlin des Matthias von Wolden auf Wusterbarth.13 Im Jahre 1514 hatte Bisprow seiner Frau „Czeffe (= Sophia) von dem Wolde" ein Leibgedinge ausgesetzt, darunter einen Immenhof zu Zarnekow (377). III. 10. Peter auf Damen, 1477, † nach 1524, Dubislaffs vierter Sohn, wurde mit seinen Brüdern 1477 und 1486 belehnt (125 und 192). 11
Ehevertrag, 1528 bestätigt, im Prov.-Archiv Stettin Vol. Adelssachen Nr. IV f. 98. Sammlung von Ehestiftungen und Leibgedingsbriefen ritterschaftlicher Geschlechter der Provinzen Sachsen, Brandenburg, Pommern und Preußen, Georg Adalbert v. Mülverstedt, Magdeburg 1863, S. 108 (2010) 12 Sein unter der erstgenannten Urkunde befindliches Siegel zeigt eine Tartsche mit einem Balten zwischen zwei nach rechts laufenden Fuchsen. Sein Siegel unter der andern Urkunde zeigt eine Tartsche mit 2 Füchsen ohne Querbalken, auf dem Helm die gestürzten Spieße. 13 Ihre Erben schickten am 30. April 1593 ihre Erbschaft, im Betrage von 1100 Fl., an das Hofgericht. Zusatz 2010: In einer Stammtafel der Collect. geneal. des Ordensrats Koenig befindet sich folgende Eintragung: “Matheus von Wolde zu Wusterbarth, 1505 geboren, starb 1588, aet. 83, begraben in Wusterbarth. Uxor Gertrud von Kleist aus Damen.” Zur Geschichte der Eisengießerei im Allgemeinen und insbesondere der Bildgießerin in Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen, Berlin 1824, S. 219.
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Laut Urkunde des Jahres 1493 war er auf Damen erbsessen und Mitpatron der dortigen Kirche, sowie der Pfarre von Muttrin-Damen (279). Am 16. November 1522 vertauschte er seinen Anteil an Dargen und Darsow an Dubislaff (III. 13) gegen dessen vom Vater ererbten Besitz in Muttrin, Döbel und Kieckow; Peter legte 100 Fl. zu. Beide behielten Vorkaufsrecht. Die Güter in Dargen waren altväterliche Stammlehne (414). In dem Verzeichnisse der Roßdienste der pommerschen Ritterschaft (1523) ist Peter als der Erste unter den Damen'schen Kleists genannt, welche zusammen 6 Lehnpferde stellten; seine Brüder waren bereits todt (415). Am 13. Januar 1524 empfing Peter zu Damen von den Herzogen Georg I. und Barnim X. sein Erbe und Lehn (417). In dem Verzeichnisse ausstehender Forderungen der Kalands-Brüderschaft zu Cöslin vom Jahre 1524 wird „senior Peter Kleist zu Damen" unter den Schuldbürgen genannt (420). Darnach kommt er in den Urkunden nicht mehr vor, ist also nach 1524 gestorben. Er war mit Ölgard von Wolden, des Andreas auf Wusterbarth und der Catharina von Kameke aus Cordeshagen Tochter vermählt, welche ihm drei Söhne: 1) Andreas, 2) Pribislaff und 3) Jacob (III. 36—38 - siehe unten Damen-Dargen'scher Seitenzweig S. 285) und drei Töchter schenkte: 1) Elisabeth (Ilsabe), Gemahlin des Peter von Zastrow auf Wusterhanse und Bärwalde, 2) Catharina, Gemahlin des Jochim von Damitz auf Möllen und 3) Dorothea, Gemahlin des Dinnies Rüdiger von Borcke auf Klaushagen. III. 11. Pribislaff auf Damen, 1477, † c. 1493, Dubislaffs jüngster Sohn, war bei den Belehnungen der Jahre 1477 und 1486 mitgegenwärtig (125 und 192); die Vokation des Pastors Petrus Wolkow im Jahre 1493 aber hat er nicht mehr unterschrieben; er war bereits zuvor unvermählt gestorben (279). Von des Dubislaff fünf Söhnen hatten also ihrer vier: Lehnserben. Dieselben sind Begründer von Seitenzweigen geworden, welche zum teil noch heute in Blüthe stehen. Des Dubislaff ältester Sohn Andreas (Drews) hatte, wie gesagt, drei Söhne: 1) Bartes, 2) Matthias und 3) Dubislaff (III. 23—25). III. 23. Bartes auf Damen a., 1493, des Andreas ältester Sohn, wird a. 1493 unter den Patronen genannt, welche einen Geistlichen für die mater Muttrin und für die filia Damen präsentierten und vocierten (279).14
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Die drei in Muttrin angesessenen Patrone waren: Henning, Johann und Peter und die vier in Damen erbsessenen: Bartes, Bisprow, Peter und Paulus jun., Bisprow und Peter sind Söhne Dubislaffs (III. 2), Paul (III. 29) Sohn des älteren Bruders Curt (III. 8), folglich Bartes Sohn des ältesten Bruders Drews (III. 7 ). An den Tychower Bartes ist nicht zu denken, da die Brüder 1486 ganz Damen hatten (192) und ihre Nachkommen stets bis gegen 1700, bis dahin auch 4 Sitze waren. —
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In späteren Urkunden kommt er nicht mehr vor. In seiner Ehe mit.... von der Osten hatte er einen Sohn Dubslaff (III. 56). III. 24. Matthias auf Damen a., † vor 1540, des Andreas zweiter Sohn, wird in den Urkunden vom 19. November 1502, 20. Januar 1504 und 25. März 1506 unter den Schuldbürgen aufgeführt (345, 347 und 351). Die zweitgenannte Urkunde hat er selbst unterschrieben und untersiegelt. Sein Siegel ist rund, von weißem Wachs und zeigt im spanischen Schilde einen Querbalken zwischen zwei Füchsen. Laut Brief und Siegel schuldete Matthias der Vikarien-Kasse zu Belgard 25 Fl., welche a. 1540 Jürgen (III. 32) zukamen (459), und der Kasse „Maryen tyden" in Cöslin schuldete er (vor 1532) 100 Mark (442 c). Er starb vor 1540, indem er in einem Streite mit den Bauern zu Drenow erschlagen ward. Aus seiner Ehe mit Agnes von Wopersnow aus Standemin sind ein Sohn Anton (III. 57) und zwei Töchter entsprossen: 1) Anna, vermählt mit... von Leckow und 2) Sophia, deren Gemahl Joachim auf Damen (III. 34) gewesen. III. 25. Dubislaff, „der aller Oldeste", auf Voldekow, 1524, des Andreas jüngster Sohn, wurde am 13. Januar 1524 belehnt. Als sein Stammsitz wird Groß-Voldekow angegeben. In der bez. Urkunde trägt er den Zunamen „der aller Oldeste" (417). Darnach kommt er in den Urkunden nicht mehr vor. Er starb ohne Erben. Von des Andreas drei Söhnen hatten also die beiden ältesten je einen Lehnserben, mit deren Tode jedoch dieser Seitenzweig erlosch. Des Bartes Sohn: III. 56. Dubslaff „der junge" auf Damen a., † 1527, wird in der Urkunde vom 20. Oktober 1523 mit seinem (Vater-) Brudersohne Anton unter den Damenschen Kleists aufgeführt, welche zusammen 6 Lehnpferde stellten (415). Am 13. Januar 1524 ward er belehnt (417). In demselben Jahre war er laut Urkunde 420 Bürge für seinen Vaterbruder Dubislaff senior und für Drews in Voldekow (III. 27). In den bez. Urkunden wird er der „junge", auch junior genannt. Dubslaff schuldete der Kösliner Pfarrkirche 100 M. (449) und der Beneficien-Kasse daselbst 50 M. (442 c). Letztgenannte Schuldsumme ist in der Urkunde durchstrichen, mithin von Dubslaff zurückgezahlt
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worden. Im Jahre 1527 ward er von Joachim auf Damen c. (III. 34) getödtet. Am 20. Januar 1528 erhielt der Mörder freies Geleit, weil er sich erboten, den Todschlag zu sühnen (433). Dubslaff war unvermählt geblieben. III. 57. Anton (Tonnies) auf Damen a, † vor 1538, des Matthias einziger Sohn, ist der (Vater-) Brudersohn des vorgenannten Dubslaff (415). Am 18. Oktober 1524 erhielt er speciellen Lehnbrief (419). An das beneficium angelorum zu Belgard schuldete er 100 M. (459). Im Jahre 1538, als sein Vetter Lorenz Kl. auf Damen (III. 26) sein Testament machte, ist des Anton auf Damen nicht mehr Erwähnung getan; er war zuvor gestorben (455). Laut Familien-Nachrichten ist er — wahrscheinlich in der Persante — ertrunken. Mit seinem unbeerbten Tode fiel sein Rittersitz c. p. an die Descendenten von Curt, Bisprow und Peter (III. 8—10). Mit ihm erlosch der von Andreas entsproßte Seitenzweig.
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Wir geben die Stammtafel von
Von Curt (III. 8) entstammt:
Der Damen-Voldekower Seitenzweig. Er hatte vier Söhne: 1) Lorenz, 2) Andreas, 3) Paul und 4) Georg (III. 26—29). III. 26. Lorenz, Hauptmann zu Usedom und Camp, † 1538, Curts ältester Sohn, studierte 1513 in Wittenberg. In der dortigen Matrikel steht unter dem 11. Januar 1513, "Laurencius Kl. de Damen, dioecesis Caminensis" eingetragen. Nach Vollendung seiner Studien fand er als Secretair Anstellung in der herzoglichen Kanzlei. Im September und Oktober 1518 sehen wir ihn in der Begleitung der Herzogin Sophie, Bogislavs X. Tochter, als dieselbe nach Kiel reiste behufs Vermählung mit dem Herzoge Friedrich von Holstein (394). Lorenz Kl. war auch zugegen, als der Bürgermeister und die Ratmannen von Kiel und die Häupter des Landes der Herzogin huldigten und ihr ein Leibgedingsgut festsetzten (405 und 406). In den Jahren 1519—1531 ist Lorenz als Secretair der pommerschen Herzoge tätig gewesen. Am 29. Oktober 1520 präsentierte Herzog Bogislav X. dem Archidiakonen von Triebsees seinen Secretair „Laurentius Kl. " zum Pfarrer an der Parochialkirche in Barth (403; vergl. auch 410). Nach Bogislavs X. Tode kamen dessen Söhne Georg I. und Barnim X. zur Regierung. Sie führten dieselbe gemeinsam, doch blieb dem erfahrenen, ältern Herzoge Georg das entscheidende Gewicht. Sein Secretair und treuer Ratgeber wurde Lorenz Kl. Es war damals eine ernste und schwere Zeit. Verwirrung und Unordnung herrschten überall im Lande. Das fürstliche Ansehen war gesunken. Der Streit zwischen Pommern und der Mark wegen der Oberlehnshoheit war noch nicht verglichen, es drohte mehrmals offener Krieg auszubrechen. Ein geordneter Rechtsgang im Lande lag gänzlich danieder. Der Adel wollte sich den Fürsten nicht fügen. Die Städte weigerten Bogislavs Söhnen die Huldigung. Im Innern brachen kirchliche und politische Unruhen aus. Es kam zu gewaltsamen Auftritten. Die Reformation begann sich in Pommern Bahn zu brechen, doch blieb diese Bewegung nicht immer in den Schranken des göttlichen Wortes. Es traten Bilderstürmer auf, welche Kirchen und Altäre zerstörten. Unruhige Prediger und Schwarmgeister reizten das Volk zum Ungehorsam gegen die Obrigkeit und zur Widersetzlichkeit gegen die Landesherren. Als aber die Bauern sahen, daß Städte und Adel sich wider die Landesherren auflehnten, regte sich auch in ihnen die Lust, über Adel und Städte herzufallen und sich von der drückenden Dienstbarkeit zu
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befreien. Den Herzogen gelang es erst nach harten Kämpfen, mit Hülfe ihrer treuen und bewährten Ratgeber, die Ordnung im Lande herzustellen. Die ausgezeichneten Dienste ihres Secretairs Lorenz Kl. belohnten die Herzoge wiederholt in fürstlicher Weise. Am 8. April 1526 erteilten sie ihm eine Vicarie der Camminer Domkirche (421 b), auf welche er später zu Gunsten des Faustinus Kl. resignierte (442 a). Am 2. Mai 1527 präsentierten sie ihn dem Bischofe von Cammin zu den erledigten Vicarien in den Kirchen zu Hohendorf, Spandowerhagen, Gützkow und Pyritz (425); desgleichen am 26. August ej. a. dem General-Offizial des Triebsee'r Archidiaconats zu den erledigten Vicarien in den Pfarrkirchen zu Stoltenhagen und Barth (427), welche er am 24. Septbr. ej. a. erhielt (430). Endlich wurde er von ihnen zu der erledigten Vicarie in der Pfarrkirche zu Bistorp präsentiert (428). Bischof Erasmus von Cammin conferierte ihm dieselbe am 30. August ej. a. (429). — Am 11. April 1530 verkauften die Herzoge ihm 96 rhein. Flor. (= 288 Mark) jährliche Pachte aus einigen Dörfern Rügens für 1600 Fl., die er bei der Erbteilung auf sein väterliches Erbe und Lehn erhalten hatte (441). Lorenz Kl. befand sich in der unmittelbarsten Nähe der Herzoge, als dieselben im Jahre 1530 zum Reichstage nach Augsburg zogen, um ihre Länder von Kaiser Karl V. zu Lehn zu empfangen. Die Belehnungsfeier wird folgendermaßen beschrieben: Kaiser Karl V. saß in der ganzen kaiserlichen Pracht auf dem Throne, welcher auf dem Weinmarkte errichtet war. Um ihn saßen die Kurfürsten und Fürsten des heil. römischen Reiches. Joachim, Kurfürst von Brandenburg, erhob sich von seinem Sitze, trat vor den kaiserlichen Thron und protestierte feierlich gegen die Belehnung der Pommern, wenn ihm nicht nach den bestehenden Verträgen die Berührung der Lehnsfahnen gestattet würde. Durch den Mund des Erz-kanzlers erhielt er gewährende Antwort. Hierauf wurde durch pommersche Edelleute der kaiserliche Stuhl auf schnellen Rossen umrannt. Nach dem Rennen stiegen die Herzoge Heinrich der Jüngere von Braunschweig und Lüneburg, Herzog Heinrich von Mecklenburg, Herzog Ernst von Brannschweig und Lüneburg und Herzog Albrecht von Mecklenburg von ihren Rossen. Diese vier Herren waren mit fürstlichen Gewändern, mit Perlenschmuck und goldenen Ketten gar köstlich angetan. Alle vier gingen neben einander mit Stiefeln und Sporen die Stufen des Gerüstes hinauf, knieeten vor des Kaisers Majestät nieder und baten um die Belehnung der pommerschen Herzoge, wobei Herzog Heinrich von Braunschweig das Wort führte. Hinter den vier Fürsten knieeten etliche verordnete pommersche Räthe, nämlich Lorenz Kl., Jacob Wobeser und Jobst von Dewitz. Der Kaiser sagte Gewährung der Bitte zu, und Heinrich von Braunschweig dankte. Nachdem der Thron dreimal umrannt war, nahten die pommerschen Herzoge Georg und Barnim mit stattlichem Gefolge zu Pferde. Die Rosse trugen die Wappenfarben der pommerschen Lande. Neun Fahnen mit den verschiedenen Wappen der pommerschen Fürsten und die Blutfahne, das Zeichen des kaiserlichen Blutbannes als die zehnte, wurden von angesehenen pommerschen Edelleuten vorausgetragen. Georg und Barnim stiegen von ihren Hengsten, betraten in bunt verzierten Kleidern, mit Herzogshüten geschmückt, die Freitreppe, knieten mit den Braunschweig'schen und Mecklenburgischen Herzogen vor der kaiserlichen Majestät nieder, und noch einmal bat Heinrich von Braunschweig um ihre Belehnung. Nach abermaliger Gewährung der Bitte knieten der Reichskanzler rechts, der Bischof von Hildesheim links neben dem Kaiser, auf dessen Schooße das Evangelienbuch aufgeschlagen lag, die Herzoge sprachen den Lehnseid, die Finger auf die Worte des Evangelienbuches gelegt. Darauf wurden die Fahnen vorgehalten. Der Kaiser, beide Herzoge und der Kurfürst von Brandenburg griffen mit der Hand an jede einzelne. Zum Beschlusse berührten noch die Fürsten den Knopf des entblößten Reichsschwertes, welches der Kaiser am Griffe hielt, und begaben sich in die Reihe ihrer Mitfürsten. Am 31. Mai 1531 starb bereits Herzog Georg. Sein junger Sohn, Herzog Philipp, welcher sich damals am Hofe des Pfalzgrafen, seines Oheims, in Heidelberg aufhielt, kehrte erst im Herbste desselben Jahres nach Pommern zurück. Herzog Barnim, der inzwischen das Regiment allein geführt hatte, ließ ihn durch den Grafen Wolfgang zu Eberstein sammt etlichen anderen Räthen mit 50 Pferden heimholen.
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Philipp, etwas über 16 Jahre alt, war ein wohlgebildeter, junger Herr, der sich schon am Heidelberger Hofe durch ritterliche Gewandtheit ausgezeichnet hatte. Ihm gebührt der Rang unter den besten pommerschen Fürsten. Mit Besonnenheit und Festigkeit hat er Pommern durch schwere Zeiten sicher hindurchgeführt. Streng hielt er auf seine Fürstenrechte und dennoch verkehrte er leutselig mit seinen Unterthanen. Barnim gedachte als der ältere Fürst die Regierung auch für seinen Neffen zu führen, wie es einst Georg, Philipps Vater, für Barnim, den jüngeren Bruder, getan hatte. Doch Philipp drang auf die Mitregierung. Es wurde demnach die Teilung der pommerschen Lande, vorläufig auf 8 Jahre, in's Werk gefetzt. Bei den Verhandlungen über die Teilung wurden dem Herzoge Philipp die bewährten Räthe Lorenz Kl., Jobst von Dewitz, Rüdiger Massow und Wilken Plathe als Beistand zugeordnet. Das Stettiner Land fiel durch das Loos an Barnim und das Wolgaster an Philipp. Die Räthe und Beistände der Fürsten unterschrieben den Teilungsvertrag am 29. Oktober 1532. Herzog Barnim schenkte bei dieser Gelegenheit seinem bisherigen Secretaire Lorenz Kl. 300 Fl. (443 a). Philipps Lage war anfangs eine sehr schwierige. Er hatte seine Stiefmutter Margaretha von Brandenburg mit einem unverhältnismäßig großen Leibgedinge zu versorgen, fand Schulden und ein zerrüttetes Regiment vor, dabei große, kirchliche Aufregung. Aber wohlberaten durch seine treuen und umsichtigen Räthe, schaffte er sofort die schreiendsten Mißbrauche ab. Er beschrankte seinen Hof, ordnete das Gerichts-Wesen, saß oft selbst zu Gericht und hielt auf die Ausführung der Urteile. Der Adel achtete den Fürsten wegen seiner Jugend anfänglich wenig, als er aber den Ernst des jungen Herzogs sah, fügte er sich seinen Anordnungen und zollte ihm die gebührende Achtung. Am 10. April 1534 that er seinem Secretaire Lorenz Kl. für Gelder, welche derselbe ihm vorgeschossen, das Amt Usedom ein, daß er es verwaltete bis zur Rückzahlung des Darlehns (443). Im Herbste genannten Jahres beriefen beide Herzoge gemeinsam einen Landtag nach Treptow an der Rega, auf welchem über die Einführung der Reformation in Pommern Beschluß gefaßt wurde. An demselben nahm Lorenz Kl. teil. Die Fürsten hatten mit Sicherheit auf die volle Beistimmung ihrer Stände gerechnet, weil die Städte und der Adel so hart darauf gedrungen hatten, es solle die Reformation eingeführt werden. Indessen nicht bloß der Bischof von Cammin, die Landesäbte, die Kapitel und Klöster widersetzten sich den Beschlüssen des Landtages, sondern auch ein großer Teil des Adels und selbst einige Städte waren dagegen. Der Adel war hauptsächlich über die Verwendung der geistlichen Güter, welche nach den Beschlüssen des Landtages den Fürsten zufielen, unzufrieden; er hätte sie lieber selbst in Besitz genommen. Der größte Teil des Adels war deshalb vom Landtage fortgeritten, noch ehe die Beschlüsse durch Unterschrift vollzogen waren. Trotzdem gelang es der Energie der Fürsten und der Weisheit ihrer Räthe, durchzusetzen, daß sämmtliche Beschlüsse des Landtages in Kraft traten. Mit dem Bischofe Erasmus von Cammin und dem Domcapitel unterhandelten die Herzoge nachträglich auf der Tagefahrt an der Swine vom 24. bis 27. Juni 1535. Diese Verhandlungen hatten das Resultat, daß Bischof und Kapitel versicherten, sie erkenneten die Herzoge als ihre Landesherren an, wären auch bereit, in Zeiten der Not Leib und Gut für sie einzusetzen, aber die Kirchenordnung öffentlich anzunehmen, schiene ihnen mißlich zu sein; denn das Stift hätte einige Güter und Gerechtigkeiten in der Mark und Mecklenburg, welche es verlieren würde, wenn es das Evangelium öffentlich annähme. Sie sähen es im Grunde gern, daß Jedermann im Stifte sich zum Evangelium bekenne, und wurden Niemand daran hindern. Die Fürsten gaben sich mit dieser Erklärung zufrieden. Bei den Verhandlungen waren Lorenz Kl., Jobst von Dewitz, Jacob Wobeser, Bartholomäus Suave, Lüdeke Hahn, Achim Maltzahn, Alexander von der Osten, Otto von Wedell, Thomas Kantzow n. A. zugegen. Mit Schreiben vom 16. Juli 1535 bat Herzog Philipp I. Herzog Barnim IX., aus Stettin Räte zur Beratung
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nach Wittenberg und Speyer zu schicken. Zur Begründung, warum er keinen seiner Räte schicken könne, führte er unter anderem aus: “Wir sein aber gewiß, daß wir Lorentz Kleisten zw der reiß nicht konnen vermugen, weil wir ine jungst jegen Wormbs mit großer schwerheit auffgebracht, zudem haben wir beschlossen, ime vonstundt daß kloster zum Campe zubevhelen, daselbs ehr im anfang mehr dan genug zuthun wirdt haben.”15 Gleich nach dem Landtage zu Treptow an der Rega hatten mehrere Städte die Bitte an die pommerschen Herzoge gerichtet, sie möchten durch Bugenhagen und durch ihre Räthe die Visitation der Kirchen, Schulen und Pfarren vornehmen lassen, noch ehe Dr. Pommer wieder aus dem Lande zöge. Gern sagten die Fürsten dies zu. So wurde damals die erste General-Kirchen- und Schulvisitation in Pommern gehalten. Gemäß den Treptower Beschlüssen sollten die Klöster des Landes eingezogen werden. Im Kloster Neuenkamp aber stießen die Fürsten auf heftigen Widerspruch. Herzog Philipp ritt, begleitet von Bugenhagen und seinen Räthen am 8. Mai 1535 in das Kloster ein und bestellte seinen Rat und Amtmann Lorenz Kl. zum ersten Hauptmann und Verweser des Klosters und der dazu gehörigen Güter. Der dortige Abt Johannes Mollner ging auf das Anerbieten einer Gesamtabfindung von 600 Gulden, einigen Naturalleistungen und einer Wohnung auf dem Klosterhofe in Stralsund zwar ein, heimlich aber klagte er bei Johannes Huls, dem Abte des Mutterklosters zu Alten-Camp bei Köln. Dieser erwirkte alsbald ein Mandat des Reichskammergerichts zu Speier, welches den Herzogen von Pommern bei Strafe von 50 Mark Goldes befahl, die Treptower Beschlüsse aufzuheben. Dieses Schreiben sandte Johannes Huls an die pommersche Ritterschaft und forderte sie dringend auf, der Einziehung der Feldklöster, als zum großen Nachteile des Landes gereichend, sich zu widersetzen. Trotzdem blieb dies Kloster, sowie die Mehrzahl der andern eingezogen. Im folgenden Jahre (1536) erbat sich auch der Rat der Stadt Barth eine Visitation des Kirchenwesens, womit unter Andern Lorenz Kl., Hauptmann zu Neuenkamp, beauftragt wurde. Da ihm als früheren Pfarrherrn von Barth die dortigen kirchlichen Verhältnisse wohlbekannt waren, so konnte er guten Rat bei der Visitation geben. In seinen hohen Ämtern als fürstlicher Rat und Hauptmann des Amtes Usedom, sowie des Klosters Neuencamp aber blieb er bis an sein Ende im Jahre 1538.16 Er hat sich um die kirchliche und politische Ordnung seines Vaterlandes wesentlich verdient gemacht.17 Auch als Schriftsteller hat Lorenz Kl. sich einen Namen gemacht. In der Bibliothek der pomm. Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde befinden sich Aufzeichnungen von ihm über die märkisch-pommerschen Händel, betitelt: „Chronika der Pommerschen und Merkischen Handlung und Irrung, durch Lorentz Kleisten sehligen gedechtnus Ambtmann zum Campe beschriebenn, unnd nach seinem totligen abgange befunden 1538, unnd ist merenteil sein eigen handt. "18 Aus der Zeit von 1532-1538, als er sich als herzoglicher Vogt amtlich mit rügischem Recht zu befassen hatte, stammen seine Aufzeichnungen über das rügische Recht, die in einer Abschrift vorliegen. “Gewonlige Landtrecht up Rugen durch Lorentz Kleist seliger vortekent”.19 15
Pommersche Landtagsakten, Band 1, 1. Teilband, herausgegeben von Werner Buchholz, 2000, Urkunde 61, Wolgast, 1535 Juli 16, Landesarchiv Stettin (AP Szczecin), AKS I/4571, S. 125-126. (2007) 16 Am 28. August 1538 trat sein Nachfolger Valentin von Wedell das Amt als Hauptmann von Neuencamp an. (455 a ). 17 Die Baltischen Studien, Jahrg. 31 S. 284 nennen ihn pommerschen „Kanzler", und bezeugen, daß er sich in seinen geschichtlichen Aufzeichnungen gut unterrichtet zeigt. 18 in Auszügen gedruckt bei Adolph Friedrich Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Geschichtsquellen für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten, IV. 1, Berlin 1862, S. 371-381 (2007) 19 Eine Aufzeichnung Rügischen Landrechts von Lorenz Kleist, Prof. Dr. Georg Frommhold, Pommersche Jahrbücher, 7. Band, Greifswald 1906, S. 255. Der Aufsatz zitiert den Text vollständig. (Fortsetzung...)
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Von andern kleinern Schriftstücken sei nur noch „Lorentz Kleistes sehligenn Beschreibung des Ambts Ußdomb, Daß ehr etzlige Jhar alß ein Ambtmann Inne gehabt pp. " genannt.20 Kurz vor seinem Tode machte er sein Testament, in welchem er zur Notdurft der Armen zu Belgard 200 Fl. vermachte. Zu Testamentsvollstreckern bestimmte er seine Gevettern Paul und Pribislaff zu Damen (455). Ferner vermachte er der Damen'schen Kirche ein Legat von 100 Fl. zum Ankaufe eines Campes, von dessen Pacht die Armen in Damen alljährlich „ein Laken Belgardisch Wandt" bekommen sollten.21 Im Jahre 1538 starb Lorenz Kl. unvermählt. Am 17. März 1539 löste Herzog Philipp die Briefe über die Verschreibung des Amtes Usedom von des † Lorenz Brüdern und Erben ein (441 Anm.). III. 27. Andreas (Drews) auf Voldekow, † vor 1546, Curts anderer Sohn, ward am 13. Dezember 1501 mit seinem Bruder Paul belehnt (343). Als Güter seines † Vaters werden folgende aufgezählt: Damen, Dubberow, Muttrin, Zadtkow, Döbel, Kieckow, Drenow, Zarnekow, Kowalk, Schmenzin, Groß- und Klein-Voldekow, Warnin und Nemmerin. Der älteste Bruder Lorenz wurde mit baarem Gelde (1600 Fl. ) abgefunden. Am 13. Januar 1524 wurde Drews Kl. zu Voldekow von den Herzogen Georg I. und Barnim X. von neuem belehnt (417). Am 21. Dezember 1528 belehnte der Bischof Erasmus von Cammin ihn mit Glienke und mit dem von den Massowen Hans und Tonnies zu Brünnow erkauften Dorfe Schwellin (438). Das ganze Dorf Glienke trat Kl. an Karsten Ristow zu Karzin ab. Wegen Schwellin aber entspann sich ein langjähriger Prozeß zwischen Hans und Tonnies von Massow einerseits und Drews Kl. anderseits. Erstere cedierten ihre Ansprüche an Schwellin a. 1534 dem Rüdiger v. Massow, Hauptmann zu Saatzig, Ravenstein und Bublitz. Am 10. September 1536 kam endlich ein Vergleich zu stande, nach welchem Drews Kl. die Hälfte von Schwellin behielt, die andere Hälfte aber an Massow gegen Ersatz der von ihm gezahlten Kaufsumme abtrat (450).22 Am 11. November 1537 quittierte Drews über den Empfang des Geldes (454). Rüdiger v. Massow sprach ferner das ganze Dorf Glienke als altväterliches Stammlehn an; es wurde ihm auch zugesprochen, und Bischof Erasmus belehnte ihn unter dem 23. November 1538 damit (458). Diese Belehnung wurde am 12. Oktober 1545 von Bischof Bartholomäus zu Cammin bestätigt.
19
(...Fortsetzung) (2009) 20 Landesarchiv Greifswald, Rep. 5 Tit. 80 Nr. 3, siehe auch Frommhold, G.: Eine Aufzeichnung Rügischen Landrechts von Lorenz Kleist, Pommersche Jahrbücher 1906, S.257-264 (2007) 21 Am 10. Mai 1533 hatte Lorenz Kl. zu Gunsten des Thomas Kantzow freiwillig auf die Vicarie in der Kapelle zu Bistorp verzichtet (445); desgleichen am 23. November ej. a. auf die Vicarie in der Pfarrkirche zu Hagendorf (446), woraus wir gleichfalls seine mildthätige Gesinnung und Freigebigkeit erkennen. — In den Hofgerichtsacten des Jahres 1537 sind noch 2 Streitsachen notiert, welche Lorenz Kl. mit seinen Vettern in Damen hatte, die jedoch nur unwesentliche Dinge betreffen, wie Teilung und Tausch von Wurthen pp., weshalb wir sie hier übergehen. 22 Unter der bez. Urkunde befindet sich des Drews Kl. Siegel. Dasselbe ist rund, von grünem Wachs, und hat eine Tectur von ungeläutertem Wachs; es zeigt einen deutschen Schild mit einem Querbalken zwischen zwei Füchsen, unmittelbar auf dem Schilde stehen drei Knebelspieße, welche mit den Schäften unten zusammentreffen. Umschrift: Dreves * Klest *
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Drews Kl. schuldete a. 1520 der Cösliner Pfarrkirche 77 Mark (404) und 1524 noch 100 M. Er war Schuldbürge für Schmeling (420) und für Dubislaff jun. (449). Ferner schuldete er der Vikarien-Kasse in Belgard 50 Mark und dem dortigen Armenkasten die gleiche Summe (459). Im Lehnbriefe vom 1. Juni 1546 kommt sein Name nicht mehr vor; er ist zuvor gestorben (469). Seine Gemahlin Elisabeth von Podewils hatte ihm zwei Söhne: 1) Georg und 2) Curt (III. 58 und 59) geschenkt. III. 28. Georg auf Damen, † c. 1540, Curts dritter Sohn, erhielt bei der väterlichen Erbteilung eine Geldabfindung. Später trat sein jüngster Bruder Paul ihm Damen b. ab. Er schuldete 1534 der Pfarrkirche zu Köslin 100 M. Seine Bürgen waren Jacob Kl. zu Vietzow und Pribeslaff, weiland Kanzler in Muttrin (449). Im Jahre 1540 befand er sich nicht mehr unter den Belehnten; er war zuvor gestorben (459 b). Seine Gemahlin Kunigunde vom Wolde hatte ihm zwei Söhne: 1) Lorenz und 2) Christian (III. 60 und 61 siehe unten Damen-Garbnicken'scher Seitenzweig S. 220) geboren. III. 29. Paul auf Kowalk, † nach 1546, Curts jüngster Sohn, ward am 13. Dezember 1501 mit seinem älteren Bruder Drews belehnt (343). Laut Urkunde vom 20. Oktober 1523 hatten die Brüder Drews und Paul Anteil an den 6 Damen'schen Lehnpferden (415). Am 13. Januar 1524 wurde Paul zu Damen auf's neue belehnt (417). Darnach trat er sein Anteilgut Damen b. an seinen ältern Bruder Georg ab und nahm seinen Wohnsitz zu Kowalk. Nach einem Verzeichnisse ausstehender Forderungen vom Jahre 1534 schuldete Paul zu Kowalk der Cösliner Pfarrkirche 200 M. Seine Bürgen waren Henning in Warnin und Dubberow, Jacob auf Vietzow und der Kanzler Pribislaff auf Muttrin (449). Am 10. September 1536 war Paul Kl. zu Kowalk Zeuge des Vergleiches zwischen seinem Bruder Drews und dem Hauptmann Rüdiger von Massow wegen des halben Dorfes Schwellin (450). Sein ältester Bruder Lorenz bestimmte ihn 1538 in seinem Testamente zu einem Vollstrecker desselben (455). Am 1. Juni 1546 wurde Paul zugleich mit seinen Brudersöhnen Georg und Curt belehnt (469). Darnach kommt sein Name in den Urkunden nicht mehr vor. Er war mit Anna von Born, des Anton auf Grassee und Zamzow und der Ilse von Jatzkow aus Schwartow Tochter vermählt. Diese Ehe ist mit drei Söhnen: 1) Venz, 2) Tönnies und 3) Jürgen (III. 62—64 - siehe unten Kowalker Seitenzweig S. 242) und mit zwei Töchtern gesegnet gewesen. Die eine der Töchter, Emerentia mit Namen, blieb nach ihres Bruders Tönnies Tode in den Lehnen, starb aber vor dem 22. April 1613. Die Lehnserben hatten Concession, die Lehne einzunehmen, allein die Erben der Emerentia suchten es zu hintertreiben. —
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Von Curts vier Söhnen hatten also die drei jüngsten Lehnserben. Drews hatte zwei Söhne: 1) Georg und 2) Curt. III. 58. Georg auf Klein-Voldekow, † c. 1560, des Drews älterer Sohn, leistete am 28. Oktober 1552 auf dem Rathause zu Kolberg dem Bischofe Lehnspflicht und empfing sein Lehn. Er huldigte zugleich für seinen abwesenden Bruder Curt, dessen Ausbleiben er entschuldigte (477). Nach dem Regierungsantritte des Bischofs Herzog Johann Friedrich empfing er am 21. Juni 1557 von neuem sein Erbe und Lehn, nämlich Voldekow und halb Schwellin. Curt war wiederum abwesend (480). Laut Urkunde vom Jahre 1555 schuldeten die Gebrüder Georg und Curt auf Voldekow zum Altare in der Klosterkirche zu Cöslin 50 Fl. Im Jahre 1559 hatten die Gebrüder Georg und Curt Kl. auf Voldekow einen Streit mit ihren Vettern Venz und Tönnies (III. 62 und 63) wegen einiger Äcker und Wiesen. Eines Tages kamen die Erstgenannten mit einer Anzahl Bauern, welche sich mit „mordtlichen Wheren gesterket", auf die streitige Wiese, das Gras abzumähen. Venz und Tönnies kamen mit ihren Bauern gleichfalls auf die Wiese. Georg Kl. schlug einem der feindlichen Bauern mit dem Spieße über das Gesicht und verwundete ihn schwer. Der Bruder des Verwundeten aber geriet hierüber in solche Wut, daß er Georg Kl. mit seinem Spieße durchbohrte. Curt verlangte hierfür von Venz und Tönnies 1500 Fl. als Sühne; er forderte weiter, daß der Mörder in die Sühne nicht mit eingeschlossen würde, sondern sich außerhalb Pommerns aufhielte. Hierauf gingen die Beklagten jedoch nicht ein; sie boten ihm nur 400 Fl. und baten um fürst-liche Entscheidung. Sie wünschten vor allem, daß der Thäter mit in die Sühne gezogen würde und höchstens die Güter Curts, sowie das Kirchspiel, darinnen er Patron wäre, oder 5 Meilen umher, miede. Curt verklagte sie unterm 2. Februar 1560 bei dem Burggericht in Pyritz. Sie wurden dreimal citiert, erschienen aber nicht. In Folge dessen wurden sie durch den Burgrichter und die Schöffen „nach Burggerichts Gebrauch und Gewohnheit bedächtigt (= bezüchtigt), beclagt, mith clocken verleudet, und also mit Fingern und Zungen in das oestenn, Westen, Norden und Seudenn, und auß dem lobligen Fürsten-thumb Pommern, so weit sich dasselbige in seinen Grenzen und mhalen erstrecket, mit der Comthurste (=Anhang) vorwiesen, exiliret und wie recht verdammeth". Am 12. Juli 1563 erteilte Herzog Barnim X. den Verurteilten einen Geleitsbrief, daß sie sich mit Curt Kl. gütlich einigten (487). III. 59. Curt auf Kl. -Voldekow und Schwellin, † c. 1582, des Drews jüngerer Sohn, war am 12. Oktober 1545 Zeuge eines Vertrages, welchen Herzog Barnim X. mit dem Bischofe von Cammin abschloß. Bei den Belehnungen der Jahre 1552 und 1557 entschuldigte sein älterer Bruder Georg seine Abwesenheit (477 und 480). Laut Urk. von 1555 war er mit seinem Bruder zum Altare in der Klosterkirche zu Cöslin 50 Fl. schuldig.
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Am 27. Mai 1560 empfing Curt auf Voldekow vom Bischofe sein Lehn (484). Seines Streites mit den Gebrüdern Venz und Tönnies haben wir bereits gedacht. Im Juni 1563 bat er um einen Geleitsbrief zum Rechtstage mit seinen Vettern Venz und Tönnies wegen der Entleibung seines Bruders Georg. In der Urk. vom 8. April 1565 wird „Curt zu Schwellin" unter den Rittern des Stifts genannt (488 a). — Im Lehnbriefe vom 22. Februar 1575 wird er als „zu Voldekow und Damen erbsessen" angegeben (501 und 502). — Laut Urk. v. 2. März ej. a. wird bezeugt, daß Curt zu Voldekow im Stift das halbe Dorf Schwellin, 3 Bauern zu Dargen und 1/4 an der Feldmark Darsow besitze. Curt protestierte gegen die gesamte Hand des Jacob von Ruschitz daran; diese gehöre allein der Dameu'schen Linie. Am 15. Juni und 5. November ej. a. ward er mit dem altväterlichen Stammlehn an den Dörfern Schwellin, Dargen und Feldmark Darsow belehnt, wie seine Voreltern es inne gehabt (511). Nach dem Teilungs - Rezesse der Kleiste zu Damen, Muttrin und Drenow über des Jacob Kl. zu Kowalk nachgelassene Lehngüter vom 26. und 27. März 1577 besaß Curt außer seinen bereits genannten Gütern noch einen Hof zu Gr. -Voldekow und ein Stück Acker auf Freienstein, nach Tribgust zu gelegen (zu Schmenzin gehörig, 516 und 517). Am 12. Juni 1582 werden bereits seine Söhne Michel und Jochim belehnt; der Vater war also zuvor gestorben. Noch erwähnen wir, daß bei Gelegenheit der General-Kirchenvisitation zu Gr. -Crössin am 5. Juni 1570 der Pastor Peter Krüger die Klage vorbrachte, „Curt Kleist zu Voldekow hat die poken in der Kirche auff Ime gerucket", was wohl bedeuten soll, daß Curt Kl. noch vor Abheilung der Pocken zur Kirche gegangen und den Pastor angesteckt habe. Curt war mit Emerentia von Zastrow aus Wusterhanse vermählt und hatte mit ihr vier Söhne: 1) Michael, 2) Jürgen, 3) Joachim und 4) Reimar (III. 117—120) und eine Tochter Elisabeth, † vor 10. November 1606, erste Gemahlin des Asmus Lettow. Die Witwe erhielt mit ihren unmündigen Kindern zu Vormündern: Hans und Reymer von dem Wolde zu Wusterbarth, Venz Kl. zu Kowalk und Christian Lüdtke zu Regenwalde. III. 117. Michael auf Kowalk, † nach 1608, Curts ältester Sohn, ward am 12. Juni 1582 mit seinem jüngern Bruder Jochim wegen Schwellin und Dargen belehnt. Ihre anderen Brüder waren abwesend und zum Teil minorenn. Am 26. Januar 1586 erhielt sein Bruder Georg Muthzettel. Derselbe sagte dabei aus, daß er bisher außer Landes gewesen und daß sein Bruder Michael vor etwa 2 Jahren die von ihrem † Vater Curt (zu Voldekow und Schwellin gesessen) auf sie vererbten Lehne empfangen hätte. Am 2. Nov. ej. a. belehnte Bischof Herzog Casimir die Gebrüder Michael, Georg, Joachim und Reimar zu Kl. -Voldekow mit ihren väterlichen, im Stift belegenen Lehen zu Schwellin, Dargen und Feldmark Darsow (532).23 Im Gesamtlehnbriefe vom 27. März 1601 stehen unter den Belehnten: Michael, Jürgen (abwesend), Jochim und Reimer (abwesend), Curts Söhne zu Voldekow und Schmenzin (547). 23
Nach dem Hufenanschlage von 1586 besaß Michael zu Voldekow 16 Dorfhufen und nach dem Anschlage von 1588: 18 Dorfhufen Am 10. Mai 1592 muthete Joachim zu Kl-Voldekow; er war in seiner Minorennität in Dänemark und Holstein im Dienst gewesen, war vor c. 1/2 Jahre wiedergekommen und von seinen Vormündern erinnert, die Lehne zu suchen. Seine Brüder Michael und Georg waren bereits belehnt. Am 9. Mai 1593 wurden Georg und Joachim belehnt; 1594 muthete Reimar, nunmehr mündig.
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Bei der Huldigung am 6. März 1604 waren Jürgen und Jochim anwesend, Michael und Reimar aber abwesend. Sie huldigten wegen Schwellin mit Protestation (552 a). Ihre schriftliche Eingabe lautet: „Unser † Großvater Andreas hat das ganze Dorf Schwellin als sein väterliches Stammlehn besessen, wie solches mit unstreitigen Documenten und Lehnbriefen, insbesondere des Bischofs Erasmus Belehnung zu erweisen; wir haben bis jetzt die Hälfte des Dorfes besessen; die andere Hälfte dieses Dorfes ist an die von Massow elineirt. Der Stiftsvogt Martin Kleist hat denselben halben Teil in unserer Minderjährigkeit, als unser nächster Verwandter und Vetter mit unserm Gelde von denen von Massow wieder erkauft, so daß er sie uns laut gerichtlichen Protokolls hat cedieren wollen, daß er aber hernach vielleicht gedacht: proximus egomet sum mihi, cum ordinata charitas a se ipsa incipiat und er darüber die Investitur bewirkt. Wir bitten nun, mit dem ganzen Dorfe Schwellin, auch mit dem Kirchlehn und jure patronatus uns zu belehnen, oder doch unser Recht daran in dem Lehnbriefe uns zu reserviren und vorzubehalten. " Hierauf erhielten sie am 11. November 1605 vom Bischofe Herzog Franz einen Lehnbrief, nach welchem sie mit den Gerechtsamen an den Dörfern Schwellin, Dargen und Feldmark Darsow c. p. belehnt wurden. Zuvor waren sie am 19. April ej. a. bereits von Herzog Bogislav XIII. belehnt worden (553). Im darauffolgenden Jahre (1606) baten die vier Brüder, in ihren Lehnbrief auch das oberste Gericht und Kirchenlehn wegen ihres halben Dorfes Schwellin für's künftige aufzunehmen, weil es ihre Voreltern besessen. In Folge dessen wurden in ihren Lehnbrief von: 11. November 1605 die Worte eingeschoben: „daß gerichte ahn handt und hals, und Ihr anteil ahm Kirchenlehn zu Schwellin". Der Revident aber hat diese Worte durchstrichen und an den Rand geschrieben: „NB. die durchstrichene Clausulen sein in vorigen Lehnbriefen nicht, darumb auch bedenklich jetzt dieselben zu inseriren". So wurden dieselben auch in den neuen Lehnbrief vom 12. August 1606 nicht aufgenommen (562). Am 28. März 1606 waren die Gebrüder Michael und Joachim, zu Voldekow und Kowalk gesessen, Zeugen der Ehestiftung ihres Bruders Jürgen zu Dargen mit Barbara von Massow aus Bartin (561). Im Gesamtlehnbriefe vom 6. Mai 1608 stehen Michael zu Kowalk, Jürgen zu Dargen und Reimer zu Schmenzin unter den Belehnten. Sie huldigten zugleich für ihren abwesenden Bruder Joachim zu Voldekow und ihren Vetter Tonnies zu Kowalk (564). An demselben Tage erhielten die Damen'schen Kleists durch Herzog Philipp II. noch einen speziellen Lehnbrief (565; vergl. auch 563 a). In späteren Urkunden kommt Michael nicht mehr vor. Er starb ohne Erben. III. 118. Jürgen auf Dargen und Kl. -Voldekow, † vor 1618, Curts anderer Sohn, war 1582 noch minderjährig und abwesend. Am 26. Januar 1586 sagte er aus, daß er bisher außer Landes gewesen, auch wieder verreisen wolle. Am 24. Oktober ej. a. bezeugte er von neuem: „Ich bin ante annos pubertatis außerhalb Landes gereiset, aber neulich wieder zu Hause gekommen". Er ward am 1. November ej. a. belehnt, desgleichen am 10. Mai 1592 und 9. Mai 1593. Laut Urkunde von 1599 gehörte er zur Ritterschaft im Stift. Bei der Belehnung am 27. Mai 1601 war er abwesend (501), wird 1602 als zum Adel des Stifts gehörig bezeichnet (551a). Bei der Huldigung am 6. März 1604 war er anwesend; er erhob' mit seinen Brüdern Protest wegen Schwellin (552 a); er ward am 19. April 1605 von Herzog Bogislav XIII. und am 11. November ej. a. vom Bischofe Herzog Franz belehnt (553).24
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Nach dem Hufenanschlage von 1604 und 1605 besaß Jürgen zu Dargen 11 Dorfhufen, nach dem von 1611, 12 und 13 aber nur 9. Im Jahre 1605 verkauften die Gebrüder Jurgen, Joachim und Reimer zu Dargen, Voldekow und Schmenzin au Dubschlaff zu Damen ihren Anteil an Holz, Herrlichkeit und Gerechtigkeit zu Damen, (Fortsetzung...)
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Am 28. März 1606 ward die Ehestiftung zwischen Jürgen zu Dargen und Barbara von Massow, Tochter des i Ewald zu Bartin geschlossen. Ihr wurden 3000 Fl. Mitgift zugesagt. Als Zeugen waren Jürgens Brüder Michael und Joachim zu Voldekow und Kowalk, auch Asmus Lettow zugegen (561).25 Am 18. Februar 1617 mahnte Jürgen seinen Schwager Jochim Massow auf Bartin wegen Zahlung des noch rückständigen Ehegeldes, da er Bauerhöfe in Kowalk gekauft und bezahlen müsse. Am 26. September 1618 wurden bereits seine Söhne belehnt, der Vater ist also zuvor gestorben.26 Jürgen war zweimal verheiratet: a) mit.... Aus dieser Ehe stammen drei Söhne: 1) Curt, 2) Joachim und 3) Michael (III. 190—192) und eine Tochter Elisabeth, Gemahlin des Tonnies von Wobeser; — und b) mit Barbara von Massow, Tochter des † Ewald auf Bartin, welche Ehe kinderlos blieb. Am 5. August 1618 wurde ein Vertrag zwischen den Vormündern der Kinder des † Jürgen Kl. zu Dargen und Kowalk und seiner Witwe Barbara Massow geschlossen. 2000 Fl. Ehegeld waren ausgekommen (d. h. bezahlt), mit Besserung pp. 3472 Fl. Diese Schuld ward anerkannt. Aus Liebe zu ihren Stiefkindern versprach die Witwe, ihnen das Gut Kowalk einzuräumen; sie war bereit, sich auf Dargen verweisen zu lassen. Letzteres ward ihr mit Einwilligung der Vaterbrüder eingeräumt, daß sie es als Eigenthum behielte, bis zur Rückzahlung ihres eingebrachten Ehegeldes. Ihrem Stiefsohne Joachim verehrte sie 272 Fl. zu seinen Studiis. Sie starb kurz vor dem 6. Juli 1626. Nach ihrem Tode behaupteten ihre Schwestern eine Hypothek an Dargen und verlangten von Jürgens Söhnen die darauf haftenden Gelder. Es entspann sich hieraus ein langjähriger Prozeß, in welchem am 5. April 1633 das Erkenntnis gefällt wurde: „Es bleibt bei dem Vertrage von 1618 und die Erben bleiben im Besitz von Dargen bis zur Bezahlung des Geldes."27 III. 119. Joachim auf Kl. -Voldekow, † c. 1626, Curts dritter Sohn, war 1582 minderjährig; am 2. November 1586 ward er großjährig, belehnt (532). Am 10. November 1592 muthete Joachim zu Kl. -Voldekow. In seiner Minorennität war er in Dänemark und Holstein im Dienst gewesen und vor c. 1/2 Jahre zurückgekehrt. Seine Vormünder hatten ihn erinnert, die Lehne nachzusuchen. Im Sommer 1592 verreiste Joachim nach Pritzke. Vor der Abreise wollte er seine Röhre abschießen, hatte es jedoch nur mit dem einen getan. Als er das andere unterwegs aus dem Halfter zog, ging es los, und der vor ihm im Wagen sitzende Pferdejunge des Hans Kl. zu Gr. -Tychow wurde durch den Kopf geschossen,
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(...Fortsetzung) Döbel und Muttrin für 1500 Fl. Christoph zu Damen aber erhob Einspruch, da er näherer Agnat wäre und in den Vertrag treten wollte; an der Holzung hätte er ebenfalls Anteil. Die Verkäufer baten den Herzog um Bestätigung. Es ward eine Kommission ernannt, nach deren Untersuchung der Konsens zum Verkaufe verweigert wurde. (Ergänzung 2008:) Vorgang zur Konsens-Einholung im Archiwum Pan'stwowe Stettin, Herzogliches Archiv II 133 S.26 25 Am 12. August 1606 erhielt Jürgen mit seinen Brüdern von neuem Lehnbrief (562). Im Gesamtlehnbriefe vom 6. Mai 1608 ist Jürgen zu Dargen mit seinen Brüdern unter den Belehnten genannt (563 a, 564 u. 565). 26 2017: Im Landschatzregister des Stifts Kammin von 1620 (592c) ist Gurgen zu Dargen aufgeführt, 1623 wird Jurgen Kleisten Wittben aufgeführt. 27 Vergl. noch die Urkunden 605, 606, 609, 614 und 645
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daß er starb. Joachim wurde in Folge dessen zu 100 Fl. Strafe verurteilt.28 Im Jahre 1608 hatte er einen Prozeß mit seinem Oheim Ewald von Wedell zu Mellen. Letzterer erstritt gegen ihn eine Hypothek an Schwellin. Sie hatten sich über den Zahlungstermin verglichen; doch hatte Kleist denselben nicht innegehalten. Wedell bat, ihm seine Hypothek wieder einzuräumen. Kl. sagte dagegen aus, daß sein Oheim Wedell ihm seine Gerechtigkeit an den Schwellin'schen und Dargen'schen Gütern cediert und gerichtlich abgetreten hätte, weshalb er (Joachim) zugleich im Namen seiner Brüder seine actio in puncto puritatis hätte fallen lassen. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, die letzte Terminzahlung inne zu halten. Er bat daher um Aufschub, welcher ihm auch gewährt wurde. Im Jahre 1617 klagten alle interessirenden Kleists zu Dimkuhlen, Nemmerin, Voldekow, Kowalk, Schmenzin, Dargen: etc. gegen Tonnies Bonin und Genossen zu Wojenthin und Dubbertech wegen Verrückung der Grenzen. Zu gleicher Zeit hatte Joachim zu Voldekow Streit mit den Bauern wegen der Grenzen zwischen dem Voldekow'schen Vier und Jatzthum. Zur Schlichtung dieser Streitigkeiten wurden folgende Commissarien ernannt: 1) Christian Kl., fürstl. Landrat auf Zeblin, 2) Wilhelm, fürstl. pomm. Hofrat auf Muttrin, 3) Dubschlaff und 4) Daniel auf Damen, 5) Gottfried auf Kieckow und 6) Bartholomäus Versen auf Pobanz. Mit der Entscheidung der Kommission gaben sich Adrian und Marten Bonin auf Dubbertech und Jatzthum und Tonnies Bonin auf Wojenthin zufrieden. Trotzdem schwebte der Prozeß noch 1628.29 Wegen seiner Besitzungen im Stifte zu Schwellin stand er in stiftischen Lehnsdiensten. Der Bischof ernannte ihn zum stiftischen Landrat, als welcher er bis zu seinem Lebensende (1626) thätig gewesen ist. Bei seinem Begräbnis wurde ihm ein Pferd nachgeleitet. Sein Brudersohn Jürgen (III. 194) restierte der Kirche zu Schwellin wegen des Pferdes, so seinem Vaterbruder Joachim in Kl. -Voldekow nachgeleitet wurde, die Zinsen vom Jahre 1626 mit 12 1/2 Fl. Joachim war zweimal vermählt: a) mit.... von Heydebreck und d) mit Marie von Parsow, des Franz auf Parsow und der Anna von Puttkamer aus Poberow Tochter. Aus der zweiten Ehe wird uns eine Tochter Elisabeth (Ilsa) genannt, geb. 1605, den 23. Juni, † 1664, den 10. Mai, welche außerordentlich schön gewesen sein soll. Sie ward: 1) mit Caspar von Versen auf Tietzow, Schmenzin und Kowalk am 29. Juni 1620 vermählt († 1622) und 2) a. 1627 mit Jacob von Heydebreck, herzogl. pomm. Landrat und Hauptmann zu Bublitz, darnach Rat der Herzogin Anna von Croy, erstem Regierungsrat und Stiftsvogt im Stifte Cammin, zuletzt des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm Geh. Rat, Erbherrn auf Parnow, Bitziker, Tessin, Cratzig, Parsow, Schwemmin, Warnin und Neuenfelde († 9. März 1667). Joachim Kl. starb ohne männliche Erben. III. 120.
28 Am 9. Mai 1593 ward er mit seinem altern Bruder Jürgen belehnt; desgl. am 27. März 1601 (547). Bei der Huldigung am 6. März 1604 war er mit Jürgen gegenwärtig; sie erhoben gemeinsam Protest wegen Schwellin. Hierauf wurden sie am 19. April 1605 und 11. November ej. a. belehnt (553); desgl. am 12. August 1606 (562). Am 28. März ej. a. war er mit seinem ältesten Bruder Michael Zeuge der Ehestiftung zwischen Jürgen und Barbara von Massow (651). Bei der Belehnung des gesamten Geschlechts am 6. Mai 1608 war Joachim zu Kl. -Voldelow abwesend (564, 565, 563 a). 29 Nach dem Hufenanschlage von 1604 und 1605 besaß Joachim zu Voldekow 8 Dorfhufen; a. 1611 kamen von Martin Kl. 's Erben zu Dargen noch 2 Hufen hinzu. — In Dargen hatte er Immission an 2 Bauern und einer Koppel nebst darin gelegenem Teiche erhalten.
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Reimar auf Kowalk und Schmenzin, † c. 1630, Curts jüngster Sohn, war bei den Belehnungen am 12. Juni 1582 und 2. November 1586 noch unmündig. Als er 1594 majorenn geworden, erhielt er am 3. Mai ej. a. Muthzettel. Am 30. Juni 1595 bekam er auf seine Bitte, nachdem er von einer Reise nach Polen, wo er krank gelegen, zurückgekehrt war, von neuem Muthzettel und ward am 27. Juni 1597 belehnt. Bei der Belehnung am 27. März 1601 war er abwesend. Am 6. März 1604 huldigte er im Stift. Er schloß sich dem Proteste seiner Brüder wegen Schwellin an und ward am 29. April und 11. November 1605 von neuem belehnt.30 Bei der Kirchenvisitation in Schwellin am 23. November 1628 wird Reimar unter den Patronen genannt. Nach dem Tode seines Bruders Joachim (1626) erbte er einen Teil der Güter desselben. Er war Mitglied der Belgard'schen Ritterschaft (609). In der Urkunde vom 20. Oktober 1633 ist bereits von Reimars Erben die Rede, welche von Schwellin 1/2 Lpf. zu halten hatten (614). Seine Gemahlin war Ursula von Kleist aus dem Hanse Raddatz, eine resolute Dame. Eines Tages war eines ihrer Pferde in ihrer Schwägerin (Michaels Witwe) zu Kowalk Koppel gelaufen und hatte sich beim Hinausjagen schwer beschädigt, so daß es verendete. Der Pferdejunge ihrer Schwägerin, welcher es aus der Koppel getrieben hatte, wurde von Reimars Bauern gegriffen und gefangen gesetzt. Frau von Kleist aber erfassete einen Feuerbrand und stieß ihn dem Jungen in's Maul, um denselben zu zwingen, daß er bekennete, ob Michaels Witwe ihm befohlen hätte, das Pferd aus der Koppel zu treiben? Aus Reimars Ehe sind zwei Söhne: 1) Alexander Jochim und 2) Jürgen (III. 193 und 194) und drei Töchter entsprossen: 1)....., Gemahlin eines von Weyher, 2)......und 3) Ursula, Gemahlin des Steffen Kl. auf Damen (III. 196), welchem von seinem Schwager Jürgen wegen des Brautschatzes seiner Frauen Kowalk hypotheciert war. Am 6. September 1633 beschwerten sel. Reimars zu Voldekow Witwe und Erben sich über zu hohe Steuern und baten, die Steuern von den ihnen gehörigen 6 Kathen zu Kowalk, Schmenzin und Voldekow zu erlassen. Es wurde ihnen dies jedoch abgeschlagen. Von Curts vier Söhnen hatten also der zweite: Jürgen und der vierte: Reimar männliche Erben. Jürgens Söhne sind: 1) Curt, 2) Joachim und 3) Michael (III. 190—192). III. 190. Curt, † nach 1650,
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Desgleichen ward er am 12. August 1606, 6. Mai 1608, 26 September 1618 und 20. April 1619 belehnt. — Bei der Belehnung am 28. September 1621 war er abwesend, da er einer Fehdeankündigung wegen nach Polen reisen mußte. In der Urkunde vom 22. September 1622 wird bezeugt, daß er einen Anteil an Dimkuhlen hatte. Am 22. September 1623 ward er im Stift belehnt. Nach der Steuer-Matrikel vom 17. Januar 1628 versteuerte er zu Schmenzin 10 1/2 Hf., 1 Krüger, 1 Müller und 1 Schäfer; zu Kowalk 8 1/2 Hf., 2 Kossäten und 1 Schäfer (606) und von Voldekow 11 Hf. (607). — Am 9. Januar 1630 wurden wegen Sandschadens 12 Hf. gelöscht (610).
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 21 -
Jürgens ältester Sohn, war 1618 majorenn. Er besaß Kowalk a. von 1621—1646.31 Am 5. August 1618 ward der bereits früher erwähnte Vertrag zwischen Jürgens Witwe und ihren Stiefkindern zu Dargen und Kowalk geschlossen. Hiernach räumte sie den Stiefsöhnen Kowalk ein und behielt für sich Dargen. Nach dem Tode ihrer Stiefmutter wurden die drei Brüder Curt, Joachim und Michael von deren Schwestern wegen Rückzahlung der von ihrer Stiefmutter eingebrachten Ehegelder verklagt. Die Klägerinnen baten um ein Mandat an den Arrendator von Dargen, daß derselbe keine Zinsen an Curt zahle. Curt aber ließ sämmtliches Getreide ausdreschen und nahm es an sich. Der Prozeß zog sich viele Jahre hin. Im Jahre 1629 wurden Landrat Jacob von Heydebreck auf Parnow und Bitziker und Pribislaff Kleist auf Kowalk zu Commissarien in dieser Streitsache ernannt. Am 5. April 1633 ward zu Cöslin das Urteil gefällt: „Es soll bei dem Aussteuervertrage vom 5. August 1618 verbleiben, und die Erben im Besitz von Dargen geschützt werden, bis sie contentiert sind. "32 Die Verklagten beruhigten sich hierbei nicht. Die Prozeßacten wurden an die Juristenfacultät zu Rostock gesandt. Unter dem 6. Juni 1646 wurde von den fürstlich bischöflichen Regierungsräthen das Erkenntnis publiciert, „es müsse bei dem Urteil vom 5. April 1633 sein Bewenden haben. " Im Jahre 1647 hatte Curts jüngerer Bruder Joachim seinen Rittersitz in Dargen. Unter dem 15. Mai ej. a. wurde eine Commission zur Ästimation des Gutes Dargen ernannt, da die Kleists noch nicht gezahlt hatten. Im folgenden Jahre war Joachim zu Dimkuhlen gesessen. Am 9. April 1651 zeigte Joachim auf Kowalk und Dimkuhlen an, daß er laut Vergleich d. d. Cöslin Johannis 1649 2100 Fl. an die Erben gezahlt und sich mit ihnen verglichen und diese ihm ihr erstrittenes Recht cediert hätten. Er protestierte feierlich dagegen, daß er sich seines abwesenden Bruders Curt Gut in Dargen als ein Lehnsfolger anmaße. Darnach wird Curt in den Urkunden nicht mehr genannt. Er starb unvermählt. III. 191. Joachim auf Dargen, † nach 1665, Jürgens anderer Sohn, erhielt zu seinen Studiis von seiner Stiefmutter 1618 272 Fl. Im Jahre 1629 war er volljährig und übernahm zunächst Kowalk und Dimkuhlen a und 1646 Dargen. Er verglich sich 1649 mit
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Am 26. September 1618 huldigten Joachim und Reimar (III. 119 und 120) zugleich für ihres Bruders Jürgen Söhne (585 und 586). — Am 10. September ej. a. hatten Curt, Joachim und Michael, Jürgens Söhne zu Dargen, Muthzettel erhalten — Am 29. April 1619 wurden im Stift belehnt: Joachim, Reimar, Curt, Joachim und Michael, „Gevettern und Gebrüder" zu Schwellin, Dargen u. Kl. Voldekow (591). - Am 28. Sept. 1621 huldigte Curt der Jüngere zu Voldekow für sich und seine Brüder, Jürgens Söhne (593 u. 594). — Laut Urkunde vom 22. Sept. 1622 hatten Curt auf Kowalk und seine Brüder Anteil an Dimkuhlen (600). - Am 22. September 1623 wurde Curt zu Dargen im Stift belehnt, Joachim und Michel waren abwesend. — Nach dem Verzeichnisse der Lehnpferdegelder vom 29. Juni 1626 hatte Curt im Stift 1 Lehnpferd wegen altväterlichen Stammlehnes zu halten (604). 32 Es wird hierbei ausgesagt, daß Dargen und Kowalk jährlich 600 Fl. Reinertrag abwerfen könnten. Jochim Massow bekannte vor Gericht, daß von dem versprochenen Ehegelde nicht mehr als 1543 Fl. an Jürgen Kl. gezahlt wären. Am 9, Juni 1628 hatte Curt in Warnin 3 Hufen, Reimar und Curt in Gr. Voldekow 7 Hf., dieselben in Kl. Voldekow gemeinsam 4 Ritter-hufen und 4 Landhufen zu versteuern (607).
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den Erben seiner Stiefmutter, indem er an sie 2100 Fl. zahlte.33 Joachim auf Dargen, Kowalk und Dimkuhlen erbsessen, suchte am 7. November 1665 zu Cöslin bei der churfürstlichen Erbhuldigung im Bisthum Cammin Belehnung nach und erhielt dieselbe (646); er mußte von seinen Gütern für 1/2 Lpf. zahlen. — Er starb c. 1670 (645). Seine Gemahlin war: Agnes von Versen, älteste Tochter des letzten herzogl. preuß. Hofjunkers Bartholomaeus von Versen auf Pobanz und Tietzow und der Lucretia von Wilmsdorf aus Freienwalde, mit welcher er einen Sohn Jürgen Heinrich (III. 285) und eine Tochter, Sabina mit Namen, zeugte. Letztere wurde die Gemahlin des Reimer Kl. (III. 287). III. 192. Michael auf Dargen, 1633, Jürgens jüngster Sohn, erhielt noch minorenn am 10. September 1618 Muthzettel. Sein Name kommt auch in den Lehnbriefen vom 20. April 1619 und 28. September 1621 vor (591, 593 u. 594). Bei der Belehnung am 22. September 1623 war er abwesend. Er hatte mit den Brüdern Anteil an Dargen und Dimkuhlen (600). In dem Erkenntnis vom 5. April 1633 wird er zum letzten Male genannt. Er starb unvermählt. Von Jürgens drei Söhnen hatte also nur der zweite: Joachim einen Lehnserben, mit Namen: III. 285. Jürgen Heinrich auf Dimkuhlen, † vor 1690. Derselbe lebte bei seines Vaters Belehnung am 7. November 1665, ward aber darnach von seinem Schwager Reimer auf Schmenzin (III. 287), welcher c. 1690 gestorben, erschossen. Mit ihm erlosch der von Curt (III. 8) entstammte Damen-Voldekower Seitenzweig. Wir geben die Stammtafel von:
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Joachims Name kommt in den Lehnbriefen von 1618, 1619 und 1621 vor. — Bei der Belehnung vom 22. September 1623 war er abwesend. — Im Jahre 1630 wurden Joachim zu Kowalk 1 1/2 Hf. gelöscht (610). Im August 1655 klagte Valentin Daniel auf Dargen wider Joachim auf Dargen und Schwellin und Alexander, Gevettern wegen schuldiger Beiträge ihrer Quoten zu dem Lehnpferde, welches von Voldekow gehalten werden mußte. Joachim sagte dagegen aus, daß sein Vater niemals mit sel. Stiftsvogt Martin Kl. zusammen ein Lehnpferd gehalten.
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Von Curts auf Voldekow (III. 59) jüngstem Sohne Reimar (III. 120) entstammt ein größerer Seitenzweig,
der Kowalk-Schmenziner, welcher sich im Laufe der Jahrhunderte noch weiter verzweigt hat und zum Teil noch heute in Blüthe steht. Reimar hatte zwei Söhne: 1) Alexander Joachim und 2) Jürgen (III. 193 u. 194), deren Biographien wir zunächst bringen. III. 193. Alexander Joachim auf Kowalk und Segenthin, 1667, Reimars älterer Sohn, besuchte 1622 mit seinem Bruder Jürgen das Pädagogium in Stettin.34 Er besaß 1627 in Kl. und Gr. Voldekow 4 1/2 Hf., nämlich 3 Kathen a 1 1/2 Hf. Nach Beendigung des dreißigjährigen Krieges hatte er keinen besetzten Bauerhof, sondern seine Gärtner mußten den Acker bestellen und mit dem Viehe arbeiten. Er besaß mit seinem Bruder Jürgen die Güter Schmenzin, Kowalk und Voldekow gemeinsam. Sie hatten zusammen 12 Hf. inne und außerdem zu Zarnekow einen Kossäthenhof. In Schmenzin hielten sie einen Verwalter für 60 Fl. Pension (623). Am 6. Mai 1633 huldigte er wegen „Volchow" (Voldekow); er beschwerte sich darüber, daß ihm zu „Lütken-Voldekow" ein Schäfer aufgebürdet würde; sein Vater hätte 7 Jahre daselbst gewohnt und niemals einen Schäfer und Schäferknecht gehalten. Am 2. Mai 1635 huldigte er wegen Voldekow, Kowalk und Schmenzin (593).35 Später erwarb er das Gut Segenthin mit Puddiger dazu, verkaufte es aber d. d. Schmenzin 16. Juni 1663 an Wulff Albrecht von
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Joachimus Kleist haereditarius Coalcensis (2010) In dieser Urkunde wird er nur Alexander genannt. Im Dezember 1645 unterschreibt er sich: „Mitpatron der Kapelle zu Kowalk". Im Jahre 1653 nennen Alexander Joachim, zu Voldekow erbsessen, und Dubslaff sich: Oberprovisores der Kirche zu Schwellin. — In den Belehnungs- und Steuer-Registern von 1654, 55, 56, 58 u 64 begegnen wir seinem Namen. Im Jahre 1655 klagte Valentin Daniel auf Dargen wider Joachim und Alexander (III. 191 u. 193), Gevettern von Kleist wegen der schuldigen Beiträge zur Quote des Lehnpferdes am Gute Voldekow. 35
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Weiher.
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Bei der churfürstlichen Erbhuldigung am 9. November 1665 war er abwesend, weil krank (640 und 662). Laut Steuer-Matrikel von 1667 u. f. hatte er früher zu Segenthin 8 Hf., zu Voldekow 2, zu Schmenzin 2 und im Stift 2 Hf. zu versteuern (645, vgl. 650). Sein Name kommt noch im Lehnbriefe vom 19. September 1686 vor; darnach starb er. Seine Erben waren: 1) sein Schwestersohn Wulff Albrecht von Weyher. 2) seine Schwester, 3) seine Schwestertochter, sel. Rittmeisters Paul Daniel v. Kl. Witwe und 4) seine drei Brudersöhne: Joachim, Heinrich, Alexander Lorenz, und Jürgen (III. 286, 288 u. 289). Mit seiner Gemahlin Elisabeth Maria von Tornow, Tochter des Jochim zu Schwarzow, bischöfl. Camm. Hauptmannes zu Körlin und der Anna Sophia von Heydebreck aus Schübben hatte er keine Kinder. Laut Eherezeß waren ihr 1000 Fl. in dotem zugeschlagen; dieselben standen auf den Gütern der Gebrüder Heinrich und Thomas von Heydebreck: Puddiger, Schübben und Zuchen eingetragen. Alexander Joachim mußte dieserhalb klagen, und es erging unter dem 27. Januar 1653 das qu. Zahlungs-Mandat. III. 194. Jürgen auf Kowalk und Schmenzin. geb. vor 1614, † 1657,37 Reimars jüngerer Sohn, besuchte 1622 mit seinem Bruder Alexander Joachim das Pädagogium in Stettin.38 Er hatte bei der Musterung vom 30. Oktober 1633 mit Adebahrs Erben zu Bussow und Lorenz Stojentins Witwe gemeinsam ein Lehnpferd zu stellen. Wegen Schwellin stellten Reimars Erben einen Musketier (614). Jürgen besaß mit seinem ältern Bruder die Güter Voldekow, Schmenzin, Kowalk und den Kossäthenhof in Zarnekow gemeinsam (645)39. Er starb vor 1658 und hinterließ 6 Kinder: fünf Söhne und eine Tochter. Vier Söhne hielten sich bei der Mutter in Nerese auf; einer derselben (Reimar) war schon bei Lebzeiten des Vaters in Kriegsdienste gegangen. Seine sechs Kinder waren an dem Gute Kowalk, welches kaum 100 Rtlr. tragen konnte und im Concurse stand, gleichmäßig berechtigt. Seine Gemahlin Ilsa Maria von Stojentin, des Lorenz auf Nerese und der Anna von Hechthausen Tochter, † 1694, lebte 1658 als Witwe mit ihren Kindern auf Nerese. Sie hatte ihrem Gemahl fünf Söhne: 1) Joachim Heinrich, 2) Reimar, 3) Alexander Lorenz, 4) Jürgen und 5) Jacob (III. 286—290) und eine Tochter geschenkt, deren Namen wir nicht erfahren.40
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Letzterer verkaufte es noch in demselben Jahre an den Landrat Werner von Puttkamer und fand sich unter dem 16. Dezember 1664 mit den Gebrüdern und Gevettern v. Kl. dieserhalb ab. — 37 Die Stammt. gibt irrtümlich 1677 als sein Sterbejahr an. Zusatz 2010: Die Angabe der 1. Auflage zum Geburtsjahr, 1614, passt nicht zum Besuch des Pädagogiums in Stettin im Jahr 1622. 38 Georgius Kleist in Coalck N.P. (2010) 39 Im Dezember 1645 wird Jürgen Mitpatron der Kapelle zu Kowalk genannt. — Im Verzeichnis der Damenschen Kleiste vom Jahre 1654 stehen Alexander Jochim und Jürgen als sel. Reimer Kleist's auf Voldekow, Schmenzin und Kowalk Söhne verzeichnet (630a). Nach der Musterung vom 25, April 1655 hatte Jürgen von Kowalk 1 Lehnpferd zu stellen und mit Adebahr gemeinsam wegen Nerese 1/2 Lpf. (632). 40 Das Naseband-Kowalker Kirchenbuch beginnt erst mit dem Jahre 1685. In Bezug auf die Familie von Stojentin teilen wir noch eine Bemerkung Elzows (IV. 265) mit: „Es hatte sich ein Stojentin aus dem Stolpischen zu Kolberg in die Salzgerechtigkeit eingefreiet und sein Geschlecht daselbst fortgepflanzt; dieselben haben die Güter Neires und Nemer unweit Kolberg zu Lehn getragen, sind aber ganz ausgestorben. Die stattliche Salzgerechtigkeit der ausgestorbenen Stojentinen zu Kolberg aber ist durch Heirat auf Georg Kleists zu Kowalk Erben und Oberstwachtmeister von (Fortsetzung...)
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III. 286. Joachim Heinrich auf Voldekow, † 1699, Jürgens ältester Sohn, hat sich 1648 in das Album des fürstl. Pädagogiums zu Stettin eingeschrieben: "Joachimus Heinricus a Kleist N. P." Er hielt 1650 daselbst unter Dr. Zietelmann eine gelehrte Disputation.41 1651 war er an der Universität Leipzig eingeschrieben42 und veröffentlichte auch dort eine wissenschaftliche Schrift.43 Im Jahre 1658 wohnte er bei seiner Mutter in Nerese. Von dort aus berichtet er, sein sel. Vater habe 6 Kinder hinterlassen, die an dem Gütchen Kowalk, so keine 100 Rtlr. tragen könne und im Concurse stehe, proportionaliter berechtigt seien; er habe nach des Vaters Tode posses ergriffen, der concursus creditorum sei noch nicht geschlossen, seine Brüder sämtlich noch unmündig. Bei der churfürstl. Erbhuldigung am 9. November 1665 war er nicht zugegen, weil krank.44 Im Jahre 1699 war er tot; seine Söhne wurden belehnt. Seine Gemahlin Esther Margaretha von Briesen hatte ihm zwei Söhne: 1) Hans Erdmann und 2) Jürgen Ulrich (III. 377 u. 378) und eine Tochter Catharina Luisa geboren. III. 287. Reimar auf Schmenzin und Dargen, † 1685,45 40
(...Fortsetzung) Woyten gekommen." 41 Theorematum et Qvaestionum juris privati, publicu et feudalis controversarum centuriae primae de Instiututionum Libr. I Praeside Dn. Joanne Sithmann/ Pom. J.U.D. in Gymnasio Stetinensi Professore Regio, Praeceptore filialiter honorando, Respondente Joachimo Heinrico à Kleist. Nob. Pom, Habebitur publicè in Auditorio Juricico, horis à Pomeridianis, die 11. Septemb. Anno M. DC. L Standort: Bibliothek Stettin (2007) 42 Matrikel Universität Leipzig 1651 nob. Pomer. 43 Theoria subditorum, quam Deo Trinuno adjuvante sub praesidio ... Jacobi Thomasii ... publice proponit Joachimus-Heinricus a Kleist Widmungsempfänger Kleist, Eobaldus a Lipsiae, (Leipzig), 1655, in lateinisch Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (2007) M. Jacobi Thomasii, Praefationes sub auspicia Disputationum suarum in Academia Lipsiensi recitatae argumenti varii. Lipsiae 1681 S. 90: Kleist, Joachim Heinrich von, An in statu integritatis futurae fuissent Respublicae Standort: Library of Princeton University (2009) 44 Laut St. M. von 1667 hatte er in Voldekow 2 Hf. (645), a. 1672 von Voldekow für 1/6 Lpf. zu zahlen (651); a. 1685 ward ihm in Voldekow ein Kossäth weniger angerechnet (659). Am 80. April 1686 suchte er Belehnung nach und erhielt am 7. November 1689 Muthzettel. — Am 22. Januar 1690 sollte er für 1/2 Lpf. zahlen; er gab jedoch an, daß er nur 1/12 Lpf. zu leisten und 1/12 von Schmenzin dazugegeben werden müßte, welches jetzt seines sel. Bruders Reimar Schwiegersohn, Lieutenant Kallreuter possedire (667). 45 Nach Angabe der Stammt. wäre Reimar erst 1645 geboren. Dies kann jedoch nicht richtig sein, denn bereits 1651 klagte Oberstlieut. Adrian Heinrich Weihers Witwe gegen Jürgen und seinen Sohn (Fortsetzung...)
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Jürgens zweiter Sohn, ging noch bei des Vaters Lebzeiten († 1657) in Kriegsdienste und geriet in die Gefangenschaft der Tartaren. Die Schweden „ranzionierten" ihn aus der Gefangenschaft. Hierauf trat er in schwedische Dienste und avancierte zum Lieutenant. Am 3. November 1658 wurde auf Confiscation seines Vermögens erkannt, weil er gegen das Verbot des Landesherrn in fremde Kriegsdienste gegangen. Die Mutter vertheidigte ihren Sohn nach Kräften, es hätte ihn die Notwendigkeit gezwungen, in schwedische Kriegsdienste zu treten, da er durch die Ranzion der Schweden, damit sie ihn von den Tartaren erlöst, fast ihr Leibeigener geworden, wie er denn ohne ihr beneficium der Tartaren Sclave geblieben wäre; es stände ihm also nicht frei, sich vor dem advocatus fisci zu stellen. Sie bat die revocatoria nicht anzuwenden. Trotzdem erging unterm 4. November 1658 der Befehl an den Landreuter zu Belgard, Kowalk (eins von Reimars Gütern) zu confisciren und den advocatus fisci einzuweisen. Auf die wiederholte Bitte der Mutter kam jedoch unterm 23. März 1659 Gegenordre an den advocatus fisci, er habe sich gegen die Mutter und die übrigen Erben, an welche nicht zu prätendiren, aller Eingriffe zu enthalten. " Am 9. November 1665 wurde Reimar, Jürgens Sohn zu Kowalk, Schmenzin, Dimkuhlen belehnt; dabei wird ausgesagt, daß er vier Brüder habe, welche abwesend und Possessores von Nerese und Kl. Voldekow mit Feldmark Darsow seien (640 u. 662). Reimar war Mitpatron der Kapelle zu Kowalk.46 Im Jahre 1685 starb er. Seine Söhne befanden sich damals teils in brandenburgischen Kriegsdiensten, teils waren sie unmündig. Reimar war zweimal verheiratet: a. mit Sabina von Kleist aus Dargen, Tochter des Joachim (III. 191), mit welcher er zwei Söhne: 1) Jürgen Heinrich und 2) Christian Lorenz (III. 379 u. 380) und zwei Töchter hatte: 1) Elisabeth Maria, vermählt nach 1690 als 2. Ehefrau an Hans Christoph von Kalckreuth, geb. zu Pommerzig, † nach 1719,47 in Schlesien und 2) Esther Margaretha, vermählt an.....von Zitzewitz. b. Aus seiner zweiten Ehe mit Herrath Erdmuth von Kleist aus Dimkuhlen, des Asmus und der Dorothea Hedwig von Kleist aus Gr. Tychow Tochter (geb. 10. August 1660, † 9. September 1681 zu Dimkuhlen) sind drei Söhne: 1) Andreas Joachim, 2) Joachim und 3) Berndt Christian (III. 381—383) und eine Tochter entsprossen, Anna Maria mit Namen, vermählt an Joachim von Schmiedel gen. von Kowalsky, einen ungarischen Edelmann.48 III. 288. Alexander Lorenz
45 (...Fortsetzung) Reimar in puncto turbationis et violentiarum. Reimar hatte nämlich nach ihrem Verwalter in Schmenzin zweimal geschossen, daß ihm die Kugeln vor dem Angesicht vorbeigezogen, hatte ihn dann mit den Bauern durchgeprügelt und ihm die Haare ausgerissen; hierauf nochmal geladen und ihm durch die linke Seite bei der Hüfte geschossen. — 46 Im September 1667 hatte er mit seinen Bauern zu Kowalt 2 1/2 Hf. zu versteuern (645). - A. 1672 zahlte er zu Kowalk für 1/8 Lpf. 5 Rtlr. (651). - Am 22. März 1682 verkaufte Lieut. Reimar auf Schmenzin und Dimkuhlen einen wüsten Bauerhof in Warnin an Lieut. Ewald zu Zarnekow und Warnin für 275 Fl. † 1/4 Hf. Contribution. 47 Jahrbuch des Deutschen Adels, hrg. Deutsche Adelsgenossenschaft, Berlin 1898, S. 145 (2010) 48 Neues preussisches Adels-Lexicon, Supplement-Band, Leipzig 1839, S. 284. Die Ehe sei 1712 geschlossen, Joachim am 18. November 1796 gestorben. Die beiden Daten passen offensichtlich nicht zusammen. (2009)
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auf Nerese, † 1695, Jürgens dritter Sohn, war 1658 minorenn und wohnte bei seiner Mutter in Nerese, welches dieselbe jure retentionis im Besitz hatte. Bei der Belehnung am 9. November 1665 war er abwesend (640 u. 662). A. 1672 hatte er von Kowalk für 1/6 Lpf. zu zahlen (651). Am 20. April 1686 huldigte er für sich und im Namen seines ältesten Bruders Jochim Heinrich, desgleichen im Namen seines jüngsten Bruders Jürgen, „allerseits Jürgens Söhne auf Kowalk, Volko und Schmenzin" (647). Im Jahre 1695 starb er. In seiner Ehe mit Ursula Elisabeth vom Wolde, Tochter des Hans und der Margarethe von Kleist-Raddatz wurden ihm drei Söhne: 1) Joachim Henning, 2) Reimar Christian und 3) Johann Georg (III. 384—386 siehe unten Nereser Seitenzweig S. 125) und eine Tochter geboren: Ilsa Margaretha, vermählt an Franz Georg v. Kl. auf Zadtkow (II. 78). III. 289. Jürgen auf Kowalk und Dimkuhlen, † 1718,49 Jürgens vierter Sohn, wohnte 1658, noch minorenn, in Nerese bei der Mutter. — Bei der Belehnung 1665 war er abwesend, wahrscheinlich in Kriegsdiensten, in welchen er zum Lieutenant avancierte (640 u. 662). Von den väterlichen Gütern fiel ihm Kowalk a nebst Anteil Dimkuhlen zu.50 Durch Tausch erhielt er von Gerd Wedige von Glasenapp auf Gramenz dessen Gutsanteil an Schmenzin und übernahm die auf diesem Gute haftende, der Kapelle zu Kowalk gehörige Schuld von 100 Rtlr. d. d. Kowalk 8. März 1692 und ward am 11. Oktober 1699 und 26. April 1714 damit belehnt (675 u. 680). Am 1. August 1714 verkaufte er seinem Sohne Lieut. Jürgen Lorenz seine Güter Kowalk mit Feldmark Hansfelde und Anteil Hasselmühle, sowie Dimkuhlen Anteil für 8280 Fl., wovon seine Nichte Anna Maria von Kleist 80 Fl. und seine andern Söhne: Major Franz Ulrich und Lieut. Alexander je 200 Fl. erhielten.51 Am 6. Juli 1717 verkaufte er den Versenschen Anteil von Schmenzin an den Obersten Andreas Joachim (III. 381), seinen Brudersohn. Im darauf folgenden Jahre starb er (20. November 1718), beinahe 80 Jahre alt. Seine Ehe mit Anna Ernstine von Zastrow aus Wusterhanse († 1725 im 67. Jahre), Tochter des Hans auf Bärwalde und Wusterhanse und der Maria Elisabeth von Kleist war mit fünf Söhnen: 1) Hans Jochim (get. 28. Januar 1685), 2) Jürgen Lorenz, 3) Franz Ulrich (get. 5. März 1687), 4) Alexander Michael (get. 2. Oktober 1689) und 5) Christoph Heinrich (get. 3. Februar 1693) (III. 387 bis 391 - siehe unten
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Laut Stammt. wäre er a. 1650 geboren. Da jedoch urkundlich feststeht, daß er a. 1713 75 Jahre alt war, so ist 1638 sein Geburtsjahr. 50 Bei der Revision des Hufenstandes a. 1685 wurde ihm zu Kowalk die Steuer für 1/2 Kossäthenhof erlassen (659). Bei der Belehnung 1686 nennt Alexander Lorenz ihn seinen jüngsten Bruder, weil der jüngstgeborene (Jacob) damals bereits todt war (647). A. 1690 hatte er von Kowalk a. und Dimkuhlen Anteil 5/12 Lpf. zu leisten (667). 51 Am 11. Januar 1714 hatte Lieut. Jürgen Kl. von Kowalk für 1/4 Lpf. zu zahlen (679).
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Siedkow Ruschitzer Seitenzweig S. 137) und einer Tochter gesegnet. Letztere, Maria Elisabeth mit Namen, geb. 8. März 1688 in Schmenzin, † 20. Dezember 1747 zu Voldekow, ward die Gemahlin des Lorenz Christian auf Kl. Voldekow (III. 380). III. 290. Jacob, † 1686, Jürgens jüngster Sohn, wird bei der Belehnung a. 1665 als letzter der Brüder genannt. Am 19. Oktober 1686 war er bereits todt. Alexander Lorenz nannte bei dieser Gelegenheit Jürgen seinen jüngsten Bruder. Jacob war unvermählt gestorben. Von Jürgens (III. 194) fünf Söhnen waren also die vier ältesten beerbt. Von ihnen sind Nebenzweige entstammt, die zum Teil in die Gegenwart hineinreichen. Der älteste der Söhne, Joachim Heinrich, hatte seinen Stammsitz zu Voldekow. Von ihm ist
der Voldekower Nebenzweig entsprossen. III. 377. Hans Erdmann auf Gr. Voldekow,52 1714, Joachim Heinrichs älterer Sohn, ward am 11. Oktober 1699 und 26. April 1714 mit Gr. Voldekow belehnt (675 u. 680). Er gab a. 1714 zum 1/4 Lpf., welches der Lieut. Lorenz Christian (III. 380) von Kl. Voldekow zu leisten hatte, seinen Anteil zu Hülfe (679). Seine Ehe mit Maria Ludovica von Kleist, Tochter des Oberstlieut. Georg Friedrich auf Dolgen, des † Richard Wilke auf Schönau (III. 234) Witwe, war mit zwei Söhnen: 1) Georg Wedig und 2) Jürgen Lorenz (III. 477 u. 478) gesegnet. III. 378. Jürgen Ulrich auf Kl. Voldekow, † 1703, Joachim Heinrichs jüngerer Sohn, ward am 11. Oktober 1699 belehnt (675). Ihm war das väterliche Gut Kl. Voldekow c. p. zugefallen. Im Jahre 1704 aber war er bereits todt. Seine Gemahlin Dorothea Sophia von Sager, Tochter des Heinrich Georg auf Schötzow und der Herrath Erdmuth von Kleist aus Dimkuhlen, cop. 1695, † 1705, schenkte ihm einen Sohn: Heinrich Christian (III. 479) und zwei Töchter: 1) Esther Luisa, geb. 18. Oktober 1697, gestorben 12. Juli 1780, am 15. Mai 1732 Gemahlin des
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Die Stammt. nennt seinen Stammsitz irrtümlich Kl. Voldekow.
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Friedrich Wilhelm von Damitz, geb. 22. November 1690, gestorben 24. Januar 1740. auf Rützow53 und 2) Anna Sophia, Gemahlin des Zabel Christoph von Zitzewitz auf Dumrese. III. 477. Georg Wedig, Hauptmann, geb. 1707, † 1759, Hans Erdmanns älterer Sohn, wurde Soldat und kämpfte im siebenjährigen Kriege mit. Er starb a. 1759 als Hauptmann im Stettinschen Garnison-Regiment Langenau zu Stettin und ist daselbst am 25. September ej. a. in der Marienstifts-Kirche begraben. In seiner Ehe mit Charlotte Luise von Flemming aus dem Hause Briesen (geb. 1711) wurden ihm 1750 ein Sohn Hans Georg Wedig (III. 603) und eine Tochter: Henriette Barbara Friederike geboren, welche letztere sich am 3. Dezember 1762 mit dem Lieut. im Infanterie-Bat. des Majors Baron v. Stosch: Carl Joseph von Blacha vermählte. III. 478. Jürgen Lorenz, geb. 1720, Hans Erdmanns jüngerer Sohn, starb jung und unbeerbt. III. 479. Christian Heinrich, geb. 13. Oktober 1702, Jürgen Ulrichs einziger Sohn, ist gleichfalls jung gestorben. Durch Georg Wedigs Sohn wurde dieser Nebenzweig fortgepflanzt; sein Name ist: III. 603. Hans Georg Wedig,54 Major und Postmeister in Schlawe, † 1816. Er ward am 7. April 1750 geboren, seines Vaters einziger Sohn. Beim Tode des Vaters war er erst 9 Jahre alt. Am 3. April 1769 kam er als Fähnrich in das Infanterie-Regiment Herzog von Braunschweig-Bevern Nr. 7. Am 1. Februar 1774 war er Seconde-Lieutenant, 23. April 1782 Premier-Lieutenant, 30. März 1788 Stabs-Capitain, 20. Dezember 1793 Compagnie-Chef und 28. Mai 1802 Major. Im November 1806 wurde er durch die Capitulation bei Ratkau inaktiv.
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1. Auflage Ehemann Philipp Friedrich. Gothaisches genealogisches Taschenbuch der uradeligen Häuser, 1908, S. 165. (2017) 54 In den Kriegs-Ministerial-Acten ist er: Wilhelm Wedig Hans George genannt; in seinem Todtenscheine sind diese vier Namen gleichfalls angegeben, nur in anderer Reihenfolge: Hans Georg Wilhelm Wedig.
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Nach 44jähriger Dienstzeit ward er unterm 10. Februar 1810 zur Versorgung notiert und kam im Juli 1812 als Postmeister nach Schlawe, woselbst er am 31. Juli 1816 starb. Er hatte sich im Juli 1792 mit Constance Friederike Christiane Hille, des Kriegsrates Ernst Bogislaff und der Christiane Juliane Henrici Tochter (geboren 17. August 1760 zu Stettin, † 22. Mai 1833 in Dessau) vermählt.55 In dieser Ehe sind vier Söhne: 1) Franz Carl Georg, 2) Wilhelm Heinrich Friedrich, 3) Friedrich August Moritz und 4) Heinrich Carl Ludwig (III. 729—732) und drei Töchter geboren: 1) Auguste Malwine, starb zu Dessau unvermählt; 2) Juliane Wilhelmine Constantie († 20. August 1860), vermählt mit Major von Drigalsky; und 3) Wilhelmine Auguste Luise Henriette, vermählt am 5. Juli 1814 mit Maximilian August Ludwig von Roiner, Lieutenant im Königl. Sächsischen Infanterie-Regiment Prinz Anton. Sie starb vor 1828.56 III. 729. Franz Carl Georg, geb. 1783, † 1785, des Hans Georg Wedig ältester Sohn, starb zu Stettin am 22. Februar 1785, 2 Jahr 11 Tage alt. III. 730. Wilhelm Heinrich Friedrich, Generalmajor a. D. zu Stargard, geb. 1785, † 1867, des Hans Georg Wedig zweiter Sohn, geboren 19. September 1785 in Stettin, war bereits mit 12 Jahren (19. September 1797) Gefreiten-Corporal im Infanterie-Regiment Nr. 7, am 14. Oktober 1800 Fähnrich, 1. Dezember 1803 Seconde-Lieutenant und 1805 Adjutant im 1. Bataillon. Am 6. November 1806 wurde er bei Lübeck gefangen. Von da an bis zum Februar 1811 war er inactiv. Am 12. Februar ej. a. wurde er dem 1. Pommerschen Infanterie-Regiment aggregiert, 3. Juli 1812 einrangiert als ältester Seconde-Lieutenant bei der 6. Compagnie (Capitain von Donop) des 1. Pommerschen Infanterie-Regiments, am 22. April 1813 Premier-Lieutenant, bei Wartenberg verwundet. 1814 bei Hoogstraten verwundet, erhielt das eiserne Kreuz 2. Klasse. Am 14. März ej. a. ward er Stabs-Capitain und Commandeur der 6. Compagnie, am 10. April 1815 wirklicher Capitain und Compagnie-Chef der 6. Compagnie. — In der Schlacht bei Ligny (16. Juni 1815) war er Führer des 2. Bataillons; für Sombref erhielt er das eiserne Kreuz 1. Klasse. Am 10. August ej. a. besetzte er die Stadt Marienburg in der Provinz Namur und wurde Commandant derselben. Am 3. November 1815 trat das Regiment den Rückmarsch in die Heimat an und langte am 25. Dezember ej. a. in Stettin an. Unterm 30. März 1824 erhielt er das Patent als Major und Commandeur des 3. Bataillons (Landsberg) 14. Landwehr-Regiments, ward 30. März 1836 Commandeur des 1. Bataillons 30. Infanterie-Regiments, trat aber am 2. Juni ej. a. in gleicher Eigenschaft zum 1. Bataillon 14. Infanterie-Regiments über. Am 8. April 1838 zum Oberstlieutenant und interimistischen Commandeur des 1. Infanterie-Regiments, am 24. Januar 1839 zum Regiments-Commandeur und 30. März 1840 zum Oberst ernannt, erhielt unterm 25. September
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Sie war schon vordem verheiratet, mit wem? ist jedoch aus den Urk. nicht ersichtlich. Testament des Bruders Friedrich August Moritz vom 12. Juni 1828, Brandenburgisches Landeshauptarchiv. Verstorbene Schwester Hauptmännin Minna von Roiner. 1. Aufl. Römer (2015) 56
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1841 seinen Abschied als Generalmajor mit 1750 Thlr. Pension und lebte als Pensionair zu Stargard in Pommern, woselbst er am 15. September 1867 starb.57 In den letzten Lebensjahren war er fast erblindet. Er besaß noch das Dienstauszeichnungs-Kreuz und den roten Adlerorden 3. Klasse mit Schleife. Am 28. Juni 1816 hatte er sich zu Vanselow mit Albertine Ernstine Friederike von Plötz, Tochter des Landschaftsrats Christian Friedrich auf Krackow und der Anna Caroline von Rammin aus Daber (geboren 29. September 1789, † 21. Dezember 1859 zu Stargard, Pommern) vermählt. Aus dieser Ehe sind vier Söhne entsprossen: 1) Carl Friedrich Wilhelm, 2) Wedig Gustav Albert, 3) Rudolph Heinrich Reimar und 4) Otto Ewald Ernst (III. 856—859). III. 731. Friedrich August Moritz, Hauptmann, geb. 1793, † 1834, des Hans Georg Wedig dritter Sohn, geboren zu Stettin den 11. Mai 1793, war 1811 überzähliger Seconde-Lieutenant, 4. August 1812 Patent als Seconde-Lieutenant beim 1. Pommerschen Infanterie-Regiment, für das Gefecht bei Hooghstraeten erhielt er das Eiserne Kreuz 2. Klasse,58 7. Mai 1817 Premier-Lieutenant, 30. März 1821 commandiert zur Dienstleistung beim Generalstab des 8. Armee-Corps, 30. März 1822 in den Generalstab einrangiert, im März 1823 Capitain beim Generalstab der 7. Division und 1825 beim großen Generalstab, starb 3. März 1834 in Berlin59 unvermählt. Er hatte das eiserne Kreuz 2. Klasse und das Dienstkreuz erhalten. III. 732. Heinrich Carl Ludwig, Lieutenant, † 1816, des Hans Georg Wedig jüngster Sohn, war 5. November 1813 Seconde-Lieutenant im 9. Kolbergschen Infanterie-Regiment und starb an: 24. Juni 1816 zu Waremmes in Frankreich als Lieutenant und Adjutant in genanntem Regiment an der Brustkrankheit, im 22. Lebensjahre, unvermählt. Von des Hans Georg Wedig vier Söhnen hatte also nur der zweite, Generalmajor Wilhelm Heinrich Friedrich Nachkommen. Es waren vier Söhne: 1) Carl Friedrich Wilhelm, 2) Wedig Gustav Albert, 3) Rudolph Heinrich Reimar und 4) Otto Ewald Ernst (III. 856—859). III. 856. Carl Friedrich Wilhelm, geb. 1817, des Generalmajors von Kl. ältester Sohn, geboren 6. November 1817, ging nach Rußland, verheiratete 57
Todesdatum 15. Juli 1867. Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV(1. Pommersche) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 448 (2009) 58 Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV(1. Pommersche) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 449 (2009) 59 Neuer Nekrolog der Deutschen, 12. Jahrgang 1834, S. 1203 (2008) Testament vom 12. Juni 1828, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Sign. 4A Testamente 10029 (2015)
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sich daselbst mit einer Französin, kehrte nach Pommern zurück und starb hierselbst kinderlos. III. 857. W e d i g Gustav Albert, geb. 1822, † jung, des Generalmajors von Kl. anderer Sohn, geboren 20. März 1822, starb 2. Oktober 1825 zu Landsberg a. d. W. III. 858. R u d o l p h Heinrich Reimar, Premier-Lieutenant a. D., geb. 1826, † ... , des Generalmajors von Kl. dritter Sohn, geboren 7. Juli 182660 zu Landsberg a. d. W., kam in das Cadettencorps und ward 4. Juli 1844 Portepeefähnrich beim 6. Kürassier-Regiment. Am 14. Oktober ej. a. erhielt er den Charakter als Seconde-Lieutenant; am 21. März 1846 wurde er zum 2. Infanterie-Regiment versetzt. Am 18. /19. März 1848 Straßenkampf in Berlin, dann Feldzug gegen Dänemark in demselben Jahre. Unterm 2. August 1856 erhielt er den erbetenen Abschied als Premier-Lieutenant mit der ArmeeUniform und Pension. Er wohnte 1856 in Pelonken bei Danzig, 1860 in Carlikau bei Zoppot und 1870 in Tornow bei Frankfurt a. d. O. Am 26. November 1870 wurde er zur Etappe bei der 2. Armee einberufen und fungierte als Platzmajor in Montargis. Am 24. März 1871 demobil gemacht, wohnte 1877 in Berlin. Bei der Feier des 200 jährigen Jubiläums des Regiments (29. Juni 1877) empfing er den Kronenorden 4. Klasse. Unterm 3. Oktober 1882 wurde ihm Anspruch auf Zivilversorgung bewilligt. Mit seiner Gemahlin Olga Gräfin von Dolgorucka (seit 1860 vermählt) lebte er in kinderloser Ehe. Das Todesdatum beider ist nicht bekannt. III. 859. O t t o Ewald Ernst, Oberst a. D., geb. 1829, † 1894, des Generalmajors von Kl. jüngster Sohn, geboren 28. März 1829 zu Landsberg a. d. W., kam, wie sein älterer Bruder, ins Cadettencorps (Kulm, Potsdam und Berlin),61 ward 22. April 1847 charakterisierter Fähnrich im 2. Infanterie-Regiment (Königs-Regiment) und am 19. Dezember ej. a. Fähnrich. Am 24. August 1848 überzähliger Seconde-Lieutenant, 14. November ej. a. einrangiert, 7. Oktober 1858 Premier-Lieutenant und 1859 Adjutant beim 3. Bataillon 2. Landwehr-Regiments. Unterm 8. Mai 1860 ward er zum 2. combinierten Infanterie-Regiment commandiert, kam aber bereits, am 1. Juli ej. a. ins Infanterie-Regiment Nr. 42, woselbst er am 13. Mai 1861 zum Hauptmann und
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In den Personalbestandsverzeichnissen ist als Geburtsjahr 1821, den Gothaausgaben 1826 angegeben. (2008) 61 Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S.450 (2009)
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Compagnie-Chef und am 1. März 1865 zum Hauptmann 1. Klasse avancierte. 1866 Gefecht bei Gitschin, Schlacht bei Königgrätz. Am 22. Dezember 1870 ward er überzähliger Major, aggregiert dem Infanterie-Regiment Nr. 9, und am 29. März 1871 bei demselben Regiment einrangiert. 1870/71 Schlachten bei Gravelotte, Villiers. Belagerungen von Metz und Paris. Feldzug im Jura (Eisernes Kreuz 2. Klasse).62 Nachdem er unterm 20. September 1876 das Patent als Oberstlieutenant erhalten, ward ihm unterm 11. Juni 1879 der erbetene Abschied mit dem Charakter als Oberst und 3755 M. Pension und Regiments-Uniform bewilligt. Er hat die Feldzüge 1848 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich mitgemacht und ist mit dem roten Adlerorden 4. Klasse, dem eisernen Kreuz 1. Klasse und dem Dienstkreuz decoriert. Im Jahre 1879 nahm er seinen Wohnsitz in Stargard, Pommern; später wohnte er in Wernigerode. Hier starb er am 12. 2. 1894.63 In seiner Ehe mit H e d w i g Friederike Ottilie von Maltzahn (geboren 24. März 1836 in Vanselow, † Wernigerode 11. 6. 1895, vermählt 21. Juli 1855 in Vanselow), Tochter des Erb- und Gerichtsherrn auf Vanselow bei Demmin Hellmuth Friedrich Christian Wilhelm Freiherrn von Maltzahn und der Sophia Charlotte geb. von Axleben, sind ihm zwei Söhne: 1) W e d i g Hans Ludwig Carl (geboren 12. Mai 1856 in Stralsund, Kandidat der Rechte, Biographie in der Fortführung der Familiengeschichte, III. 941), und 2) H a n s Rudolph Albert (geb. 27. November 1858 in Stralsund, jung gestorben, III. 941a) und zwei Töchter geboren: 1) M a r g a r e t h e Sophie, geboren 21 . September 1862 in Stralsund, † 5.Oktober 1942 in Bielefeld, vermählt 4 . Mai 1883 in Wernigerode mit Ulrich von Lemcke, Königl. preußischen Hauptmann a. D., geb. in Borken i. Westf. 7. September 1848, † Schloß Wernigerode 4. Januar 1902, und 2) A n n a Pauline Caroline, geboren 7. März 1865 in Stralsund, † Wernigerode 6. 10. 1937.
62 Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 450 (2009) 63 Ergänzungen aus der Familiengeschichte 1980 (2006)
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Wir geben die Stammtafel von
Von Reimars (III. 287) fünf Söhnen sind gleichfalls Nebenzweige entsprossen, welche teils längere, teils kürzere Zeit geblüht haben. Die Namen seiner fünf Söhne sind: 1) Jürgen Heinrich, 2) Christian Lorenz, 3) Andreas Joachim, 4) Joachim und 5) Bernd Christian (III. 379—382). Nach ihren Stammsitzen nennen wir diese Nebenzweige: a) den Dargenschen, b) den Schwelliner, c) den Stavenower und d) den Schmenziner.
Dargenscher Nebenzweig. III. 379. Jürgen Heinrich auf Kowalk und Dargen, 1714, Reimars ältester Sohn, erhielt bei der Erbteilung das Anteilgut Dargen mit den Buschgütern und der Holzung. Die Mutter hinterließ ihm einige Bauerhöfe in Kowalk. Außerdem empfing er 400 Flor. pomm. baar. Später erwarb er Schwellin. Letzteres setzte er mit seiner Gemahlin zur Special-Hypothek. Sein jüngerer Bruder Christian Lorenz und dessen Gattin übernahmen bei Erhandlung des mitversetzten Anteils an Schwellin, dieses debitum zu bezahlen, dennoch blieb Jürgen Heinrich debitor. Am 11. Oktober 1699 wurde er zum ersten Male belehnt (675); am 26. April 1714 ward er mit Dargen belehnt. In dem bezüglichen Lehnbriefe wird er der älteste Bruder von Lorenz Christian auf Kl. Voldekow, Andreas Joachim auf Schmenzin und Bernd genannt (680). Das Anteilgut Dargen verkaufte er mit seiner Ehefrau nach dem Vergleiche vom 12. April 1741 dem
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Hofgerichts-Präsidenten Georg Bogislav von Bonin.64 Am 15. Juli 1704 hatte er sich mit „Jungfer Dorothea Esther Klisten" (geb. 11. Juli 1686), Tochter des Martin Joachim auf Gr. Voldekow und Dimkuhlen (III. 314) und der Anna Ursula Kl. vermählt,65 welche ihm zwei Söhne: 1) Joachim Bernd und 2) Joachim Henning (III. 480 u. 481) schenkte. III. 380. Lorenz Christian auf Schwellin und Kl. Voldekow, geb. 1676, † 1756,66 Reimars anderer Sohn, erhielt bei der Erbteilung Kl. Voldekow; dazu erwarb er von seinem ältesten Bruder Schwellin. Mit Kl. Voldekow ward er am 26. April 1714 belehnt (680); von diesem Gute hatte er 1/4 Lpf. zu leisten (679). In der bez. Urk. wird er Lieutenant genannt; er hatte in seiner Jugend in Dänemark Kriegsdienste genommen und war zum Lieutenant avanciert. Außer den genannten Gütern besaß er auch das später zu Borntin gehörige Vorwerk Gr. Nemmerin, welches darnach in Concurs geriet und am 2. März 1738 dem Hans Joachim v. Kl. zuerkannt wurde.67 Er kaufte ferner das Freigut Schnackenburg bei Bublitz von Georg Nicolaus und Franz Friedrich Hofstedter und verkaufte es dem Landrat Adam Casimir von Glasenapp.68 Am 29. März 1746 trat er mit seiner Gemahlin die Güter Schwellin, Kl. Voldekow und das Feldgut Gissolk seinem Sohne Hans Bernd ab; die andern Kinder wurden mit Geld abgefunden. Seiner Ehe mit Maria Elisabeth von Kleist aus dem Hanse Kowalk und Schmenzin, Tochter des Jürgen (III. 289) und der Anna Ernstine von Zastrow, geboren zu Schmenzin 8. März 1687, gestorben 20. Dezember 1747 zu Voldekow, sind sieben Söhne: 1) Georg Reimar, 2) Andreas Joachim, 3) Jürgen Lorenz, 4) Reimar, 5) Hans Ulrich, 6) Hans Bernd und 7) Wilhelm (III. 482—487), sowie vier Töchter entsprossen: 1) Herrath; 2) Maria Luise, starb unvermählt; 3) Ernstine Agnisa, welche unterm 20. Oktober 1722 Exspectanz auf eine Stelle im Camminer Jungfernkloster erhielt; sie trat zu Johanni 1731 in die Stelle der Priorin von Bünow daselbst ein;69 und 4) Eleonore Luise, vermählt mit Friedrich Carl von Kl. auf Damen (III. 535). III. 381. Andreas Joachim auf Stavenow, Oberst, geb. 1678, † 1738, Reimars dritter Sohn, ward am 16. Juli 1678 in Schmenzin geboren. 64
Brügg. III , 608. Nasebander Kirchenbuch. 66 Die Stammt. gibt irrtümlich 1752 als Sterbejahr an Dagegen siehe Urk. 684. 67 Brügg III, 744 u. 746. 68 Brügg III, 595. 69 Laut Kirchenb. von Cammin starb daselbst die Stiftsdame Fräulein Elisabeth Ernstine von Kleist am 18. Dezember 1781 und ward im Camminer Dom begraben. Jedenfalls ist dies die obige Ernstine von Kl 65
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Ein Hauptmann von Hohndorff hat einen Nekrolog über Andreas Joachim von Kl. geschrieben, welcher tiefe und innige Hochachtung für ihn atmet. Aus demselben teilen wir im Folgenden das Wesentlichste mit. Das Titelblatt zum Nekrolog lautet: „Wohlgeboren, Wohlgelebet und Wohlgestorben, als ein rechtes Denk- und Ehren-Mahl sterbender Helden hat bey dem seligen Tode des weyland Hochwohlgebornen Herrn, Herrn Andreas Joachim von Kleist Sr. Königl. Majestät in Preußen bestallten Obristen über ein Regiment zu Fuß, Amtshauptmann zu Trebbin und Zossen, und Erbherr der Güter Stavenow etc., welcher den 26. Juli 1738 in Heiligenbeil im 61. Jahr seines rühmlichen Alters selig verstorben, und den 26. Augusti darauf mit solennen Exsequien bestattet ward, in Vornehmer und zahlreicher Versammlung vorgestellet und ausgeführet, und zugleich damit ein Zeichen seiner Ergebenheit abgelegt Fabian Wilhelm Hohndorff Hauptmann bei dem damaligen Kleistischen nun Lehwaldschen Regiment." Aus dem ruhmvollen Leben des Oberst von Kl. ist im Nekrologe folgendes mitgeteilt: „Als Andreas Joachim von Kl. kaum drei Jahre alt war, starb seine Mutter Herrath von Kl. aus dem Hause Dimkuhlen; in seinem siebenten Lebensjahre starb sein Vater Reimar von Kl. Hierauf hielt er sich fünf Jahre lang bei seiner Großmutter mütterlicher Seits: Dorothea Hedwig von Kl. auf Dimkuhlen aus dem Hause Gr. Tychow auf. Nach deren Hintritt wurde er genöthigt, 1694 in Kriegsdienste zu gehen. Doch war sein fünfzehnjähriges Alter nicht stark genug, die Last des beschwerlichen Krieges zu ertragen, die sich insonderheit in der Belagerung der starken Festung Namur erwies, deshalb nahm der Graf Alexander von Dohna ihn zu sich als Page und stellte ihn wegen seines rühmlichen Verhaltens a. 1698 in seinem Regimente als Unter-Offizier an. „Nachhero — so berichtet der Nekrolog weiter —, als bei dem letzten spanischen Successions-Kriege von dem Graf Dohna'schen Regiment sowohl Unteroffiziere als auch Gemeine zu denen im holländischen Solde stehenden Regimentern abgegeben worden, ist der wohlselige Herr Obriste auch dahin, und zwar als Unteroffizier unter das damals Sydow'sche, nunmehr aber Grumbkow'sche Regiment zu stehen gekommen. Nach rühmlichem Verhalten aber ist er bei der Belagerung von Kaiserswerth 1702 Fähnrich geworden. Jedermann ist die blutige Belagerung desselben Ortes zur Genüge bekannt, und daß viele tausend Adern braver Leute mit Dargebung ihres Heldengeistes gleich Strömen eröffnet worden; dennoch hat ihn die höchste Beschirmung vor aller Verletzung bewahren wollen. Eben dasselbe Jahr hat seine Tapferkeit bei den Belagerungen von Lügnen, Venlo, Rüdemont, Rheinberg und Geldern stand halten müssen. Nach geendigter Campagne, den Winter darauf (1703), als er notwendiger Weise Urlaub nach Pommern genommen, um die nöthige Feld-Equipage anzuschaffen, haben ihn Seine jetzt noch glücklich regierende
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Königl. Majestät als damaliger Kronprinz, da er bei Deroselben in Berlin seine Aufwartung gemacht, als Lieutenant bei Dero Regiment gesetzet, da er alle Campagnen in Brabant und am Rhein mitgetan, als 1703 bei Hug und Bonn, 1705 bei Hagenau, 1706 bei Meningen; 1707 hat er der Action bei Oudenarde beigewohnt, 1708 bei Gent und bei Passirung der Schelde; 1709 hat er zur Genüge seinen Heldenmuth in dem blutigen Treffen bei Malplaquet und in der Belagerung von Tournay erwiesen. Dieses Jahr ist er zum Stabs-Capitain ernennet worden. 1710 ist er mit bei Forcirung der Linie von Chambery und Arras gewesen, und in dem Jahr hat er eine Compagnie erhalten. 1712 ist er von Ihro Königl. Majestät als Major bei das damals neu aufgerichtete Grenadier-Corps gesetzt worden. 1715 ist er Oberstlieutenant und 1724 Obrister geworden, da er dann so lange mit so vieler Distinction die Ehre gehabt, Ihro Königl. Majestät, unsers allergnädigsten Herrn Leib-Regiment zu commandiren, bis Dieselbe ihm aus besonderen Gnaden das anno 1736 durch den Tod des sel. Herrn Feldmarschalls Grafen von Finckenstein vacant gewordene Regiment allergnädigst conferiret.70 Er hat Ihro Königl. Majestät in allem 41 Jahr gedienet und zwar mit so viel ausnehmendem Wohlverhalten und besonderer Bravour, daß ich Bürge sein will, Ihro Königl. Majestät werden das Gedächtnis eines so braven Soldaten und treuen Dieners in beständigen Gnaden beibehalten. Seinen Ehestand hat er allein geführet mit der hinterlassenen, annoch lebenden Frau Obristin. Sie ist gleichfalls aus einem alten adeligen Geschlecht derer von Haacken in der Mittelmark entsprossen; und da er sich mit dieser seiner höchstgeliebten Gemahlin a. 1716 vermählet, sind aus solcher beglückten Ehe sechszehn Kinder erzielet worden, wovon noch zehn Söhne und fünf Töchter am Leben, eins aber in die Ewigkeit vorangegangen ist. Sein preiswürdiges Alter erstrecket sich in allein auf 60 Jahr und 10 Tage. Nunmehr aber beschließet er sein rühmliches Leben in einem edlen und seligen Sterben; nur ist dieses noch als was eigenes von ihm zu merken, daß die Providence des Höchsten Zeit seines Lebens ein besonders gnädiges Auge aus seine Erhaltung gehabt, inmaßen, obwohl die schwirrenden Waffen das Spielwerk seiner Jugend und der Schild die Decke seines Armes gewesen, so hat ihn doch der Schutz des Allmächtigen in den größten Gefährlichkeiten ohne Wunden und Blessuren erhalten. " — Auch nach dem Zeugnis des damaligen Feldpredigers Plümicke im Kleist'schen Regiment war der Oberst von Kl. nicht bloß ein tapferer und tüchtiger Offizier, sondern auch ein wackerer Streiter Jesu Christi, der einen guten Kampf gekämpfet und Glauben gehalten hat bis ans Ende. Vorstehendem Berichte fügen wir aus den Familien-Acten noch hinzu, daß Andreas Joachim von Kl. als Oberstlieutenant a. 1715 auch der Belagerung von Stralsund beigewohnt hat, welche vom 17. Juli bis 24. Dezember ej. a. währte. Im von Friedrich Wilhelm I. erlassenen Generalreglement für das Waisenhaus für Soldatenkinder in Potsdam vom 1. November 1724 wurde er zu einem der Direktoren über der Einrichtung ernannt. Vom 25. August 1727 stammt eine von ihm eigenhändig (Jochim v. Kleist) unterzeichnete Schul- und Tagesordnung des Mädchenhauses. Seine Tätigkeit für das Waisenhaus ist aus den Unterlagen für etwa drei Jahre feststellbar.71 Bei dem Könige Friedrich Wilhelm I. stand er in großen Gnaden, daß derselbe ihm die Amtshauptmannschaft zu Trebbin und Zossen verlieh und ihn zum Decan des Camminer Domcapitels ernannte. Durch Cabinetsordre vom 16. Juni 1723 erhielt er ferner eine Prälatur im Kolberger Domcapitel.72
70 71
Letzteres hieß von da an: „Jung-Kleist". Geschichte des Königlichen Potsdamschen Militärwaisenhauses, Berlin und Posen 1824, S.
47 (2013) 72
Berlin, den 28. April 1716. Dem Oberstl. von Kleist von die großen Grenadier und die starcken Favoriten hat der König auf m/3 rthlr. Werth Meubles und unter denselben ein Bette, deßen sich der hochseelige König zu Potsdam bedienet, und kurtz vor dessen Absterben umb 1000 rthlr. anschaffen (Fortsetzung...)
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Die Annahme der 1. Auflage, der König habe ihm 1720 die in der Priegnitz belegenen, für caduk erklärten von Quitzow'schen Lehen zu Stavenow geschenkt, ist auf Grund der heutigen Kenntnis der Quellen aber unzutreffend. Der letzten Besitzer des Gutes Stavenow vor 1945 hat dem Preuß. Geheimen Staatsarchiv als Depositum das sehr umfangreiche Archiv der ehemaligen Herrschaft Stavenow übergeben. Dieses Archiv ist, beginnend mit der Arbeit von Joachim Sack, “die Herrschaft Stavenow”,73 mehrfach wissenschaftlich ausgewertet worden, am ausführlichsten in dem Buch von William W. Hagen, “Ordinary Prussians: Brandenburg Junkers and Villagers, 1500 - 1840”.74 Der letzte Agnat der Quitzows trat danach am 5. August 1717 seinen Besitzanspruch an dem brandenburgischen Anteil des Gutes für 12 000 Taler an Andreas Joachim ab. Dieser hat am 24. Februar 1719 für 44 000 Taler von den Vormündern der noch unmündigen von Blumenthal den mit dem Wiederkaufsrecht der v. Quitzow belasteten Brandenburgischen Anteil und den Mecklenburgischen Anteil, ein Lehen, des Gutes gekauft. Er konnte sich nach eigener Aussage diesen Kauf nur leisten, weil seine Ehefrau 75 000 Tlr mit in die Ehe gebracht hatte. Nach der Übernahme des Gutes kümmerte Andreas Joachim sich durch verschiedene Maßnahmen, die in dem Buch “Die Herrschaft Stavenow” ausführlich anhand der Unterlagen des Gutsarchivs beschrieben sind,75 um eine Steigerung des Ertrags. Er baute in den Jahren von 1720 bis 1727 das heutige Dorf Stavenow als Gutssiedlung auf. Dazu gehört auch die 1726 errichtete Kirche, unter der ein Erbbegräbnis der v. Kleist angelegt wurde.76 In dem brüderlichen Teilungs-Vergleiche vom 16. Februar 1714 war ihm das Anteilgut Schmenzin zugefallen, womit er am 26. April ej. a. belehnt wurde. Er verkaufte dasselbe jedoch am 13. April 1724 an seinen Bruder Bernd Christian. Den Versen'schen Lehnsanteil an Schmenzin hatte er durch Kaufvertrag vom 6. Juli 1717 von Jürgen Kl. an sich gebracht, verkaufte ihn aber mit den von dem Amtshauptmann Gerd Wedig von Glasenapp am 19. August 1717 tauschweise an ihn gekommenen zwei Buschkathen am 25. September 1731 gleichfalls an seinen Bruder, den Hauptmann Bernd Christian von Kl.77 Seine Ehe mit Marie Elisabeth von Hacke, des Johann Detloff auf Kl. Machnow und der Hedwig Margaretha von Beer aus Kiekebusch Tochter, geboren 3. August 1700 in Machnow, copuliert 1. Juli78 1716 in Potsdam, gestorben 27. Juli 1758 zu Stavenow, ist mit elf Söhnen: 1) Friedrich Wilhelm, 2) Albrecht Leopold, 3) Wilhelm Adrian, 4) Ludwig Leopold, 5) Friedrich Wilhelm Gottfried Arend, 6) Friedrich Conrad, 7) Friedrich Joachim, 8) Friedrich Carl Leopold, 9) Wilhelm Heinrich, 10) Friedrich Ferdinand und 11) Hans Reimar (III. 488—498 - siehe unten Stavenower Seitenzweig S. 77) und fünf Töchtern gesegnet: 1) Sophia Dorothea, geboren 22. November 1718 zu Potsdam, gestorben 13. September 1795, vermählt mit Generalmajor Samuel von Polenz, Chef eines in Berlin stehenden Infanterie-Regiments (1744—45 Chef des Inf. -Regts. Nr. 4, 1745—46 Chef des Inf. -Regts. Nr. 13), Domprobst zu Havelberg, Johanniterritter und Drost zu Cranenburg und Duisselt (geboren 24. Januar 1698 zu Meißen und
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(...Fortsetzung) lassen, geschencket, ihm dabey mehr apartements aufm Schloße zu Potsdam angewiesen, weil er sich nechtstens mit einer Fräulein von Haaken verheurathen wird. Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735, Ernst Friedlaender, Berlin 1902, S. 498 (2014) 73 Köln, Graz 1959 (2010) 74 Cambridge 2002 75 S. 95 ff. 76 S. 35 77 Brügg III., 669. Am 24. Januar 1718 war er auch mit einem Anteil an Siedkow belehnt worden. 78 Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735, Ernst Friedlaender, Berlin 1902, S. 517, 521. Am 9. Januar 1717, Seite 600, wird von der Beteiligung des Kleist an der Aufdeckung einer Affäre geschrieben. (2014)
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gestorben 28. Januar 1746 ebendaselbst). 2) Friederike Wilhelmine, geboren 7. April 1722 zu Potsdam, gestorben 27. Juni 1807, vermählt mit dem Hauptmann Hans Christoph von Podewils auf Maraunen. 3) Luise Henriette Margarethe, geboren Potsdam 2. Mai 1727, † zu Müssen 13. Februar 1762,79 vermählt 2. Februar 1745 in Stavenow mit dem Königl. Großbrittanischen und Braunschweig-Lüneburgischen Landrat und Oberhauptmann Franz Johann von Dannenberg auf Vor-Luchow, Weningen und Jasebeck im Hannöverschen (geboren 31. März 1713, gestorben 11. Mai 1764). 4) Charlotte Marie, geboren 30. April 1729, starb als Witwe 28. März 1805 zu Tranitz im Cottbus'schen Kreise. Ihr Gemahl war: Anton Dieterich Wilhelm von Pannewitz, Ritter des St. Johanniterordens auf Tranitz, Grötsch nebst Anteil Kl. Lieskow, ingleichen Sirgen, Gablenz, Anteil Haasow, Vrathlow und Roggosna im Spreewalde (starb 1782);80 und 5) Carolina Sophia, geboren 19. März 1734 zu Potsdam, gestorben 16. Januar 1798, vermählt mit.... von Borstell, Rittmeister des Kürassier-Regiments von Manstein. Andreas Joachim hatte testamentarisch festgesetzt, daß seine Witwe, solange sie solche bliebe, seine Güter und sein Vermögen „allein besitzen und genießen" solle, während die Kinder „von ihrer Frau Mutter und deren guten Willen dependieren" sollten. Jedem der Mutter widerspenstigem Kinde stände nur der gesetzliche Pflichtteil zu. Die verwitwete Frau Oberst von Kleist schloß unterm 6. Februar 1754 mit ihren zehn Söhnen einen Erbvergleich, nach welchem die Stavenower Güter, welche sie bis dahin selbstständig bewirtschaftet hatte, ihrem Sohne Friedrich Conrad zur Verwaltung übergeben wurden. In ihrem Testament setzte sie alle zehn Söhne als gleichberechtigte Erben ein. Der Wert der Erbschaft betrug 205 773 Tlr.81 III. 382. Joachim, Reimars vierter Sohn, geb. ca. 1679, starb nach von der Osten jung. III. 383. Bernd Christian, Hauptmann auf Schmenzin, geb. 1680, † 1749, Reimars jüngster Sohn, geboren 11. November 1680, hat eine kurze und gründliche Nachricht von der Fundation und Erbauung der Kirche in Schmenzin a. 1734, nebst allen dabei vorgefallenen Schwierigkeiten in das Kirchenrechnungsbuch von Schmenzin eingetragen, welche hier als ein denkwürdiges Zeugnis seiner tiefen Frömmigkeit eine Stätte finden möge: I. U. I.
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Jahrbuch des deutschen Adels, hrg. Deutsche Adelsgenossenschaft, Band 1, Berlin1896, S. 448 - Todesdatum 10. April 1761 (2010) Sterberegister: “Morgens um 10 Uhr verstarb Ihro Hochgeboren Gnaden Frau Louise Henriette Margaretha von Kleist des Hochgeborenen Herrn Franz Johann von Dannenberg ... Frau Gemahlin im 34. Jahr ihres Alters und wurde am 21. Februar in hiesiger Kirche mitten auf dem Chor in einoben vermauertes Begräbnis beigesetzet. Davor ist anno 1765 bezahlt 20 Taler.” Kurt Kroll, Rittersitze und Bauernhöfe Müssen - wie es war und wuchs, Ratzeburg 1968, S. 35 (2013) 80 Nach dem Tode der Witwe nahm ihr Neffe Gottfried Carl August von Schöning die genannten Güter an. (Geschichte derer von Schöning, Seite 74. ) 81 Die Herrschaft Stavenow, Joachim Sack, Köln Graz 1959, S. 38 (2010)
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Kurze und gründliche Nachricht von der Fundation und Erbauung der Kirche in Schmentzien, nebst allen dabei vorgefallenen Schwierigkeiten. Der fromme Erzvater Jacob, als Er auf seiner Wanderschaft und Reise von seines Vaters Hanse begriffen war, hat an dem Ort, wo Ihm Gott die Himmels-Leiter zeigete, dieses Gelübde getan: Wo Ihn Gott würde behüten auf seinem Wege, den Er reisete und ihm Brod zu essen und Kleider anzuziehen geben, und mit Frieden wieder heim in sein Vaterland bringen, sollte Gott sein Gott sein, und der Stein, darauf er die Nacht geruhet, sollte ein Gottes-Haus werden, welches Versprechen Er auch hernach redlich ins Werk gerichtet. So muß es auch billig noch heut' zu Tage sein, daß, wenn uns Gott von Jugend auf viele geistund leibliche Wohlthaten erweiset, wir uns befleißigen sollten, Alles zu thun, was unter uns zur Beförderung seiner Ehre und Verherrlichung seines heiligen Namens gereichen kann. — Ich meines Teils habe die Güte meines Gottes von meiner Jugend auf besonders befunden. Denn nachdem Er mir, wie ich a. 1680 den 11. November geboren war, drei Jahre damach meine Mutter nahm, welcher auch 1690 den 8. März mein Vater folgete, worauf ich mich bei meiner Großmutter in Kowalck aufgehalten, bis mich mein Vetter aus Kickow mit nach Brabandt genommen, woselbst ich 1695, da ich gleich 15 Jahre alt war, zum ersten der Belagerung von Namur beiwohnete, darauf ich allen Campagnen von a. 1701 bis 1713, zum Teil in Deutschland, meistens aber in Italien beigewohnet. Und dennoch hat mich Gott behütet auf allen meinen Wegen, sein allmächtiger Schutz hat mich öfters aus den größten Gefährlichkeiten gerissen, daß mir auch kein Glied verletzet worden. Er hat mich als ein gütiger Vater sein Kind, versorget, ernähret und erhalten, und nach allem mir zugestoßenen Ungemach dennoch mit Frieden wieder in mein Vaterland zu den Meinigen, und was mir durch seine Gnade zugehöret, ja! endlich zu einer solchen Ruhe gebracht, daß ich Ursache habe, demselben den demüthigsten Dank abzustatten und darzulegen. Dieses nun habe gemeint nicht füglich thun zu können, als wenn ich mich beflisse, keine Gelegenheit zu versäumen, sondern mich vielmehr willig finden zu lassen, wenn ich etwas beitragen könnte, daß Gottes Wort nicht allein mir und meinen Angehörigen, sondern auch meinen Unterthanen und den Andern, die unter mir wohnen, bekannt und gemein würde, wohl wissend: Wo die Betrachtung desselbigen nachbleibet, daß auch die schuldige Ehrerbietung gegen Gott fällt, und viele Seelen in Blindheit, heidnischer Unwissenheit, ja gar in ihren Sünden bleiben und verderben. Daher habe mir das alle Zeit die größeste Sorge sein lassen, das leider verfallene Christenthum meiner Unterthanen auf allerhand Art und Weise wieder aufzurichten und zu verbessern. Hiezu kann man nun nicht eher kommen, als wenn man dahin sorget, daß die Leute das h. Wort Gottes nicht allein haben und lesen, sondern auch in denen dazu erbauten Kirchen fleißig hören und durch die h. Sacramenta in ihrem Glauben gestärket und erhalten werden. Und eben dazu find auch von unsern gottseligen Vorfahren die Kirchspiele so eingerichtet worden, wie sie gemeinet haben nach den damaligen Zeiten diesen Zweck am besten zu erreichen. Ob wir nun zwar unsern Vorfahren hiervor vielen Dank schuldig seyn, daß sie so viel getan als sie gekonnt und sich damals wollen thun lassen; so gebühret es sich doch, daß die Nachfolger dieses angefangene Gute nicht verschlimmern, sondern vielmehr bei jeder Gelegenheit verbessern. Und zwar um so viel mehr: Da die Namen der Christen von Tag zu Tage (Gott sei Dank) wachsen und zunehmen, folglich auch mehr Sorgfalt, Aufsicht und Unterrichtung bedürfen. Daher die heutigen Zeiten mit den vorigen in vielen Dingen nicht zu vergleichen. Denn da vor diesem niemand gewohnet, teils wegen trübseliger Zeiten, teils wegen Mangel der Einwohner, da finden sich nun nach und nach wieder welche hin, und zwar an solche Örter, die von den Kirchspielen, dazu sie entweder geleget oder sich selbst hingeleget haben, so weit entfernt seyn, daß sie in den langen Tagen den ganzen Tag zubringen müssen, bis sie in die Kirche und wieder nach Hause gehen: zu geschweigen, daß sie dieselbe zu Winters Zeiten wohl gar nicht besucht oder aufs höchste, wenn sie zum h. Abendmahl gegangen sind. Daraus sich ein jeder rechtschaffene Christ den üblen Zustand solcher vermeinten Christen leicht vorstellen kann. Solch Unheil habe nun auch hie erfahren müssen, und zwar mit Schmerzen, daß ich selbst nicht allein mit den Meinigen, sowohl wegen Weite als auch Gefährlichkeit des Kirchen-Weges des Gottesdienstes, wider
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meinen Willen öfters mangeln müssen, sondern es haben auch meine unter mir wohnende Leute daher öfters Gelegenheit genommen, den öffentlichen Gottesdienst zu versäumen, weil einige von denselben fast in 2 Meilen von der Kirche entfernt gewesen, dazu sie belegen waren. Endlich habe mich diesem Übel abzuhelfen, im Namen Gottes entschlossen, in meinem Dorfe eine Kirche zu bauen, es koste auch was es wolle, indem ich ohnedem Alles, was ich habe, von Gott empfangen habe, und folglich auch schuldig bin, zu seinem Dienst und Ehren wieder anzuwenden. Was mir aber dieses heilsame Werk zu vollenden vor Mühe gekostet, ja was vor Beschwerlichkeit und Verdruß es mir gemachet, ist nicht wohl zu beschreiben. Denn da es ein gut Werk war, mußte es ohnfehlbahr, auch von denen, welchen es nichts anging, angefeindet werden. Ja ich bin gewiß, wenn ich etwas erbauet hätte, was nur leiblichen Nutzen gebracht hätte, ich würde nicht so viel Widerstand und Widerstreben gefunden haben, wenn ich auch gleich damit jemand hätte Schaden getan. Ich blieb dennoch auf meinem, mit Gott einmal gefaßten Entschluß und hielte bei Sr. Königl. Majestät immediate um eine allergnädigste Concession an, mir in meinem Dorfe eine Kirche zu bauen, dieselbe an die Nasebandsche Pfarre anzuknüpfen und dem dermaligen Pastor Herrn Vanselow, welcher dieses auf mein Bitten verwilliget hatte, die Courirung derselben anzubefehlen. Da mir aber dieses zum ersten Male abgeschlagen ward, ließ ich dennoch nicht nach, der festen Hoffnung, Gott würde endlich Gnade geben, meinen guten Zweck zu erreichen. Und dieses mein Hoffen schlug auch nicht fehl: denn da ich abermal bei Sr. K. M. allerunterthänigst sub dato den 8. Februar 1734 einkam, so wurden meine Vorstellungen als gegründet angenommen, zumal dieselben mit einer nachdrücklichen Vorstellung von E. Hw. Consistorio begleitet waren, und mußte ich mich nach dem sub dato den 11. März 1734 ergangenen allergn. Befehl erklären, ob ich die Kirche aus meinen eigenen Mitteln bauen, dieselbe hinlänglich dotiren und eine ordentliche Matricul darüber verfertigen lassen wollte. Da ich nun dieses alles versprochen und auch die sämmtlichen Herren Patroni der Schwellinischeu Kirche ihre Notdurft dagegen eingebracht und sich endlich mit mir verglichen hatten, kam der neue Schwellinische Prediger Herr David Reineck sub dato den 22. Februar 1735 dawider ein, und würkete einen widrigen Bescheid aus, darin mir der Bau der Kirchen fast versaget ward. Demohngeachtet gab Gott Gnade, daß ich durch eine allergn. Cabinets-ordre sub dato Berlin den 15. Mai 1735 die Concession dazu erhielte, und überdies demandierte auch die Königl. Regierung dem Herrn Decano von Kleist auf Vietzow und Herrn Doct. Barfknecht Praeposito des Synodi, als ernennten Commissariis, durch eine deßfalls ergangene Verordnung sub dato Stettin den 20. Juni 1735, die Sache nach allergn. Meinung Sr. K. M. zum Stande zu bringen, die bisher nach Schwellin zu geben gewesenen Gefälle, dem Nasebandtischen Prediger beizulegen, über dieses alles eine gehörige Matricul zu verfertigen, und wenn alles zum Stande, die Kirche einweihen zu lassen. Welches alles geschahe, wie denn auch die Einweihung der Kirche von dem Herrn Doct. Barfknecht als Praeposito Synodi den 31. Juli 1735 als am 8. Sonnt. p. Trin. verrichtet wurde, dafür Gott in Ewigkeit gelobet sei. Es konnte aber dieses gute Werk dennoch des Eigennutzes halber nicht ohne Neid und Beunruhigung bleiben: indem der itzige Schwellinische Prediger Herr David Reineck unablässig anhielte, dasjenige von mir zu erhalten, was doch die Königl. Regierung und Consistorium demselben schon ab- und dem Nasebandtischen Prediger zuerkannt hatte. Und ob ich zwar den Unfug deutlich genug vorstellete, so half es doch alles nichts, und konnte des processirens kein Ende werden: daher ich mich entschließen mußte, weil meine Sachen ganz nachlässig getrieben wurden, eine persönliche Reise mit vieler Beschwerlichkeit und großen Unkosten nach Berlin zu thun. Darauf denn endlich eine resolution an den Prediger zu Schwellin erfolgete sub dato Berlin den 3. Mai 1737. Darin war der Prediger befehliget: Wenn Er ja nicht zu ruhen vermeinte, seine Sachen vor E. Hw. Consistorio als foro competenti auszumachen, allwo sich auch die Sache noch ziemlich verzog. Bis endlich aus leibl. neben-Absichten, mein leiblicher Bruder Sohn, der Lieut. Reimar v. Kleist sich mit dem Schwellinischen Prediger verband, und, obgleich sein Vater als eigentlicher Herr der Güter und Patronus der Kirche noch lebte, mir viel Böses zu thun gedachte. Es hatte auch derselbe wirklich und zwar besonders in seinem Exhibito sub dato Stettin den 7. Januar 1739 so viel erhalten, daß den 10ten des folgenden Februar ein Behör angesetzt ward, und ob es gleich nicht vor sich ging, sondern von seiner und des Predigers Seiten aufgeschoben ward; so ist doch nun endlich eine definitiv Sentence herausgekommen: darin ich von aller ferneren Anklage frei und los
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gesprochen bin, und zwar sub dato Stettin den 21. Mai 1739. Aus allem diesen ist nun zu ersehen, was für Unruhe, Mühe, Sorge und Verdruß ich habe ausstehen müssen, ehe Gott meine Feinde überwunden, und endlich seines h. Namens Ehre gerettet hat. Die Unkosten aber, die mir der Bau verursachet, und welche mir durch den schweren, langwierigen und unnützen Proceß gar sehr vermehret worden, kann sich nur der, welcher Kirchen gebauet, recht vorstellen.82 — Ich bezeuge aber hiermit, daß ich alles, was ich getan, nicht aus eiteler Ehre, mir nämlich dadurch einen Namen zu machen, oder auch aus Eigensinn getan habe, sondern aus höchst dringender Not, weil ich sahe, daß die Ehre Gottes in dieser Gemeine nicht konnte besser befördert und den armen Seelen meiner Unterthanen nicht anders konnte geraten werden. So habe ich es auch nicht als ein verdienstliches Werk angesehen, indem ich, wie ich vorher schon gesagt, alles, was ich habe, von Gott empfangen habe, und wohl weiß, daß ich damit nichts verdiene, wenn ich es auch Ihm alles wiedergäbe. Von diesem allen ist mein Gemüth der beste Zeuge. „Vor Dir aber Du allmächtiger Gott, demüthige ich mich, und vor dem Thron Deiner unerschöpflichen Barmherzigkeit, und sage Dir inniglichen Dank, daß Du mich Selbst gestärket und erhalten hast, daß ich nicht träge worden bin in Fortsetzung Deines Werkes, bis es vollendet worden. Ich preise Dich, Vater! Denn ob ich wohl gemeinet habe, Dir meine leiblichen Güter aufzuopfern: siehe! so hast Du mir doch mehr gegeben, als ich Dir; denn meine Haushaltung hat nicht abgenommen und meine Nahrung hat sich nicht verringert. Ich bin zu gering, Herr, aller Wohlthat, die Du an Deinem Knechte getan hast. Aber habe ich Gnade funden für Deinen Augen, so laß dies mein Gebet vor Dich in Deine heilige Wohnung kommen, daß der Zweck, den ich bei Erbauung dieses Deines Hauses gehabt habe, möge erreichet werden. Vor allen Dingen gieb mir, daß ich die kurze Zeit meines Lebens Dein Wort in dieser Kirche zur Erquickung meiner Seele anhören möge, und wenn Du mich einmal zu Dir rufen wirst, so laß meinen Leib in dem Kämmerchen, das ich mir in Deinem Hause habe bereiten lassen, eine sanfte und selige Ruhe genießen bis zu Deiner Zukunft. Meine Angehörigen, die noch meistens klein sind, laß in dieser Kirche Deine Worte des Lebens hören, daß sie sich zu Dir bekehren und leben. Alle meine Unterthanen regiere mit Deinem H. Geist, daß sie sich in derselben durch Dein Wort bekehren von der Finsternis zu Deinem wunderbaren Licht. Ach Herr Gott, laß Keinen, der Dich in derselben anrufen wird, unerhört und trostlos von dannen gehen. Gieb allezeit solche Prediger, die den Geist Deines Sohnes haben, damit in dieser Kirche allezeit versammelt sei eine rechte wahre christliche Kirche, so will ich mich herzlich freuen, und Deinem heiligen Namen ewiglich Lob sagen. Herr unser Gott erhöre mich. " Amen. Ich bin also durch die verliehene Gnade Gottes der Fundator und Stifter dieser Kirche und folglich auch vocirender Patronus, wenn der Nasebandtsche Prediger entweder durch Schickung Gottes stirbt oder wegzieht, und an dessen Stelle ein anderer zu berufen ist. Welches jus vocandi ich auch auf meine Nachkommen, und besonders auf den, welcher nach meinem, Gott gebe seligen, Hingang aus diesem Leben, Schmentzien bekommen wird, vererbe. Die Kirche habe zwar bisher noch immer aus meinen eigenen Mitteln in gutem Stande erhalten, und werde es auch mit Gottes Hülfe noch wohl ferner thun, ohne derselben etwas anzurechnen, welches ob es meine Nachfolger thun wollen, nicht gefordert werden kann, sondern in ihrem christlichen Belieben ist. Ich habe aber die Hoffnung, daß meine Söhne das, was ich gestiftet, nicht werden untergehen lassen, sondern aus Liebe zu Gott dasselbe möglichster maßen erhalten. Euch aber, meine lieben Kinder, vermahne ich, daß ihr ja bedenket, was euch durch diese zeitliche Unkosten für ein großer geistlicher Nutzen zugewachsen. Ihr seid hierdurch in einen solchen Stand
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Aus dem Jahr 1735 stammt die kleinere Schmenziner Glocke, auf welcher mit lateinischen Buchstabe folgende Worte stehen: Durch Gottes Gnade goß mich Johann Meyer in Colberg anno 1735. Hauptmann Berndt von Kleist und Hedwig Magdalena von Kleisten haben mich und diese Kirche erdacht und Alles in diesen Stand gebracht. Baltische Studien, Band 27, Stettin 1877, S. 241 (2010)
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gesetzet worden, daß das Wort Gottes reichlich unter euch wohnen kann. Lasset aber auch das Wort, welches euch äußerlich geprediget wird, einen guten innerlichen Nutzen schaffen an eurer Seele, und lernet daraus erkennen, daß Gott fürchten, die allergrößte Weisheit, und daß die süße Liebe Jesu Christi alle Erkenntnis übertrifft. Besseres kann ich euch nicht hinterlassen. Werdet ihr auch Gott von ganzem Herzen fürchten, so wird euch Gott auch zeitlich nicht unversorget lassen, denn es ist Gott nicht unmöglich, aus wenigem viel machen und das Kleine zu vergrößern. Bei Durchlesung eures Erb-Vergleiches werdet ihr einmal ersehen, was ich im Anfang gehabt, und wie es Gott hernachmals vermehret und gesegnet hat, daß ich durch seine Gnade nicht so wohl für euer geistliches als auch für euer leibliches Wohlsein habe Sorge tragen können, das führe ich hie zu Gottes Ehre an, und Euch zugleich zu zeigen, auf wen ihr euer ganzes Vertrauen setzen müsset, wenn eure Sachen hie leiblich gedeihen, und es euch auch hernach ewig wohl gehen soll. Gott aber, vor dem meine Väter gewandelt haben; Gott, der mich ernähret hat von meiner Jugend auf. Der Engel, der mich behütet hat und erlöset bis hieher von allem Übel, der segne euch, daß ihr nicht allein möget wachsen und viel werden auf Erden, sondern daß ihr auch möget Werkzeuge seiner Ehre werden, zum Preis seines allerheiligsten Namens, so habe ich, wenn ich dies erlange, hie zeitlich schon genug. Eure Pflicht aber ist, daß ihr allezeit, auch nach meinem Tode mit Liebe und Dankbarkeit gedenket an euren Vater, der für euch väterlich gesorget. Berndt v. Kleist. Bernd Christian von Kl. war am 15. September 1705 Lieutenant beim Infanterie-Regiment Markgraf Philipp von Brandenburg Nr. 12, 25. April 1713 Stabs-Capitain und am 7. Oktober ej. a. Compagnie-Chef. Unterm 23.. Januar 1723 erhielt er die erbetene Dimission. Seit dem Jahre 1705 besaß er von dem Versen'schen Anteile an den Schmenziner Gütern: das Rittergut Sandhöfchen und einen Bauerhof in Schmenzin. Bei der brüderlichen Teilung im Jahre 1714 wurde er mit Geld abgefunden und empfing die Versicherung des nächsten Anrechtes an Schmenzin. Von Christian Wilhelm von Kl. kaufte er am 3. Juli 1719 einen Bauerhof in Schmenzin. Einen Teil des Feldgutes Kahlberg, Vierhof genannt, kaufte er am 24 Juli ej. a. von Franz Georg von Kl.; den übrigen Teil des Gutes Kahlberg mit zwei dazugehörigen Bauern und einem Kossäthen in Schmenzin, sowie den Brahmkathen nebst fünf Holzkaveln und dem Anteil an dem Streitholze erstand er am 1. November 1720 von Dubislaff Bernd von Kl.; ferner kaufte er eine Holzkavel mit einem Kathen an den Bonin'schen und Zarthen'schen Grenzen, so von Joachim von Kl. herrührt, am 11. Oktober 1721 von seinem Bruder Georg Heinrich und unterm 13. April 1724 von seinem Bruder Andreas Joachim den Kleist'schen Lehnsanteil an Schmenzin und am 25. September 1731 von demselben den Versen'schen Lehnsanteil an Schmenzin nebst zwei Buschkathen. Ferner erwarb er am 7. Mai 1733 erblich von Georg von Versen auf Pobanz die Versenkavel mit dem darin befindlichen Kalk, „Corsanken Hof" genannt, für 1000 Fl. Den Consens hierzu erhielt er unterm 4. Juli 1739. Zuvor hatte er am 24. April 1726 die auf der Feldmark des Dorfes Zeblin gelegenen sogenannten Zeblin'schen Buschgüter: Freienstein und Hammelschäferei und am 4. Juni 1732 den Lindenhof mit vier Buschkathen von Joachim Ewald von Kl. angekauft.83 Am 16. September 1743 ward Hauptmann Bernd von Kl. mit Schmenzin belehnt (684). Am 30. Juni 1749 starb er.84 Seine Gemahlin Hedwig Magdalena von Kleist aus Vietzow, des Landrats Ewald Joachim (III. 257) und der Hedwig Magdalena von Blankenburg Tochter, copuliert 4. November 1726, gestorben 8. Mai 1754 im 57. Lebensjahre zu Falkenburg, hatte ihm drei Söhne: 1) Joachim Friedrich, 2) Alexander Jürgen Wilhelm und 3) Franz Heinrich (III. 499—501 - siehe unten Schmenziner Seitenzweig S. 105) und fünf Tochter
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Brügg IIl, 610 und 669. Schmenziner Kirchenbuch.
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geschenkt: 1) Hedwig Maria Elisabeth, geboren 21. August 1727, gestorben 22. August 1799 zu Falkenburg, zweite Gemahlin (seit 1750, die 1. Ehefrau Sophie Caroline von Derschau war am 4. Oktober 1749 gestorben) des Hauptmanns Georg Balthasar von Borcke auf Schloß Falkenburg (gestorben 1. Juni 1779), welchem sie ein Ehegeld von 8504 Rtlr. zubrachte. Ihres Gemahls Güter: Stadt und Schloß Falkenburg, Buddow, Zülshagen nebst dem Hünenberge, Teschendorf, Hundskopf, Plagow, Calenzig, Dietersdorf nebst Rehberg und Brückhoff, Gersdorf, Klebow, Groß-Grünow und Dahlow wurden auf 189 812 Rtlr. 15 Sgr. geschätzt.85 2) Amalie Bernhardine, geboren 30. April 1730, starb 3. Januar 1789 zu Falkenburg. 3) Catharina Sophia Auguste, geboren 12. August 1733, vermählt a) mit Lieutenant Martin Georg von Kl. (III. 516) und b) mit dessen Bruder Hauptmann Anton (III. 518). 4) Magdalene Wilhelmine, geboren 5. Oktober 1735, starb 1763 unvermählt, und 5) Dorothea Philippine, getauft 12. Dezember 1736, + 15. Mai 1773, vermählt mit August Ferdinand von Stojenthin auf Schorin, geb. Schorin 14. Oktober 1742, + Schorin 7. Dezember 1774.86 Von Reimars fünf Söhnen waren also vier beerbt. Der älteste derselben: Jürgen Heinrich ist der Begründer des Dargenschen Nebenzweiges, welcher leider schon im zweiten Gliede abstarb. Jürgen Heinrich hatte zwei Söhne: 1) Joachim Bernd und 2) Joachim Henning (III. 480 und 481). III. 480. Joachim Bernd, Capitain,87 geb. 13. Mai 1712, Jürgen Heinrichs älterer Sohn, war 21. Februar 1735 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 26, 3. Januar 1739 Seconde-Lieutenant, 25. Juli 1743 Premier-Lieutenant, 15. Juni 1750 Stabs-Capitain im Infanterie-Regiment Nr. 14 und 23. August 1754 Compagnie-Chef. Am 10. November 1757 nahm er seinen Abschied. Er wohnte seitdem auf Dubbertech. Entgegen der Annahme der 1. Auflage war er nicht unvermählt. Nach dem Kirchenburch des 14. Inf.-Regiments war er verheiratet mit Barbara Eleonore, geb. v. Brandt. Sie hatten zwei Söhne, Christian Albert (III. 603a), geb. 20. Mai 1753, über den nichts weiter bekannt ist, und Bernhard Ludwig (III. 603b).88 III. 603b. Joachim Bernhard Ludwig, geb. ca. 1764, + 1796,
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Schreiben von Margarethe von Borcke zu Georg Balthasar von Borcke an Paul Hoffmann (?) vom 4. November 1913 zu dem Artikel in der 1. Auflage des Exemplars des Kleist-Museums Frankfurt (Oder). 86 Ausgewählte Stammtafeln der EDDA, Gotha 1925, S. 49 Nr. 44, 45 (2014) 87 In den Kriegs-M. -A wird er „Johann Bernhard" genannt. 88 Familien-Nachrichten aus Westpreußischen Kirchen-Büchern, Leichensteinen pp., R. v. Flanß, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Marienwerder 1876, S. 199 (2012)
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jüngerer Sohn von Joachim Bernd, war in der 1. Auflage im Nachtrag unter den nicht zuordenbaren Namensträgern aufgeführt. Nach den Listen seines Regiments war er etwa 1764 geboren. Am 1. Mai 1779 wurde er Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 14, 30. Juli 1783 Lieutenant, 19. Oktober 1790 (13/10) Premier-Lieutenant und zum Grenadier Bataillon, im Februar 1793 zum 2. Bataillon versetzt. Nachdem er unterm 28. Oktober 1794 zum Stabs-Capitain ernannt, ward ihm im Juni 1796 der Abschied bewilligt. Er war Herr auf Schreinen, Kr. Heiligenbeil, er starb dort, 54 Jahre alt, am 27. Januar 1818. Er heiratete Königsberg, Löbenicht, 12.12.1799 Eleonore Dorothea Görtzky verw. Gaesbeck.89 III. 481. Joachim Henning, Jürgen Heinrichs jüngerer Sohn, starb als Fahnenjunker, unvermählt.90 Mit dem unbeerbten Tode seiner Enkel war Jürgen Heinrichs Nebenzweig abgestorben. Durch Lorenz Christian wurde der
Schwellin-Voldekowerer Nebenzweig begründet. Er hatte sieben Söhne: 1) Georg Reimar, 2) Andreas Joachim, 3) Jürgen Lorenz, 4) Reimar, 5) Hans Ulrich, 6) Hans Bernd und 7) Wilhelm (III. 482—487).
III. 482. Georg Reimar, Lorenz Christians ältester Sohn, geboren 1706, starb jung. III. 483. Andreas Joachim, Hauptmann, geb. 1707, † 1777, Lorenz Christians anderer Sohn, war im siebenjährigen Kriege Hauptmann in einem Land-Regiment.91 Am 18. Januar 1765 wurde Hauptmann Andreas Joachim belehnt (684). Unter dem 5. Oktober 1767 reichte der gewesene Hauptmann Andreas Joachim von Kl. eine Klage wider den Präsidenten von Eickstädt ein, welcher in Kleist's Abwesenheit dessen Frau und Kinder aus dem Gute Dobberphul bei Cammin hatte weisen lassen. Kleist hatte dies Gut pro dote mit seiner zweiten Gemahlin geb. von Köller erhalten. Nach seines Schwiegervaters Zabel Ludwig von Koller's Tode (1764), welcher ohne männliche Erben gestorben, war ein Vergleich geschlossen worden, nach welchem die Lehnsnachfolger ein stipuliertes Kaufgeld für das Anteilgut zu zahlen hatten. Seines Bruders Franz Ernst von Köller's Söhne aber meldeten sich zur Übernahme des Gutes. Während Kleist nach Polen gereist war, um daselbst die Capitalien seiner ersten Frau, geb. von der Goltz, zu erheben, wurde er in contumaciam
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Herr auf Schreinen, Kr. Heiligenbeil, † dort, 54 Jahre alt, 27.1.1818, oo Königsberg Löbenicht 12.12.1799 Eleonore Dorothea Görtzky verw. Gaesbeck, Quelle: Kartei Quassowski (2007) 90 In der Regimentsliste des 14. Infanterie-Regiments von 1740 ist ein Fähnrich Johann Heinrich von Kleist, geb. ca. 1715, verzeichnet. Es könnte sich um Joachim Henning handeln. (2014) 91 Über seine militairische Tätigkeit erfahren wir in den Urk. nichts.
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zur Räumung des Gutes verurteilt, erhielt aber weder Kaufpretium, noch Meliorationsgelder. Die Lehnsfolger deponierten die nöthigen 1228 Rtlr. 9 Gr., Kl. verlangte jedoch mehr, mußte aber den Lehnsstamm von 1885 Rtlr. 20 Gr. anerkennen. Unter dem 9. November ej. a. wurde Kl. als „unnützer Querulant" zur Ruhe verwiesen. In seinen letzten Lebensjahren wohnte er in Dramburg, woselbst er am 7. März 1777 starb. Er war zweimal verheiratet: a) mit Eleonora von der Goltz aus Wuhrow, Witwe des 1733 zu Kesburg in Polen verstorbenen Capitains Detloff von Versen, Tochter des Ewald von der Goltz auf Wuhrow und einer von Podewils auf Podewils. Aus dieser Ehe nennt von der Osten eine Tochter Johanna. Von Ledebur schreibt dem Hauptmann Andreas Joachim von Kl. auch Söhne zu. Auf der Grundlage der folgenden Anmerkung zur 1. Auflage wird davon ausgegangen, daß ein Andreas, dessen Abstammung unklar ist, sein Sohn ist.92 b) Seine zweite Gemahlin war: Marie Luise von Köller, Tochter des Zabel Ludwig auf Dobberphul. Sie starb als Witwe am 12. Mai 1787 zu Dramburg, 50 Jahre alt. Sie hatte am 23.Oktober 1782 ein Bittgesuch an den König gerichtet.93 Aus dieser Ehe werden uns zwei Töchter genannt, beide im Jahre 1766 geboren: 1) Amalie Friederike Juliane, starb 1777, 11 Jahre alt, und 2)....., starb 1781, 15 Jahre alt. III. 484a. Jürgen Lorenz, geb. 1708, Lorenz Christians dritter Sohn, starb als Fahnenjunker in Kriegsdiensten, unvermählt. III. 484b.94 Reimar, Generalmajor auf Schwellin und Voldekow, geb. 1710, † 1782,
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Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der in den Kriegs-M. -A. aufgeführte Andreas von Kl., (III. 603c.) dessen Eltern „unbekannt", und dessen Name auf der Stammtafel nicht verzeichnet steht, sein Sohn erster Ehe ist. Nach den Kriegs-M. -A. ist derselbe in Westpreußen im Jahre 1750 geboren. Andreas Joachim von Kl. hielt sich in Polen (Westpreußen) auf, als er die erste Ehe schloß. Sein vermutlicher Sohn Andreas war 4 Jahre im polnischen Cadetten-Corps, 1769 Gefreiten-Corporal im Infanterie-Regt. Nr. 14, 22. September 1772 Fähnrich, 1. März 1777 Lieutenant, 4. November 1786 Premier-Lieutenant, 10. Oktober 1790 Stabs-Capitain im 1. Bataillon, 28. Oktober 1794 Compagnie-Chef, 15. Juni 1799 Major, 16. April 1801 Commandeur des 1. Bataillons, schied im Januar 1808 aus dem aktiven Militairdienste aus. Er hat den Feldzug gegen Polen 1794 mitgemacht. Im Jahre 1801 war er noch unverheiratet. Am 17. Februar 1812 stand er im Alter von 61 Jahren. Im Nachtrag der 1. Auflage von 1886 ist zusätzlich angegeben, daß er am 17. Februar 1812 gestorben sei. Irrtümlich geben die Kriegs-M. -A. an, daß Andreas Joachim (III. 381) sein Großvater gewesen; derselbe war vielmehr sein Großonkel. Im schon erwähnten Nachtrag 1886 wurde er wieder als Enkel von Andreas Joachim (III. 381) bezeichnet. (Ergänzt 2007) 93 Geheimes Staatsarchiv I.HA Rep.96 Nr.435 Litt.K6 (2008) 94 Auf der Stammtafel ist aus Versehen die Nummer 484 zweimal gesetzt; wir fügen deshalb der zweiten Nummer noch ein b hinzu.
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Lorenz Christians vierter Sohn, geboren 10. April 1710 zu Schwellin, wurde von einem Herrn von Quast, welcher Pagen-Aufseher bei dem Markgrafen Albreckt, seinem Regiments-Chef, war, als Page nach der Kurmark mitgenommen. Im Jahre 1730 war er Unteroffizier im Kürassier-Regiment Graf Truchseß Nr. 11, 18. September 1731 Cornet, 15. Juni 1736 Lieutenant (1738 — Leib-Carabinier-Regiment), 6. Dezember 1744 Stabs-Rittmeister, 23. Mai 1745 Escadrons-Chef, 13. Juli 1757 Major, 28. August 1767 Oberstlieutenant, 26. September 1768 Commandeur des Leib-Kürassier-Regiments Nr. 3, 7. Juli 1769 Oberst, 2. Oktober 1770 Commandeur en Chef des Leib-Carabinier-Regiments und 20. Mai 1771 Generalmajor. Am 23. Juni 1775 erhielt er wegen Kränklichkeit den erbetenen Abschied mit einem Gnadengehalt von 1500 Rtlr. Reimar von Kl. hatte bei Mollwitz und Hohenfriedberg mitgekämpft. Wegen Auszeichnung in der Schlacht bei Zorndorf erhielt er den Orden pour le mérite. Im Frühjahr 1760 hatte das Leib-Carabinier-Regiment durch den unvermuteten Überfall der Feinde schwere Verluste erlitten. Darüber berichtete der Major von Kl. unterm 21. März ej. a. an den König. Dieser erteilte s. d. Freyberg den 24. März 1760 den Offizieren des Regiments einen höchst ungnädigen Bescheid, welchen er dem Major von Kl. zugehen ließ. Der Brief lautet: „Mein lieber Major von Kleist. Den inhalt Eures Schreibens vom 21. dieses habe Ich ersehen und gebe Euch darauf in Antwort, wie daß es mir höchst chagrinant, ist, wenn Ich hierdurch sagen muß, daß das Regiment, den schändlichen é chec, so es letzt vom Feinde erlitten, lediglich durch die miserable ordre bey solchen gehabt und durch die faulheit und negligeance derer Officiers überfallen worden, da es nicht erlaubet ist, daß rechtschaffene Preußische Officiers, auf einen solchen Posten, als der wo es gestanden hat, so nachlässig gewesen, sondern auch sogar ihre Weiber und zum teil Kinder bey sich gehabt und also alles darüber negligiret, da, wenn sie sonsten nur halwege attent gewesen, den Regiment, der erlittene affront niemahlen wiederfahren können. Ich werde dahero auch denen Officiers nicht einen groschen weder wegen verlohrner Bagage, noch was es sonsten verlohren, wiederum vergüten; Welches Ihr denen, so dabey interessiret seynd, declariren könnet. Ich bin Euer wohl affectionirter König Freiberg den 24. Marty 1760. F. R. An den Major von Kleist vom Leib Carabinier Regiment." Trotzdem bewahrte der König dem Major von Kleist das bisherige Wohlwollen, zumal das Regiment sich alle Mühe gab, die Scharte wieder auszuwetzen. Durch Allerhöchste Cabinetsordre vom 22. September 1766 erhielt Reimar von Kleist die Amtshauptmannschaft Sehesten in Preußen mit einem jährlichen Einkommen von 500 Rtlr. Diese Verleihung wurde unterm 5. Juli 1775 bestätigt. Im Jahre 1767 übernahm der König eine Patenstelle bei dem am 21. März ej. a. geborenen Sohne Reimars von Kl. Das Originalschreiben des Königs ist noch vorhanden. Es lautet: „Mein lieber Major von Kleist. Ich habe Euer Schreiben vom 31. Martius, worinn Ihr den Euch neugebohrnen Sohn Mir zur Taufe praesentiret, erhalten, und da Ich ihn gerne zu Meinem Paten annehme; So wünsche Ich Euch dabey, daß Ihr ihn zu Eurem Vergnügen erziehen und freude an ihn erleben möget. Ich bin Euer wohl affectionirter König. Potsdam, d. 2. Aprill, 1767." Der Kronprinz erklärte sich gleichfalls bereit, eine Patenstelle bei demselben zu übernehmen. In der Cabinetsordre vom 2. Dezember 1770, laut welcher dem Obersten Reimar von Kl. das
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Leib-Carabinier-Regiment übertragen wurde, heißt es zu Anfang: „Nachdem Wir allergnädigst resolviret, von dem bißher vacant gewesenen Leib-Carabinier Regiment anderweitig zu disponiren; So haben Wir bey dieser Gelegenheit die gute und ersprießliche Dienste, welche Uns und Unserm Königlichen Hanse Unser Obrister und bißheriger Commandeur des Leib Regiments zu Pferde, Reimar von Kleist, bis dahin geleistet, in Erwägung gezogen, und in egard dessen, auch wegen seiner, bey so vielen Krieges-Begebenheiten, bewiesenen Valeur und rühmlichen Conduite, wodurch Er Sich um Uns besonders meritiret gemacht, demselben als ein Zeichen — Unserer Gnade und Zufriedenheit, obgedachtes Leib - Carabinier Regiment hinwiederum conferiret und anvertrauet" u. s. w. Noch ist ein Königliches Handschreiben d. d. Potsdam den 11. August 1775, an den Generalmajor a. D. Reimar von Kl. gerichtet, vorhanden, dahin lautend: „Bester, besonders lieber getreuer. Zu der Euch bereits verwilligten Gnaden-Pension, habe Ich, auf Eure Bittschrift vom 7ten, auch noch die Erlaßung sämtlicher dafür sonst zu entrichtenden Gebühren, hinzugefügt, und werdet Ihr demnach daran, von neuem, erkennen, Euren gnädigen König. " Nach einer Revue des Leib-Carabinier-Regiments bei Schönebeck, welche zur Allerhöchsten Zufriedenheit ausgefallen, hatte der König seinem viel bewährten und tüchtigen Generale 2000 Rtlr. geschenkt. Die Vermögensumstände des Generals von Kl. waren bei seiner zahlreichen Familie nicht besonders günstige, so daß er für außerordentliche Zuwendungen seines Königs besonders dankbar war. Aus dem Konkurse, welcher über das Vermögen seines verstorbenen Bruders Hans Bernd ausgebrochen war, kaufte er die Güter Schwellin und Kl. Voldekow samt Vorwerk Gissolk, konnte sie jedoch nicht halten;95 er verkaufte sie, nach dem Vergleiche vom 19. September 1766, erblich dem Generalmajor Friedrich Wilhelm von Löllhöfel für 15 500 Rtlr., in altem, guten Golde Friedrichsd'or und Louisd'or à 5 Rtlr.96 Das Jahr zuvor hatte er mit Zustimmung seiner Gemahlin an den Kaufmann Jakob Scheel zu Havelberg ihr daselbst belegenes Wohn- und Brauhaus, mit allen pertinentien an Hintergebäuden und Garten, auch Acker-Caveln und Privilegien für 4500 Rtlr. verkauft.97 Nach der Familientradition war der General Reimar von Kl. ein stattlicher und kräftiger Mann, dessen Gesichtszüge Freundlichkeit und zugleich Energie zeigten. Er starb am 7. September 1782 zu Rathenow und ward mit großem Gepränge begraben. Der Kronprinz Friedrich Wilhelm schrieb unterm 13. September 1782 folgenden Trostbrief an die verwittwete Frau Generalin von Kl.: „Wohlgeborene, Vielgeehrte Frau. Ich nehme den aufrichtigsten Anteil an dem Verlust, welchen Dieselben durch den Tod — Ew. Wohlgeb. seel. Herrn Gemahls, des General-Major von Kleist — erlitten haben. Ew. Wohlgeb. können sich versichert halten, daß Ich Gelegenheit zu haben wünsche, Denenselben nützlich zu seyn; wie Ich denn auch durch die Verfügung des Obristen v. Backhoff, dero Mir empfohlenen und heute vorgestellten jüngsten Sohn, als Page angenommen habe. Ich bin übrigens, Ew. Wohlgeb. wohl affectionirter Freund! Fr. Wilhelm. " Die Frau Generalin von Kl. war eine geborene von der Hagen, Hedwig Elisabeth, Tochter des Thomas Philipp auf Hohenauen und der Catharina Hedwig von Brunn, geboren 6. September 1722, cop. 21.
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Resolution an die pommersche Regierung wegen kriegsbedingter Verzögerungen bei der Übernahme des Lehns vom 21. Oktober 1756, Novum Corpus Constitutionum PrussicoBrandenburgensium Praecipue Marchicarum, Band 2, Sp. 177 (2012) 96 Brügg. III, 598. 97 Dieses Haus, das königlich-priviligierte Freihaus, (heute) Lange Str. 13, sei 1759 Reimar von König Friedrich II. als Anerkennung für seine militärischen Leistungen übereignet worden. Homepage Havelberg - Stadtgeschichte. (2015)
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November 1745, gestorben zu Sandau am 13. Juli 1806 am Schlagfluß, im 84. Lebensjahre. Das gedruckte Hochzeitskarmen des Pastors G. Zitelmann ist noch vorhanden.98 Dasselbe beginnt mit den schwungvollen Worten: „Held von der Kleisten Stamm, im Pommer-Land entsprungen, Rittmeister von der Schaar, die Carabiner fuhrt. Der nächst bey Friedeberg und Mollwitz so gerungen. Daß Ihm nebst andern auch ein Sieges-Krantz gebührt. Des Herz im Leibe lacht, wenn Pauck und Trommel schallen. Und der Carthaunen Wuth an Wall und Mauren knallen etc." Die Frau Generalin von Kleist hatte von Jugend auf einen kindlich gläubigen, frommen Sinn. Schon in dem Hochzeitskarmen ist dessen Erwähnung getan. Darin heißt es unter anderm: „Hoch-Wohlgeborner Herr, ich freue mich im Geiste, Daß nach des Höchsten Wink, hier eine Jael sey, Die Ihnen mit Gebet Rath, Heil und Hülfe leiste, Und als ein frommes Hertz, ohn' alle Heucheley Des Geistes Waffen führt, zu manchem milden Segen, Daran den Frommen ist zu aller Zeit gelegen! Hier ist ein Himmels-Schatz, ein Ausbund aller Tugend, Ein guldnes Glaubens-Schloß, Rebeckens frommer Sinn, Ein Leitstern zu der Sonn', ein Muster frommer Jugend, Ein ziehender Magnet, ein lieblicher Gewinn, Ein zartes Marthen-Kind, das Jesum hört und ehret, Und dessen Lob und Preis mit Herz und Hand vermehret. Die schöne Gottes-Ruh, wie denn Ihr Name zeiget, Ist aller Engel Lust, und Christi Tempel-Bau; Hat nun Ihr frommes Herz zu Ihnen sich geneiget, So weiden Sie zugleich auf einer Lebens-Au, Die voller Labsal ist, und solche Nahrung giebet, Daß Jacobs holder Sinn die süße Rahel liebet. Bleib denn, Hochtheurer Kleist, der frommen Hagen eigen,
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Der Titel lautet: „Der Hoch Wohlgeborne Königl. Preußische Hochverdiente Rittmeister unter dem Hochlöblichen Leib-Carabinier-Regiment, Erb-Lehn- und Genchts-Herr auf Schwellin, Kleinenvolck (= Kl. Voldekow) etc . Herr Reimar von Kleist, als hochvergnügter Herr Bräutigam, verbindet sich a. 1745 den 21. November in Hohenauen, mit der Hoch-Wohlgeborenen und Hoch-Tugendgekrönten Fräulein, Frl Hedwig Elisabeth von der Hagen, des Hoch-Wohlgeborenen und Hochgebietenden Herrn, Herrn Thomas Philipp von der Hagen, Königl. Preußischen Hochverdienten Hauptmanns und Erb-Herrn auf Rino, Mühlenburg, Prietzen, Strohdehne, Spaatz, Semmlin etc . und der Hoch-Wohlgeborenen gnädigen Frauen, Frauen Catharinen Hedwig von der Hagen, geborne von Brunn, ältesten Fraulein Tochter, durch priesterliche Copulation und Einsegnung, unter Frohlocken vieler aufrichtigen Freunde, worzu denn auch von Hertzen Glück wünschet Derer allerseits ergebenster Diener und Furbitter bei Gott G Zitelmann, Past. in Witzke und W. "
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Verliere Dich in die, die Deine Liebe sucht! So wird sich mit der Zeit solch Segen zu Dir neigen, Der Deine Treu' bezahlt, mit einer Lebensfrucht, Die, da sie zeitlich ist, doch ewig wird floriren, Und Deinen Sippschaft-Baum mit Ehren Kronen zieren." Auf einem noch vorhandenen Blatte hat sie dankbarlich notiert, wie reich Gott der Herr sie in ihrem Ehestande gesegnet; sie hat zugleich ihre treusten Wünsche für das Gedeihen ihrer Kinder hinzugefügt. Ihre Notizen lauten: „Den 21. Novem. bin ich Hedwig Elisabeth von der Hagen aus dem Hause Hohen-Nauen an Meinen lieben Mann Raimar von Kleist, Rittmeister bey den Hochlöblichen Carabinier Regiment, verheyrathet worden, im Jahre 1745. Selbiger ist aus dem Hause Kleinen Volcko in Pommern. Aus dieser Gott sey davor gedancket recht glücklichen Ehe sindt folgende Kinder gezeuget: Der Große Gott nehme sich ihrer an; Er lasse sie zunehmen an weißheit, alter und Gnade bey Gott und den Menschen; Er lasse sie insbesondere bei heranwachsenden Jahren seiner güte empfohlen seyn und mache sie auch mit der zeit tüchtig, Gott und dem Vaterlande zu dienen. Die aber nicht zu solchen Alter gelangen, deren Seelen erfreue Er vor seinen Angesicht, wo Gott auch aus Gnaden Meine arme Seele nach vollendeten Lauff in dieser Welt aufnehmen wolle in die Häuser des Friedens und stoltzen ruh', auff das wir, wie hir auff Erden bey einander, bey dem Herrn seyn allezeit. Er segne uns und unsere Kinder von nun an bis in Ewigkeit. 1) Antoinette Chazarine Elisabeth ist gebohren zu Sandow den 14. Novembre 1746. Diese eine Tochter laße er wohl gerahten und in Gottesfurcht und allen christlichen Tugenden erzogen werden. 2) Ein Sohn Ludewig Frantz Philipp Christian ist gebohren zu Sandow den 18. Juli 1748.99 3) Ein Sohn Christoph Carl Raimar ist gebohren zu Sandow den 7. Junii 1749. 4) Ein Sohn George Friederich Otto ist gebohren zu Sandow den 2. Julii 1750. 5) Ein Sohn Heinrich Wilhelm Friederich ist gebohren zu Havelberg den 2. Septembre 1751. 6) Eine Tochter Sophia Augusta Carolina ist gebohren zu Havelberg den 31. Dec. 1752, Abends um 7 uhr, ist wiederum verstorben zu Havelberg den 19. Octobre 1753, morgens um 7 uhr; ihr erblichener Körper ruhet allhier in der Stadt Kirche vor den Braut Stuhl; den großen Gott aber hat es gefallen, sie mir nach seinen unerforschlichen Raht bald wieder zu entreißen; so lasse er sie mir dereins nach vollendeten Lauf wieder finden in die Häuser des Friedens. Ihre Seele erfreue er mit unaussprechlicher Freude vor seinem Angesicht. Ihres Alters 9 Monath 19 Tage 12 Stunden. Das nebenstehende Foto zeigt eine Gedenktafel für die drei früh gestorbenen Kinder, Sophia Augusta Carolina, Otto Friedrich Conradt und Albertine Amalie Henriette Dorothee von 1770, die sich 2015 in Havelberg in der St. Laurentiuskirche neben dem Altar befindet. 7) Ein Sohn Otto Friederich Conradt ist gebohren zu Havelberg den 13. Junii Morgens um 3 uhr 1754, ist wiederum verstorben zu Havelberg den 9. May 1755, des Nachts um 12 Uhr; seyn erblichener Körper ruhet in denselbigen grufft vor den Braut Stuhl; der große Gott aber erfreue seine Seele mit
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Die unter 2) - 5) aufgezählten ersten vier Söhne haben die Nrn. III. 604-607. (2015)
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unaussprechlicher Freude vor seinen angesicht, seines alters 10 Mohnath 9 Tage.100" Vorstehenden Notizen fügen wir noch hinzu, daß die ad 1 genannte Tochter am 29. März 1770 unvermählt zu Schönebeck starb. Sie war Braut des Rittmeisters Friedrich Heinrich von Katt aus Wust im Leib-Kürassier-Regiment. Der Bräutigam, ein hübscher, stattlicher Mann, blieb hinfort unvermählt, war 1803 Generallieutenant und Chef des Dragoner Regiments Nr. 14, starb 1813. In den folgenden Jahren des Ehestandes wurden ihnen noch zwei Söhne: 6) Joachim August Leopold und 7) Friedrich Wilhelm Ernst Alexander Ferdinand (III. 609 u. 610) und zwei Töchter geboren: 3) Albertine Amalie Henriette Dorothee, geboren 28. Februar 1757 zu Havelberg, gestorben 2. August ej. a., — und 4) Amalie Charlotte Ulrike Hedwig, geboren 25. November 1761 zu Havelberg, starb ebendaselbst 1803 unvermählt. Am 4. Januar 1783 wandte die verwitwete Frau Generalin von Kleist sich an den König mit der Bitte, ihr eine Summe Geldes leihen zu wollen. Hierauf erging folgender Bescheid: „Besonders liebe. Ich danke euch für die Wünsche, die ihr Mir in eurem Schreiben vom 4ten dieses bey Gelegenheit des Jahreswechsels abstattet, und erwiedere sie gern für euer Wohlergehen, woran Ich jederzeit Teil nehmen werde. Da Ich übrigens kein Banquier bin und keine Gelder ausleyhe, so hättet ihr euch selbst bescheiden können, daß eure in gedachtem Schreiben enthaltene Bitte unstatthaft sey. Ich bin euer gnädiger König. Berlin den 6. Januar 1783. " In demselben Jahre bat die Witwe den König um den Consens zur Verheiratung eines ihrer Söhne mit einer reichen Bürgertochter Berlins. Das Königliche Antwortschreiben, welches hierauf erging, ist gleichfalls noch vorhanden; es lautet: „Besonders liebe. Die Heyrath des Lieutenants von Kleist, von Meinen Gens d'Armes, Eures Sohns, mit der reichen Schmidtn in Berlin, mag Euch so vorteilhaft scheinen, als sie immer will; so bleibt solche doch immer außer seinem Stand; und solltet Ihr Euch billig schämen, auf Meinen Consens noch zu bestehen. Ich kann Euch dahero auch, solchen auf Eure wiederholte Bitte, vom 27sten so wenig, wie vorhin, erteilen; ob Ich gleich sonst bin, Euer gnädiger König. Potsdam den 31. Oktober 1783. An die Witwe des Generalmajors von Kleist, in Rathenau. " Die Witwe starb zu Sandow den 13. Juli 1806 hochbetagt. III. 485. Hans Ulrich, geb. 1711, Lorenz Christians fünfter Sohn, starb jung. III. 486. Hans Bernd, Hauptmann101 auf Schwellin und Kl. Voldekow, geb. 1716, † 1755, Lorenz Christians sechster Sohn, geboren 1. November 1716, kam 1729, also mit 13 Jahren, zum
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Nr. III. 608 (2015) In den Kriegs-M. -A. wird er auch Hans Ernst Bernhard genannt.
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Infanterie-Regiment Nr. 5, war 5. Dezember 1732 Fähnrich, 13. Dezember 1734 Lieutenant, 30. April 1741 Premier-Lieutenant und 1. August 1743 Capitain und Compagnie-Chef bei der 2. Compagnie der Grenadiere des Infanterie-Regiments Nr. 47. Er wohnte den Feldzügen des ersten schlesischen Krieges 1740-42 und 1745 dem Feldzuge in Sachsen bei. Hierauf nahm er seinen Abschied. Am 17. April 1752 wurde Hauptmann Hans Bernd wegen der ihm vom Vater abgetretenen Güter Kl. Voldekow und Gissolk belehnt (684). Außer den genannten Gütern hatte ihm sein Vater unterm 29. März 1746 auch das Stammgut Schwellin abgetreten; seine Geschwister waren mit Geld abgefunden worden. Als er am 26. Februar 1755 zu Burg starb, gerieten seine Güter in Concurs.102 Aus seiner Ehe mit Philippine Catharine von der Hagen, Tochter des Capitains und Erbherrn auf Hohenauen, Semlin, Mühlenburg, Rhinow, Strohdene, Prietzen, Spaatz und Schönholz Thomas Philipp von der Hagen und der Catharine Hedwig geborne von Brunn, geboren 10. August 1727, cop. 10. September 1748, gestorben 1782,103 sind zwei Söhne: 1) Friedrich Wilhelm Franz Philipp Christian und 2) Leopold Heinrich Bernd (III. 611 u. 612) und vier Töchter entsprossen: 1) Caroline Friederike Catharina Elisabeth, geboren 21. November 1749. Unterm 9. April 1768 erteilte der König ihr Anwartschaft auf eine Präbende im Stift zu Wolmirstädt. Am 22. August 1782 bat sie von Burg aus den König um den Consens zur Verheiratung mit dem Lieutenant von L'Estocq im Lewald'schen Regiment, den sie bereits seit 6 Jahren kenne. Ihr Vater wäre in Königlichen Diensten geblieben, ihre Mutter vor einem halben Jahre gestorben, ihre beiden Brüder wären versorgt; sie hätte ihr eigenes Haus und Garten und wäre complett eingerichtet; nur besäße sie nicht so viel bares Geld, als nach Königlichem Befehl für einen Offizier erforderlich. Der Consens wurde ihr erteilt;104 sie ließ sich jedoch später von ihrem Gemahl scheiden. 2) Johanna Philippine Lowisa Henriette, geboren 16. November 1750, starb 24. Januar 1751. 3) Henriette Maria Dorothea Christiane, geboren 4. September 1754, gestorben 2. August 1755, und 4) Catharina Sophia Johanne Leopoldine, bald nach des Vaters Tode geboren am 31. August 1755, starb 30. September 1756. III. 487. Wilhelm, Lorenz Christians jüngster Sohn, geboren 1717 zu Schwellin, war bereits todt, als seine Eltern am 29. März 1746 ihrem damals jüngsten Sohne Hans Bernd von Kl. die Güter Schwellin, Kl. Voldekow und das Feldgut Gissolk abtraten. Seine Gemahlin......von Wulffen (gestorben nach 1778) schenkte ihm nur eine Tochter, deren Namen unbekannt. Von Lorenz Christians sieben Söhnen hatten also der vierte: Reimar und der sechste: Hans Bernd Lehnserben. Reimar hatte, wie sein Vater, sieben Söhne: 1) Ludwig Franz Philipp Christian, 2) Christoph Carl Reimar, 3) Georg Friedrich Otto, 4) Heinrich Wilhelm Friedrich, 5) Otto Friedrich Conrad, 6) Joachim August Leopold und 7) Friedrich Wilhelm Ernst Alexander Ferdinand (III. 604—610). 102
Brügg. III, 593 Sie war d ie Schwester seiner Schwägerin, der Frau Generalin Reimar von Kl . 104 Geheimes Staatsarchiv I.HA Rep.96 Nr.435 Litt.K6 (2008) 103
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III. 604. Ludwig Franz Philipp Christian, Oberst von der Cavallerie, geb. 1748, † 1809, Reimars ältester Sohn, geboren 18. Juli 1748 zu Sandow, der kleinste der Brüder, aber vierschrötig gebaut, war 1764 Junker im Leib-Carabinier-Regiment Nr. 11, 2. Dezember 1765 Cornet, 2. März 1771 Lieutenant, 3. Oktober 1783 Stabs-Rittmeister, 7. Januar 1784 Escadrons-Chef im Kürassier-Regiment Nr. 7 (seit 1804 von Reitzenstein), 27. Mai 1791 Major, 1. Juni 1799 Oberstlieutenant, 31. Mai 1801 Oberst und 5. April 1802 Commandeur des Regiments. Unterm 11. Dezember 1807 erhielt er den erbetenen Abschied und wohnte darnach auf seinem Gute Orpensdorf bei Osterburg, Kreis Stendal, woselbst er am 13. September 1809 starb. Am 9. Oktober 1793 hatte er den Orden pour le mérite für Auszeichnung in der Schlacht bei Pirmasens erhalten, in welcher die Preußen unter dem Herzog von Braunschweig einen Sieg über die Franzosen unter Moreau erfochten (14. September 1793). Unterm 4. Juli 1800 war er zum Ritter des St. Johanniterordens ernannt worden. So kriegstüchtig und heldenmütig er aber in allen Schlachten sich bewiesen, — in der unglücklichen Schlacht bei Auerstädt (14. Oktober 1806) wurde das Regiment in den allgemeinen Rückzug der Armee verflochten und der Oberst von Kleist demnächst in die Capitulation von Magdeburg eingeschlossen. Im folgenden Jahre (1807) bat er um seine Entlassung. Das Königliche Handschreiben, durch welche dieselbe ihm gewährt wurde, lautet: „Mein lieber Oberster von Kleist! Ich bedaure, daß Ihr Euch genöthigt sehet, Meinem ferneren Dienste zu entsagen; da es indessen Eure Lage erfordert, so bewillige Ich Euch hierdurch den unterm 20. v. M. nachgesuchten Abschied. Die Pension hingegen kann Ich Euch nicht zugestehen, da Ihr wegen Familien-Verhältnisse abgehet und überdies auch Euren Aufenthalt im Auslande nehmet, wohin keine Gnadengehalte gezahlt werden. Desgleichen gestatten die Umstände in diesem Augenblicke nicht, Euch den Charakter als General-Major beizulegen; Ihr könnet aber diesen Wunsch nach hergestellter alten Ordnung der Dinge in Erinnerung bringen Euren, wohlgeneigten Könige Memel, den 11. Dezember 1807. Friedrich Wilhelm. An den Obersten von Kleist, Commandeur des Regiments von Reitzenstein. " Der Oberst von Kl. begab sich nicht, wie er anfänglich beabsichtigt, ins Ausland, sondern zog sich auf seine Güter in der Altmark: Orpensdorf, Rönnebeck und Flessau, Kreis Stendal, zurück, welche ihm seine erste Gemahlin zugebracht hatte. a) In erster Ehe war er nämlich seit dem Jahr 1784 mit Hedwig L u i s e Dorothea v. Barsewisch, Witwe des Kriegsrats Dietrich, Tochter des Johann Rudolph v. B. auf Scharpenlohe und Esack und der Johanna Louise, geborenen von Knoblauch, vermählt.105 Sie starb am 2. März 1805, 58 Jahre alt. d) Die zweite Ehe ging er am 19. Juli 1806 mit Dorothea Friederike Johanna von Barsewisch, geboren 9. April 1784 zu Crüden, einzigen Tochter des Quartiermeister-Lieutenants bei der suite in Berlin Rudolph von Barsewisch und der Magdalene Auguste Sophie gebornen von Tresckow ein. Die Witwe war 1815 bereits wiederverheiratet mit dem Hauptmann Ludolph Friedrich Georg von Lüderitz, † 1843 in Lüderitz, auf Lüderitz, Landsberg und Schernebeck. Sie starb 1855 in Lüderitz.106 Der Oberst von Kl. hatte in beiden Ehen keine Kinder. 105 106
16. Dezember 1789 lt. Handbuch des preussischen Adels, Berlin 1892 (2008) Handbuch des preussischen Adels, Berlin 1892 (2009)
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In seinem Testamente hatte er bestimmt, daß seine Rittergüter Orpensdorf, Rönnebeck und Flessau für immer von Kleist'sche Güter bleiben sollten, und traf demgemäß seine Dispositionen. Durch Codicill vom 24. Februar 1808 aber hob er jenes Testament auf, und bestimmte seine zweite Gemahlin zur einzigen Erbin, die im ungestörten Besitz seines Vermögens bleiben sollte, so lange sie lebte. Nach ihrem Tode sollten an die Kinder seiner Brüder Wilhelm, Joachim und Ferdinand je 2000 Rtlr. in Friedrichsd'or gezahlt werden. Würde die Witwe nicht von ihrem Bruder (dem damaligen Lieutenant a. D., späteren Hauptmann im 26. Landwehr-Regiment und nachmaligen Besitzer von Windberge bei Stendal) beerbt, so solle dagegen das halbe Vermögen auf die Kinder der genannten Gebrüder von Kleist übergehen. Nach dem Tode ihres zweiten Gemahls von Lüderitz (starb 1843) vermochte die Witwe die Kinder Joachims, denen sie zur Offiziers-Equipage und sonstigen Ausstattung schon früher einen Teil des Legats gezahlt hatte, am 14. Oktober 1844 zum Verzicht gegen zwei Drittel Auszahlung des Restes des Legats (950 Rtlr. in Friedrichs d'or), da sie bereits über die Hälfte des Legats (1050 Rtlr. meist in Jeromes d'or) successive abgezahlt hatte. Die Kleist'schen Güter hatte sie etwa 1813 verkauft, angeblich für 80000 Rtlr., und die Kaufgelder wurden wohl auf Lüderitz eingetragen, auch wurde aus denselben, etwa 20 Jahre vor ihrem Tode (c. 1830) ihrem Bruder das Gut Windberge bei Lüderitz für c. 18000 Rtlr. erstanden. Ihr Bruder war nicht ihr Erbe geworden. Trotzdem wurden die Legate an die Kinder von Wilhelm und Ferdinand von Kl., wie das Testament bestimmt, nicht gezahlt. Die Witwe wohnte auf Lüderitz bis an ihr Lebensende (starb 1855). III. 605. Christoph Carl Reimar, Postmeister, geb. 1749, † 1820, Reimars zweiter Sohn, geboren zu Sandow 7. Juni 1749, war 2. Oktober 1768 Cornet beim Leib-Carabinier-Regiment Nr. 11 und 2. Februar 1774 Lieutenant. Da er durch einen Sturz mit den: Pferde sich einen schweren Bruch zugezogen hatte, so mußte er am 28. Mai 1776 seinen Abschied nehmen. Nach seiner Wiederherstellung arbeitete er eine Zeit lang bei der Régie zu Magdeburg als Referendar und ward 1779 als Zolldirektor zu Sandow (an der Elbe bei Magdeburg) versorgt. Dort kaufte er in demselben Jahre das Nassau'sche Zollhaus mit den dazu gehörigen Äckern und einem Garten. Daselbst verwaltete er zugleich die Stelle eines Postmeisters. Einer seiner Neffen charakterisiert ihn folgendermaßen: „Reimar von Kl. begnügte sich Zeitlebens mit der bescheidenen Stellung, die er in Folge seiner Invalidität sich erworben hatte. Er war sehr gut in den Klassikern zu Hause, und citierte mit Leichtigkeit in seinen Erholungsstunden nach Tisch Stellen aus Terenz u. A. den Conrektoren der Stadtschule, die Freitisch bei ihm hatten. Überhaupt ist mir — so berichtet der Neffe - die Rohheit und Unwissenheit der Offiziere der Armee vor 1806, wie man sie gewöhnlich schildert, bei meinen Verwandten so total fremd geblieben, daß ich, wenn jene Schilderung doch zum großen Teil zutreffen sollte, annehmen muß, meine Verwandten hätten eine ausgezeichnete Erziehung genossen. Ich fand nie bei ihm irgend eine Verachtung irgend eines Standes, nie das leidenschaftliche Anfeinden irgend eines andern Berufes, nie das leiseste Buhlen nach Gunst nach irgend einer Seite hin, nie das hastige Streben, aus einer nur irgend erträglichen Lage sich in eine bessere zu versetzen, keine Geringschätzung oder gar Verhöhnen von Untergebenen; sondern stets ein gesetztes, ruhiges Wesen gegen Jedermann; nie den leisesten Dünkel auf sogenannte Vorzüge der Geburt, dabei tüchtiges Wissen und leidliches Können, feine Sitte, Ordnung und Rechtschaffenheit, Opferwilligkeit und Liebe zu König und Vaterland. — Ich habe noch nie eine aufrichtigere Ehe gesehen, als welche Reimar mit seiner zweiten Frau führte. — Er entzog sich alles nur irgend Entbehrliche, um 1813 freiwillige Jäger auszurüsten; er wußte, auch beim Ausbleiben der Tantieme in den Kriegsjahren, doch Haus zu halten,
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trotzdem oft Wochen lang hinter einander 40 bis 50 Mann Einquartierung in seinem Hause lagen. Er war ein echter Biedermann, ohne alles Vorurteil. Ihm bin ich mit meinen Geschwistern zu innigem Danke verpflichtet. " Am 8. Januar 1770 war Reimar von Kl. in das St. Johanniterordens Meisterthum Sonnenburg inscribiert, und am 18. Januar 1820 (beim Krönungsfeste) erhielt er den roten Adlerorden 3. Klasse für fünfzigjährige treue Dienste. Noch in demselben Jahre, am 12. Dezember, ging er in Sandow heim. Er war zweimal verheiratet gewesen: a) im Jahre 1784 mit Christiane Sophie Henriette von der Hagen, seiner Mutter jüngsten Schwester, geboren 19. Januar 1738 zu Hohenauen. Friedrich der Große erließ folgende Einwilligung zu dieser Ehe: „An den gewesenen Lieutenant von Kleist, dermaligen Erb-Zoll-Einnehmer zu Sandau. Bester, lieber, getreuer. Meinetwegen möget Ihr Eure Tante von Hagen heyrathen. Ich will Euch solches auf Euer Gesuch vom 26. Februar wohl nachlassen, als Euer gnädiger König. Potsdam den 3. März 1784." Diese Ehe blieb kinderlos. Frau von Kleist starb am 9. Juli 1805 zu Sandow am Stickfluß, im 68. Jahre ihres Lebens und 21. ihrer Ehe. b) Die zweite Ehe schloß er Ende des Jahres 1805 mit Philippine Hedwig Elisabeth von Tresckow, geboren 21. Juni 1763 zu Bützer bei Rathenow, Tochter des Hauptmanns von Tresckow und der Johanne Ottilie von der Hagen, gestorben 28. Dezember 1838 zu Bleckendorf bei Egeln. In der zweiten Ehe ward am 9. Januar 1815 eine Tochter geboren, deren Namen wir jedoch nicht erfahren. III. 606. Georg Friedrich Otto, Oberst,107 geb. 1750, † 1806, Reimars dritter Sohn, geboren zu Sandow 2. Juli 1750, soll der schönste von den Brüdern gewesen sein, ein stattlicher Mann mit lebhaftem Gesichtsausdruck, feurigen Augen, braunem Haar (wogegen die andern Brüder blond waren) und munterem Wesen. Er war 1765 Estandarten-Junker im Regiment Gensd'armes Nr. 10, 24. Mai 1766 Cornet, 21. Juni 1773 Lieutenant, 3.. Februar 1784 Stabs-Rittmeister, 20. November 1788 Escadrons-Chef und 3. Januar 1791 Major. Im Mai 1796 nahm er seinen Abschied mit 400 Rtlr. Pension. Am 6. Februar 1797 erhielt er das Patent als Oberstlieutenant und ward Direktor der École militaire in Berlin. Unterm 10. Oktober 1799 verlieh des Königs Gnade ihm den Charakter als Oberst. Am 2. Mai 1793 war er zum Johanniter-Ritter ernannt worden. Die Nomination und Anwartschaft auf die Comthurei und Landvogtei Schievelbein, welche ihm bereits 1794 verliehen war, wurde ihm im Februar 1798 bestätigt. In seinem Haus herrschte ein regen gesellschaftlicher Verkehr und er stand Freunden des Dichters Heinrich nahe.108 Am 20. Oktober 1806 um 6 Uhr morgens erschoß er sich selbst in Berlin in seiner Wohnung auf dem
107 108
Die Stammtafel gibt ihn irrtümlich nur als Oberstlieutenant an Kleist-Bibliothek, S. Rahmer, Berlin 1905, S. 226 (2011)
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Gelände der École militaire. Über die von ihm beinahe 8 Jahre lang trefflich geleitete École militaire und über sein trauriges Ende lesen wir in einer Beschreibung Berlins aus dem Jahre 1852 folgendes:109 „In der Burgstraße, dem Schlosse gegenüber, steht eine schöne Anstalt, die man jetzt Kriegsschule nennt, die aber von ihrem Stifter Friedrich II. école militaire geheißen, und 1795 mit diesen Gebäuden besetzt worden ist. Bis zum Jahre 1769, wo es vollendet war, haben die Zöglinge der école militaire in der Reitschule in der breiten Straße gewohnt. Fünfzehn von ihnen, die ihre Vorbildung im Cadettenhause erhalten, sollten stets in der Anstalt auf des Königs Kosten erzogen werden, die 15 bis 20 andern Zöglinge wurden von ihren Eltern hier in Pension gegeben. Sie erhielten eine sehr gute Erziehung und sehr glänzende Verpflegung und Bedienung; so durfte nie ein Zögling oder écoliste, wie man sie nannte, ohne Bedienten ausgehen. Ihre Uniform war sehr elegant. Die besten Offiziere der Armee, die bedeutendsten Gelehrten der Stadt sind als Gouverneure und Lehrer angestellt gewesen und waren die berühmtesten Generale ihre Schüler (der jüngst † König von Holland, Herzog Carl von Mecklenburg u. A.). Im Jahre 1806 ist ein Obrist Kleist Commandeur der école militaire gewesen. Nach der unglücklichen Schlacht von Jena, als der König auf wenige Stunden in Berlin war, ging der Obrist ins Palais, um Befehle zu erhalten, wohin er die Zöglinge zu retten habe, wenn die Franzosen einrückten. Der König war schon abgereist; Kleist, dem die Verantwortung zu schwer erschien, den Eltern der jungen Leute gegenüber, ging nach Hause und erschoß sich. Später wurden die écolisten von ihren Gouverneuren nach Königsberg geleitet, die Anstalt ist dann aufgehoben worden. Im Jahre 1809 hat man in diesen Räumen eine Kriegs- Schule errichtet."110 Der Oberst von Kl. war zweimal verheiratet: a) mit einem Fräulein Schmidt, einer reichen Bürgertochter in Berlin. Friedrich der Große hatte durch Cabinetsordre vom 31. Oktober 1783 den Consens verweigert. Sein Nachfolger, König Friedrich Wilhelm II., hatte ihn endlich erteilt. In dieser Ehe wurde eine Tochter geboren, welche zwei Monate vor der Mutter starb. b) Am 12. Juli 1806 ließ er sich in der Nikolaikirche zu Berlin mit der Witwe des Buchhändlers und Verlegers Himburg, Johanne Wilhelmine, gebornen Trotte, trauen, welche 1819 am 16. April in Berlin, 70 Jahre alt, starb. Diese zweite Ehe war kinderlos. III. 607. Heinrich Wilhelm Friedrich, Hofgerichts-Präsident, geb. 1751, † 1825, Reimars vierter Sohn, geboren zu Havelberg 2. September 1751, besuchte seit 26. Juni 1767 die Ritterakademie Brandenburg, studierte seit Oktober 1769 Jura in Frankfurt/Oder. Am 4. September 1772 bat der Vater den Großkanzler, seinen Sohn als Referendar einzustellen. Im gleichen Jahr wurde er Referendar bei der Regierung zu Magdeburg. Seit 1780 war er Hofgerichts-Rat in Bromberg und c. 1792 Präsident des westpreußischen Hofgerichts daselbst.111
109
Berlin. Ein Buch für junge und alte Preußen, Berlin 1852, S. 20. Rahmer führt aus, Georg Friedrich Otto habe sich wegen seiner Schulden erschossen. Seine Witwe habe wegen der vorgefundenen Schulden den erbschaftlichen Liquidationsprozeß eröffnen lassen. Der Prozeß zog sich sehr lange hin. Kleist-Bibliothek I. Band, S. Rahmer, Berlin 1905, S. 226 (2011) Testament vom 20. April 1806, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, 4A Testamente 9124, 9125. Der Vorgang enthält auch ein Protokoll über die Todesumstände. (2015) 111 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 494. Der Artikel enthält viele Einzelheiten zum beruflichen Werdegang und zu Beschwerden über Heinrich Wilhelm Friedrich. (2012) 110
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Wilhelm von Kl. war ein echt patriotisch gesinnter Mann, dabei sehr freigebig. Seine Neffen hatten noch in späterer Zeit die „schönen politischen Gesinnungen des Onkels aus Bromberg und besonders seine Liberalität" in dankbarer Erinnerung. Aus Familienrücksichten war er 1778 genötigt, das drei Meilen von Bromberg gelegene Rittergut Przylubie, im Werthe von 20000 Rtlr. anzunehmen. Desgleichen erwarb er 1792 durch Kauf das Rittergut Skludziewo (Hohenhausen) für 35 333 Taler.112 Letzteres verkaufte er am 1. August 1802 mit besonderer Genehmigung an einen bürgerlichen Käufer für 48 000 Taler113 und zog sich nach Errichtung des Herzogtums Warschau (1807) auf sein anderes Gut Przylubie mit seiner Familie zurück. Infolge der Abtretung des Netzedistrikts hatte er 1807 seinen Posten verloren und stand 1808 in polnischen Diensten.114 Zu Anfang des Jahres 1809 rechnete er den Verlust am Gute durch Einquartierung bereits auf 12000 Rtlr. Sein Sohn Fritz bewirtschaftete es. Im Jahre 1820 hatte er das Gut bereits verkauft oder durch Konkurs eingebüßt, denn von da ab wohnte er mit der Familie in Thorn, woselbst er 7. September 1825 starb. Seine Vermögensumstände waren nicht die günstigsten gewesen. Von Bromberg aus hatte er als Hofgerichts-Präsident unterm 18. November 1801 den König um eine außerordentliche Unterstützung gebeten und sich dabei auf seine zahlreiche Familie berufen. Dazu hätte der durch die Insurrection erlittene Verlust sein eigenes Vermögen fast ganz erschöpft. Zwar wäre ihm vom Könige die Anwartschaft auf das Gut Jaxice gewährt worden, er bezöge aber keine Einnahmen davon, da die gegenwärtigen Besitzer das Gut noch zehn Jahre nutzten. Er wäre einer der ältesten Präsidenten im Staat, jüngere hätten höheres Gehalt; er hätte seit 30 Jahren, da diese Provinz occupiert wurde, die Schwierigkeiten, welche mit der ganz neuen Organisierung und Einrichtung des Justizwesens in einer ganz unkultiviert gewesenen Provinz verbunden wären, zu bekämpfen gehabt. Da der König jedoch bereits vor zwei Jahren ihm eine Zulage von 200 Rtlrn. gewährt hatte, so daß sein Gehalt 2000 Rtlr. betrug, so wurde ihm seine Bitte abgeschlagen. Seine Gemahlin Leopoldine Dorothea C h r i s t i n e Baronin von Wiersbitzky aus Schweiden in Preußen, geb. 1. Februar 1763 in Gehlweiden,115 Tochter des Generals Carl von Wiersbitzky, copuliert c. 1781, gestorben 1812, hatte ihm vier Söhne: 1) Friedrich Leopold, 2) Wilhelm, 3) Leopold und 4) Franz Ferdinand Friedrich Fedor (III. 733—736), sowie sechs Töchter geschenkt: 1) Christine Caroline Elisabeth, geboren 25. November 1784 zu Bromberg, starb als Witwe am 11. Oktober 1852, vermählte sich 2. August 1802 mit dem Hofgerichtsrat in Bromberg, späteren Kammergerichtsrat in Berlin Justus Richter, starb 14. März 1815. Da ihr Mann frühzeitig starb, so mußte sie vorsichtig haushalten, und konnte doch ihren Kindern eine treffliche Erziehung geben. Sie war eine schöne, ruhige, sanfte Frau, voll unaussprechlicher Liebe für ihre Verwandten. 2) Wilhelmine Charlotte Friederike, geboren 1788 zu Bromberg, starb 1850 zu Straßburg in Westpreußen, heiratete wahrscheinlich in Preuß. Leibitsch bei Thorn einen Herrn Mater. 3) Henriette, geboren 1790 zu Bromberg, starb unvermählt 1849 zu Kauernick an der Drewenz. 4) Die vierte Tochter, gleichfalls zu Bromberg geboren, starb noch vor der Taufe. 5) Leopoldine, 1800 in Bromberg geboren, half sich nach des Vaters Tode mit ihrer jüngsten Schwester Auguste kümmerlich und ehrenwert durch, indem sie Stellungen als Wirtschafterinnen annahmen. Später betrieben sie einen kleinen Wollhandel. — Im Jahre 1837 heiratete Leopoldine einen Kaufmann
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Der Adel und der adlige Grundbesitz in Polnisch-Preussen zur Zeit der Besitzergreifung durch Preussen, Max Bär, Mitteilungen der k. preussischen Archivverwaltung, Leipzig 1911, S. 132 (2012) 113 Geschichte der ländlichen Ortschaften und der drei kleineren Städte des Kreises Thorn, Hans Maercker, Danzig 1899, S. 300 (2014) 114 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 493 (2012) 115 Zur Biographie einiger Angehörigen des von Corvin-Wiersbitzkischen Geschlechts, Dr. Gustav Sommerfeldt, Altpreussische Monatsschrift, 36. Band, Königsberg 1899, S. 619 (2008)
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Stanswiecki zu Kauernick in Westpreußen. Sie starb am 27. Dezember 1861. 6) Auguste, geboren 1802 in Bromberg, ward nach der Verheiratung ihrer älteren Schwester von ihrem Onkel Ferdinand nach Breslau mitgenommen. Nach des Onkels Tode (1841) ging sie nach Westpreußen zurück, woselbst sie einen Herrn Fischer in Straßburg heiratete, der um 1858 starb. Nach dem Tod des Vaters hatten die Töchter den König um Unterstützung gebeten. Der Brief war unterschrieben von Wilhelmine, Henriette, Leopoldine und Auguste. Er entschied in Königsberg am 31. August 1826: “Ich will die Pension, welche der verstorbene Hofgerichts-Präsident von Kleist bezogen hat, seinen Kindern, deren Vorstellung beiliegt, noch auf die Dauer von sechs Monaten fortzahlen lassen”. Auf folgende jährliche wiederholte Bittbriefe erhielten sie jährlich 100 Taler. Die Briefe waren nach den ersten Jahren immer von Auguste unterschrieben. Der letzte Brief war vom 14. Februar 1871. Sie dürfte danach gestorben sein.116
III. 608. Otto Friedrich Conrad, geb. 1754, † 1755, Reimars fünfter Sohn, geboren 13. Juni 1754 zu Havelberg, gestorben 13. Mai 1755 ebendaselbst. III. 609. Joachim August Leopold, Major, geb. 1756, † 1811, Reimars sechster Sohn, geboren 25. Januar 1756 zu Havelberg, wurde in der Ritterakademie zu Brandenburg vom 14. November 1768 bis 29. August 1770 erzogen.117 Hierauf ward er Estandarten-Junker im Leib-Carabinier-Regiment Nr. 11 zu Rathenow, welches sein Vater befehligte und in welchem schon zwei ältere Brüder dienten. Am 31. Mai 1773 war er Cornet und 15. Juli 1781 Lieutenant. In seinem Regiment machte er den bayrischen Erbfolgekrieg, sowie die Rheincampagne mit und war lange Zeit Regiments-Adjutant.118 Er avancierte am 28. März 1792 zum Stabs-Rittmeister im neuen ansbachischen Husaren-Bataillon Nr. 11. In demselben wurde er zugleich Marsch-Commissarius.119 Von Franken aus wurde er zum Abholen der damals noch wilden Remonten nach Kaminiec-Podolsk, sowie nach der Moldau geschickt. Am 29. Januar 1803 ward er Major beim neugebildeten Dragoner-Regiment von Wobeser Nr. 14. Bei der Attaque dieses Regiments in der Schlacht bei Jena wurde er an der Stirn schwer verwundet, so daß er die Teilnahme des Königs auf sich lenkte. Auf dem weiten Rückzuge fand wenigstens die Cavallerie-Colonne, welche über Havelberg dirigiert wurde, noch Gelegenheit, sich an Gottes Wort zu erbauen, welches der dortige Oberpfarrer auf freiem
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Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 89, 8759 (2008) Die Akademisten waren damals uniformiert, trugen aber in der Klasse und beim Arbeiten stets leinene Überärmel. 118 Damals nannte man dieselben: General-Adjutanten, d h Adjutanten des Regiments-Chefs 119 1793 wurde in dem Städtchen Uffenheim eine Garnison des Bataillons eingerichtet. Joachim August Leopold war von 1795 bis 1806 dort stationiert. Auskunft eines Heimatforschers im Familienarchiv. (2011) 117
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Felde ihnen verkündete. Der Major von Kl. wurde in die Capitulation von Prenzlau mitverwickelt, und kam nach derselben, noch verwundet, zu seinem Bruder Reimar nach Sandow, bei welchem er sich Jahre lang aufhielt, um seine Wiederanstellung abzuwarten, zu welcher die Generale von Blücher und von Oppen ihm fortgesetzt Hoffnung machten. Er starb als Etappen-Commandant in Möckern am Nervenfieber den 8. August 1811. Als jüngerer Offizier in Rathenow hatte er seinen bis dahin glatten Teint dadurch eingebüßt, daß er bei seinem Kameraden, Grafen Hacke, in dessen Pockenkrankheit unermüdlich Pflege geleistet hatte. Er war darnach selbst von den Pocken befallen, die sein Gesicht vernarbten. Er war ein geschickter und tüchtiger Reiter. Seine Reiterkünste sind noch lange im Andenken geblieben. Die Sandower hatten noch in späterer Zeit den heitern Witz dieses Onkels nicht vergessen. Der Major von Kl. war zweimal verheiratet: a) mit Charlotte Ferdinandine Wilhelmine Kreß, geboren 5. März 1772 in Crailsheim im Ansbach'schen, gestorben 28. Mai 1794 zu Feuchtwang, nach einjähriger Ehe in Folge der Entbindung von einem Sohne, welcher gleich wieder gestorben. b) Die zweite Ehe schloß er am 19. Februar 1796 mit Catharina Charlotte Eleonore von Müller zu Weikersheim, geboren 2. April 1779 zu Oehringen, gestorben 18. Juni 1812 in Havelberg, Tochter des Kammer-Consulenten und Justizrats zu Weikersheim im Fürstenthum Hohenlohe Philipp Friederich von Müller und der Magdalene Eberhardine Elisabeth gebornen.... Aus dieser Ehe sind drei Söhne. 1) Carl, 2) Franz Wilhelm Georg und 3) Franz Ludwig Carl (III. 737—739)120 und zwei Töchter entsprossen: 1) Hedwig Caroline Eberhardine Amalie, geb. 16. November 1796 zu Uffenheim in Franken, gestorben 4. Juni 1882, wurde 18. Oktober 1829 zweite Gemahlin des Königl. Rechnungsrats und Dirigenten der Geh. Verificatur bei dem Königl. Post-Departement Johann Friedrich Klinger, Ritters des eisernen Kreuzes 2. Klasse et c., starb 23. Oktober 1857 zu Berlin. Bald nach ihrer Verheiratung wurde sie gemüthskrank; seit April 1858 wohnte sie im Hause ihres Bruders Ludwig in Halle; und 2) Mathilde Luise Henriette Marianne, geboren 29. November 1799 zu Uffenheim, starb 19. September 1874 als Stiftsdame zu Mosigkau.121 III. 610. Friedrich Wilhelm Ernst Alexander F e r d i n a n d , Oberforstmeister, geb. 1767, † 1841, Reimars jüngster Sohn, geboren 21. März 1767 zu Rathenow. Bei seiner Taufe übernahmen Friedrich der Große und der Kronprinz Patenstellen. Gleich nach dem Tode seines Vaters (starb 1782) nahm der Kronprinz, nachmaliger König Friedrich Wilhelm II. ihn als Page zu sich. Darnach wurde er auf der Ritterakademie in Brandenburg erzogen. Am 23. September 1785 war er Fähnrich beim Dragoner-Regiment Rosenbruch Nr. 10. Im folgenden Jahre wurde er zum Regiment Usedom-Husaren Nr. 7 versetzt. Nach einem Sturz mit dem Pferde nahm er als Cornet am 9. Dezember 1787 seinen Abschied und vertauschte die militairische Laufbahn mit der
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Ein weiterer Sohn Friedrich Theodor Franz Carl August Ferdinand, geb. 1798, starb am 10. Juli 1800 an Pocken, Kirchenbuch Uffenheim. (2009) 121 Sie war in Mosigkau 1820 eingetreten. Als Herkunftsort ist Landau angegeben. Mittheilungen aus dem Leben der Äbtissin von Treskow zu Stift Mosigkau bei Dessau, Gröpler, in Mittheilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Alterthumskunde, Band 1, Dessau 1877, S. 307, 315 (2010)
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civilistischen. Er studierte das Forstwesen zu Neustadt-Eberswalde und war darnach 1792 Jagdjunker in Berlin und 1793 Kriegs- und Domainenkammer-Referendarius ebendaselbst. Hierauf wurde er Königl. Oberförster in Schöneberg und 1797 Forstmeister zu Colbitz. Im Jahre 1800 war er als Oberforstmeister bei der Kriegs- und Domainenkammer in Magdeburg tätig. Dort wurde er in der Konduitenliste von seinen Vorgesetzten so eingeschätzt: “Einen so tüchtigen, thätigen, seinem Metier vorstehenden Oberforst Meister hat die Provinz noch nie gehabt, und der zweckmäßige Eyfer, womit er seinem Posten vorsteht, wir denen Forsten sehr nutzbar.”122 Als die Preußen 1801 Hannover occupierten, wurde der Oberforstmeister von Kl. dorthin geschickt, um die Forsten nach preußischem Muster zu organisieren. Nach der Capitulation von Magdeburg ging der Oberforstmeister zunächst zu seinen Schwiegereltern nach Berlin, von dort zu Verwandten auf das Land, bis er 1810 wieder als Oberforstmeister und zwar in Breslau angestellt wurde. Ab 1816 war er Oberforstmeister in Glaucha. Er starb am 23. November 1841 in Breslau. Er war mit dem roten Adlerorden 2. Klasse mit Eichenlaub decoriert. Seit 1793 war er mit der verwitweten Dorothea Wilhelmine Riger gebornen Korsika aus Berlin, geboren daselbst 25. Juli 1769, gestorben 8. Juni 1842 zu Ober-Glaucha bei Trebnitz, vermählt. Sie war eine selten schöne Frau, wissenschaftlich, sprachlich und musikalisch gebildet, voll aufopfernder Teilnahme für die Verwundeten in den Befreiungskriegen, seit 1814 Dame des Luisenordens. Diese Ehe ist mit drei Söhnen: 1) Ferdinand (Wilhelm Reimar Alexander), 2) Heinrich und 3) Franz (III. 740—742) und mit zwei Töchtern gesegnet: 1) Henriette Wilhelmine (Minette genannt), geboren 5. Februar 1795 zu Berlin, gestorben 18. Juli 1865, vermählte sich: a) 29. Juli 1814 mit Ferdinand Freiherrn von Siegroth, russischem Oberst, späteren General, starb 29. Juni 1818 in Mohilew im südlichen Rußland; und b) 1821 mit Gustav Moritz von Schickfuß auf Allerheiligen (Schlesien), geboren 5. Dezember 1794, gestorben 28. Januar 1860; - und 2) Hedwig, geboren 13. August 1796 zu Berlin, gestorben 30. Juni 1856, cop. 19. Februar 1818 zu Breslau, dritte Gemahlin des Majoratsherrn Friedrich von Kessel-Tscheutsch auf Raake bei Oels, Rittergutsbesitzers von Ober-Glaucha bei Trebnitz, geboren Raake 6. Mai 1786,123 starb 28. März 1844 in Ober-Glaucha. Von Reimars sieben Söhnen hatten also der vierte: Heinrich Wilhelm Friedrich, der sechste: Joachim August Leopold und der siebente: Friedrich Wilhelm Ernst Alexander Ferdinand männliche Erben; jedoch starb mit denselben der eine Teil des Schwellin-Voldekower Seitenzweiges aus. Der Hofgerichts-Präsident Heinrich Wilhelm Friedrich von Kleist hatte vier Söhne: 1) Friedrich Leopold, 2) Wilhelm, 3) Leopold und 4) Franz Ferdinand Friedrich Feodor (III. 733—736). III. 733. Friedrich Leopold, Lieutenant, geb. 1781, † 1816, Heinrich Wilhelm Friedrichs ältester Sohn, geboren 7. November 1781 zu Bromberg, war 7. Mai 1797 Fähnrich im Dragoner-Regiment Nr. 5 und 7. September 1799 Lieutenant. Im Jahre 1806 ward er bei
122 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 493 (2012) 123 Gotha adelige Häuser, 1901, S. 448 (2009)
und
Justizbeamten,
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Zehdenick verwundet; er schlug sich noch bis Stettin durch, blieb aber dort an seinen Wunden liegen. Als Stettin capitulierte, wurde Lieutenant Kleist auf Verwendung des Marschalls Victor in die Heimat entlassen, behielt aber einen steifen Arm. Nachdem er 1808 seinen Abschied erhalten, übernahm er die Verwaltung des väterlichen Gutes Przylubie. Durch Beschlagnahme der Warschauer Bank von Napoleon aber wurde das Gut ruiniert und konnte nicht gehalten werden. Friedrich Leopold starb daselbst am 7. August 1816, unverheiratet. Nach seinem Tode mußte der Vater das Gut verkaufen. III. 734. Wilhelm, Heinrich Wilhelm Friedrichs anderer Sohn, starb 1 Jahr alt in Bromberg.
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III. 735. Leopold, Heinrich Wilhelm Friedrichs dritter Sohn, starb 3 Jahre alt in Bromberg. III. 736. Franz Ferdinand Friedrich Feodor, Heinrich Wilhelm Friedrichs jüngster Sohn, geboren c. 1805, starb 7 Jahre alt in Bromberg. Der Major Joachim August Leopold von Kl. hatte drei Söhne: 1) Carl, 2) Franz Wilhelm Georg und 3) Franz Ludwig Carl (III. 737—739). III. 737. Carl, geb. und † 1800, Joachim August Leopolds ältester Sohn, ward 1800 zu Uffenheim geboren und starb noch desselbigen Jahres. III. 738. Franz Wilhelm Georg, Capitain, geb. 1801, † 1841, Joachim August Leopolds anderer Sohn, geboren 15. Oktober 1801 zu Uffenheim,124 kam 4. April 1819 als Fähnrich aus dem Cadettencorps zum 23. Infanterie-Regiment und war 29. Juni 1820 Lieutenant, 25. Juni 1835 Premier-Lieutenant. Am 26. März 1840 wurde er Krankheits halber als Hauptmann mit Pension, Aussicht auf Civilversorgung und Regiments-Uniform verabschiedet. Während seiner ganzen Dienstzeit hatte er in schlesischen Garnisonen: zu Neiße, Frankenstein, Münsterberg, Brieg und Schweidnitz gestanden, hatte zum öftern auch gastliche Ausnahme im Hanse seines Onkels, des Oberforstmeisters in Breslau gefunden. Nach seinem Abschiede wohnte er zunächst in Breslau, darnach im Sommer 1840 in Berlin, woselbst seine Schwester Mathilde sich wegen ärztlicher Behandlung ihres kranken Fußes aufhielt. Im September 1840 ging er nach Greifswald und machte daselbst das Examen für den Steuerdienst, arbeitete bei der Steuer in Greifswald vom September 1840 bis April 1841 unentgeltlich und erhielt hierauf eine vorläufige Anstellung als berittener Reserve-Grenzaufseher in Demmin. Schon hatte er eine Anwartschaft auf die Postexpedition in Jarmen, oder erwartete sie doch binnen kurzem, als er sich am 24. Juli ej. a. in den Fichten bei Plestlin, zwischen Jarmen und Demmin, erschoß. Was der Grund dieses traurigen Abschlusses seines Lebens gewesen, ist nicht zu ermitteln. Er wollte in kurzem heiraten, erwartete sicher eine baldige, wenn auch bescheidene Anstellung, und war im Besitz der dazu nötigen Kaution, die er in seinem Quartiere zurückließ.
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Paten waren u. a. die Brüder seines Vaters Franz und Wilhelm, Kirchenbuch Uffenheim.
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III. 739. Franz Ludwig Carl, Major a. D. in Halle, geb. 1805, † 1884, Joachim August Leopolds jüngster Sohn, geboren 26. November 1805 zu Warburg bei Paderborn, wurde im Cadettencorps erzogen und war 15. April 1823 Lieutenant im 26. Infanterie-Regiment, 9. Dezember 1835 Premier-Lieutenant, 20. September 1843 Hauptmann und Compagnie-Chef, 10. Mai 1851 Major und 20. April 1852 Bataillons-Commandeur. Am 11. Februar 1854 wurde ihm der Abschied mit Pension und Aussicht auf Civilversorgung bewilligt. Er erhielt das Dienstauszeichnungs - Kreuz für 25 jährige Dienste laut kriegsministerieller Urkunde vom 13. Juli 1848, desgleichen die am 23. August 1851 gestiftete Denkmünze laut Besitzzeugnis des Commandeurs des 26. Infanterie-Regiments vom 12. September 1852. Nach seiner Pensionirung wohnte er 1854 in Mosigkau bei Dessau und in Breslau, 1855 in Königsberg i. Pr. und Bonn, 1856 in Berlin und seit 1857 in Halle, woselbst er noch Rechtswissenschaft studierte. An der Fertigstellung der Familien-Geschichte nahm er den lebhaftesten Anteil und hat manchen werthvollen Beitrag dazu geliefert. Seiner Verwandten nahm er sich in tatkräftiger Liebe an und opferte einen guten Teil seiner Pension zu ihrer Unterstützung, hat auch seine gemüthskranke Schwester Amalie längere Jahre bei sich im Hause gehabt. Er besaß 38 Morgen 16 G Ruthen Acker und Gartenland auf der Sandower Stadtflur, gemeinschaftlich mit seinen Geschwistern, laut Testament seines Vaterbruders Christoph Carl Reimar (III. 605) d. d. 19. März 1819 und dessen Ehefrau, laut Testament vom 1. Oktober 1838. Seinen Rechten aus dem Codicill seines Onkels Ludwig Franz Philipp Christian (III. 604) entsagte er am 14. Oktober 1844, um seiner kranken Schwester Mathilde zu Gelde zu verhelfen. Er verzichtete auf Legat und eventuelles Erbteil, notariell, gegen Zahlung von 667 Thlr. 23 Sgr. 4 Pf. Am 26. August 1884 entschlief er in Halle, unvermählt. Der Oberforstmeister Friedrich Wilhelm Ernst Alexander Ferdinand endlich hatte drei Söhne: 1) Ferdinand, 2) Heinrich und 3) Franz (III. 740—742). III. 740. Ferdinand,125 General der Infanterie, geb. 1797, † 1867. „Ferdinand Wilhelm Reimar Alexander, geboren den 5. Dezember 1797 zu Großschönebeck bei Liebenwalde, ältester Sohn des Oberforstmeisters in Breslau Friedrich Wilhelm Ernst Alexander Ferdinand und dessen Gemahlin Wilhelmine Korsika, verwittweten Rieger, erhielt seine erste Erziehung im elterlichen Hause. Als Se. Majestät König Friedrich Wilhelm III. 1813 den Aufruf an sein Volk erließ, eilte Ferdinand, von Vaterlandsliebe getrieben, sich in die Reihen der Freiwilligen Jäger bei dem Detachement des Regiments Garde aufnehmen zu lassen. Er diente in diesem Detachement seit Februar 1813, wurde den 16. Mai 1813 zum Seconde-Lieutenant von der Armee ernannt und zur Dienstleistung bei dem Regiment Garde commandiert. Er wohnte den Schlachten bei Gr. Görschen den 2. Mai 1813, bei Bautzen am 20. und 21. Mai und bei Leipzig den 18. und 19. Oktober 1813 bei, ebenso im Jahre 1814 am
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Seine vollständigen Namen sind: „Ferdinand Wilhelm Reimar Alexander".
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1. Februar der Schlacht bei La Rochiere, den 20. und 21. März den Gefechten bei Arcis sur Aube und den 30. März der Schlacht vor Paris am Montmartre, und zog am 31. März mit dem siegreichen Heere in Paris ein. Am 11. April 1814 wurde er als Seconde-Lieutenant in das 1. Garde-Regiment zu Fuß einrangiert, am 20. Oktober 1821 zum Premier-Lieutenant, am 17. April 1831 zum Capitain und Chef der 6. Compagnie ernannt. Den 20. September 1834 wurde er Commandeur der Leib-Compagnie. Er erhielt 1836 den Russischen Wladimir-Orden 4. Klasse, 1837 das Dienstkreuz. Am 17. Mai 1840 zum etatsmäßigen Major ernannt, wurde er am 29. März 1845 Commandeur des 2. Bataillons und erhielt 1847 den roten Adler-Orden 4. Klasse. Am 18. und 19. März 1848 war er mit seinem Bataillon am Straßenkampf in Berlin beteiligt. Am 19. November 1849 zum Oberstlieutenant ernannt, erhielt er am 4. Dezember desselben Jahres das Commando des 2. Garde-Regiments zu Fuß, 1850 die Schleife zum Russischen Wladimir-Orden, wurde den 19. April 1851 Oberst, erhielt den 18. Januar 1852 den roten Adlerorden 3. Klasse mit der Schleife, ward in demselben Jahre Ehrenritter des Johanniter-Ordens, und erhielt den Russischen Annen-Orden 2. Klasse. Den 10. Mai 1855 ward er zum Commandeur der 3. Garde-Infanterie-Brigade ernannt, erhielt am 12. Juni desselben Jahres die Erlaubnis zum Tragen der Uniform des 2. Garde-Regiments zu Fuß und wurde bei diesem Regiment à la suite gestellt. Im September 1855 erhielt er den roten Adlerorden 2. Klasse mit Eichenlaub, 1856 den Russischen Stanislaus-Orden 1. Klasse und wurde 1857 Rechtsritter des Johanniter-Ordens. Den 3. Juni 1858 wurde er zum Commandeur der 15. Division ernannt und erhielt in demselben Jahre den Badischen Orden vom Zähringer Löwen 2. Klasse mit Stern und avancierte den 12. November eben dieses Jahres zum Generallieutenant. Bei der Mobilmachung am 14. Juni 1859 wurde er zum Commandeur der 15. Infanterie-Division ernannt, am 28. Juli in dieser Stellung belassen (das VII. und VIII. Armee-Corps blieben auf Kriegsstärke) und erhielt im September den Stern zum roten Adlerorden 2. Klasse mit Eichenlaub. Am 19. November wird noch einmal das vorläufige Bestehenbleiben der Infanterie-Division befohlen, am 10. Juli 1860 tritt wieder die Bezeichnung 15. Division ein. Unser General erhielt im November 1861 die Österreichische Eiserne Krone 1. Klasse, 1863 den Kronenorden 1. Klasse und den Großherzoglich Sächsischen Faltenorden 1. Klasse. Am 9. Januar 1864 zum General-Adjutanten und Gouverneur von Cöln ernannt, erhielt er in demselben Jahre den Russischen weißen Adlerorden, und ward, in Genehmigung seines Abschiedgesuches, als General der Infanterie, unter Belassung als General-Adjutant, mit Pension zur Disposition gestellt. General Ferdinand hatte sich den 10. Februar 1831 mit Leopoldine Eleonore Henriette Sophie Marianne Gräsin von der Goltz, geboren 31. März 1810, Tochter des Königl. preußischen General-Lieutenants und Gesandten zu Paris: Carl Heinrich Friedrich Grafen von der Goltz und der Julie Freiin von Seckendorff, vermählt, welche am 20. Oktober 1845 zu Potsdam starb. Diese Ehe blieb kinderlos. Er starb den 28. Juni 1867."126 — Anbei sein Bild.
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Anm. Der General von Kl. war 1813 verwundet Die Kugel war ihm in der Kinnlade sitzen geblieben. Später, bei einer Parade in Potsdam, fühlte er etwas im Munde und glaubte er habe einen Zahn verloren, es war aber die Kugel, die er von da an immer bei sich trug.
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III. 741. Heinrich, Capitain, geb. 1799, † 1838, des Oberforstmeisters Ferdinand anderer Sohn, geboren 5. Februar 1799 zu Colbitz im Magdeburgischen, besuchte das Gymnasium, verließ aber 1813 die Schule und trat als Freiwilliger Jäger ein, war 11. Oktober 1813 Lieutenant beim Garde-Jäger-Bataillon, 26. November 1821 Premier-Lieutenant und 17. Dezember 1829 Capitain und Compagnie-Chef. Er wurde mit dem eisernen Kreuz 2. Klasse, den: Wladimir-Orden 4. Klasse und dem Stanislaus-Orden 3. Klasse decoriert und war 1835 Mitrepräsentant der preußischen Armee bei Einweihung der Alexander-Säule in Petersburg. Er starb 20. November 1838 ganz plötzlich in Düsseldorf, wohin er eben einen Garde-Reserven-Transport von Potsdam geführt hatte. Er war unvermählt geblieben. III. 742. Franz, † jung, des Oberforstmeisters Ferdinand jüngster Sohn, war schon als Kind gestorben. Mit dem unbeerbten Tode der zehn Enkel Reimars (III. 484b) ist der größere Teil des Schwellin-Voldekower Seitenzweiges abgestorben. Wir geben die Stammtafel von:
Der von Hans Bernd (III. 486) entstammte kleinere Teil des Schwellin-Voldekower Seitenzweiges blüht noch heute. Hans Bernd hatte zwei Söhne: 1) Friedrich Wilhelm Franz Philipp Christian und 2) Leopold Heinrich
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Bernd (III. 611 und 612). III. 611. F r i e d r i c h W i l h e l m Franz Philipp Christian, Oberst, geb. 1752, † 1822, Hans Bernds älterer Sohn, geboren 1. August 1752 zu Burg, kam noch jung als Page an den Hof König Friedrichs II. Die in der Umgebung des großen Königs und seiner berühmten Generale empfangenen Eindrücke sind nicht ohne Einfluß auf des Jünglings Gemüt und Charakter geblieben. In dieser Zeit schloß er innige Freundschaft mit dem jungen Prinzen Friedrich Wilhelm, dem nachmaligen Könige Friedrich Wilhelm III., der, wie schon als Kronprinz so auch später ihm diese Freundschaft erhielt und betätigte, wovon mehrere, im Besitze seiner Nachkommen befindliche, zum Teil eigenhändige Briefe des Kronprinzen und Königs ein ehrendes Zeugnis ablegen. Friedrich Wilhelm von Kl. begann seine militairische Laufbahn im Regiment von Saldern Nr. 5; sein Fähnrichs Patent „für den gefreyten Corporal" datiert vom 16. Juni 1770, das Seconde-Lieutenants-Patent vom 14. Juni 1776. Am 8. Juli 1780 erhielt er als Lieutenant im Saldern'schen Regiment die von Friedrich dem Großen unterzeichnete Cabinetsordre, des Inhalts: „Ich habe aus Eurem Schreiben vom 3ten dieses Euere Bitte, daß Ich Euch Meinen Consens zu Eurer projectierten Heyrath, mit einer von Euch unbenannten Kaufmanns-Witwe, erteilen möchte, ersehen; Ich bin Euch aber solchen zu accordiren nicht geneyget, obgleich ich bin, Euer affectionirter König. " Es handelte sich nämlich um die Königl. Genehmigung zu seiner Verheiratung mit Johanne Marie Haase, verwittweten Liebau, geboren 27. August 1752, Tochter des Kaufherrn und Fabrikanten Johann Christoph Haase in Magdeburg. In derselben Angelegenheit erhielt Friedrich Wilhelm von Kl. folgende zweite Cabinetsordre: „Ich habe aus Eurem Schreiben vom 28. Juli Eure Bitte, wegen Erteilung Meines Consens, zu Euerer vorhabenden Heyrath ersehen. Ihr müßt Euch dieserhalb, nach der von Mir eingeführten Ordnung, bei dem General-Lieutenant von Saldern melden. Ich bin Euer affectionirter König. Potsdam den 1. August 1780. " Nach endlicher Erlangung Allerhöchsten Consenses fand die Trauung am 19. Dezember 1780 zu Magdeburg statt. Aus dieser Ehe gingen hervor zwei Söhne: 1) Georg Friedrich Franz Ludwig und 2) Hans Wilhelm (III. 743 und 744) und drei Töchter: 1) Ferdinandine Wilhelmine Juliane, geboren 10. April 1786, starb 8. September 1787. 2) Friederike Luise Emilie, geboren 3. Oktober 1787, nachmals verheiratet an den Kreissecretair Julius Voigtel in Wittenberg, gestorben 16. Februar 1857127; und 3) F r i e d e r i k e Wilhelmine, geboren 2. März 1789, vermählt 20. Dezember 1809 mit Friedrich Meckel von Hemsbach, Geh. Medizinal-Rat und Professor der Anatomie, Ritter des eisernen Kreuzes zu Halle
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Im Geheimen Staatsarchiv I.HA Rep.100 Nr.5429 befindet sich ein Antrag der verwitweten Frau Voitel, geb. v. Kleist, von 1839, den Leutnant Schlegel adoptieren zu dürfen mit dem Namen Schlegel-v.Kleist. (2008) Vorname des Ehemanns aus einer Todesanzeige in der Staats und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten vom 27. Januar 1930 (2012)
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(geboren 17. Oktober 1781 in Halle, gestorben 31. Oktober 1833 in Halle)128. Die Witwe starb daselbst hochbetagt am 16. Dezember 1874. Sie war eine hervorragende Erscheinung. Durch ihre feine Liebenswürdigkeit und geistreiche Unterhaltungsgabe gehörte sie zu jenen bedeutenden Frauen-Gestalten der Goethezeit.129 Die aus erster Ehe stammende Tochter: Johanna Henriette Catharina Liebau wurde von dem Stiefvater adoptiert und heiratete 1810 den damaligen Hauptmann, späteren General Carl von Uttenhoven, starb 24. Juni 1834 als Commandeur der 1. Division in Königsberg.130 Folgende Cabinetsordre Friedrich Wilhelms II., datiert Potsdam den 5. September 1786, läßt einen Blick in die militairische Tätigkeit Friedrich Wilhelms von Kl. tun. „An den Lieutenant von Kleist im Regiment von Lengefeld. Ich danke Euch für die Mir, unterm 2ten dieses eingeschickten Zeichnungen, und ist es Mier lieb, daß Ihr Euch auf so nützliche Arth beschäftiget. Fahret nur fort, Euch ferner im Dienst gehörig zu appliciren, und Ich werde dagegen, bei sich ereignender Gelegenheit Eurer eingedenk sein. Ich bin Euer affectionirter König.“ Am 30. Juni 1787 erhielt er das Patent als Premier-Lieutenant, und am 30. Juli ej. a., also nur einen Monat später, ward er zum Capitain und gleichzeitig zum zweiten Adjutanten beim General-Feldmarschall, regierenden Herzog von Braunschweig Durchlaucht ernannt. Als solcher begleitete er den als Corpsführer in der Operation a. 1787 gegen Holland kriegerisch thätigen Herzog, und sind aus dieser Zeit Aufzeichnungen seiner Hand, in Form eines Tagebuches, im Besitz seiner Nachkommen.131 Im Jahre 1791/92 wurde er in besonderer politischer Mission nach dem Haag geschickt. Für seine Leistungen auf diplomatischem Gebiete wurde ihm von den damaligen holländischen General-Staaten „die große goldene Verdienst-Medaille" zu teil. Der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm richtete, den 12. Dezember 1787 aus Berlin datiert, folgendes Schreiben an ihn, aus Anlaß seiner Decorirung mit dem Orden pour le mérite:132 „Wohlgebohrener, besonders geehrter Herr Hauptmann! Es macht Mir sehr viel Vergnügen, daß Ihnen nach dem Schreiben vom 6ten dieses, zur Belohnung Ihres guten Benehmens, der Orden pour le mé rite erteilt worden ist. Ich wünsche Ihnen daher aufrichtig Glück, danke für die geäußerten Gesinnungen der Achtung und Zuneigung, wogegen ich auch Meiner Seits Mich gern bezeigen werde, als Ihr wohl affectionirter Freund Friedrich Wilhelm.“ Am 18. Oktober 1790 wurde Friedrich Wilhelm von Kl. laut Patent zum Major, am 14. August 1798 zum 128
Wikipedia (2009) Johann-Friedrich Meckelsche Stiftung, durch Testament der Friederike Wilhelmine Meckel v. Hemsbach, geb. v. Kleist, gestiftet. Das Stipendium betrug jährlich 498 Mk., es wurde alljährlich von dem Dekan der medizinischen Fakultät verliehen. Mitglieder der v. Meckelschen, v. Kleistschen und v. Tiedemannschen Familie hatten den Vorzug. Die Stipendien und Stiftungen, Baumgart, Berlin 1885 (2008) Am 23. Juli 1836 verkaufte Friederike die von ihrem Schwiegervater und ihrem verstorbenen Mann angelegte vergleichende anatomische Meckel’sche Sammlung für 25.000 Taler an die Universität Halle. Die neue anatomische Anstalt zu Halle, Hermann Welcker, in Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Jahrgang 1881, Leipzig, S. 170. (2009) 130 Laut Cabinetsorde bewilligte König Fnednch Wilhelm III zu der Einrichtung des jungen Paares 200 Rtlr. 131 Das handschriftliche Tagebuch befindet sich im Familienarchiv im Stadtarchiv Hamm. Ein ihm zugerechnetes gedrucktes Tagebuch des Feldzugs 1787 ist als Digitalisat verfügbar: http://www.v-kleist.com/FW_vKleist_Feldzug_in_Holland_1787.pdf (2016) 132 Die Ordensverleihung soll im Zusammenhang mit den Kampfhandlungen in Amstelveen stehen. Der preussische Feldzug in Holland 1787, Th. Frhr v. Troschke, Berlin 1775, S. 88. (2016) 129
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Oberstlieutenant und am 17. Juni 1800 zum Oberst von der Infanterie befördert, unter Belassung in seiner Stellung als General-Adjutant, später Inspections-Adjutant, bei Seiner Durchlaucht dem regierenden Herzog Ferdinand von Braunschweig, befördert.133 Bei den politischen Missionen dieses Fürsten war er dessen militairischer Begleiter.134 Viele in der Familie aufbewahrte wertvolle Geschenke, namentlich von der Prinzessin von Oranien, Schwester des Königs, vom Kaiser Alexander von Rußland, von: Herzog Carl August von Sachsen-Weimar lassen auf nähere Beziehung zu höchsten Persönlichkeiten schließen.135 Von der gnädigen, ihm wohlwollenden Gesinnung des Königs Friedrich Wilhelm II., sowie von der freundlichen Teilnahme des Kronprinzen, zeugen noch mehrere Zuschriften, an ihn gerichtet, teils bei Gelegenheit seiner Beförderungen, teils nach einem schweren Sturze, der ihn zwang, längere Zeit behufs seiner Wiederherstellung Urlaub zu nehmen, teils wegen eines von ihm verfaßten Werkes über Fortification u. dgl. Auch ward ihm von höchster Stelle die Zusicherung einer Erhöhung seines Gehaltes und die Verleihung einer Besitzung in Süd-Preußen (datiert Berlin den 22. Dezember 1797) gegeben. Da dieselbe sich nicht realisieren ließ, so wurde ihm durch allerhöchste Gnade eine Präbende des St. Nicolai-Stiftes zu Magdeburg verliehen. Inzwischen hatte der Oberst von Kleist die schöne Besitzung Niemberg bei Halle an der Saale käuflich erworben. Der pommerschen Lehngüter, welche seine Voreltern besessen, war er verlustig gegangen, da sein Vater früh gestorben, und später versäumt worden war, die Belehnung nachzusuchen. Für das deutsche Land war inzwischen die schwere Zeit der Not hereingebrochen; das deutsche Kaisertum der Habsburger hatte aufgehört, der größte Teil der deutschen Fürsten war teils überwunden, teils freiwillig Vasall des französischen Eroberers geworden. Preußen war von allen Seiten bedroht, und am 9. August 1806 befahl der König Friedrich Wilhelm III. die Mobilmachung der Armee. Doch, das preußische Heerwesen war im Frieden erschlafft, der Heldengeist Friedrichs des Großen durchwehte dasselbe nicht mehr; so stellte sich die Armee unter Führung des mehr als 70jährigen Herzogs von Braunschweig, — dessen General-Adjutant Oberst von Kl. war, den sieggewohnten Scharen Napoleons entgegen. Bei Auerstädt stießen die Heere am 14. Oktober 1806 auf einander; es entwickelte sich eine furchtbar blutige Schlacht. Gleich bei Beginn derselben wird der greise Herzog, wie er mit den Schützen eines Grenadier-Bataillons voranzieht, von einer Kugel getroffen, welche ihm beide Augen kostet. Er sinkt zu Boden, und wird von seinem Adjutanten, Oberst von Kl., zurückgebracht.136 Derselbe begleitet den
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Im Familienarchiv befinden sich Militärpatente (vom Fähnrich bis zum Oberst) und mehrere Kabinettsordres für Friedrich Wilhelm (2006) 134 Tagebuch von dem Preußischen Feldzug in Holland, 1787, Friedrich Wilhelm von Kleist, Friedrich Wilhelm von Kleist, erschienen 1789, 160 S. Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek Im Familienarchiv befinden sich: ein handschriftliches Tagebuch von Friedrich Wilhelm von Kleist, Kapitän und Generaladjutant des Herzogs von Braunschweig, über die Ereignisse bei dem Feldzug nach Holland, und ein Tagebuch über eine Reise von Braunschweig nach Holland und Belgien zurück nach Braunschweig vom 29. November 1791 bis zum 6. März 1792. (2006) Im Staatsarchiv Wolfenbüttel befinden sich zwei Vorgänge, die seine Tätigkeit für den Herzog betreffen. Kompetenzgelder des Hz. Karl Wilhelm Ferdinand an den Preußischen Obristen von Kleist in Magdeburg - 4 Alt 19 Nr. 322 - Hausmietegelder - 4 Alt 19 Nr. 965. (2009) 135 Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar > Bestand: Großherzogliches Hausarchiv A XIX (Großherzog Carl August) > Systematik: Korrespondenzen, Nr. 67, 1808 - 1820, Briefwechsel mit dem Obersten a.D. F. W. von Kleist, 10 Bl., Zuordnung wahrscheinlich. (2011) 136 Ein Brief von ihm vom 22. Oktober 1806 an die Schwester des Herzogs über die Ereignisse ist abgedruckt in: Anna Amalie Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, F. Bornhak, Berlin 1892, S. (Fortsetzung...)
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blinden Herzog, welcher auf einer Bahre in sein Erbland, in seine Residenz gebracht wird. Als er am 20. Oktober dort ankommt, findet er Alles öde und leer, und ruft: „Weh mir, ich verlasse Alles und bin von Allen verlassen!" Von dort aus bittet er Napoleon um Gnade für sein Land und Volk; doch unedel schmäht der Sieger den unglücklichen Greis, und antwortet: „Ich kenne keinen souverainen Herzog von Braunschweig; ich kenne nur den preußischen General Braunschweig. " Als nun der blinde alte Fürst besorgte, daß die Franzosen in Braunschweig einrücken und ihn zum Kriegsgefangenen machen würden, ließ er sich mit dem blutigen Haupte weiter tragen bis gen Ottensen bei Altona; dort starb der unglückliche Greis am 10. November. In Treue teilte Oberst von Kl. die Entbehrungen und Leiden seines fürstlichen Generals. Aber selber gebrochen an Leib und Seele erbittet er am 15. Januar 1807 seinen Abschied, welchen ihm der König, laut Cabinetsordre Memel den 23. Januar 1807, in Gnaden gewährt, und ihm zusichert, „in der Folge bei günstigeren Zeiten die erbetene Pension ihm zugestehen zu wollen." Sein schönes Besitztum Niemberg wurde inzwischen durch die Kriegsscharen völlig verwüstet, und mußte er dasselbe, zur Bestreitung des Lebens-Unterhaltes für sich und die Seinen, für ein Spottgeld losschlagen, und das ansehnliche schöne Silberzeug, teils Familien-Erbstücke, teils Geschenke des Herzogs von Braunschweig, dazu. Noch bis zu seinem Tode zahlte er von der inzwischen erlangten Pension die durch den Verkauf von Niemberg nicht gedeckten Hypothekenschulden an seine Gläubiger ab. In großer Zurückgezogenheit brachte er die folgenden Jahre mit seiner Familie in Halle zu. Als aber am 20. März 1813 des Königs Aufruf an sein Volk ergangen war, duldete es auch ihn nicht mehr, in Untätigkeit zu bleiben, und meldete er sich um eine seinen Kräften angemessene militairische Stellung. Es wurde ihm die Antwort, „daß Generalmajor von Elsner beauftragt sei, ihn bei Besetzung der Commandantenstellen in Städten der occupierten feindlichen Provinzen zu berücksichtigen. " In solcher Stellung war er denn auch bis 1814 in Halle tätig. Am 12. April 1815 bittet er um Wiederanstellung im Dienst, und wird sein Gesuch dahin beantwortet, laut Cabinetsschreiben von Wien den 25. April 1815, „der König wolle seiner Bitte eingedenk sein. " Am 16. Juli 1822 ereilte ihn der Tod bei einem Besuche in der Familie seines Sohnes zu Erfurt, woselbst er am 18. Juli auf dem Kirchhofe Brühl Nr. 331 a beerdigt ward. Seine ihn überlebende Witwe starb am 15. Februar 1827 zu Halle. Im Andenken seiner Enkel und Urenkel lebt Friedrich Wilhelm von Kl. als ein geistig besonders begabter, wohlwollender, liebenswürdiger, humaner alter Herr verklärt von dem Nimbus, mit dem die Nachwelt die Märtyrer aus der damaligen eisernen Zeit umkleidet. Seinem Urenkel war es vorbehalten, in den großen Tagen 1870/71 die Scharte von Auerstädt auswetzen und mit seinem Blute die Größe des Vaterlandes mitbauen zu helfen.137 III. 612. Leopold Heinrich Bernd, Major, geb. 1753, † 1825, Hans Bernds anderer Sohn, geboren 20. Juli 1753 zu Glatz (Kirchenbuch des Infanterie-Regiments Nr. 136
(...Fortsetzung) 329 (2011) 137 Vorstehendes Lebensbild, sowie andere wertvolle Mitteilungen über die Glieder dieses Nebenzweiges stammen aus der Feder des Enkels des Oberforstmeisters Hugo Ewald von Kl. her.
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47), kam 1769 zum Infanterie-Regiment Prinz von Nassau-Usingen Nr. 47 und ward 5. Januar 1773 Fähnrich. Am 16. Oktober 1774 wurde er zum Infanterie Regiment Nr. 51 versetzt.138 Unterm 4. März 1786 erhielt er das Patent als Premier Lieutenant und am 7 März 1793 als Stabs Capitain. Am 15. September 1797 wurde er Compagnie Chef bei den Grenadieren des Infanterie Regiments Nr. 50, kam 1. Juni 1799 zum Regiment und ward 10. Oktober 1804 Major und 24. Dezember 1805 Commandeur des 1. Bataillons. Im Jahre 1809 wurde er auf Halbsold gestellt. Seit Dezember 1813 war er als interimistischer Kreis Brigadier bei der Gendarmerie m Ober schlesien und Commandeur eines Landwehr Cavallerie Regiments thätig, seit Januar 1814 als interimistischer Kreis Brigadier in Glatz. Am 25. Dezember 1815 trat er in sein früheres Verhältnis auf Halbsold zurück und erhielt am 1. Februar 1816 seinen Abschied mit 400 Rtlr. Pension. Er zog nach Breslau, woselbst er am 21. Juli 1825 starb. Mit seiner Gemahlin Philippine Amalie, Tochter des königl. Hofbuchdruckers139 Wedel, copuliert in der Garnisonkirche zu Danzig am 13. Februar 1798, war er kinderlos geblieben. Sie starb als Witwe am 15. November 1831 in Breslau, 55 Jahre alt. III. 743. Georg Friedrich Franz Ludewig, Friedrich Wilhelms älterer Sohn, geboren 23. November 1781 zu Magdeburg, starb daselbst am 15. Februar 1782 und ward im Schartow'schen Erbbegrabnis in der Ullrichskirche zu Magdeburg beigesetzt. III. 744. Hans Wilhelm, Geh. Regierungsrat, geb. 1782,140 † 1841, Friedrich Wilhelms jüngerer Sohn, wurde am 15. Dezember 1782 zu Magdeburg geboren. Am 20. Oktober 1801 ließ er sich als stud. cam. auf der Universität zu Halle immatrikuliren. Nach Absolvirung jener Studien und Examina aber wurde er als Referendarius, auf sein Gesuch bei der Magdeburgischen Kammer, am 28. Februar 1804 angestellt. Die Umwälzung, welche sich durch die Occupation Napoleons im preußischen Vaterlande vollzog, machte sich auch in der Beamtenlaufbahn Hans Wilhelms bemerkbar; denn im April des Jahres 1812 ward er von dem ministere des finances des Königsreichs Westphalen zum Domainen Verificateur im Saale Departement zu Halle an der Saale ernannt. Am 16. September 1812 vermählte er sich mit Charlotte Amalie von Regemann, Stiftsdame des von Jenaischen Fräuleinstifts zu Halle, geboren zu Perleberg am 19. April 1786, Tochter des Ober-KreisEinnehmers und Deichhauptmanns daselbst Johann von Regemann und dessen Gemahlin Luise Albertine Charlotte gebornen von Köller. Die Trauung wurde auf dem väterlichen Gute Niemberg durch Pastor Gerlach vollzogen. Sie starb am 17. Dezember 1856 zu Erfurt. Aus dieser Ehe gingen hervor: ein Sohn
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Als Lieutenant in dem genannten Regiment ist er in einer Familienbibel als Taufzeuge bei den Kindern seines Bruders Friedrich Wilhelm aufgeführt. 139 Schlesische Provinzialblätter 1798 S. 278 (2011) 140 Die Stammtafel gibt als Geburtsjahr irrtümlich 1783 an.
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Hugo Ewald (III. 860) und drei Töchter 1) Marie, 2) Mathilde, und 3) Auguste Natalie, geboren 16. Februar 1825 in Erfurt, † 16. April 1894 in Dresden, vermählt am 22. Mai 1852 in Erfurt mit dem Ingenieur-Offizier, späteren Oberst a. D., Benno von Tiedemann, geb 27. April 1819, † 22. April 1902 in Dresden.141 Auch an seinem Teile suchte Hans Wilhelm dem Vaterlande zu dienen in den großen Tagen der Befreiung. In seiner Stellung als Domainen-Verificateur hatte er unter anderm auch die Verwaltung der von Napoleon dem Marschall Duroc, Herzog von Friaul, dotierte große Domaine Wettin in Händen, und übergab solche nebst den bedeutenden aufgelaufenen Revenüen, nach der entscheidenden Schlacht bei Leipzig, dem General Kleist nachmals von Nollendorf. Am 6. März 1816 wurde er zum Regierungsrat an der Regierung zu Erfurt und am 27. April 1836 zum Geh. Regierungsrat daselbst ernannt. Inzwischen war ihm als Allerhöchste Gnadenbezeigung der rote Adlerorden 4. Klasse und der Herzogl. Sächsisch-Ernestinische Hausorden verliehen worden. Von seinem Vater war beneticio succedendi auf ihn die erbliche Würde eines Canonicus am Collegiatstifte St. Nikolai zu Magdeburg übergegangen. Schon in jungen Jahren hatte ihm der Herzog von Braunschweig die Exspectance auf eine Canonikatsstelle von Gaudersheim verliehen, die Präbende kam aber in Folge der Säcularisirung des Stiftes nie zur Hebung. Am 12. Februar 1841, früh 3 Uhr, starb er am Lungenschlage zu Erfurt. Seine Witwe, eine ehrwürdige Matrone, folgte ihm am 17. Dezember 1856. III. 860. H u g o Ewald, Oberforstmeister, geb. 12. Sept. 1817, † 8. Mai 1896 des Geh. Regierungsrates Hans Wilhelm von Kl. einziger Sohn, geboren den 12. September 1817 zu Erfurt, besuchte das dortige Gymnasium und wurde am 23. März 1834 confirmiert. Schon als Primaner diente er beim 32. Infanterie-Regiment sein Jahr ab, und bezog als stud. juris am 10. Mai 1838 die Universität zu Bonn. Am 21. September 1839 wurde laut Patent der Unteroffizier im 31. Landwehr-Regiment Hugo Ewald von Kl. zum Seconde-Lieutenant des gedachten Regiments ernannt. Als Kameral- und der Forstwissenschaften Beflissener zu Berlin und Eberswalde, bereitete er sich zur forstlichen Karriere vor, und wurde nach Beendigung seiner Studien und bestandenen Examina 1844 als Regierungs- und Forst-Referendar der Königl. Regierung zu Erfurt zugewiesen. Am 2. August 1847 erfolgte seine Bestallung als Oberförster, und wurde ihm die Verwaltung der Königl. Oberförsterei Lohra im Regierungsbezirk Erfurt übertragen. Als zur Unterdrückung des badischen Aufstandes 1849 ein Teil der preußischen Landwehr mobilisiert wurde, erhielt auch Hugo Ewald von Kl. seine Einberufung, und machte als Ordonnanz-Offizier des Obersten von Brauchitsch, welcher unter dem General von Schack, in der Armee-Abteilung des commandirenden Generals Grafen von der Groben, eine Infanterie-Brigade führte, den Feldzug bis vor Rastatt mit, und erwarb sich dort die Denkmünze für Kombattanten und die Badische
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Gotha 1888 und Personalbestand der Familie 1906 (2006)
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Verdienst-Gedächtnis-Medaille. Da in Folge eines Sturzes mit dem Pferde bei dem letzten Ausfalle der Insurgenten aus Rastatt seine Gesundheit erschüttert war, so wurde ihm auf Grund ärztlichen Attestes wegen Ganz-Invalidität der Abschied als Premier-Lieutenant mit der Erlaubnis zum Tragen der Armee-Uniform gewährt. Im Jahre 1853 wurde er auf die Oberförsterei Lagow, Regierungsbezirk Frankfurt a. D. versetzt. Am 14. April 1857 erfolgte seine Ernennung zum Forst-Inspektor, und wurde ihm die Verwaltung der Forst-Inspection Mohrungen, Regierungsbezirk Königsberg i. Pr., übertragen, mit dem Wohnsitze in Pr. Holland; 1859 wurde er an die Regierung zu Königsberg und 1861 in gleicher Eigenschaft nach Frankfurt a. /O. versetzt. Am 20. Februar 1863 erhielt er den Titel Forstmeister, am 21. November 1866 die Beförderung zum Wirklichen Forstmeister, mit dem Range der Regierungsräte. Am 1. Mai 1869 wurde er mit dem Titel eines Oberforstmeisters an die Regierung zu Liegnitz, am 24. Mai 1872 unter Beförderung zum Wirklichen Oberforstmeister und Mit-Dirigenten einer Regierungs-Abteilung nach Oppeln, in gleicher Eigenschaft am 14. September 1877 nach Magdeburg versetzt. Im Jahre 1878 wurde er zum Mitgliede des Königl. Hofjagd-Amtes ernannt, und hatte das Glück, seinem Kaiserlichen Herrn bei dessen Jagden in Letzlingen persönlich nahe sein zu dürfen. Gesundheitsrücksichten zwangen ihn, um seinen Abschied zu bitten, welcher ihm am 25. April 1882 in Gnaden gewährt wurde. Nachdem er am 18. Januar 1868 den roten Adlerorden 4. Klasse, am 8. September 1875 die 3. Klasse desselben Ordens mit der Schleife, am 18. Januar 1880 den Königl. Kronenorden 3. Klasse erhalten, verlieh ihm die Gnade des Kaisers für seine 43jährige treue Dienstzeit den roten Adlerorden 2. Klasse mit Eichenlaub. Von außerpreußischen Decorationen wurden ihm der Komthur 2. Klasse des Herzogl. Sächsisch-Ernestinischen Hausordens und vom Herzogl. Hausorden Albrecht der Bär die Commandeur-Insignien 2. und 1. Klasse zu teil. Im Jahre 1867 Ehrenritter des St. Johanniter-Ordens geworden, meldete er sich 1870 zur Dienstleistung bei der freiwilligen Krankenpflege, und wurde am 25. August als Führer einer aus Ärzten, Heilgehülfen und Krankenträgern gebildeten starken Colonne nach Pont á Mousson geschickt, wo er mit der Organisirung der den vorrückenden Heeressäulen nachgehenden Sanitäts-Colonnen unter dem roten Kreuze seinen Patriotismus betätigen durfte. — Am 24. Juni 1872 wurde er zum Rechtsritter in Sonnenburg geschlagen. Nach seiner Pensionierung zog er nach Dessau, 1886 nach Naumburg. Am 16. Juni 1845 war er in der Dreifaltigkeits-Kirche in Berlin getraut worden mit Caroline Friederike Charlotte Albertine Clara Thomas von Wenwoe, geboren zu Stralsund den 7. März 1819, † 25. April 1903 in Naumburg a. d. S.,142 Tochter des Steuerrats und Oberzoll-Inspektors, Majors August Friedrich Heinrich Clemens Thomas von Wenwoe und der Ulrike Theodore geborne von Hochwächter. Aus dieser Ehe sind ein Sohn Paul Hans Robert Ewald (III. 922) und zwei Töchter entsprossen:
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Gotha 1904 (2006)
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1) Flora Amalie M a t h i l d e , geboren zu Erfurt am 15. Juli 1847, † 13.April 1934 in Naumburg,143 vermählt am 3. Juni 1875 in Oppeln mit dem Hauptmann im 4. Oberschlesischen Infanterie-Regiment Nr. 63, jetzigen Oberstlieutenant z. D., Bezirks-Commandeur des 2. Bataillons (Naumburg) 4. Thüringischen Landwehr-Regiments Nr. 72 Theodor von Gellhorn, geb. 29. Januar 1835 in Kühschmalz (Schl.), † 19. April 1904 in Naumburg. Mathilde hat Theaterstücke geschrieben.144 Sie verfasste auch das Gedicht, mit dem die Damen der Familie am 8. März 1883 dem Vorsitzenden Hans Hugo v. Kleist-Retzow für seine langjährige Tätigkeit dankten.145 Mathilde war 25 Jahre bis 1920 Vorsitzende des vaterländischen Frauenvereins, Zweigstelle Naumburg, Sie war Inhaberin der Roten-Kreuz-Medaille III. und II. Klasse und des Frauenverdienstkreuzes in Silber.146 2) Marie Anna, geboren zu Lohra am 31. August 1849, gestorben zu Frankfurt a. /O. am 31. Juli 1868. Auf den von Kleist'schen Familientagen seit längeren Jahren als Schriftführer tätig, wurde er am 28. Februar 1877 zum Mit-Vorstande der Familie und Mitgliede des Familien-Rates gewählt am 18. Juni 1868. Der Vorsitzende Georg führte in seiner Rede zum 50-Jahrfeier des Familienverbandes 1908 folgendes aus: “Im Jahr 195 feierte der Oberforstmeister Hugo Ewald v. Kleist das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Lange Jahre hatte er dem Vorstande angehört, auch nach Kleist-Retzows Tod den Vorsitz wahrgenommen, bis seine Gesundheit ihn im Jahre 1896 zwang, die Geschäfte jüngeren Händen zu überlassen. Mit lebhaftem Interesse hat er stehts bei allen Vorstandsangelegenheiten mitgewirkt, mit warmem Herzen sich der notleidenden Vettern angenommen und überhaupt mit besonderer Liebe die Glieder der gesamten Familie umfaßt und sich die Zuneigung aller in ungewöhnlichem Maße erworben. Zu hoher Staatsstellung im forstlichen Berufe, wie schon einer seines Zweiges gelangt, liebte er den Wald wie seine Heimat. Darum überreichte ihm die Familie einen Tafelaufsatz, dessen wesentlichstes Stück eine jener alten Eichen ausmachte, in deren Schatten er, besonders am Ende seiner Laufbahn im Anhaltschen, so gerne weilte.” Er starb am 8. Mai 1896 in Halle a. d. S. und hat in Naumburg seine letzte Ruhestätte gefunden. Sein Bild wird hier beigegeben. —
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Gotha 1938 “Königin Luise”, Vaterländ. Festspiel in 7 Bild. v. Mathilde v. Gellhorn geb. v. Kleist , erschienen: Naumburg a. d. S., A. Schirmer, 1894, (4 Bl., 59 S.) “Friedrich Stapß der Predigersohn von St. Othmar zu Naumburg a.S.” , Hist. Trauerspiel in 5 Aufz. von Mathilde v. Gellhorn geb. v. Kleist, erschienen: Naumburg a. d. S., Schöler, 1909, 62 S. (2006) Das Trauerspiel wurde 1897 in Naumburg a.S. aufgeführt. Lexikon deutscher Frauen der Feder, Sophie Pataky (2008) 145 Anlage 12 zur Biographie von Hans Hugo III. 710 Rede von Georg zum 50-Jahrfeier des Familienverbandes 1908 , (2006) 146 Personalbestand der Familie 1934 (2006) 144
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Sein Sohn III. 942. P a u l Hans Robert Ewald geb. 1846, † 1926 ward am 1. April 1846 zu Erfurt geboren.147 Nachdem er die Gymnasien zu Frankfurt a. /O., Elbing und Königsberg besucht, wurde er von 1861 an in den Cadetten-Anstalten zu Wahlstatt und Berlin für die militairische Laufbahn vorbereitet. Am 8. April 1864 trat er als Fähnrich ins Leib-Grenadier-Regiment (1. Brandenb.) Nr. 8, Garnison Frankfurt a/O., und wurde dem beim Feldzuge gegen Dänemark beteiligten Regimente nach Schleswig-Holstein nachgesandt. Am 11. Oktober 1865 wurde er Seconde-Lieutenant, und machte als solcher den Feldzug 1866 gegen Österreich mit. Nach Beendigung desselben wurde er ins Ostfriesische Infanterie-Regiment Nr. 78 versetzt. Vom 1. Oktober 1866 bis 1. Juli 1867 war er zur Central-Turnanstalt commandiert. Mit dem 78. Regiment nahm er 1870 am 16. August an der Schlacht bei Mars la Tour teil und wurde durch Schuß in den rechten Oberschenkel verwundet. Er war einer der Ersten, welche das eiserne Kreuz erhielten. Nach seiner im Oktober desselben Jahres erfolgten Wiederherstellung kehrte er zum Kriegsschauplatz zurück, und nahm als Bataillons-Adjutant mit seinem Regiment an den Actionen bei Baune la Rolande, Tours, Le Mans, und nach dem Friedensschlusse an der Occupation teil. Am 14. Dezember 1871 wurde er Premier-Lieutenant und am 8. Juli 1875 ins 4. Garde-Regiment zu Fuß versetzt. Im April 1877 wurde er zum Hauptmann und Compagnie-Chef befördert. 1893 kam er als Oberstleutnant zum Regimentsstab und wurde 1898 Oberst und Kommandeur des Leib-Grenadier-Regiments Nr. 8 in Frankfurt/Oder. 1900 als Generalmajor nach Breslau versetzt, wurde er Kommandeur der 22. Infanterie-Brigade. Im Range eines Generalleutnants mit dem Titel Exzellenz wurde Paul 1904 zur Disposition gestellt und nahm seinen Wohnsitz in Potsdam. Er war Rechtsritter (18. Februar 1880 Ehrenritter) des Johanniterordens. Paul erlebte noch den unglücklichen Ausgang des ersten Weltkrieges und starb am 26. 12. 1926 in Potsdam.148 Er vermählte sich zu Schloß Jungfern-Brzezan bei Prag am 19. Februar 1884 mit M a r i e Gertrud Emilie Sophie Freiin von Riese-Stallburg, geboren zu Libis bei Melnik am 8. Dezember 1863, Tochter des A d o l p h Anton Freiherrn von Riese-Stallburg, K. K. Wirkl. Kämmerers, Rittmeisters und Herrschaftsbesitzers auf Wodolka usw., Böhmen (in Jungfern-Brzezan) und der S o p h i e Eleonore Clothilde gebornen von Regemann. Am 24. November 1884 wurde ihnen ein Sohn: H u g o Alexander Carl Hermann Paul Ewald geboren; desgleichen am 24. Februar 1886 ein Sohn: A d o l p h Friedrich Theodor Paul Ewald (III. 1018 und 1019). Über deren Biographien wird in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet. Als dritte wurde eine Tochter geboren: Elisabeth Marie Karoline Natalie, * Spandau 30. 9. 1890, † Rahden, Westf. 17. 5. 1964, verm. Berlin 7. 6. 1911 mit Kurt v. Steuben, Oberst a. D., * Celle 26. 2. 1886, * Rahden 9. 10. 1964.
147 Seine Taufzeugen: 1) Muhme — Fräulein Natalie von Kleist, 2) Großmuhme — Geh. Räthin Meckel von Hembsbach, Friederike geborne von Kleist. 148 Ergänzungen aus der Fortführung der Familiengeschichte 1980 (2007)
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Wir geben die Stammtafel von:
Von Reimars (III. 287) drittem Sohne, dem Oberst Andreas Joachim (III. 381) entstammt der Stavenower Seitenzweig, welcher länger, denn ein Jahrhundert in Blüte gestanden, nunmehr aber nur noch auf zwei Augen steht. Andreas Joachim hatte elf Söhne: 1) Friedrich Wilhelm, 2) Albrecht Leopold, 3) Wilhelm Adrian, 4) Ludwig Leopold, 5) Friedrich Wilhelm Gottfried Arnd, 6) Friedrich Conrad, 7) Friedrich Joachim, 8) Friedrich Carl Leopold, 9) Wilhelm Heinrich, 10) Friedrich Ferdinand und 11) Hans Reimar (III. 488—498). III. 488. Friedrich Wilhelm, Major, geb. 1717, † 1797, Andreas Joachims ältester Sohn, geboren 8. August 1717 zu Potsdam,149 war 1734 Student in Frankfurt/ Oder,150 war 15. April 1736 Cornet beim Kürassier-Regiment Nr. 7, 9. März 1741 Lieutenant, 28. Juli 1749 Stabs-Rittmeister, 7. Juni 1752 Compagnie-Chef und 30. Juli 1756 Major. Am 20. April 1759 erhielt er den erbetenen Abschied. Seit 26. April 1737 war er Johanniter-Ritter; am 25. August 1765 wurde er zum wirklichen Commendator zu Wietersheim bei Minden ernannt. Vorgänge über eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten, so über die Bestellung zum Commendator, die Beleidigung der Mitglieder der Kriegs- und Domänenkammer zu Minden durch den Komtur von Kleist sowie über die Verwaltung der Komturei Wietersheim während der Schwächlichkeit des Komturs von Kleist und während der Gnadenjahre befinden sich im Staatsarchiv Münster.151 Er starb am 5. Januar 1797 zu Minden, beinahe 80 Jahre alt.
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Taufpate am 15. August 1717 war König Friedrich Wilhelm I, der an dem Tage auch seinen Geburtstag feierte. Berliner geschriebene Zeitungen aus den Jahren 1713 bis 1717 und 1735, Ernst Friedlaender, Berlin 1902, S. 658 (2014) 150 Friedrich Wilhelm von Kleist eques Meso-Marchicus - 12 - 1734 Matrikel Universität Frankfurt Oder (2010) 151 Staatsarchiv Münster; A 219 Kommende Wietersheim Nrn. 45, 51, 92, 125; A 200 I Kriegsund Domänenkammer Minden Nr. 103. (2010)
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Am 2. Februar 1754 hatte er zu Stavenow seine Ehe vollzogen mit der geschiedenen Frau Major von Lepel, Sophia Dorothea gebornen von Kleist, des Oberstlieutenants Nicolaus Christoph (III. 323) und der Dorothea Margarethe von Lepel Tochter, welche ihrem Gemahl ein bares Vermögen von 10000 Rtlr. zubrachte. Die Zinsen dieses Capitals (500 Rtlr. ) sollte derselbe auch nach ihrem Tode empfangen, das Capital selbst aber ihrer Schwester: Frau von Wedell-Cremzow und deren Kindern anheimfallen. In dieser Ehe wurden ein Sohn: Friedrich Alexander Leopold Joachim (III. 613) und eine Tochter geboren: Friederike Marie Sophie Luise, geboren 15. Dezember 1761, gestorben im Januar 1763. III. 489. Albrecht Leopold, geb. 1720, † jung, Andreas Joachims zweiter Sohn, geboren 14. Februar 1720 zu Potsdam, starb im vierten Lebensjahre an den Blattern. III. 490. Wilhelm Adrian, Major,152 geb. 1721, † 1795, Andreas Joachims dritter Sohn, geboren 17. März 1721 zu Potsdam, war 12. März 1738 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 12, 5. April 1744 Lieutenant, 11. Mai 1753 Rittmeister und am 19. Juni 1756 Compagnie-Chef. Am 8. März 1758 erhielt er den erbetenen Abschied als Major. Seit 1764 war er Johanniter-Ritter,153 danach Commendator des Ordens zu Lietzen. Nach seiner Pensionierung erwarb er das Gut Grabow bei Wittstock in der Priegnitz, verkaufte es jedoch vor 1769 an den Rittmeister von Suhlen und hielt sich dann eine Zeit lang auf dem von seinem jüngern Bruder Arnd nachgelassenen Gute Dyrenfurt in Schlesien auf. Er starb den 25. November 1795. In seiner Ehe mit Anneta Amalie Christiane von Voß aus Schwante war ein Sohn: Joachim Carl Friedrich (III. 614) geboren. III. 491. Ludwig Leopold, Oberstlieutenant, geb. 1723, † 1790, Andreas Joachims vierter Sohn, geboren 17. Juni 1723 zu Potsdam, war Page bei Markgraf Carl, 26. September 1740 Fähnrich im Infanterie Regiment Nr. 19, 24. Oktober 1741 Lieutenant, 11. November 1748 Premier-Lieutenant, 29. Juni 1756 Stabs-Capitain, 22. März 1757 Compagnie-Chef und 7. Dezember 1758 Major. Am 22. Juni 1766 nahm er seinen Abschied als Oberstlieutenant. Er hatte während seiner Kriegsdienste der Einschließung und dem Sturme auf Glogau und der Belagerung von Prag, sowie den Schlachten bei Mollwitz und Leuthen, Prag und Roßbach beigewohnt. In den beiden erstgenannten Schlachten war er verwundet worden.
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Die Stammtafel tituliert ihn irrtümlich nur Rittmeister. Die im Familienarchiv befindliche Johanniter-Tafel lautet: “Herr Wilhelm von Kleist ward zum Ritter geschlagen den 14. Sept. 1762". (2010) 153
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Bei Mollwitz stand sein Regiment (Nr. 19) im ersten Treffen und hatte einen harten Stand. Die österreichische Reiterei, welche die preußische zum Weichen gebracht hatte, griff dies Regiment wiederholt an, konnte aber niemals eindringen. Das Infanterie-Regiment Markgraf Carl Nr. 19, in welchem Ludwig Leopold von Kl. damals Fähnrich war, hatte an dem Siege bei Mollwitz rühmlichen Anteil. Bei Leuthen kam dies Regiment während des ganzen Treffens nicht aus dem Feuer und wurde fast zu Grunde geschossen. Dem Compagnie-Chef Ludwig Leopold von Kl. ward in dieser Schlacht eine Kugel durch den Mund geschossen. Am 1. Oktober 1764 wurde er zum Johanniter-Ritter geschlagen und auf die Comthurei Lagow angewiesen.154 Er erwarb das Rittergut Klinge bei Cottbus und starb am 5. Mai 1790. Seine Ehe mit Antoinette Friederike Reichsgräfin zu Schönburg-Glaucha, geboren 10. Juli 1723, gestorben Festenberg 15. März 1795 am Intestinalfieber,155 Tochter des 1746 verstorbenen Otto Ernst Reichsgrafen von Schönburg-Glaucha und der Gräfin Wilhelmina Christiana zu Solms-Sonnewalde,156 mit welcher er sich am 16. Februar 1762 vermählt, war kinderlos geblieben.157 III. 492. Friedrich Wilhelm Gottfried Arnd, Generalmajor, geb. 1724, † 1767, Andreas Joachims fünfter Sohn, geboren 29. August 1724 zu Potsdam. Sein Lebensbild hat Graf Lippe für die Allgemeine Deutsche Biographie in München geschrieben. Mit Erlaubnis des Herrn Verfassers bringen wir dasselbe wörtlich: „Friedrich Wilhelm Gottfried Arnd von Kleist, einem pommerschen Geschlecht angehörig, dessen Adel nachweisbar bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht, tritt hervor unter den gleichnamigen Mitkämpfern des siebenjährigen Krieges als der „grüne Kleist". Fast in jedem preußischen Regimente diente damals ein Kleist oder mehrere; der unsrige befehligte von 1759 bis zu seinem Ableben 1767 (28. August im Cantonnirungsquartier Jeschkendorf bei Liegnitz) das grüne Husaren-Regiment. Als Sohn eines Commandeurs des berühmten Potsdamer Königs-Regiments 1724 geboren, begann er im 20. Lebensjahre, mit trefflicher Schulbildung, seine soldatische Laufbahn bei dem vornehmen Kürassier-Regiment „Gensdarmes" (Garnison Berlin). Klein von Figur und sehr lebhaften Wesens, wurde Kl. vom Könige Ende 1756, vom 4. Lieutenant unter Ernennung zum Major, zum Husaren Regiment Szekely versetzt. In dem allbekannten Seydlitz schen „Husarengefecht bei Gotha" (19. September 1757) erwarb Kl sich den Orden pour le mérite — Nach beendetem Feldzuge. 1760 wurde er, obwohl zur Zeit nur Oberst, Chef eines aus 22 Schwadronen (Husaren und Dragoner), einem sogenannten Croatenbataillon und einem Fußjägercorps zusammengesetzten „Freicorps" (Kleists Freihusaren sind in einem Gellert'schen Briefe gerühmt). Am 19. Mal 1762 belohnte — nach wiederholter Empfehlung seitens des Prinzen Heinrlch — dle Beförderung zum Generalmajor eine Thätigkeit, von welcher Cogniazo sagt „Man muß dem feindlichen Husarenoberst von Kl. den Ruhm lassen, daß er in den drei letzten Feldzügen in Sachsen, was den 154 Die Johanniter-Tafel befindet sich im Familienarchiv, die Wappen- und Ahnentafel im Geheimen Staatsarchiv in Berlin, Signatur: X.HA Rep. 9 Nr.445. Die Ahnentafel wurde abgedruckt in Nachrichten vom Johanniterorden, Johann Gottfried Dienemann, Berlin 1767. (2010) 155 Schlesische Provinzialblätter, Band 21, Breslau 1795, S. 296 (2011) 156 Europäisches genealogisches Handbuch, Leipzig 1770, Teil 2, S. 23 157 Im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig befinden sich die Scherenschnitte eines Majors von Kleist und seiner Frau, geborene Schönburg. (2009)
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„kleinen" Krieg betrifft, überall den Meister gespielt und der Prinz Heinrich'schen Armee ausgezeichnete Dienste geleistet hat. " In der Schlacht bei Freiberg war es Kl., welcher dem unter Seydlitz staffelförmig anrückenden rechten Flügel den Weg zum Siege bahnte. Sodann half Kl., durch einen Spazierritt nach Böhmen und Franken, den Frieden beschleunigen, Archenholtz rühmt die Menschenfreundlichkeit, welche Kl. bei dieser Gelegenheit betätigte. Die nachgelassenen Aufzeichnungen Friedrichs d. Gr. über den siebenjährigen Krieg berichten mehrfach über Kleists Auftreten (Oeuvres T. IV, 142 u. 207; T. V, 29. 137 205 212). Prinz Heinrich sagte in den Inschriften des Rheinsberger Kriegerdenkmals „Kleist's Gewandheit im kleinen Kriege und seine Befähigung zu nützlichen Unternehmungen machten ihn beim Feinde gefürchtet; er besaß stets die Liebe der unter seinem Befehl befindlichen Truppen; er erwarb sich durch seine Erfolge einen ruhmvollen Namen. " Am Sockel des Friedrichs Monuments finden wir Kl. neben der Reiterfigur des Herzogs Ferdinand von Braunschweig, der Universität zugewendet, ein ehemaliger Hallenser Musensohn. Als „sehr angenehmer Mann, der seine Belehrungen leicht und schön vortrug", wird Kleist von einem seiner Untergebenen uns geschildert. Kleists Abbild und verschiedenerlei Nachrichten über ihn sind niedergelegt im Husarenbuch, 1863; S. 356. 366. 415. 433 473. 533. Gr. Lippe." . Vorstehendem Lebensbilde fügen wir noch einige kurze Notizen aus den Akten des Kriegs Ministeriums hinzu: „In der Schlacht bei Kunersdorf (1759, 12. August) wurde der Oberst und Chef des Husaren Regiments Nr. 1 Friedrich Wilhelm Gottfried Arnold (Arnd) von Kleist verwundet. An den Siegen bei Torgau hatte er ehrenvollen Anteil. Stand gegen die Russen in Pommern, gegen die Reichstruppen; seine Streifzüge in Böhmen und Franken waren auf den Gang der Ereignisse von Einfluß. "158 Als Beweise der von Archenholtz gerühmten Menschenfreundlichkeit Kleists füge ich zwei Stücke aus „Beytrage zur neueren Staats und Krieges Geschichte. Danzig 1760" bei 1. „Das Sengen und Brennen in vlelen Städten und Dörfern, das unmenschliche Verfahren und die Mißhandlungen derer Personen, ohne Ansehung des Standes, welches die Unterthanen Sr. Königl. Majestät in Preußen, sowohl in der Mark Brandenburg und andern angrenzenden Provinzen, als in Schlesien, von denen Kaiserl. Königl. und ihren Alliierten Russischen Truppen, unter dem oft wiederholten und überall bekannt gemachten Ausdrucke: Daß denen Königl. Preußischen Unterthanen nichts als Luft und Erde, auf hohe Ordre übrig bleiben solle: haben ausstehen müssen, ist leider Weltbekannt genug! Nun würde es Sr. Königl. Majestät in Preußen, meinem allergnädigsten Herrn, sehr leicht seyn, dergleichen betrübte Repressalien zu gebrauchen und an denen feindlichen Unterthanen wieder auszuüben, wofern Sie sonsten alle Rücksicht bey Seite setzen wollten und Höchstdieselben nicht mehr Großmut, denn Rache besäßen. So empfindlich Ihnen auch das unbeschreibliche Elend so vieler Unterthanen ist, in welches dieselben durch ein so unerlaubtes Verfahren ihrer Feinde sind versetzet worden, so ungern wollen Sie dem ohngeachtet die Unterthanen Ihrer Feinde, in gleichen unglücklichen Umständen sehen. Um aber indessen doch Ihren Feinden zu zeigen, wie sehr möglich und leichte es sey, dergleichen Repressalien wieder ausüben zu können; so haben Allerhöchstgedachte Se. Königl. Majestät, mein allergnädigster Herr, nur bloß aus diesen Bewegungen mir allergnädigst anbefohlen, da ich jetzo mit meinem unterhabenden Corps Dero Truppen in Böhmen eingerucket bin, nach vorläufiger Bekanntmachung deren Ursachen dieses abgedrungenen Schritts, deren einige wenige Proben zum Beweiß abzulegen.
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Nördlich bei Kunersdorf, bei der Beckersmühle liegt der Kleistberg. Man vermutet, daß der Berg nach unserm Kleist, mit welchem der König hier am 12. August 1759 in der Frühe recognoscirend zuerst erschien, benannt sein mag
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Signatum Grab in Böhmen, den 17. November 1759. Sr. Königl. Majestät in Preußen wohlbestallter Obrist und Chef eines Regiments Husaren. Friedrich Wilhelm von Kleist. " 2. „Relation, was es mit der gegen das Kloster Oseck in Böhmen vorgenommenen militairischen Execution vor Beschaffenheit habe. Nachdem Namens Sr. Königl. Majestät in Preußen von des Herrn Markgraf Carls zu Brandenburg Königl. Hoheit dem die Kaiserl. Königl. Armee commandirenden Feldmarschall, Grafen von Daun, mittelst Schreiben vom 18. November a. p. die Ursachen bekannt gemachet worden, warum AllerhöchstDieselben wegen der unter Commando des General Laudohn gestandenen Corps Truppen und der damit alliierten Völckern in verschiedenen Königl. Provinzien verübten Grausamkeiten, Plündern, Morden, Brennen und andern Gewaltthätigkeiten sich endlich gedrungen sähen, zu denen im Natur- und Völcker-Recht gegründeten Repressalien zu schreiten, so wurde dem Obrist von Kleist aufgetragen, mit einem Corps Truppen in Böhmen einzurücken und einige wenige Proben von solcher Art Krieg zu führen daselbst abzulegen, wann von ihm die Ursachen solchen Schritts vorhero bekannt gemacht seyn würden. Es geschahe dieses letztere durch eine Art von Manifest, welches er sub dato Grab in Böhmen, am 17. November a. p. ergehen ließe. Bei dem Eintritt in dieses Königreich ist außer, was mit dem feindlichen Magazin zu Außig nach Krieges-Raison geschehen, nicht das geringste abgebrannt, noch sonsten geplündert worden, als was in dem Kloster Oseck vorgefallen, wozu aber die dasigen Ordens-Leute selbst Gelegenheit gegeben, indem sie die geforderte Contribution, so der Krieg unvermeidlich mit sich bringet, nicht nur zu erlegen verweigert, sondern sich überall widerspenstig und hartnäckig bezeiget und sich auf keinerley Anforderungen submittiren wollen; bis endlich von denenselben ohngefehr 160 Ducaten offeriret worden, welche aber kaum hinreichen konnten, das dorthin detachierte Commando auf einige Tage zu erhalten. Es wurde daher diesen Geistlichen durch einen Offizier ernstlich vorgestellet, daß, wann sie in gewisser Zeit keine Contribution erlegen würden, sie der Plünderung ohnfehlbar exponiret wären; der commandirende Obriste von Kleist, welcher in der Nähe stand und diese Widersetzlichkeit vernommen, verfügte sich selbst nach Oseck und that diesen Geistlichen die nachdrücklichste Vorstellungen, um derer unangenehmen Executions-Mitteln überhoben zu bleiben. Es wollte aber alles dieses bey ihnen nicht verfangen und da sie sich zu der Contribution nicht verstehen wollten, so reisete derselbe zwar vor seine Person unverrichteter Sache wieder ab, sahe aber bey solchen Umständen sich genöthiget, den Ernst zu zeigen und einem Major vom Frey-Bataillon Colignow die Exekution aufzutragen. Bey solchen Umständen konnte es dann freylich nicht ohne Plünderung abgehen; jedoch ist es wider Willen und Befehl geschehen, daß die Kirche mitgeplündert worden, welches aber der anwesende Officier nicht sogleich zu hindern vermogte, indem man sich leicht vorstellen kann, daß bey dergleichen Unordnungen der gemeine Mann weiter gehet, als er soll und nicht so leicht in den gehörigen Schranken gehalten und so gleich von Excessen zurückgebracht werden kann: Indessen ist es hier kein Wunder gewesen, indem viele unter eben gedachtem Frey-Bataillon sind, deren Verwandten, Weiber und Kinder von denen Österreichischen und Rußischen Völckern auf das erbärmlichste mißhandelt, ihrer Habseligkeit, Leben, Ehre und Gesundheit beraubet, viele derselben aber das Ihrige im Ranch aufgehen und teils mit dem Rücken anzusehen genöthiget worden. Es sind diese Leute zum Teil Augen-Zeugen gewesen, wie es denen Kirchen und Gottes-Häusern in denen Churmärk- und Schlesischen Landen ergangen, wie darin auf das scandaleuseste gehandelt und die evangelische Geistliche gantz barbarisch tractiret worden, dahero es dann leicht zu begreiffen, daß der gemeine Mann, aus Rache jene betrübte Exempel zu imitiren, bey dieser Gelegenheit berechtiget zu seyn, geglaubt haben mag; welchen Excessen aber in Ansehung der Kloster Kirche, so bald der Officier es erfahren und hindern können, Einhalt geschehen ist und gewiß gäntzlich unterblieben seyn würde, wenn der eben damals wieder abgereisete Obriste von Kleist gegenwärtig gewesen wäre. Die übrige bey dieser Expedition angegebene Umstände, von Prügelung der Geistlichen und Beraubung ihrer Kleider vom Leibe, Befleckung der Bilder und Reliquien, sind mehrenteils erdichtet oder exageriret, und es ist an verschiedene solche Dinge nicht einst gedacht worden.
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Dieses aber hat seine Richtigkeit, daß zwölf dieser Geistlichen, der auferlegten Contribution halber, nach Kriegesgebrauch, als Geisseln mitgenommen, jedoch ist denenselben auf keine Weise ungebührlich begegnet worden. Hätten diese Geistliche anfänglich sich zur Contribution verstanden und nicht durch ihre Widerspenstigkeit sich dieses Ungemach selbst zugezogen, so würde es nickt zu diesen Extremitäten gekommen, sondern sie auf eine eben so gemäßigte, als genereuse Art behandelt worden seyn, wie es in Ansehung verschiedener Örter auf eben dieser Expedition geschehen ist und wovon unter andern das Städtchen Catrinenberg das Zeugnis ablegen muß, daß auf die bewegliche Vorstellung seiner Deputierten von der bereits bezahlten Contribution 500 Rtlr. wieder zurück geschickt seyn. " Schließlich fügen wir über des General von Kleist Ende etc. aus dem Husarenbuche S. 473 einige Worte hinzu: „Er, der so oft mit Gleichmut dem Tode ins Antlitz geschaut, erlag den Pocken, welche ihn befielen in folge des Schrecks beim plötzlichen Anblick einer von dieser Krankheit entstellten Kinderleiche seines Wirths. — Als des Heimgegangenen Adjutant sich beim Könige meldete, um ihm, nach damaliger Sitte, des Generals Paradepferd zu überbringen, war der König so sichtbar gerührt, daß er nichts sagen konnte, als: Behalt Er's! behalt Er's! und nach dem Fenster ging, um seinen Schmerz zu bergen. Kleists Leiche ist beigesetzt in der Kirche zu Dyhernfurt. Ein besonderes Denkmal wurde dort nicht aufgestellt. Kleist selbst, obgleich nur kurze Zeit Grundherr von Dyhernfurt, hat sich ein dauerndes Andenken gestiftet als Patron jenes Gotteshauses — schützend und wohltätig.159 Bei Elbingerode besaß Kleist die Güter Pretschendorf und Adendorf; Dyhernfurt nebst drei Gütern kaufte er 1765 vom Grafen Sternberg; 1770 erstand es sub hasta die Gräfin Hoym für 68500 Rtlr. Es finden sich in Dyhernfurt keinerlei Reminiscenzen an den hochberühmten husarischen Professor." In seinem Testamente hatte er seinen jüngsten Bruder Hans Reimar (III. 498) zum Universal-Erben eingesetzt, da er selbst unvermählt geblieben.
159
Leichenpredigt: Gedächtniß Des Hoch-Würdigen, Hoch-Wohlgebohrnen Herrn, Herrn, Friederich Wilhelm Gottfried Arnd von Kleist, Sr. Königl. Majestät von Preussen Hochbestallten Herrn General-Majors von der Cavallerie, und Cheff eines Regiments Husaren ..., nachdem er den 28. August 1767 im Cantonirungs-Quartier zu Jeschkendorf bei Liegnitz, in einem Alter von 40. Jahren gestorben;or durch Georg Wilhelm von Schweinichen. Bayerische Staatsbibliothek digital (2015)
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III. 493. Friedrich Conrad, Geheimer Rat, geb. 1726, † 1808, des Andreas Joachim sechster Sohn, geboren 21. Januar 1726 zu Potsdam, studierte 1744 in Frankfurt/ Oder.160 In der Departements-Verteilung bei der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenverwaltung vom 16. März 1743 ist er als Auskultator aufgeführt.161 Er übernahm ab 1754 zur Entlastung seiner Mutter die Verwaltung des väterlichen Gut Stavenow. Nach deren Tod 1758 führte er die Verwaltung fort, bis die Brüder am 15. Juni 1763 eine Erbauseinandersetzung vereinbarten, die zur Übernahme von Stavenow durch seinen jüngeren Bruder Friedrich Joachim führte.162 Am 1. Oktober 1764 wurde er Johanniter- Ritter.163 Er war 1764 Dom-Dechant bei dem Domkapitel zu Brandenburg und deputatus capituli zum engeren Ausschuß bei der Kurmärkischen Landschaft, Königl. Geheimer Rat.164 In Folge der finanziellen Schwierigkeiten, die noch angesprochen werden, nahm er diese Funktionen später nicht mehr wahr, wurde auch aus der Ritterliste des Johanniterordens gestrichen,165 verwendete aber weiter seinen Titel als Geheimer Rat.166 Er wohnte am Ende seines Lebens in Leipzig, wo er am 19. Februar 1808 starb. In seiner Ehe mit Luise Dorothee Julie von Schwerin, Tochter des General-Lieutenants Reimer von Schwerin, geboren 29. Januar 1736, gestorben 14. Oktober 1779,167 lebte er unglücklich. Er ließ sich von ihr „wegen ihrer schlechten Aufführung und Verschwendung" scheiden. Sie heiratete danach den Major Carl Alexander du Trossel, von der Artillerie, welcher sich 1778 erschoß. 160
Friedericus Conradus de Kleist eques Prignicensis - 12 1744 Matrikel Universität Frankfurt Oder (2010) 161 Acta Borussica (Alte Folge). Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung 1740/45 Nr. 333. (2010) 162 Die Herrschaft Stavenow, Joachim Sack, Köln Graz 1959, S. 38 (2010) 163 Die Johanniter-Tafel befindet sich im Familienarchiv, die Wappen- und Ahnentafel im Geheimen Staatsarchiv in Berlin, Signatur: X.HA Rep.9 Nr.493. (2010) 164 Ein Brief von ihm, vom 12. Oktober 1746 aus Halle, in dem es um eine für den Empfänger gefertigte Übersetzung und die Überlassung von Briefen eines Generals von Stille, die er aus dem Nachlass eines Schwagers hatte, ist veröffentlicht in dem Buch “Sammlung gelehrter und freundschaftlicher Briefe”, M. Sam. Gotthold Lange, Halle, 1769, S. 203. (2009) 165 Korporative Gutsherrschaft und Agrarinnovationen in Preußen - der Johanniterorden auf seinen neumärkischen Ämtern, Heinrich Kaak, Berlin 2012, S. 28; Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 9 B, Johanniterorden 534, Nr. 11 (2013) 166 Es gibt einen Schriftwechsel eines Freiherrn von Kleist, Traventhal bei Lübeck, um 1770 mit dem Reichsgrafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe, in dem Kleist sich als preussischer Geheimrat im Ruhestand bezeichnet und seine Dienste für unterschiedliche Funktionen anbietet. In dem Buch Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe, Schriften und Briefe III, Curt Ochwadt, Frankfurt am Main 1983, S. 316, ist ein Antwortbrief abgedruckt. Es ist wahrscheinlich, dass Friedrich Conrad eine Anstellung gesucht hat. (2011) Stammbuchblätter deutscher Edelleute, Gg. Schmidt, Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- u. Familienkunde, S. 366. Lpz. 16. 9. 1783: Veritas summa felicitatis atque voluptatis. Im Stammbuch v. Bülow, in der Bibliothek Beyernaumburg. (2015) 167 Sie war in der Garnisonkirche Berlin beigesetzt. Verzeichnis der in den Grüften der Berliner Garnisonkirche zwischen 1703 und 1829 beigesetzten Personen - www.garnisonkirche-berlin.de (2008) Sie war Hofdame der Königin Witwe gewesen. In einer Erläuterung zu den Erinnerungen der Gräfin von Voss, neunundsechzig Jahre am preussischen Hofe, 8. Auflage, Leipzig 1908, Seite 29 ff., wird ihr ein Brief an die Gräfin vom 20. Juni 1758 zugeschrieben, in dem ausführlich über den Tod des Prinzen August Wilhelm berichtet wird. (2009)
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In den Erinnerungen des Professors Dieudonné Thiébault befindet sich ein längerer Abschnitt über Frau von Troussel, in dem er auch über die erste Ehe und die finanziellen Schwierigkeiten von Friedrich Conrad berichtet.168 Ihrem ersten Gemahl, Geheimen Rat von Kl., hatte sie zwei Söhne: 1) Friedrich Ferdinand Heinrich Emil und 2).....(III. 615 und 616) und zwei Töchter geboren:
1) Albertine Friederike Dorothea Sophia, geboren 30. Juli 1758, + Berlin 2. 9. 1843, vermählt mit Oberst Jakob Ludwig du Trossel (geboren 1746 in Berlin, + 22. Oktober 1809 zu Berlin), dem Bruder des zweiten Ehemanns ihrer Mutter, 1806 Kommandant von Magdeburg unter Franz Casimir (III. 523);169 es gab Vermutungen, daß er diese Position nur durch den Einfluß seines Schwagers erreicht habe;170 und 2) Wilhelmine Sophia Charlotte Lovisa, geboren 1. Juni 1761, vermählt 1782 mit Ludwig Matthias Nathanael von Brauchitsch, Königl. General-Lieutenant, Commandanten der Haupt-und Residenzstadt Berlin, Chef der Gendarmerie, Ritter des großen roten Adlerordens mit Eichenlaub, des Verdienst-Ordens und des eisernen Kreuzes 2. Klasse am weißen Bande, sowie des Russischen St. AnnenOrdens etc. (geboren 7. Mai 1757 in Berlin, starb 19. Januar 1827 in Berlin).171
III. 494. Friedrich Joachim, 168
Dieudonné Thiébault, Friedrich der Große, seine Familie, seine Freunde und sein Hof, 3. Teil, Leipzig 1828, S. 42 ff. S. a. Friedrich der Große, Thiébault und der Recensent in den Blättern für literarische Unterhaltung, 1828, No. 296-298, Karl H. S. Rödenbeck in Allgemeines Archiv für Geschichtskunde des Preußischen Staates, Band 1, Berlin 1830, S. 119 (2009) Nachträge zu Dreißig Jahre Jahre am Hofe Friedrichs des Großen (von Lehndorff), Karl Eduard SchmidtLötzen, Mitteilungen der Literarischen Gesellschaft Masovia, Lötzen 1909, S. 218, 316 Geschichte des preußischen Hofs und Adels und der preußischen Diplomatie, Edzard Vehse, 4. Teil, Hamburg 1851, S. 53 In dem historischen Roman “Friedrich der Grosse und sein Hof” von Luise Mühlbach wird das Thema behandelt. (2010) 169 Neues Preußisches Adels-Lexicon, Frhr L. v. Zedlitz-Neukirch, Bd. 4, Leipzig 1837, S. 276 (2010) Ausgewählte Ahnentafeln der EDDA, Band 3, Gotha 1936, S. 187 Nr. 119 (2014) 170 Friedrich August Ludwig von der Marwitz, ein märkischer Edelmann im Zeitalter der Befreiungskriege, 1. Bd. Lebensbeschreibung, hrg. Friedrich Meusel, Berlin 1908, S. 313 (2010) 171 Neuer Nekrolog der Deutschen 1827, Ilmenau 1827, S. 88 (2010)
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Major, geb. 1730, † 1803, des Andreas Joachim siebenter Sohn, geboren 20. November 1730 zu Potsdam, wurde Soldat und avancierte in dem Freicorps, welches sein älterer Bruder commandierte, zum Major und Commandeur der grünen Dragoner. Er hatte zur Bildung dieses Freicorps 10000 Rtlr. vorgeschossen. Als er dieselben vom Könige zurückerbat, erhielt er statt seines Geldes 14 Tage Arrest (nach einer Familiennachricht, wonach die Angabe in Bran's Minerva, 1839 — 40, zu berichtigen ist). Dem Könige mochte die Mahnung des wohlhabenden Gutsbesitzers unpatriotisch erscheinen in einem Augenblick, wo das durch den Krieg hinterlassene Elend in den verwüsteten Provinzen an die ohnehin leeren Königl. Kassen die dringendsten und alle Mittel weit übersteigenden Ansprüche machte. Während der Winterquartiere traf Lessing mit dem Major von Kleist zusammen und benutzte dessen Schicksal für Minna von Barnhelm, obschon Lessing zum Vorbilde des Majors Tellheim Christian Ewald von Kleist genommen haben soll.172 Bei der silbernen Hochzeit unsers Kl. ward Minna von Barnhelm auf Stavenow aufgeführt.173 Als das Kleist'sche Freicorps 1762 reduciert wurde, richtete der Major von Kl. ein Gesuch an den König, nach seinem Gute Stavenow gehen und hiernächst ein Bad gebrauchen zu dürfen. Die eigenhändige Marginalresolution Friedrichs II. aber lautete: „Keine Naredein von Bäder, er Sol nicht haßeliren."174 Laut Erbauseinandersetzung mit seinen Brüdern d. d. Stavenow den 15. Juni 1763 erhielt Friedrich Joachim von Kl. die Güter Stavenow, Premslin, Semlin, Dargard, Gosedahl nebst Meierei Marienhoff in der Priegnitz. An die Übergabe wurde die Bedingung geknüpft, daß das Gut immer im Kleistschen Familienbesitz verbleiben müsse. Auf Grund der hohen Verpflichtungen seinen Brüdern gegenüber war seine wirtschaftliche Lage schwierig. Ihm fehlten landwirtschaftliche Kenntnisse, so dass er mehrfach unvorteilhafte Entscheidungen traf. Mit seinen Bauern hatte er sehr viele Streitigkeiten, zum Teil um unbedeutende Dinge, wie sich aus den vorhandenen Gutsakten ergibt.175 Er starb zu Stavenow im 73. Lebensjahre am 8. August 1803. Der Major von Kleist war zweimal verheiratet gewesen: a) 1764 mit Caroline Amalia von Sack aus dem Hause Vietnitz, Witwe des Christian Siegmund von Sydow auf Schönfeld, geb. 1705, gest. 1755, den sie am 7. Februar 1751 geheiratet hatte;176 sie ist gestorben 23. Oktober 1795 zu Stavenow, im 67. Jahre; und b) mit W i l h e l m i n e Johanna Friederike Luise Sofie Karoline von Wahlen-Jürgas, geb. 20. August 1778, † Neu-Ruppin 16. Januar 1849, Tochter des Georg August von W.-J. aus dem Hause Dessow und Altenzaun und seiner Gemahlin Sofie v. Itzenplitz.177 Wilhelmine hinterblieb 1803 als Witwe mit zwei unmündigen Töchtern, E m i l i e Sophie Charlotte Caroline, geboren Stavenow 7. Februar 1800, 22. Mai 1818 in Berlin die Gemahlin des Jaspar Friedrich Freiherrn von Meerheimb, Königl. preußischen Oberstlieutenants a. D. auf Gnemern bei Bützow im Mecklenburg-Schwerinschen (geboren Reinstorf 12. Juni 1785, † Gnemern 25.
172
Wolfgang Keilpflug untersucht in der Zeitschrift für Heereskunde 1971, S. 55, “Auf den Spuren eines gewissen Majors v. Tellheim” die Angaben im Theaterstück auf Hinweise zum Vorbild des Tellheim. Er hält es für wahrscheinlich, dass er als Freidragoner des grünen Kleist gezeichnet ist. Auf dieser Grundlage kommt er hinsichtlich des Vorbilds auf Friedrich Joachim, vermischt mit Zügen von Ewald Christian. (2007) 173 Aus v. Mrh. Allgemeine Deutsche Biographie. 174 D. h das Hasenpanier ergreifen. Preuß. Urkundenbuch Th. II S. 223. Anstatt Major steht dort irrtümlich General-Major. 175 Die Herrschaft Stavenow, Joachim Sack, Köln Graz 1959, S. 38 f., 99 (2010) 176 Genealogie der Familie von Sydow, Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie, 4. Jahrgang, S. 332. (2009) 177 Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser, 1925, S. 910 (2010)
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Dezember 1872) wurde, starb Bützow 10. März 1887.178 Ihre Enkelin Margarete Freiin von Meerheimb, verh. Gräfin von Bünau, geb. 1859, schrieb 1917 einen “Kleistroman”, “Die Toten siegen” über den Dichter Heinrich von Kleist. Ida, geb. 17. Nov. 1802 in Stavenow, † 1. März 1873 in Wokrent, verheiratet in Meyenburg 7. Februar 1823 mit Leopold v. Lücken, geb. zu Massow 31. August 1798, stand von 1815 bis 1821 bei dem GardeUlanen-, jetzt Garde-Kürassier-Regiment, dann Herr auf Zahrensdorf, † 1. September 1853.179 Die zweite Gemahlin des Majors von Kleist besaß das Rittergut Altenzaun in der Altmark, außerdem Bresch, Mollnitz und Reetz in der Priegnitz.180 Sie vermählte sich am 2. August 1804 in Bootz bei Perleberg in 2. Ehe mit dem Kgl. preußischen Major Otto von Rohr, geb. 7. April 1766, † Neuruppin 24. März 1846, Herr auf Meyenburg. Friedrich Joachim hatte seinen Bruder Friedrich Ferdinand v. Kleist in seinem Testament zum Lehnserben bestimmt.181 Dieser war jedoch nicht in der Lage, das in der Erbauseinandersetzung nach dem Tod der Mutter festgelegte Vermögen von 127 487 Tlrn nachzuweisen. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den Erben kam man schließlich überein, das Gut frei zu verkaufen. Bereits vor Abschluß der Erbstreitigkeiten wurde Stavenow am 14. Juli 1809 dem Preuß. Staatsminister Otto Carl Friedrich Freiherr v. Voß zur Nutzung übergeben. Erst 1819 konnte die Herrschaft für 255 000 Tlr an v. Voß verkauft werden.182 III. 495. Friedrich Carl Leopold auf Kahren und Koppatz, Hauptmann, geb. 1731,183 † 1799, des Andreas Joachim achter Sohn, geboren 26. Dezember 1731 zu Potsdam, war 4. Juni 1752 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 27, 3. Oktober 1756 Lieutenant und 6. August 1758 Premier Lieutenant. Zu Anfang des siebenjährigen Krieges war er Adjutant des General-Lieutenants Franz Ulrich von Kl. (III. 389), danach der Generale von Asseburg und von Lindstedt. Er kämpfte 1757 bei Lowositz mit. Am 20. November 1759 wurde er bei Maxen als Premier-Lieutenant und General-Adjutant des Generals von Lindstedt von den Österreichern gefangen. Im Dezember 1762 befand er sich noch in der Gefangenschaft. Am 2. Juli 1764 nahm er als Hauptmann seinen Abschied. Hierauf kaufte er von den Erben der verstorbenen Hofrätin von Panwitz die Güter Kahren und Koppatz im Kreise Cottbus.184 Zu seinen Lebzeiten entstanden in Kahren 1779 eine Ziegelei und 1782 mit vier
178
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser 1905, S. 503 (2009) Angabe aus dem Register der Töchter der 1. Auflage (2010) Ausgewählte Ahnentafeln der EDDA, Gotha 1925, S. 235/7 (2014) 180 Im Jahre 1800 besaßen die von Kl. in der Priegnitz: 1/7 Bluthen, Bresche, 1/2 Gläwzin, 1/3 Karstedt, Mesekow, Mollnitz bei Bresche, Premslin, Reetz, Semlin, Stavenow, Banekow, Dargard, 1/4 Garlin, Lindenberg, Marienhof; 1850 nichts mehr. (Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg I 664) 181 Signatur: Rep.4a Kammergericht Berlin Nr.9090f (2010) 182 Die Herrschaft Stavenow, Joachim Sack, Köln Graz 1959, S. 39 (2010) 183 Die Stammtafel gibt irrtümlich 1732 als sein Geburtsjahr an. 184 Während der Winter 1785 und 1786 hatte er auf seinen Gütern große Verluste durch Abgang unter den Schafen. Dadurch kamen die Güter, welche kaltgründigen Acker hatten, sehr herunter. Er bat um Meliorations- und Königl. Gnadengelder. Behufs Anschaffung der Equipage für seinen ältesten Sohn hatte er bereits seiner Frau Silberzeug in Cottbus für 200 Rtlr. zu 6 % versetzt. Zusatz 2008: Geheimes Staatsarchiv I.HA Rep.96 Nr.435 Litt.K6, Eingabe Kahren 6. 5. 1786. 179
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hugenottischen Familien eine neue Siedlung, die Karlshof genannt wurde.185 Er starb am 14. Oktober, nach andern Nachrichten erst am 19. November 1799 auf seinem Gute Kahren am Stickfluß, 67 Jahr 8 Monat alt. Der Hauptmann von Kl. war zweimal verheiratet gewesen: a) in Tyrol, wo er Kriegsgefangener war, mit Marie Irene Baronesse von und zu Wetzel,186
und nach deren Tode b) mit Sophia Wilhelmine von Sellentin, welche am 12. September 1811, 66 Jahre alt, starb. Sie verkaufte als Witwe 1804 Kahren und Koppatz an Maximilian v. Oertzen aus Bagenz.187 Von Friedrich Carl Leopolds Söhnen, deren einige frühzeitig gestorben, werden uns drei: 1) Friedrich Anton Ulrich Carl Leopold, 2) Friedrich Carl Gottlob und 3) Heinrich Ludwig (III. 617—619) genannt. Außerdem wurden ihm zwei Töchter geboren: 1) Caroline, welche 28. Januar 1838, 75 Jahre alt, starb; und 2) Charlotte. III. 496. Wilhelm Heinrich, Oberst, geb. 1735,188 † 1806, des Andreas Joachim neunter Sohn, geboren 30. Juli 1735 zu Potsdam, war 24. Juni 1753 Cornet im Regiment Gensdarmes Nr. 10, 23. Dezember 1757 Lieutenant, 12. Juni 1761 Stabs-Rittmeister, 17. September 1764 Compagnie-Chef, 6. Februar 1777 Major, 7. März 1786 Oberstlieutenant und 8. Juni 1788 Oberst. Für Auszeichnung in der Schlacht bei Zorndorf (1758) hatte er den Orden pour le mérite erhalten. Am 30. Oktober 1788 wurde er mit 600 Rtlr. Pension verabschiedet. Er starb am 9. April 1806 in Berlin im 71. 185
Kahren, Geschichte eines sorbischen Dorfes, Sieghard v. Pannwitz, Deutsches Adelsblatt 2011, Heft 3, S. 12 (2011) 186 Die Trauung hatte ein Professor Weyeter, Universität Innsbruck, vorgenommen. Ihm wurde 1761 vorgeworfen, er habe den calvinistisch-preussischen Offizier Baron Kleist mit der katholischen Irene v. Welz copuliert. Tatsächlich war dies auf Auftrag des Ordinariats über vom Bräutigam abgelegtes Jurament de catholice educandis prolibus und die Ehe nicht zu trennen geschehen. Geschichte der Universität in Innsbruck seit ihrer Entstehung bis zum Jahre 1860, Jacob Probst, Innsbruck 1869, S.191 (2010) 187 Kahren, Geschichte eines sorbischen Dorfes, Sieghard v. Pannwitz, Deutsches Adelsblatt 2011, Heft 3, S. 12 (2011) 188 Die Stammtafel gibt irrtümlich 1734 als sein Geburtsjahr an
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Jahre, unvermählt.
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III. 497. Friedrich Ferdinand, Oberst, geb. 1735, † 1810, des Andreas Joachim zehnter Sohn, geboren 30. Juli 1735, Zwillingsbruder des Vorhingenannten, war 2. März 1754 Cornet im Regiment Gensdarmes Nr. 10, 23. Dezember 1757 Lieutenant, 7. April 1764 StabsRittmeister, 7. Oktober 1768 Compagnie-Chef, 29. September 1777 Major und 21. Mai 1787 Oberstlieutenant.190 Am 17. November 1788 bekam er den Abschied als Oberst mit Regiments-Uniform. Er war Domherr und Senior zu Brandenburg, auch Ritter des St. Johanniter-Ordens seit 1. September 1772.191 Er starb am 23. März 1810 zu Berlin im 75. Lebensjahre, unvermählt.192
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Er war in der Garnisonkirche Berlin beigesetzt. Verzeichnis der in den Grüften der Berliner Garnisonkirche zwischen 1703 und 1829 beigesetzten Personen - www.garnisonkirche-berlin.de (2008) 190 1786 hatte General v. Prittwitz einen Vorfall mit Major Friedrich Ferdinand angezeigt. Friedrich II. forderte den General auf, “dem v. Kleist derbe die Wahrheit” zu sagen. Adlige und Bürgerliche Beamte in der Friderizianischen Justiz- und Finanzverwaltung, Rolf Straubel, Berlin 2010, S. 292 mir Hinweis auf Geheimes Staatsarchiv I, 96 B, Nr. 86 S. 304, 317. (2013) 191 Die Johanniter- Tafel befindet sich im Familienarchiv, die Wappen- und Ahnentafel im Geheimen Staatsarchiv in Berlin, Signatur: X.HA Rep.9 Nr.600 (2010) 192 Der in den Kriegs. - M. - A. als sein Sohn genannte Carl Heinrich Friedrich Ferdinand von Kleist, welcher am 22 April 1825 als Hauptmann pensioniert wurde und am 4. Oktober 1861 in Breslau starb, ist nach Ausweis des Kirchenbuches außerehelich geboren. (Fortsetzung...)
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III. 498. Hans Reimar, Generalmajor, geb. 1736, † 1806, des Andreas Joachim elfter und jüngster Sohn, geboren 11. April 1736 zu Heiligenbeil in Preußen, war 16. September 1754 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 12, 11. Dezember 1757 Lieutenant, 4. März 1762 Rittmeister im Husaren-Regiment Nr. 1, wurde 10. Mai 1763 zum Husaren-Regiment Nr. 4 versetzt und avancierte 5. September 1775 zum Major, 20. Mai 1787 zum Oberstlieutenant, 7. Juni 1788 zum Oberst und 14. Januar 1793 zum Generalmajor. Im November 1794 erhielt er den gesuchten Abschied mit Pension, angeblich, „weil Blücher, welcher erst Oberster war, ihm vorgezogen wurde, welches sein Ehrgefühl nicht ertragen konnte, weil er überzeugt war, und bei vielen Gelegenheiten, indem er z. B. 20 Kanonen erobert und 1000 Gefangene gemacht, bewiesen hat, daß er dem Blücher an Capicité nicht nachstand."193 Seit 1764 gehörte er zu den Minores des Domkapitels zu Brandenburg. Bei einer Revue im Jahre 1789 erhielt er den Orden pour le mérite. Er war Universalerbe ex testamento seines Bruders Arnd,194 darnach auch Universalerbe der am 28. März 1805 zu Tranitz bei Cottbus verstorbenen Witwe von Panwitz gebornen von Kleist. Er starb am 10. März 1806 zu Oels in Schlesien im bald vollendeten 69. Lebensjahre. a) In seiner ersten Ehe mit Casparine Elisabeth Luise von Schlabrendorff, Tochter des Domherrn Carl Bogislaff auf Bartzdorff c. p., geboren 1741, vermählt 25. November 1763, gestorben 26. November 1766, wurde ihm eine Tochter geboren, welche bereits nach wenigen Wochen starb. d) Die zweite Ehe mit Antoinette Maria Josepha von Dumont, vermählt 1768, gestorben 7. November 1809 zu Oels im Alter von 59 Jahren195, war mit vier Söhnen gesegnet: 1) Hans Joseph Reimar, 2) Carl Joachim Wilhelm, 3) Christian Wilhelm und 4) Christian Wilhelm Eugen Ludwig (III. 621—624). Eine Antoinette Charlotte v. Kleist starb am 29. März 1792 in Oels im 16. Lebensjahr an einem mit Krämpfen begleiteten Steckfluss. Es könnte sich um eine Tochter aus der 2. Ehe handeln.196 Von des Andreas Joachim elf Söhnen waren also der älteste: Friedrich Wilhelm (III. 488), der dritte: Wilhelm Adrian (III. 490), der sechste: Friedrich Conrad (III. 493), der achte: Friedrich Carl Leopold (III.
192 (...Fortsetzung) (Zusatz 2008) Friedrich Ferdinand war in der Garnisonkirche Berlin beigesetzt. Verzeichnis der in den Grüften der Berliner Garnisonkirche zwischen 1703 und 1829 beigesetzten Personen www.garnisonkirche-berlin.de. 193 Im Nachrichtenblatt vom Februar 1941 ist ein Brief des Prinzen Eugen v. Württemberg an den preußischen König vom 21. November 1794 abgedruckt: “Zugleich halte ich mich verpflichtet, Ewr. Königl. Majestät allerunterthänigst zu bitten, dem entlaßenen Herrn Generalmajor von Kleist in Rücksicht Seiner 43 Jährigen treu geleisteten Dienste und Seiner schon bei Zorndorff erhaltenen Blessuren, wo er beym Einhauen in die Russische Infanterie, einen Schuß im Fuße und Bajonett-Stich im Leibe erhalten hat, auch mit Rücksicht seiner zahlreichen Familie, davon bereits zwey Söhne als Offiziers in der Armee dienen, eine Pension in Gnaden zukommen lassen zu wollen.” (2006) 194 Den 27. Dezember 1790 entstand auf dem Vorwerk zu Raschkowitz bei Pitschen dem Obristen und Commandeur des Prinz Eugen v. Würtembergschen Husarenregiment ein sehr heftiges Feuer. Schlesische Provinzialblätter, Band 13, Breslau 1791, S.296. Der Kgl. Obrister und Commandeur des Prinz v. Würtembergschen Husarenregiments hat sein Gut Roschkowitz im Creutzburgschen an den Hrn. v. Woikowsky auf Benkwitz im Breslauschen für 14 000 Rt. u. 500 Rt. Schlüsselgeld verkauft, Schlesische Provinzialblätter, Band 14, Breslau 1791, S. 569 (2013) 195 Nachruf, Schlesische Provinzialblätter, 1808, S. 459 (2018) 196 Schlesische Provinzialblätter, Band 15, Breslau 1792, S. 379 (2013)
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495) und der elfte: Hans Reimar (III. 498) beerbt. Der älteste: Friedrich Wilhelm hatte nur einen Sohn: III. 613. Friedrich Alexander Leopold Joachim, Rittmeister, geb. 1763. Er war am 10. Dezember 1763 zu Salzwedel geboren, besuchte 4 Jahre hindurch le collège de Bergen und 2 Jahre l'académie militaire in Berlin und war 6. August 1786 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 7, 28. Mai 1790 Lieutenant, 24. Januar 1793 Premier-Lieutenant, 11. August 1801 Stabs-Rittmeister und 23. Mai 1802 Rittmeister. Das Regiment marschierte nach der Schlacht bei Auerstädt nach Magdeburg, wo es 8. November 1806 capitulierte. Im August 1812 erhielt Rittmeister von Kl. den Johanniter-Orden.197 Am 2. September 1813 ward ihm der erbetene Abschied mit 300 Rtlr. Pension erteilt. Er starb am 9. Januar 1846 zu Berlin, in seinem eigenen Hause Laufgasse Nr. 11, unvermählt, im 83. Lebensjahre.198 Der dritte Sohn: Wilhelm Adrian hatte gleichfalls nur einen männlichen Erben: III. 614. Joachim Carl Friedrich, Major, geb. 1760, † 1805.199 Er war 1760 geboren, war 1787 Leutnant bei dem in Glatz stehenden Götzenschen Regiment200 und trat in großbritannische Dienste, in welchen er zum Major avancierte. Danach erwarb er 1800 das Gut Spriehusen (1. Auflage Sprichhausen) mit der Meierei Steinbrink c. p. im Amt Bukow in Mecklenburg von dem Kammerrat Adolph Friedrich v. d. Lanken auf Galenbeck. Er gehörte damit zur Ritterschaft.201 Er setzte sich auf seinem Gut für den Anbau der englischen Futterwicke ein, die gegenüber heimischen
197
Wappen- und Ahnentafel im Geheimen Staatsarchiv Berlin, Signatur: X.HA Rep.9 Nr.770
(2010) 198
Testament vom 13. Januar 1838 Berlin, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam Signatur: 4a Testamente 10095 (2015) 199 Die Stammtafel gibt 1804 als sein Sterbejahr an. 200 Schlesische Provinzialblätter, Band 6, Breslau 1787, S. 179 (2013) 201 Die Veränderungen im Familien-Besitzstande der ritterschaftlichen Güter in MecklenburgSchwerin seit 1780 in Archiv für Landeskunde in den Großherzogthümern Mecklenburg, Band 18, Schwerin 1868, S. 313 und 330. (2010) Stadtarchiv Wismar, 7.1. - (VII.1.) Forderung des v. Kleist auf Spriehusen nach Auslieferung der nach Wismar geflohenen Leibeigenen Peter, Lisette und Anna Schwiesow (Rep. Abt. III.1.Aa) 0793, 1804 (2011) Herzoglich-Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender, Schwerin 1804, S. 72 (2013)
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Pflanzen besondere Vorzüge als Viehfutter haben sollte.202 Die Güter wurden 1805 an den Kammerherrn Joachim Ernst Friedrich von Voß verkauft.203 Er starb 10. März 1805 zu Neubrandenburg im Mecklenburgischen. Er war zweimal verheiratet: a) am 11. Juli 1787 in Rückerts204 mit Baronesse Caroline von Stillfried, Tochter des preuß. Obersten Michael v. St. und seiner Gemahlin Caroline v. Giese, geb. 16. Oktober 1766, von welcher er sich jedoch wieder scheiden ließ,205 — und b) mit.....Strauß. In beiden Ehen blieb er unbeerbt. Der sechste Sohn: Geh. Rat Friedrich Conrad hatte zwei Söhne, von denen der jüngere bereits sehr früh gestorben. Der ältere der Söhne gelangte zu hohen Ehren; es ist der hochberühmte: III. 615. Friedrich Ferdinand Heinrich Emil Graf Kl. von Nollendorf, Generalfeldmarschall, geb. 1762, † 1823. Sein Lebensbild, vom späteren General der Kavallerie Georg von Kl.206 geschrieben, ist als selbstständiger Band der Geschichte des Damenschen Zweiges beigegeben worden.207 Im folgenden wird eine kurze Biographie auf der Basis eines Artikels des gleichen Autors für das Handbuch für Heer und Flotte, 1913, gebracht. Friedrich Emil Ferdinand Heinrich v. K., später Graf K. von Nollendorf, preußischer Generalfeldmarschall, geboren am 9. April 1762 in Berlin, wurde 1774 Page beim Prinzen Heinrich von Preußen und 1778 Offizier im Infanterieregiment v. Lettow (Nr. 46), bei dem er den Bayerischen Erbfolgekrieg mitmachte.208 Am 16. Mai 1790 als Quartiermeisterleutnant in den Generalstab versetzt, nahm er als Hauptmann an den Rheinfeldzügen teil, erhielt für das Gefecht bei Oberursel den Orden
202
Darstellung der Landwirthschaft in den Großherzogthümern Mecklenburg, Band 2, Alexander von Lengerke, Königsberg 1831, S. 300. (2010) 203 Archiv für Landeskunde in den Grossherzogthümern Mecklenburg, Band 18, Schwerin 1868, S. 336 (2015) 204 Schlesische Provinzialblätter, Band 6, Breslau 1787, S. 179 (2013) 205 Der Kammerherr Freiherr v. Stillfried verkaufte 1798 seiner Schwester, Frau Caroline von Kleist seine Güter Falkenau, Kroschen und Neuhammer für 119 000 Rt. Schlesische Provinzialblaetter, Bd.28, 1798, S. 85. (2017) Um 1799 kaufte sie, schon geschieden, das Rittergut Schwedlich, Kreis Grottkau für 22 500 Rt., Schlesische Provinzialblätter, Band 29, Breslau 1799, S. 386 (2013). 1821 wurde das Gut weiterverkauft. Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Felix Triest, Breslau 1865, S. 1205. (2009) Historisch-heraldisches Handbuch zum genealogischen Taschenbuch der gräflichen Häuser, Gotha 1755, herausgegeben Hermann Soltmann, S. 957 Urkundliche Chronik der Stadt u. Herrschaft Neurode, W. W. Klambt, Neurode 1842, S. 125 “traurige Heirat” (2010) 206 III. 892, s. unten S. 360 207 http://www.v-kleist.com/FG/Nollendorf/Nollendorf.pdf (2015) 208 2016: Untersuchung gegen ihn wegen Problemen bei einem Munitionstransport 1778 Hauptstaatsarchiv Dresden, 10485 Grundherrschaft Porschnitz 146
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Pour le Merite und wurde 1793 Inspektionsadjutant beim Feldmarschall v. Möllendorff, 1795 Major. Nachdem er einige Jahre ein Grenadierbataillon befehligt hatte, war er von 1803 bis 1807 vortragender Generaladjutant des Königs. Ende 1808 erhielt er den Befehl der niederschlesischen Brigade. Im Kriege gegen Rußland 1812 führte er unter Grawert und Yorck die Infanterie (15 Bataillone) des preußischen Hilfskorps, focht bei Eckau (19. Juli), Wolgund (7. August), Gräfenthal (29. September), am Lautschkrug (30. September) und erhielt den Orden der Ehrenlegion, den er aber nie angelegt hat, sowie den Roten Adlerorden I. Klasse. K. ist nicht ohne Einfluß auf den Abschluß der Kapitulation von Tauroggen gewesen. Am 5. Januar 1813 an Yorcks Stelle zum Kommandierenden General des Korps ernannt, übte er dieses Kommando nicht aus, sondern ließ es Yorck. Am 1. März wurde er Generalleutnant. Er befehligte die aus russischen und preußischen Truppen zusammengesetzte Vorhut Wittgensteins, schloß Wittenberg ein und. nahm am 17. April die Vorstädte. Mit einer Brigade nach Halle vorgeschoben, mußte er die am 28. April tapfer verteidigte Stadt am nächsten Tage räumen. In der Schlacht bei Bautzen (20./21. Mai) verteidigte er mit 8 1/2 Bataillonen, 12 Eskadrons u. 4 1/3 Batterien Preußen und Russen den Spree-Übergang bei Burk, mußte nach mehrstündiger, tapferer Gegenwehr aus mehreren kräftigen Gegenstößen, in Flanke und Rücken bedroht, nach Purschwitz zurückgehen, wo er die Lücke zwischen Yorck und Blücher ausfüllte, am 21. die Division Souham zurückwarf und dann bei Wurschen den Rückzug der Verbündeten deckte. Er wurde als preußischer Bevollmächtigter zum Abschluß des Waffenstillstandes am 4. Juni bestimmt. Während dieses erhielt er das II. preußische Armeekorps bei der Hauptarmee und führte in der Schlacht bei Dresden die zweite Angriffskolonne, die den Großen Garten wegnahm und bis an die Stadtmauern vordrang. Auf dem Rückzuge durch das Erzgebirge wies er am 29. August das französische Korps St.-Cyr bei Glashütte kräftig ab und faßte, da ihm die weiteren Rückzugswege durch Trains verstopft waren, den Entschluß, durch einen Abmarsch auf die große Teplitzer Straße sich der verzweifelten Lage zu entziehen, obwohl er dort starke feindliche Kräfte nachrückend annehmen mußte. Sein Angriff über Nollendorf in den Rücken Vandammes brachte den Sieg und die Vernichtung des französischen Korps. Er erhielt dafür den Schwarzen Adlerorden und vom Zaren Alexander einen mit Diamanten verzierten Degen. Nachdem er in der Schlacht von Leipzig am 16. Oktober bei Markkleeberg, am 18. bei Probstheida unter schweren Verlusten gekämpft hatte, übernahm er die Einschließung von Erfurt und folgte, als die französische Besatzung sich in die Zitadelle zurückgezogen hatte, nach Frankreich. Ende Januar 1814 bei Blücher eingetroffen, focht er am 14. Februar bei Etoges und trug durch den in Gemeinschaft mit Yorck ausgeführten nächtlichen Angriff am 9. März wesentlich zum Siege bei Laon bei. Im März 1814 wurde er durch den Verdienstorden mit Eichenlaub ausgezeichnet, zum General der Infanterie und Chef des 1. Westpreußischen Regiments ernannt, das seit dem 27. Januar 1889 den Namen „Grenadierregiment Graf Kleist von Nollendorf" führt. Schon vorher hatte ihn die philosophische Fakultät der Universität Berlin zum Ehrendoktor ernannt. Nach dem Kriege wurde er unter Verleihung einer Dotation (Domäne Stötterlingenburg bei Halberstadt) in den Grafenstand erhoben. Er behielt den Oberbefehl der drei am Niederrhein zurückbleibenden preußischen Armeekorps. Beim Ausbruch des Krieges von 1815 übernahm er die Führung des norddeutschen Bundeskorps, mußte sie aber wegen schwerer Erkrankung bald abgeben.209 Am 3. Oktober wurde er Kommandierender General des IV. Armeekorps in Magdeburg, 1821 als Feldmarschall in den Ruhestand versetzt und starb in Berlin am 17. Februar 1823. Er ruht in der dortigen Garnisonkirche.210 Er heiratete, wahrscheinlich 1786, in Ruhlsdorf Hermine Caroline Charlotte von Retzow, geboren 1767 in Mörs, gestorben am 14. März 1838 in Halberstadt, Tochter des Wilhelm Leopold von Retzow auf Ruhlsdorf bei Berlin, Director der Kurmärkischen Ritterschaft, und einer von Thiele.
209
Über seine Aufgaben von März bis Juni 1815 ausführlich: Das Preußische Heer und die Norddeutschen Bundestruppen unter General v. Kleist 1815, Julius v. Pflugk-Harttung, Gotha 1911. http://www.v-kleist.com/FG/Nollendorf/Nollendorf1815.pdf (2015) 210 Vgl. Militär-Wochenblatt 1823, Nr. 349; Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. XVI (Leipzig 1882).
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Sie hatten zwei Söhne, einen jung verstorbenen Sohn, dessen Name nicht bekannt ist, und Hermann Ferdinand Heinrich Leopold (III. 745 und 746), sowie eine Tochter, H e r m i n e Henriette Helene Leopoldine, geboren 19. August 1785, gestorben 3. März 1840 in Charlottenburg. Sie heiratete am 12. April 1815 in Frankfurt/Oder Timon Victor von La Viére, geboren 12. Februar 1782 in Aschersleben, gestorben 10. Juni 1850 in Berlin, zuletzt Oberstlieutenant im 24. Infanterie-Regiment in Charlottenburg.211
211
Offizier-Stammliste des Leib-Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburgischen) Nr. 8, Hugo Kroll, Berlin 1899, S. 288 (2013)
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Der Generalfeldmarschall Graf Kl. von Nollendorf hatte zwei Söhne, von denen der ältere: III. 745. Graf Kl. von Nollendorf bereits am 26. Oktober 1795 zu Berlin verstarb. Der jüngere Sohn war: III. 746.212 Hermann Ferdinand Heinrich Leopold Graf Kl. von Nollendorf, auf Knauthen, Landrat a. D. geb. 2. September 1804, † 28. März 1870. Er wurde am genannten Tage zu Berlin213 geboren. Nachdem er im elterlichen Hause durch Privatunterricht vorgebildet, besuchte er in den Jahren 1821/22 das Joachimsthal'sche Gymnasium zu Berlin, aus dessen zweiter Klasse er abging, um sich anderweit zu dem Examen vor der wissenschaftlichen Prüfungs-Commission vorzubereiten. Von dieser demnächst mit dem Zeugnisse der Reife für die Universität versehen, studierte er in Berlin 3 Jahre jura und cameralia. Nachdem er gleichzeitig seiner Dienstpflicht als einjähriger Freiwilliger bei dem 2. Garde-Ulanen(Landwehr-) Regiment genügt und im Jahre 1827 zum Offizier bei der Landwehr befördert war, trat er 10. Juni 1828 zum stehenden Heere über, und wurde ausnahmsweise und unter Vorbehalt der vorschriftsmäßigen Prüfung als Seconde-Lieutenant dem 7. Kürassier-Regiment zu Halberstadt aggregiert. Am 5. Mai 1830 verließ er den Militairdienst und wurde von der Kreis-Versammlung des Kreises Halberstadt zum Landrat gewählt und im Jahre 1832 als solcher bestätigt; er verwaltete dieses Amt bis 1843.214 Beim Ausscheiden aus dem Dienste erhielt er den roten Adlerorden 4. Klasse. Durch Kaufvertrag vom 25. Februar 1841 hatte er das Rittergut Knauthen bei Pr. Eylau mit einem Areal von beinahe 12000 Morgen erworben. Früher besaß er die Herrschaft Stötterlingenburg, sowie Ortschaften mit 1068 Einwohnern, welche er an den Staat abgetreten. Er war Domherr des Hochstiftes Brandenburg, starb 28. März 1870 in Berlin.215 Seine Gemahlin Henriette von Gustedt, geboren 18. April 1809 zu Halberstadt, † 15. November 1891 in
212
Die Stammtafel hat ihn mit zwei Nummern: 746/747 bedacht. 2018: 1. Aufl. Stötterlingen bei Osterwiek, Kreis Magdeburg, erscheint unschlüssig, da die Domaine erst 1814 vom Vater erworben wurde. Die Angabe am Grabmal; Berlin, ist daher richtig. Grabdenkmäler adeliger Personen auf Kirchhöfen Berlins und seiner Vororte. Vierteljahrsschrift für Wappen- Siegel- und Familienkunde, 1898. 214 Bekanntmachung der nachgesuchten Entlassung, Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Magdeburg, 1844, Nr. 4, S. 20 (2013) Repertorium der Briefe aus dem Archiv Walter de Gruyter, Otto Neuendorff, Anne-Katrin Ziesak, 1999, Kleist von Nollendorf, Brief Halberstadt, 17.11.1832, zu Zinszahlungen und Persönlichem. (2009) 215 Sein Erbbegräbnis mit dem gräflichen Wappen befand sich auf dem alten Matthäikirchhof am Gr. Görschen-Bahnhof in Berlin. Grabdenkmäler adeliger Personen auf Kirchhöfen Berlins und seiner Vororte. Vierteljahrsschrift für Wappen- Siegel- und Familienkunde, 1898, S. 98 (2010) 213
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Berlin, vermählt 17. Mai 1829 zu Deersheim im Fürstentume Halberstadt, Tochter des Landesdirektors Philipp von Gustedt auf Deersheim und der Marianne Freiin von Spiegel-Pickelsheim, Trägerin des preußischen Verdienstkreuzes für Frauen und Jungfrauen,217 hatte ihm zwei Söhne: 1) Hermann Gustav Werner Ferdinand und 2) Reimar Carl (III. 861 und 862) und zwei Töchter geschenkt: 1) M a r i a n n e Hermine Mathilde Henriette, geboren 10. März 1833 zu Halberstadt, † Novi, Bosnien, 23. Februar 1898, vermählt 7. Juni 1855 mit A r t h u r Cäsar von Wulffen, genannt Küchenmeister von Sternberg, geb. Riesenburg 5. Januar 1832, † Knauthen 24. Januar 1878,218 Königl. preußischem Kammerherrn und Premier-Lieutenant a. D. ; — und 2) T h e k l a Ernestine Wernerine, geboren 29. Dezember 1834 zu Halberstadt, † 16. Oktober 1921 in Klein Bisnitz219, vermählt 26. April 1859 zu Knauthen mit Lieutenant a. D. Wilhelm Bernhard Julius Freiherrn von Eckardstein auf Schloß Löwen, Kr. Brieg, in Schlesien, Witwe seit 30. Dezember 1876. Der Sohn von Thekla, Freiherr von Eckardstein, hat in seinen 1919 veröffentlichten Erinnerungen220 über seine Großeltern mütterlicherseits berichtet. Der Vater meiner Mutter, Graf Hermann Kleist von Nollendorf, war der einzige Sohn des Feldmarschalls. Von diesem hatte er den ihm im Jahre 1815 als Staatsdotation zuerkannten Grundbesitz in der Provinz Sachsen geerbt. So kam es, daß mein Großvater den Landratsposten des sächsischen Landkreises Halberstadt erhielt. Aber nur wenige Jahre sollte er diesen Posten bekleiden. Er gehörte zu jenen Männern, welche in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in politischer und sozialer Beziehung ihrer Zeit weit vorauseilten. Da er seine Sympathien für die Demagogen der damaligen Zeit, welche eine Verfassung forderten und ein einiges Deutsches Reich erstrebten, offen bekundete, machte er sich bei den reaktionär und absolutistisch gesinnten Hofkreisen in Berlin sehr verhaßt. Schließlich wurde ihm von der Berliner Regierung energisch nahegelegt, seinen Posten als Landrat zu quittieren. Wie es sich später herausstellte, hatte auch der österreichische Kanzler Metternich, welcher nicht nur in Österreich, sondern in ganz Deutschland über ein Spitzelsystem zur Demagogenverfolgung verfügte, bei der Enthebung meines Großvaters von seinem Landratsposten mitgewirkt. Durch diese Maßregelung ließ er sich aber keineswegs von seinen politischen Tendenzen abbringen, sondern bekundete seitdem in noch verstärktem Maße seine Opposition gegen das absolutistische Regierungssystem. Nicht geringes Aufsehen erregte es damals, als er, der einzige Sohn des berühmten Feldmarschalls aus den Freiheitskriegen, schließlich offiziell vom Berliner Hofe ausgeschlossen wurde. Auch für soziale Fragen bekundete mein Großvater lebhaftes Interesse und stand hierüber in späteren Jahren sogar in regem Briefwechsel mit Ferdinand Lassalle... In meinem Hotel wohnte um diese Zeit auch der bekannte deutsche Politiker und Schriftsteller Ludwig Bamberger, welcher neben Eugen Richter damals einer der maßgebendsten Führer der freisinnigen Partei im Reichstag war. Bamberger war stets ein großer Verehrer meines Großvaters, des Grafen Hermann Kleist von Nollendorf, gewesen, weil dieser, wie ich im ersten Kapitel erwähnte, seiner Zeit in politischer wie sozialer Beziehung weit vorauseilend, in den dreißiger Jahren als Landrat und besonders auch im Jahre 1848 die Demagogen, welche eine Verfassung forderten, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln unterstützt hatte. Ludwig Bamberger war im Jahre 1849 selbst politischer Flüchtling gewesen und dadurch mit vielen anderen seiner Leidensgenossen im Auslande in Berührung gekommen. Er erzählte mir, daß viele von diesen während ihres Exils im Auslande von meinem Großvater mit beträchtlichen Geldmitteln unterstützt worden seien, damit ihre geistige Kraft dem Deutschtum nicht verlorengehen solle, und um zu verhindern, daß sie durch äußere Umstände gezwungen, sich vielleicht
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Personalbestand der Familie 1892 (2008) Ordensjournal Mai 2007 (2008) 218 Gotha Uradel 1902 (2008) 219 Familientagsprotokoll 1922 (2006) 220 Erinnerungen und politische Denkwürdigkeiten von Botschaftsrat a. D. Hermann Freiherrn v. Eckardstein, Leipzig 1919 217
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vom Deutschtum abwenden und ihre Kraft in den Dienst anderer Nationalitäten stellen könnten. Gegen Ende der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts verkaufte Graf Hermann seine Besitzung in der Provinz Sachsen und erwarb statt dessen die in dem ostpreußischen Kreise Preußisch-Eylau gelegenen Güter Knauten und Drangsitten. Ein großes Interesse nahm er daher an dem Bau der Ostbahn, welche Berlin mit Danzig und Königsberg verbinden sollte. Ebenso wie in politischen Fragen, zeigte er auch in wirtschaftlicher und technischer Beziehung große Voraussicht. Zu einer Zeit, wo der Generalpostmeister Nagel in Berlin sowie preußische Generäle, insbesondere der Chef des Geniewesens, General Astor, Friedrich Wilhelm III. Vorträge darüber hielten, daß das Eisenbahnwesen weder für die Beförderung der Post noch von Truppen jemals irgendwelche Bedeutung haben könnte, und wo kleine deutsche Fürsten sich den Bau von Eisenbahnen in ihrem Ländchen einfach verbaten, wurde mein Großvater einer der eifrigsten Förderer des Eisenbahnwesens und Mitbegründer verschiedener großer Linien... Im März 1870 war mein Großvater mütterlicherseits in Berlin gestorben, und da sich meine Großmutter infolgedessen sehr vereinsamt fühlte, bat sie meine Eltern, mich nach dem in der Nähe von Königsberg gelegenen Gute Knauten mitnehmen zu dürfen, um mich während der Sommermonate bei sich zu haben. Hier erlebte ich den Ausbruch des Krieges mit Frankreich. Meine Großmutter, eine geborene von Gustedt, war eine sehr wohlwollende, aber streng korrekt denkende Frau von altmodischen Anschauungen. Mit den liberalen politischen Tendenzen meines Großvaters hat sie im allgemeinen wenig sympathisiert. Besonders schmerzlich hatte sie es empfunden, daß mein Großvater wegen seines Konfliktes mit dem absolutistischen Regime Jahre hindurch von dem Berliner Hofe ausgeschlossen war. Im übrigen war sie aber auch eine sehr kluge und auf literarischem Gebiet äußerst bewanderte Frau von hoher Bildung. III. 861. Hermann Gustav Werner Ferdinand Graf Kl. von Nollendorf, Regierungs-Assessor a. D., geb. 7. August 1831,221 † 22. August 1900, des Landrats Hermann Grafen Kl. von Nollendorf älterer Sohn, an genanntem Tage zu Blankenburg am Harz geboren, studierte Jura. Er war Bonner Borusse. Er diente als einjähriger Freiwilliger sein Jahr ab und war am 18. November 1856 Lieutenant der Cavallerie 1. Bataillons 1. Landwehr-Regiments, d. h. im 3. schweren Landwehr-Reiter-Regiment. Im Jahre 1859 arbeitete er als Referendar bei der Königl. Regierung zu Potsdam und 1861 als Assessor bei der Königl. Regierung zu Königsberg i. Pr. Er war unheilbar geisteskrank. Er starb am 22. August 1900 in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau (Baden).222 Das Gut Knauthen erbte 1900 seine Nichte Gottliebe v. Boddien geb. v. Wulffen gen. Küchenmeister v. Sternberg.223 III. 862. Reimar Carl Graf Kl. von Nollendorf, geb. 23. September 1837, † 29. Dezember 1862
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Die Stammtafel gibt irrtümlich den 17. August als seinen Geburtstag an. Patientenakte Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, B 821/2 Nr. 2038
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Familiengeschichte 1980 (2006)
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des Landrats Hermann Grafen Kl. von Nollendorf jüngerer Sohn, starb am 29. Dezember 1862 in Berlin an der Kopfrose und hinzugetretener Gehirnlähmung. Der Seitenzweig des Generalfeldmarschalls Grafen Kl. von Nollendorf ist also im Jahr 1900 ausgestorben Von den Söhnen des Hauptmanns Friedrich Carl Leopold macht die Stammtafel drei namhaft, die übrigen sind ganz jung gestorben. III. 617. F r i e d r i c h A n t o n Ulrich Carl Leopold, Generalmajor, geb. 1765, † 1833,224 Friedrich Carl Leopolds ältester Sohn, geboren 4. Februar 1765 zu Cottbus, war 1781 Junker im Dragoner-Regiment Nr. 11, 14. März 1784 Fähnrich, 6. Juli 1787 Lieutenant, 12. Januar 1793 Premier-Lieuteuaut und 16. Oktober ej. a. Stabs-Capitain. Im Mai 1794 erhielt er für Auszeichnung in der Schlacht bei Kaiserslautern den Orden pour le mérite. Am 16. September 1800 ward er wirklicher Capitain und 10. September 1804 Major. Zu Anfang des Jahres 1813 ging er zur Gendarmerie über und war im Februar genannten Jahres Kreisbrigadier bei der Gendarmerie in Ratibor. Im Juli ej. a. ward er von der Gendarmerie abcommandiert zum 8. Schlesischen Landwehr-Cavallerie-Regiment. Im Dezember ej. a. stand er wieder bei der Gendarmerie in Ratibor. Zu Anfang des Jahres 1815 war er Commandeur des 8. Schlesischen Landwehr-Cavallerie-Regiments, und am 3. Juni ej. a. Oberstlieutenant; am 8. Juni 1816 dem 1. Husaren-Regiment (1. Leib-Husaren-Regt. ) aggregiert, im Juni 1817 dem 6. Ulanen-Regiment aggregiert und 31. März 1818 Oberst. Am 3. April 1820 mit Wartegeld ausgeschieden, ward am 16. April 1827 als Generalmajor pensioniert (800 Rtlr. Pension und 200 Rtlr. Zuschuß). Seit 1827 wohnte er in Freistadt. Er war zweimal verwundet. — Außer dem Orden pour le mérite besaß er das eiserne Kreuz 2. Klasse, sowie den russischen Wladimir-Orden 3. Klasse. Mit seinem jüngern Bruder Friedrich (III. 618) gemeinsam besaß er die Güter Kahren und Koppatz Anteil seit 1772. Er starb 26. Oktober 1833 zu Deutsch-Kessel bei Grüneberg,225 68 Jahr 8 Monat alt. In seiner Ehe mit Marie Magdalene Dietz (andere Schreibweise Tietz), geboren 5. Juli 1768 zu Umstadt in Hessen, vermählt 25. Mai 1795 ebendaselbst, gestorben 22. Juni 1817 zu Hirschberg, Tochter des hessischen Hofrats und Amtmanns Peter Christian Dietz und der Catharine Elisabeth gebornen Luther, waren ihm drei Töchter geboren: 1) Wilhelmine, gestorben 13. Februar 1839 mit 42 Jahren,
224 Die Stammtafel tituliert ihn irrtümlich nur Oberst. In den Kriegs-M. -A. tragt er als sechsten Vornamen noch: Eugen. 225 Zu Freistadt, Schlesische Provinzialblaetter, Bd. 98, 1833, S. 479 (2017)
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2) Louise Wilhelmine C h a r l o t t e Sophie, * 5. August 1798, gestorben 26. Oktober 1862 in Grünberg,226 3) Sophie Henriette P h i l i p p i n e Christine, geb. 14. Dezember 1800 in Grünberg,227 gestorben 11. Januar 1852, vermählt mit dem königlichen Landrat Wilhelm von Bojanowski. III. 618. F r i e d r i c h Carl Gottlob, Major, geb. 1771, † 1847, Friedrich Carl Leopolds anderer Sohn, geboren 12. Februar 1771 zu Kahren, war 8. Mai 1788 Fähnrich im Dragoner-Regiment Nr. 11, 3. Dezember 1790 Lieutenant, 14. März 1799 Premier-Lieutenant und 12. Januar 1802 General-Adjutant. Am 30. Januar 1807 erhielt er den Orden pour le mérite für das Gefecht bei Waldenburg, nahe bei Schweidnitz. Am 10. Februar ej. a. war er Stabs-Rittmeister bei der inactiven Schlesischen Cavallerie, am 18. Februar 1809 Escadrons-Chef im neuen 2. Schlesischen Husaren-Regiment. Am 17. Oktober 1811 ward er als Major verabschiedet mit 300 Rtlr. Pension, lebte 1811 in Liebau und 1816 in Nieder-Mittel-Peilau in Schlesien, welches er käuflich erworben. Mit seinem älteren Bruder gemeinsam besaß er seit 1772 Kahren und Koppatz Anteil, im Kreise Cottbus. In seiner Ehe mit Nanette Klugmann, copuliert 13. September 1808 zu Lewin in der Grafschaft Glatz, blieb er unbeerbt. Er starb am 19. Oktober 1847 in Breslau.228 III. 619. Heinrich Ludwig, Friedrich Carl Leopolds dritter Sohn, starb jung; desgleichen starben die jüngsten Söhne, deren Namen wir nicht erfahren, in frühester Kindheit. Der Generalmajor Hans Reimar hatte vier Söhne: 1) Hans Joseph Reimar, 2) Carl Joachim Wilhelm, 3) Christian Wilhelm und 4) Christian Wilhelm Eugen Ludwig (III. 621—624). III. 621. Hans Joseph Reimar,229
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Staatsarchiv Darmstadt, Amtsgericht Darmstadt, F 1968/7, Testament 1862 und Nachlassvorgang 1862 mit mehreren Urkunden zu den Schwestern. (2007) 227 Schlesische Provinzialblaetter, Bd. 33, 1801, S. 199 (2017) 228 Neuer Nekrolog der Deutschen, 25. Jahrgang 1847 S. 962 (2008) 229 In den Kriegs-M. -A. ist er Johann Heinrich Reimar genannt. Zusatz 2012: Im Staatsarchiv Oppeln befindet sich in den Vorgängen des Amtsgerichts Neustadt ein Testamentsvorgang eines Premier-Lieutenants Johann Heinrich von Kleist aus den Jahren 1806-1808. sygnatura: 45/1525/0/9523.
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Rittmeister, Hans Reimars ältester Sohn, geboren 20. Juli 1771 in Schlesien, war 4. Februar 1789 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 9, 18. November 1793 Lieutenant, 4. Februar 1806 Premier-Lieutenant. Am 16. Mai 1808 bekam er seinen Abschied als Rittmeister mit Regiments-Uniform; starb 13. Januar 1834 in Grüttenberg bei Oels.230 Er war vermählt: a) mit Henriette von Osorowska231 und b) mit Albertine Henriette von Hautcharmoy, Besitzerin von Grüttenberg bei Oels in Schlesien.232 In der zweiten Ehe wurden ihm ein Sohn Hugo Wilhelm (III. 748) und drei Töchter geboren: 1) Alexandrine, geboren 22. November 1816, † 29. Oktober 1896 in Oels,233 vermählt 29. Mai 1832 mit Julius von Bentheim in Oels, Capitain im 10. Infanterie-Regiment (gestorben 8. Juni 1867). Ihr war das preußische Verdienstkreuz für Frauen und Jungfrauen verliehen worden.234 2) Ida, gestorben 1866, vermählt mit Major Gustav Ferdinand Adalbert von Sack in Kosel beim 62. Infanterie-Regiment, und 3) Henriette J e n n y , geboren 27. September 1824, gestorben Breslau 6. März 1866,235 vermählt zu Oels am 10. Juni 1845 mit Albert Eduard Ehrenfried von Eickstedt, Rittergutsbesitzer, früher auf Rudoltowitz, später auf Kottwitz bei Glogau (geboren Silberkopf 29. September 1805, † Breslau 7. Februar 1900).236 III. 622. Carl Joachim Wilhelm, Lieutenant, Hans Reimars anderer Sohn, geboren 1777 in Schlesien, war 25. Juni 1794 Cornet im Husaren-Regiment Nr. 4 und 28. August 1796 Lieutenant. Er fiel am 17. Oktober 1806 im Arriere-Gefecht bei Nordhausen an der Zorge, unvermählt. III. 623. Christian Wilhelm, geb. 1781, † 1795, Hans Reimars dritter Sohn, starb am 29. August 1795 zu Oels, 14 Jahr 4 Monat alt, an einer in ein Faulfieber übergegangenen Dissenterie (Ruhr).237
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Neuer Nekrolog der Deutschen 1834 S. 1194 “auf Grüttenberg und Schmelzdorf” (2008) Die Eheschließungen in den Schlesischen Provinzialblättern, ein Register für die Jahre 1785-1849, Uwe Kambach 1994, enthält eine Eheschließung v. Nickisch-Rosenegk, Landrath a. D., mit Osorowska, v., verw. Kleist, v., am 05.09.1842 in Breslau. Die Eintragung ist auf der Basis des vorliegenden Texts nicht erklärbar. (2010) 232 Die zu Oels verstorbene Frau Rittmeister Albertine v. Kleist hat der Kirche zu Allerheiligen, Kreis Oels, 50 Rthlr. für die Pflege der Grabstätte der Familie v. Kleist letztwillig vermacht. Amts-Blatt der Regierung in Breslau 1865, S. 124. (2010) 233 Personalbestand der Familie 1899 234 Ordensjournal Mai 2007 (2008) 235 Jahrbuch des Deutschen Adels, hrg. Deutsche Adelsgenossenschaft, Band 1, Berlin 1896, S. 566 (2010) 236 Gothaisches genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, Gotha 1902, S. 266 (2011) 237 Schlesische Provinzialblätter, Band 32, Breslau 1795, S. 300 (2009) 231
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III. 624. Christian Wilhelm Eugen Ludwig, Lieutenant, Hans Reimars jüngster Sohn, geboren am 15. Mai 1788 in Oels,238 war 1. März 1803 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 32 und 8. Juni 1805 Lieutenant im 3. Musketier-Bataillon. Am 7. Januar 1807 war er inactiv. Am 15. April 1809 erhielt er den Abschied und Erlaubnis, in fremde Dienste zu gehen und wurde hierauf Lieutenant im Husaren-Regiment bei dem Freicorps des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels. Ein Detachement unter Rittmeister von Wiese, bei welchem Lieutenant von Kleist sich befand, wurde in der Nähe von Zittau vom sächsischen Oberst von Thielmann am 30. Mai 1809 überfallen und von Kleist hierbei schwer verwundet. In den Gasthof zur Sonne in Zittau getragen, starb er am 15. Juni ej. a. an seinen Wunden.239 Er ruht auf dem Friedhofe unserer lieben Frauen in Zittau. Es ist eine Beschreibung seines feierlichen Begräbnisses vorhanden, welche hier beigegeben wird: Umständliche Nachricht von der feierlichen Beerdigung des auf dem Kampfplatze des Ruhmes verwundeten und an diesen traurigen Folgen verstorbenen Herzogl. Braunschweig'schen Husaren-Lieutenants, Herrn Ludwig von Kleist, vollzogen zu Zittau, am 18. Juni 1809. Daselbst gedruckt und zu bekommen in der Müllerschen Buchhandlung. Der hochwohlgeborene Herr Ludwig von Kleist, angestellt gewesener Lieutenant des seit dem 21. Mai d. J. abwechselnd allhier zu Zittau gestandenen Herzogt. Braunschweig'schen Husarenkorps und jüngster Sohn des vor einigen Jahren verstorbenen Königl. Preuß. General-Majors der Kavallerie, Herrn von Kleist, erhielt bei der am 30. desselben Monats, Nachmittags, so unerwartet erfolgten Einrückung des Königl. Sächs., unter Anführung des Herrn Obersten Thielmanns stehenden Korps, zu genanntem Zittau in der Spurgasse, aber nicht, wie die Meisten seither geglaubt hatten, bey der Nachts darauf innerhalb der Ringmauer erfolgten Aktion, eine so absolut tödtliche Schußwunde am Unterleibe, an deren Folgen er, aller ärztlichen und wundärztlichen Bemühungen, ja allersorgfältigsten Pflege und Wartung ungeachtet am 15. Juny, Morgens gegen 5 Uhr, im 21. Lebensjahre seinen Lauf vollendete. Dessen entseelter Leichnam aber wurde am 18., als Sonntags darauf, unter folgenden, sehr feierlichst veranstalteten Zeremonien auf allhiesigem Kirchhof zur lieben Frau dem kühlen Schoos der Erde anvertraut. Tages vorher, als 17. Junius, ward der verblichene Körper im allhiesigen Gasthof zur goldenen Sonne von Nachmittags 2 bis Abends gegen 10 Uhr, in gewöhnlicher Uniform und mit Symbolen des Heldenthums geschmückt, unter Obrigkeitl. zugeordneter Stadtwache öffentlich ausgestellt. Morgens gegen 5 Uhr eingangsgedachten Tages versammelte sich ein Teil des allhiesigen löbl. Bürger-Bataillons mit Hoboisten und Tambours in seiner aus Grün und Baille bestehenden Uniform im erwähnten Gasthof. Unmittelbar nach Glockenschlag 6 Uhr begann der Leichenzug in folgender, sehr sehenswürdigen Ordnung: Erstens die Hoboisten und Tambours, wobei von erstern das bekannte Gellert'sche Lied: „Meine Lebenszeit verstreicht et c." mit gedämpften Instrumenten geblasen und von letzteren zwischen jeder Strophe desselben das gedämpfte Spiel gerührt wurde. Zweitens, der äußerst geschmackvoll gefertigte, die irdischen Überreste des Verewigten umfassende, mit einem schwarzen Tuch bedeckte und mit militairischen Ehren-Zeichen geschmückte Sarg, welcher von zwölf Unteroffiziers vorgedachten Bürger-Bataillons, denen ebensoviel Gemeine desselben zur 238
Schlesische Provinzialblaetter, Bd. 7, 1788, S. 484 (2017) Aus dem Tagebuche des Generals Fr. L. von Wachholtz, C. Fr. von Vechelde, Braunschweig 1843, S. 217, 221, 251. (2018) 239
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Unterstützung nebenher gingen, getragen und dabey öfters geruhet wurde. Drittens, unmittelbar der Leiche folgten drei bei eben vorerwähntem Überfall blessiert gewordene Militairpersonen, wovon der eine ein Herzogl. Braunschweigscher Karabinier war, die beiden letzteren aber zu den Königl. Sächs. Infanterie-Regimentern des Herrn Generallientenants v. Dyhern und Herrn Generalmajors v. Oebschelwitz gehörten, und noch den chirurg'schen Verband tragen mußten; jeder derselben aber von einem Herrn Oberoffizier, mehrerwähnten Bürger-Bataillons geführt wurde. Viertens, die resp. Herrn Mitglieder der zu allhiesiger Militairverpflegung geordneten und aus Rat und Bürgerschaft bestehenden Deputation; nebst den zur Revision der polizeilichen Bürgerwacht angestellten Herrn Stadt-Offiziers, sämmtlich in schwarzer Trauerkleidung. Fünftens, die übrigen Herrn Unteroffiziers des löbl. Bürger-Bataillons, welche in vorbeschriebener Uniform diesen so feierlich veranstalteten Leichenzug beschlossen. Nach erfolgter Ankunft auf dem Kirchhofe, ward die Leiche in die Kirche getragen, niedergelassen und hierauf von den Hoboisten eine Strophe einer Trauer-Ode in vorbesagten Manier geblasen. Nach einem, von sämmtlichen Anwesenden feierlichst still verrichteten Gebet, folgte der Zug in vorerwähnter Ordnung zur offenen Grabesstätte, woselbst der Sarg nochmals geöffnet und während dieser letzten Ausstellung des Leichnams das Klopstock'sche Lied: „Selig sind des Himmels Erben etc. " auf vorbemeldete Weise geblasen wurde.240 Nach der, unter vielen Thränen und fast allgemeiner Teilnahme der sichtbarsten Rührung, erfolgten Einsenkung des Sarges in's bestimmte Grab, ging der Zug wieder in derselben Ordnung nach vorerwähnten Gasthof zur goldenen Sonne zurück; wodurch also dieser so feierliche und in jedem Betracht sehenswürdige Leichenkonduct beschlossen wurde. Hierbei muß aber auch nicht unbemerkt gelassen werden, daß bei einer so überaus großen Menge von Zuschauern auch nicht die mindeste Unordnung entstanden, der so höchst erinnerungsvoll emporragende Hügel des Grabes sogleich mit balsamisch duftenden, Wohlgeruch verbreitenden und zugleich allegorische Sinndeutung beabsichtigten Blumen, aus dem Reich der jetzt in so herrlicher Vollkraft prangenden Natur, durchgehends besteckt und geschmückt worden ist. Hierdurch hat also das werthe Zittau einen so rühmlichen Beweis der Achtung und Menschenliebe, welche man selbst auch dem, in seinem Beruf gefallenen Gegner zu bezeigen schuldig ist, öffentlich und gewiß auch nicht beifallslos an den Tag gelegt. Ehrwürdige Ruhe Seiner mit dem Mutterschoß der Erde nun innigst vereinten Asche; heilvolle Unsterblichkeit aber dem, den Leiden dieser Zeit so früh entschwungenen Geist in höheren Regionen des wahrhaft ewigen Friedens! Von Hans Reimars vier Söhnen hatte also nur der älteste einen männlichen Erben, nämlich: III. 748. Hugo Wilhelm,241 geb. 1818, † 1853. Er war Hans Joseph Reimars einziger Sohn, geboren 11. September 1818 in Grüttenberg in Schlesien, wurde im Cadettencorps erzogen und kam am 12. August 1835 aus demselben als Fähnrich zum 4.
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Laut Benachrichtigung des jetzigen Pastors prim d. d. Zittau, 10. November 1885, ist Lieutenant Ludwig von Kleist auf dem Frauentuchhofe daselbst „nach Art eines großen Flgurales", d. h unter Beteiligung des Gymnastalchores und sämmtlicher dortigen Geistlichen beerdigt worden. Während der ihm gewidmeten Leichenpredigt hat der Sarg vor dem Altare der Frauenkirche gestanden 241 In den Kriegs-M. A heißt er Hugo Heinrich Reimar und Frau von Bentheim behauptet auch, er habe so geheißen.
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Kürassier-Regiment. Am 13. September 1837 bekam er das Patent als Lieutenant. Am 17. Februar 1852 wurde er als Premier-Lieutenant mit 120 Rtlr. Pension verabschiedet. Er hatte 1849 den Feldzug in Baden mitgemacht. In Folge von Überanstrengung auf dem Marsche von Schlesien nach Baden 1849 und nach Hessen 1850 wurde er gehirnkrank. Er starb am 10. April 1853 in Schweidnitz bei Breslau, unverheiratet. Mit ihm erlosch ein frisch aufgewachsener Schößling am Stavenower Seitenzweige. Wir geben die Stammtafel von:
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Der von Bernd Christian (III. 383) abstammende
(Alt-) Schmenziner Seitenzweig blüht zum größern Teile noch heute; nur ein Nebenschößling ist abgestorben. Bernd Christian hatte drei Söhne: 1) Joachim Friedrich, 2) Alexander Georg Wilhelm und 3) Franz Heinrich (III. 499—501). III. 499. Joachim Friedrich, Major, geb. 9. Oktober 1728242, † 1788,243 Bernd Christians ältester Sohn, studierte zu Frankfurt a. O., erwählte aber darnach die Militair-Carriere. Im Jahre 1748 trat er in das Infanterie-Regiment (Alt-Schwerin) Nr. 24 ein,244 war 23. Mai 1751 Fähnrich und 1. Juli 1756 Lieutenant. In der Schlacht bei Kunersdorf (12. August 1759) wurde er verwundet. Am 13. September ej. a. avancierte er zum Premier-Lieutenant und 1. Januar 1762 zum Stabs-Capitain, ward 12. Juni 1770 Compagnie Chef und 3. April 1780 Major. Er erwarb im Herbst 1781 das Gut Guhrow bei Cottbus aus einer Subhastation245 und starb 18. Juni 1788 an der Wassersucht.246 Nach seinem privatschriftlichen Testament vom 30. August 1779 hatte er seine 2. Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt mit der Auflage der Substanzerhaltung zu Gunsten der nach ihrem Tod erbenden Kinder. Nach seinem Tod stellte sich aber heraus, daß das Testament den geltenden Formanforderungen nicht genügte. Dies stellte das Obervormundschaftskollegium am 11. Mai 1789 fest. Ein Immediatgesuch der Witwe an den König vom 4. Juli 1789 blieb erfolglos. Sie schloss darauf hin mit dem Kurator der minderjährigen Kinder, Justizkommissar Dames, vor dem Stadtgericht in Frankfurt a. O. einen Vergleich, der vom Obervormundschaftkollegium am 17. Juli 1790 genehmigt wurde. Der Vergleich führte zur Verteilung des Vermögens auf die Kinder, beließ der Witwe aber die Einkünfte, um daraus die Kinder unterhalten zu
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Aus dem Kirchenbuch der Kirche in Schwellin, zu der Schmenzin damals gehörte, ergibt sich, dass Joachim Friedrich am 13. Oktober getauft wurde. Seine Paten waren ein NN von Kleist, Lorentz Kleist und eine Patin, deren Name unlerserlich ist. Auskunft des Pfarrers vom 13. November 1913 an Paul Hoffmann beim Artikel der 1. Auflage des Exemplars des Kleist-Museums Frankfurt (Oder). Lorentz wird einer der Brüder des Vaters gewesen sein. (2018) 243 In einer Schmenziner Familienbibel ist der 9. Oktober als sein Geburtstag angegeben, die Stammtafel hat den 13. Oktober und die Kriegs-M. -A den 30. Oktober. 244 Am 24. August 1749 wurde er als Frei-Corporal im Alt-Schwerin'schen Regiment, militiae causa abwesend, belehnt (684) 245 Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam - Signatur 37 Briesen, Kr. Cottbus 95. Seine Kinder verkauften das Allodial Ritterguth Guhrow am 5. August 1797 an Hauptmann Ludwig Carl Wilhelm v. Wackerbart auf Briesen und dessen Frau. Die Zahlung des Kaufpreises zog sich über mehrere Jahre hin. Signatur 37 Briesen, Kr. Cottbus 101 (2015). 246 Ein Portrait des Vaters Heinrich von Kleists, Georg Minde-Pouet, Zeitschrift für Bücherfreunde, 1906/1907 S. 70. (Bezieht sich auf das abgedruckte Bild) Auswertung von Kirchenbüchern zu den Geburts-, Heirats- und Sterbedaten, Leserbrief von Schwarze, Prorektor, Frankfurt a. O., Die Gegenwart, Band 10 (1876), S. 287 (2011)
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können.
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Ein Gesuch an den König, ihr eine Pension zu bewilligen, war zuvor abgelehnt worden.
a) Seine erste Gemahlin, † 3. Mai 1774 in Folge der Geburt der Tochter Ulrike mit 19 Jahren, Eheschließung Lossow 29. September 1769, Caroline Luise von Wulffen hatte ihm zwei Töchter geschenkt: 1) Berhardine Friederike Caroline W i l h e l m i n e , geboren 7. Mai 1772, starb 30. Januar 1817, von ihrem Bruder Heinrich in Briefen Minette genannt, vermählt 1791 mit Ernst von Löschbrand auf Piestow bei Fürstenwalde, geschieden 1800, zog danach auf das Pannwitzsche Gut nach Gulben bei Cottbus,248 und 2) Philippine U l r i k e Amalie, sehr entschlossen, wollte Napoleon ermorden; sie blieb unvermählt, geboren 26. April 1774, gestorben 1. Februar 1849. Sie war die Lieblingsschwester ihres Halbbruders Heinrich. Sie hat die Briefe ihres Bruders an sie gesammelt. Nach ihrem Tod wurden sie veröffentlicht.249 b) In der zweiten Ehe mit Juliane Ulrike von Pannewitz, geboren 22. März 1746, gestorben 3. Februar 1793 in Frankfurt a. O., Eheschließung Müschen Januar 1775, wurden ihm zwei Söhne: 1) Bernd H e i n r i c h Wilhelm250 und 2) Leopold Friedrich (III. 625 und 626) und drei Töchter geboren: 3) F r i e d e r i k e Juliane Christiane, geb. Frankfurt a. O. 17. Dezember 1775, † 7. November 1811, vermählt Frankfurt a. O. 24. März 1794 mit Philipp von Stojenthin auf Schorin und Darsow bei Stolp, geb. Schorin 16. August 1772, + Stolp 28. Januar 1844.251 4) Maximiliane A u g u s t a Catharina, geboren Frankfurt a. O. 4. November 1776, † Gulben 29. Januar 1818, vermählt Frankfurt a. O. 14. Januar 1802 mit Lieutenant Wilhelm von Pannwitz im Regiment Zenge, geb. Babow 9. Februar 1772, † Gulben 30. März 1849, und 5) Juliane, geb. 25. September 1784, vermählt Gr. Boschpol 17. September 1809 mit Gustav von Weyher (Weiherr) auf Bozepol, geb. Lischnitz 5. April 1783, † Lauenburg 1851. III. 500. Alexander Georg Wilhelm, Major, geb. 1731, † 1809, Bernd Christians anderer Sohn, geboren 9. Juli 1731, wurde unterm 26. August 1749 als Fahnenjunker abwesend belehnt (684). Er war am 1. September 1752 Fähnrich im Dragoner-Regiment Nr. 3 und 31. Oktober 1756 Lieutenant. 247
Eugen Wohlhaupter, Dichterjuristen, 1953, S. 469, auf der Grundlage von Hoffmann, Ein Brief der Mutter H. von Kleists, JbKG 7, S. 112 ff. (2011) 248 Kleist, Gerhard Schulz, S. 101 (2016) 249 Heinrich von Kleist, Briefe an seine Schwester Ulrike, Sigismund Rahmer, 2. Auflage, Berlin 1908 (2011) 250 Sein Taufzeugnis lautet: „Auf Grund des Garnison-Kirchenbuches zu Frankfurt a. O. wird hierdurch amtlich bescheinigt, daß dem Herrn Joachim Friedrich von Kleist, Capitain des hochfürstlich Leopold von Braunschweig'schen Regiments hierselbst, von seiner Ehegattin Juliane Ulrique geb. v. Pannwitz am achtzehnten — 18 — Oktober Eintausend siebenhundert siebenundsiebenzig — 1777 —, Nachts 1 Uhr, ein Sohn geboren ist, welcher in der heil. Taufe am 27. Oktober ej. a. die Namen Bernd Heinrich Wilhelm erhalten hat. Taufpaten waren: 1) Herr Obrist von Forcade, 2) Herr Major von Kleist, 3) Herr Major von Bonin, 4) Cap. von Manteuffel, 5) die Frau Obrist von Egloffstein, geb von Bort, 6) die Frau Major von Burgsdorff, 7) die Frau Hauptmann von Kamke, 8) die Gr. von Schmettau und 9) Frl. von Bork" 251 Die Nachkommen der Geschwister Heinrich von Kleist, Ernst von Schönfeldt, Jahrbuch der Kleist-Gesellschaft 1923/4 S. 149 ff. (2011) Ausgewählte Ahnentafeln der EDDA, Gotha 1925, S. 49 (2014)
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Als solcher machte er den siebenjährigen Krieg mit. Am 29. Januar 1766 erhielt er das Patent als Stabs-Capitain. Unterm 15. Juni 1776 wurde er dimittiert mit 100 Rtlr. Pension wegen schlechten Gesichts und Brustschadens. Am 15. Januar 1789 empfing er den Charakter als Major. Im Jahre 1788 wohnte er in Königsberg. Er starb daselbst am 28. April 1809, 78 Jahre alt. Mit seiner Gemahlin Henriette Gottliebe Freiin von Schrötter aus dem Hause Wohnsdorff (starb 1792) war er unbeerbt geblieben. Sie war eine wohlhabende und wohlthätige Dame, welche sich in liebevoller Weise ihrer Verwandten annahm. Nach der Pensionirung ihres Gemahls (1776) kaufte sie das Gut Voigtsdorf, Kreis Königsberg i. d. Neumark, von dem Landrat von Pfuhl auf Schulzendorf, verkaufte es jedoch bereits nach drei Jahren wieder an Ernst Bogislav von Wobeser. Dafür kaufte sie mit Zustimmung ihres Mannes von den drei Schwestern von Birkhahn das Gut Walkaschken, desgleichen die im Hauptamt Pr. Eylau belegenen Gerlaucken'schen Güter. Unterm 2. Januar und 7. Juni 1790 aber verkauften Beide ihr adeliges Gut Gerlaucken mit dem Bauerndorf Schlautienen, die dazu gehörige Mühle, das Vorwerk Borkehnen und das Gütchen Waldburg (wie es bis dahin verpachtet gewesen) an die Gemahlin des Lieutenants Johann von Brünnow: Sophia Catharina Wilhelmine geb. von Oldenburg für 36000 Rtlr. Pr. Courant und 100 Rtlr. Schlüsselgeld.252 Am 27. März 1792 machte Frau Major von Kl. ihr Testament und in demselben eine Familienstiftung für unvermögende Fräulein und Witwen des Geschlechts von Kleist aus den Häusern Schmenzin und Zarnekow und des Geschlechts der Freiherren von Schrötter aus den Häusern Wohnsdorf, Wesselshöfen und Maulen, worüber die Urkunden 698 und 703 des Nähern zu vergleichen. Zu dieser Stiftung bestimmte sie ein Capital von 13333 Rtlr. 30 Gr. — Noch in demselben Jahre starb sie. III. 501. Franz Heinrich auf Schmenzin, Hauptmann, geb. 1734, † 1814, Bernd Christians jüngster Sohn, geboren 1. August 1734 in Schmenzin, war 30. August 1757 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 42, 7. März 1759 Lieutenant und 23. Juli 1763 Premier-Lieutenant. Am 2. April 1764 nahm er als Hauptmann seinen Abschied. Laut Erbvergleich vom 13. Dezember 1763 hatte er sich mit seinen Geschwistern so auseinandergesetzt, daß er das ganze Gut Schmenzin, dessen Wert auf 17 275 Rtlr. angenommen war, erhielt und seine Geschwister mit baarem Gelde entschädigte.253 Zum Gute Schmenzin aber waren folgende Buschgüter und Vorwerke gehörig: 1) Friedrichshoff, 2) Lindenhoff, 3) Hammelschäferei, 4) Klein-Lindenhoff, 5) Klein-Freyenstein, 6) Groß-Freyenstein, 7) Krepelhof, 8) Kaltberg, 9) Vierhof, 10) Adrianshof, 11) Berghofs, 12) Eickhoff, 13) Buckhoff, 14) Rohrhoff, 15) Holzhoff, 16) Ranchhoff, 17) Dranghoff, 18) Sauerhoff, 19) Lubbenhoff und 20) Kraushoff. Der größte Teil dieser Güter ist altes Kleist'sches Lehn, ein kleinerer Teil aber Versen'sches Lehn. Durch Verheiratung erhielt er dazu: Kussow a, Storckow b, Wruckhütten und Zechendorf a u. b.
252
Nach dem Attest vom 30. November 1766 bestanden die Güter zusammen aus 48 Hufen Land und Wiesen mit 6 Hufen Wald. Verkauf wurde 12. Februar 1790 von der ostpreußischen Regierung confirmiert. 253 Bereits am 25. Oktober 1749 hatte er Muthzettel erhalten und war als Freicorporal unterm 4. Juli 1753 belehnt worden (684).
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Im Jahre 1809 wurde er als nächster Agnat zum Curator der von seiner Schwägerin ins Leben gerufenen von Kleist'schen Familienstiftung bestellt. „Am 27. Oktober 1814 starb zu Belgard der Herr Hauptmann Franz Heinrich von Kleist, Erb-und Gerichtsherr auf Schmenzin, den Schmenzin'schen Buschgütern, Kussow, Zechendorf, Wruckhütten u. a. m., Kirchenpatron zu Schmenzin, im Alter von 80 Jahr 3 Monat, und wurde in dem neuen Gewölbe auf dem Kirchhofe zu Schmenzin beigesetzt.254 Er war dreimal verheiratet gewesen: a) mit Sophia Luise von Glasenapp, Tochter des Paul Wedig auf Gramenz und Balfanz, copuliert 2. Juli 1765, gestorben 17. September 1781. Nach dem Auseinandersetzungs-Vergleich mit ihren Brüdern und zwei Schwestern vom 17. Februar 1777 waren ihr die Güter Kussow a, Storckow b, Wruckhütten und Zechendorf a und b zugefallen.255 Aus dieser Ehe entstammen zwei Söhne: 1) Paul Bernd August, getauft 2. Februar 1766 und 2) Georg Joachim Wilhelm, geb. 20. u. getauft 24. Juli 1767 (III. 627 u. 628), desgleichen fünf Töchter: 1) Barbara Hedwig Magdalene, geboren 18. Juni 1769, gestorben 9. Mai 1791 zu Manow, an der Auszehrung. 2) Catharina Amalia Friederike, geboren 14. März 1771, gestorben 22. Juni 1800, vermählt mit Kriegsrat Petermann auf Kl. Wittfelde bei Neustettin. 3) Charlotte Henriette Sophie, geboren 21. Dezember 1772, starb 31. Januar 1800, an der Auszehrung, in Schmenzin und im dortigen Gewölbe beigesetzt. 4) Auguste Ulrike Philippine, geboren zu Schmenzin 22. März 1775, † zu Neustettin 2. Dezember 1855, heiratete zunächst einen Baron von Roberts auf Dubbertech, ließ sich jedoch von ihm scheiden und vermählte sich am 11. Oktober 1812 mit dem Capitain Leopold August Eduard von Reckow auf Camnitz, Kreis Rummelsburg; und 5) Juliane Antoinette Johanne, geboren 22. Februar 1778, welche unvermählt geblieben. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau richtete deren Vater am 28. Oktober 1783 eine Eingabe an den König, den seiner Tochter übertragenen Anteil dem Gut Kussow an ihn zurückzuübertragen, da er nur so die in seinem Besitz befindlichen Anteile verwerten könne. Sein Schwiegersohn sei ein harter Mann, mit dem in Güte nichts zu machen sei. Die Eingabe scheint erfolglos geblieben zu sein.256 b) Am 21. Februar 1783 ging Hauptmann von Kl. eine neue Ehe ein: mit Modesta Wilhelmine von Kameke aus Misdow, Kreis Schlawe, Tochter des Hofrats zu Pritzig. Die kirchliche Trauung fand in Varchmin statt. Sie starb am 3. September 1783. c) Die dritte Ehe schloß er mit Friederika Luisa von Blankenburg, Tochter des verstorbenen Landrats auf Schlenzig, Kreis Schievelbein, geboren 1755, starb als Witwe am 4. Dezember 1822 zu Belgard, am Stickfluß, im 77. Lebensjahre. Sie hatte ihrem Gemahl eine Tochter Luise Christiane Henriette geschenkt, welche am 14. Oktober 1786 geboren, bereits am 10. März 1791 starb und im Schmenziner Gewölbe beigesetzt wurde. Von Bernd Christians drei Söhnen waren also der älteste und der jüngste beerbt. Der Seitenzweig des jüngsten Sohnes erlosch bereits im zweiten Gliede. Bringen wir ihn zunächst.
254
Kirchenbuch von Schmenzin. Laut Ehestiftung vom 21. August 1765 waren für sie 2928 Rtlr. 7 Sgr. 6 Pf. auf Schmenzin eingetragen. 256 Vollständige Genealogie des alt-hinterpommerschen Geschlechts der Erb-, Burg- und Schlossgesessenen von Glasenapp, II. Teil, E. v. Glasenapp, Berlin 1897, S. 345 (2009) 255
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III. 627. Paul Bernd August, geb. 1766, † 1804,257 Franz Heinrichs älterer Sohn, widmete sich der Landwirthschaft. Er erbte von seiner Mutter Kussow a. Zechendorf a und b, sowie Wruckhütten. In Kussow wohnte er an fünf Jahre. In seinen letzten Lebensjahren war er viel krank. Er starb am 3. September 1804 im Alter von 37 Jahr 7 Monat 6 Tagen, an der Schwind- und Wassersucht, in Schmenzin im Hause seines Vaters, unverheiratet.
257
Die Stammtafel gibt irrtümlich 1760 als sein Geburtsjahr an. Laut Kirchenbuch Schmenzin ist er 28. Januar 1766 geboren und 2. Februar ej. a. getauft.
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III. 628. Georg Joachim Wilhelm auf Schmenzin, Hauptmann, geb. 1767, † 1849, Franz Heinrichs jüngerer Sohn, geboren 20. Juli 1767 in Schmenzin, war am 27. April 1785 Fähnrich im Dragoner-Regiment Nr. 12, 8. Oktober 1787 Lieutenant, 4. Januar 1795 (Dezember 1794) Premier-Lieutenant, 30. November 1801 Stabs Capitain (Patent vom 25. Februar 1799) und 17. März 1804 Capitain. — Im Unglücksjahre 1806 wurde er von den Franzosen gefangen genommen und zerfiel deshalb mit seinem Vater, welcher ihn nicht zu Hause aufnehmen wollte; er hielt sich in Folge dessen bei seinen Verwandten in Zarnikow auf. Am 20. Juni 1808 wurde er mit Armee-Uniform verabschiedet und durfte sich hinfort in Schmenzin aufhalten. Im Jahre 1810 wurde durch Blitzschlag fast das ganze Dorf Schmenzin eingeäschert, wobei alle Urkunden in dem alten herrschaftlichen Wohnhause verbrannten. Der Hauptmann von Kl. erhielt den Besitz Schmenzins durch Erb- und Lehnsfolge, nach dem Tode seines Vaters, Inhalts des am 26. April 1815 geschlossenen und am 8. Juni ej. a. gerichtlich confirmierten Erbrezesses, gegen die seinen Schwestern Auguste Ulrike Philippine verehel. Hauptmann von Reckow und Juliane Antoinette Johanna von Kl. bestimmte Lehnsabfindung von zusammen 14000 Rtlr. und gegen Übernahme verschiedener kleiner Nachlaßschulden. Er wirthschaftete sehr sparsam und lebte höchst einfach, verlieh Gelder gegen billige Zinsen und war gegen Unbemittelte freigebig und wohlthätig. Am 15. August 1824 heiratete er Charlotte Lisette Krause aus Cöslin, Besitzerin des Gutes Geitberg, welche ihm bereits mehrere Jahre zuvor sein Hauswesen geführt hatte. Die Tochter A u g u s t e Ulrike Luise Johanne (geboren in Polzin den 2. Oktober 1813, † 9. August 1887 zu Neu-Buckow)258 wurde von ihm adoptiert.259 Sie vermählte sich am Erntedankfeste, den 3. Oktober 1830 in Schmenzin mit Otto Casimir Friedrich Carl Wilhelm von Zastrow-Wusterhanse, geboren 26. September 1800, Witwe seit 19. November 1882. Ihr Vater hatte sie in seinem Testament d. d. Schmenzin 14. Mai 1846 zur Universalerbin eingesetzt. Nach ihres Vaters Tode fiel das Lehnsgut Schmenzin an den Premier-Lieutenant, späteren Major Theodor Leopold Friedrich von Kl. (III. 751), welchem sie unterm 13. März 1853 den Versen'schen Anteil des Gutes Schmenzin für 300 Rtlr. verkaufte. Am 9. März 1855 cedierte sie ihrem Gemahl ihr Vermögen von 48000 Rtlr., welche auf Schmenzin, Gr. Popplow, Gr. und Kl. Dubberow eingetragen waren. Mit Zuhülfenahme dieses Geldes kaufte derselbe die Rittergüter Naseband, Villnow und Crämerwinkel. Mit dem unbeerbten Tode der beiden Söhne Franz Heinrichs ist dieser Teil des Schmenziner Seitenzweiges erloschen, während er in den Nachkommen von Bernd Christians ältestem Sohne Joachim Friedrich kräftig weiter sproßt. Joachim Friedrich hatte zwei Söhne: 1) Bernd Heinrich Wilhelm und 2) Leopold Friedrich (III. 625 und 626).
258
Jahrbuch des Deutschen Adels, hrg. Deutsche Adelsgenossenschaft, Berlin 1896, S. 959
259
Die Adoption ist von dem Königl. Ober Landesgericht zu Cöslin den 10. Februar 1820
(2010) confirmiert.
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III. 625. Bernd Heinrich Wilhelm, Dichter, geb. 1776, † 1811. Seine Biographie hat Felix Bamberg in der Allgemeinen Deutschen Biographie in München veröffentlicht. — An einer neuen Herausgabe der Werke Heinrichs von Kleist arbeitet Dr. Karl Siegen in Leipzig, ein warmer Verehrer des unglücklichen Dichters. — Es wird daher von einer ausführlichen Schilderung seines Lebens hier Abstand genommen. Eine verdiente Anerkennung seiner vorzüglichen Leistungen wird Heinrich von Kl. in Barthel: „Die deutsche Nationallitteratur der Neuzeit. 2. Lieferung S. 99—112" gezollt. „Bernd Heinrich Wilhelm ist nicht, wie allgemein angenommen, den 10. Oktober 1776, sondern nach Ausweis des Garnisonkirchenbuches in Frankfurt a. /O. am 18. Oktober 1777 geboren. Sein Vater Joachim Friedrich, Capitain, später Major, im Infanterie-Regiment Herzog Leopold von Braunschweig Nr. 24, hatte ihn in seiner zweiten Ehe mit Juliane Ulrike von Pannewitz als drittes von fünf aus dieser Ehe entsprossenen Kindern gezeugt. Seinen ersten Unterricht erhielt er im Vaterhause. Nach dem Tode seines Vaters, 1788, kam er nach Berlin zum Prediger Catel in Pension. Er trat 1792 in das Regiment Garde Nr. 15, wurde 1795 Fähnrich und 1796 Seconde-Lieutenant. Schon 1798 nahm er seinen Abschied und begab sich nach Frankfurt, um sich den Studien zu widmen. Ein unwiderstehlicher Drang nach Wissen und innerer Bildung, nach freiem geistigen Leben bemächtigte sich seiner. Schon in Potsdam hatte er sich dem Studium der alten Sprachen und besonders der Philosophie gewidmet. Von Natur reich begabt, gab er sich mit großem Eifer dieser Thätigkeit hin und schrieb unter anderm eine nicht erhaltene Abhandlung über die Kant'sche Philosophie. Nach Verlauf eines Jahres wählte er die Diplomatie zu seinem künftigen Lebensberufe und ging deshalb nach Berlin. Vor seiner Abreise hatte er sich in Frankfurt mit Wilhelmine von Zenge verlobt, um so nöthiger war es, nun bald eine gesicherte Lebensstellung zu suchen. Seine innere Unruhe, ein rechtes Abbild der Not und Drangsal seiner Zeit, ließ ihn eine solche nicht finden. Was er auch angriff, zu welcher Tätigkeit er sich auch entschloß, immer nur zeigten sich Aussichten, die sich nickt erfüllten, Hoffnungen, welche mit Enttäuschungen endigten. So treibt es ihn ruhelos hierhin und dorthin in planlosem Wechsel. Von Berlin nach Würzburg und wieder zurück, nach Paris, nach der Schweiz, wo zuerst der Dichter in ihm erwacht, und wo er sich als Bebauer des Landes ansiedeln will, dann nach Thüringen, nach Leipzig. Abermals nach der Schweiz und abermals in höchster Verzweiflung nach Frankreich. Nun zurück nach Berlin und weiter nach Königsberg, wo er in der Königl. Domainen-Kammer arbeitet. Doch es duldet ihn nicht bei der ruhigen Arbeit um das tägliche Brot. Kaum begonnen gibt er sie wieder auf. Da führt ihn sein Geschick zum dritten Male nach dem so heiß gehaßten Frankreich, diesmal in Folge eines Mißverständnisses als Kriegsgefangener. Zurückgekehrt beginnt er in Dresden eine litterarisch journalistische Tätigkeit, bis er nach Österreich vertrieben die märkische Heimat wieder aufsucht. Endlich, nach zwölfjährigen, immer in Hoffnung begonnenen, immer mit gescheiterter Hoffnung beschlossenen Irrfahrten, findet das unruhvolle Herz, an dem eigenes Elend und die Schmach des Vaterlandes unablässig nagten, am Ufer des Wannsees, eine Meile von Potsdam, die erste und letzte Ruhe (am 21. Nov. 1811). Eine Freundin, Henriette Vogel, die an einer unheilbaren Krankheit zu leiden glaubte, hatte ihm das Versprechen abgenommen, ihr eine Bitte zu erfüllen: sie bat ihn, sie zu tödten, und er erschoß sie und sich. Sein Drang nach Gründlichkeit vermochte sein frühzeitiges Anlangen auf den Höhen menschlichen Strebens nicht zu verhindern, von denen herab das Gelehrtenthum ihm, zum Teil mit Unrecht und zu seinem Schaden, klein vorkam. „Diese Menschen", schrieb er, „sitzen sämmtlich, wie die Raupe auf einem Blatte, jeder glaubt, seines sei das Beste, und um den Baum bekümmern sie sich nicht. " Entscheidend auf sein Leben wirkten folgende Ereignisse ein: Brockes, für den, wie der herrliche, bereits die tiefste und zarteste psychologische Auffassung bekundende Brief an Wilhelmine aus Berlin vom 31. Januar 1801 in der Bülowschen Sammlung beweist, Kleist einen wahrhaft antiken Freundescultus hatte,
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trennte sich von ihm, um ein Amt in Mecklenburg anzunehmen, und mit ihm verlor er, wie er sich ausdrückte, den einzigen Menschen in der volkreichen Königstadt, der jede, auch die geheimste Falte seines Herzens kannte. Andererseits, und dies war ein weit unberechenbareres Unglück, hatte die Kant'sche Philosophie ihn zu einem der Verzweiflung nahen Sceptiker gemacht, so daß er in einem Briefe an Ulrike von Berlin den 5. Februar 1801 wehmüthig ausrief: „Selbst die Säule, an welcher ich mich sonst in dem Strudel des Lebens hielt, wankt. Ich meine die Liebe zu den Wissenschaften. " In diesem Leben einer, langsam von Anfang an, in ihm arbeitenden Verzweiflung bilden seine Werke die Marksteine des Weges, den er zurücklegte. Es sind die Erfahrungen seiner Laufbahn. Im „Prinzen von Homburg" inacht er die militairische Disciplin, das über allein Willen waltende, und selbst durch die größten Erfolge nicht zu leugnende Gesetz des unbedingten Gehorsams zum Fatum, dem eine edle Natur zum Opfer zu fallen droht. Grausam kalt weiß er es, wie das antike Schicksal, dessen Folgen die Götter nicht abzuwenden vermögen, hinzustellen. Ihm gegenüber läßt er dennoch durch das natürliche Gefühl eines menschlichen Herzens, das siegreich durchbricht, Versöhnung eintreten. Das Stück ist das Resultat seines Dienstes in der Armee. Im „Käthchen von Heilbronn" rächt er sich gleichsam am Wankelmute eines Mädchens, das ihn verläßt (freilich zugleich, das er selbst von sich losmachte), indem er zeigt, was er unter Liebe versteht: eine völlig bedingungslose, alles überwindende, kindliche Anhänglichkeit. In seinen Novellen entwickelt er eine Reihe seltsamer Verhältnisse, immer naturtreu treten da Personen auf, die wir, ohne ihre Schuld, in zwingende Verwickelungen hineingerissen sehen, von denen sie schicksalsartig umsponnen werden. So auch im Drama „die Schroffensteiner", wo alte Familienfeindschaft das freie Handeln aufhebt, und in der zauberhaft großartigen „Penthesilea". Tragische Befangenheit edler Geister stößt hier titanenhaft in den verschiedenen Charakteren wider einander. Hier zeigt er seine höchste Kraft und Fülle. Das leidenschaftliche Hineinträumen in die fremde Welt, die er zu seinem Troste aufsuchen mußte, hat ihn in Gefllde geleitet, die kein anderer vor ihm und nach ihm betreten. Wie Calderon getan, schuf er sich ein modern antikes Alterthum, in dem er ganz zu Hause ist. Hier zeigt er, was er hätte dichten können, wenn ihm ein Leben vergönnt gewesen wäre, wie Göthe oder Schiller, oder gar der christliche Glaube. Denn was selbst Schiller in Kämpfen gegen widerstrebende Verhältnisse durchzumachen hatte, wie leicht und natürlich erscheint es gegenüber dem trüben, ausgangslosen Ringen Kleists. Bei Schiller war eine Entwickelung zur Freiheit möglich und sie ward gefunden, bei Kleist unmöglich vom Beginne an. Nicht allein, weil Kleist ein Preuße ist, haben seine Schriften erhöhten Anspruch auf Teilnahme gerade bei uns, sondern deshalb, weil er im Norden geboren, das norddeutsche, oder noch deutlicher zu sagen, das preußische Element in der Litteratur vertritt. Nur Achim von Arnim wäre hier noch neben ihm zu nennen. Unsere meisten Dichter kamen aus südlicheren Teilen des Vaterlandes und brachten ihre eigenthümliche Art in Styl und Auffassung mit sich. Selbst Arnim legte viel von seinem angebornen Wesen ab, weil er in Süddeutschland seine Bildung erlangte. Kleists Sprache hat das Scharfe, ironisch Gehaltvolle, das heute noch die beste Seite der Berliner Bildung ist. Lessing erwarb das erst bei uns, Kleist besaß es von Natur. Seine Sätze, auch wenn er die kunstvollsten Perioden zu bauen versteht, brechen eben so gern kurz ab, seine Gedanken bedürfen weniger Worte, er zeichnet mit entschiedenen Umrissen und malt mit trüben. aber genau wahrhaftigen Farben. Mit ruheloser Peinlichkeit feilt er an seinen Schriften: immer neue Abschriften und Abfassungen, und trägt lange mit sich herum, was er dichterisch bilden will. Die Lebensanschauung in seinen Werken ist heroisch und freudig; sein Drama „die Hermannsschlacht" schrieb er unter dem Einflusse hoffnungsvollen Hasses gegen die Franzosen, deren Vernichtung er für sicher hielt. Er hätte keinen seiner Helden sterben lassen, wie er selbst unterging. Seine Gestalten erfüllt warme Kraft, jedes Wort ist lebendig, das sie aussprechen, begreiflich erscheinen ihre Handlungen und Leidenschaften. Welcher andere Dichter hätte ein Mädchen dichten können, wie Käthchen von Heilbronn? Dieses Nachlaufen, klettenhafte Festhalten an dem Manne, den sie liebt, und zu gleicher Zeit Unschuld und verschämte Zurückhaltung so schön gewahrt, daß auch mit keinem Gedanken die Zuneigung gestört wird, die jeder sogleich für diese Erscheinung empfinden muß. Wie schön ist ein anderer Widerspruch im Prinzen von Homburg dargestellt, welcher träumerisch und nachlässig, untüchtig
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zum Dienst mit einem Worte, dennoch so feurig und so tüchtig zum Siegen sein kann. Wie schön bei all seiner Stärke und Ergebung, als der Prinz den Tod vor Augen sieht, die für einen Augenblick fast wie plötzliche Feigheit ihn übermannende Lebenslust! Ein wahr menschliches Gefühl! Und so überall, wohin wir blicken, nirgends farbige Schatten nur, Menschen mit Leidenschaften und schönen Gedanken, in denen sich ihr Herz zu erkennen gibt. Nirgends Nachahmung; weder Göthe noch Schiller oder Shakespeare zeigen sich als Muster, nach denen Kleist arbeitete. Was er war, erscheint so durchgearbeitet, daß nur er allein hindurchschimmert. Die Scene eines, von ihm selbst vernichteten, Trauerspiels „Robert Guiscard", in der der Normannenkönig die Pest in sich fühlt und sich dennoch aufrecht zu erhalten sucht den Soldaten gegenüber, kann den besten Scenen in Richard dem Dritten an die Seite gestellt werden. Von all der Anerkennung, die heute seinen Werken nicht versagt wird, kam Kleist so viel wie nichts zu Ohren. Er hatte nicht die Art, sich gut mit den Leuten zu stellen. Man stieß ihn ab. Keine Bühne wollte seine Stücke spielen, keine Coterie fand sich, ihn zu erheben, keine Genossenschaft, die für sein Fortkommen sorgte. Es lagen den Menschen freilich damals andere Sorgen näher. Einsam schlug er sich durch, so lange seine Kräfte reichten, und da es ihm endlich schien, daß es damit zu Ende sei, wandte er den schwachen Rest dazu an, sich hinweg zu flüchten. Dieses tragische Ereignis wäre vielleicht schon früher eingetreten, wenn Kleist nicht einen großen Halt an seiner Halbschwester Ulrike, aus des Vaters erster Ehe mit Caroline Luise von Wulffen, gehabt hätte, die ihm in vielen Fällen mit Rat und pekuniären Mitteln beistand. " Vorstehendem Lebensbilde fügen wir noch eine Stelle aus dem Werke von Heinrich von Treitschke: Deutsche Geschichte im XIX. Jahrhundert, Teil I S. 315—317, hinzu: „Die politische Leidenschaft der Zeit fand ihren mächtigsten künstlerischen Ausdruck in den Werken Heinrich von Kleists, jenes tief unseligen Dichters, der alle die Poeten der jungen Generation überragte. Durch die ursprüngliche Kraft dramatischer Leidenschaft und leibhaftig wahrer Charakteristik übertraf er selbst Schiller; doch der Ideenreichthum und die hohe Bildung, der weite Blick und die stolze Selbstgewißheit unseres ersten Dramatikers blieben dem Unglücklichen versagt; ein friedloser Sinn störte ihm das Ebenmaß der Seele. Kaum beachtet von den Zeitgenossen, durch ein räthselhaft grausames Schicksal um alle Freuden eines reichen Schaffens betrogen, erscheint er uns Rückschauenden heute als der eigentlich zeitgemäße Dichter jener bedrückten Tage, als der Herold jenes dämonischen Hasses, den fremde Unbill in die Adern unseres gutherzigen Volkes goß. Die Penthesilea war die wildeste, das Käthchen von Heilbronn die zarteste und holdeste unter den dämmernden Traumgestalten der deutschen Romantik, die Hermannsschlacht aber ein hohes Lied der Rache, eine mächtige Hymne auf die Wollust der Vergeltung — jeder Zug ebenso sinnlich wahr, anschaulich, lebensvoll, wie einst Klopstocks Bardengesänge unbestimmt und verschwommen gewesen, jedes Gefühl unmittelbar aus dem Herzen der rachedürstenden Gegenwart heraus empfunden. Kleist hatte sich nicht, wie die patriotischen Gelehrten, die Idee des Vaterlandes erst durch Nachdenken erwerben müssen; er empfand den naiven, naturwüchsigen Haß des preußischen Offiziers, er sah die alten glorreichen Fahnen, die sein und seines Hauses Stolz gewesen, zerrissen im Staube liegen und wollte den züchtigen, der ihn: das getan. Überall, wohin der Unstete seinen Wanderstab setzte, verfolgte ihn, wie der Ruf der Erinnyen, die wilde Frage: „Stehst du auf, Germania? ist der Tag der Rache da?" Stürmisch, furchtbar, wie noch nie aus eines Deutschen Munde, erklang von seinen Lippen die Poesie des Hasses: Rettung von dem Joch der Knechte, Das, aus Eisenerz geprägt. Eines Höllensohnes Rechte Über unsern Nacken legt! Es war dieselbe unbändige Naturkraft der nationalen Leidenschaft, wie einst in den wilden Klängen des Marseillermarsches, nur ungleich poetischer, wahrer, tiefer empfunden. Nachher schuf der unglückliche Dichter in dem Prinzen von Homburg das einzige künstlerisch vollendete unserer historischen Dramen, das seinen Stoff aus der neuen, noch wahrhaft lebendigen deutschen Geschichte herausgriff, die schönste poetische Verklärung des preußischen Waffenruhmes. Als auch dies Werk an den Zeitgenossen spurlos
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vorüberging und die Lage des Vaterlandes sich immer trauriger gestaltete, da starb der Ungeduldige durch eigene Hand — ein Opfer seiner angebornen krankhaften Verstimmung, aber auch ein Opfer seiner finsteren, hoffnungslosen Zeit. Es bezeichnet den großen Umschwung des nationalen Lebens, daß jetzt ein Mann aus den alten brandenburgischen Soldatengeschlechtern mit der ganzen Farbenpracht der neuen Dichtung dies preußische Soldatenthum verherrlichte, das so lange, verständnislos und unverstanden, der modernen deutschen Bildung fern geblieben war. Wie lebhaft beteiligte sich doch nunmehr das starre trotzige Junkerthum der Marken an dem geistigen Schaffen der Nation: eine lange Reihe seiner Söhne: Kleist, Arnim und Fouque, die Humboldts und L. von Buch standen mit obenan unter Deutschlands Dichtern und Gelehrten. Das banausische Wesen des alten Preußenthums war endlich völlig überwunden. " Unter den Dichtern der Befreiungskriege nennt W. Baur in seinen „Geschichts- und Lebensbildern aus der Erneuerung des religiösen Lebens in den deutschen Befreiungskriegen" Bd. II S. 38 auch Heinrich von Kleist: „Wir dürfen Heinrich von Kleist nicht unerwähnt lassen, der leider in der Zerrissenheit seines Gemüths sich vor der deutschen Erhebung selbst das Leben nahm, statt in Geduld der Stunde Gottes zu harren und dann die ganze Kraft seiner mächtigen Persönlichkeit dem Vaterlande zum Dienst zu stellen. Die „Hermannsschlacht", in welcher er in den Tagen der tiefsten Schmach eine furchtbare Geißel gegen die Rheins bundspolitik schwang und die zur Rache sich ermannende Verbrüderung der deutschen Stämme über Alles pries, und das gewaltige Lied „Germania an ihre Kinder" lassen uns ahnen, was der Dichter geleistet haben würde, wenn seine ungeregelten Kräfte in dem zur That auferstehenden Deutschland endlich Heimat und Ziel gefunden hätten. „Schlagt ihn todt, das Weltgericht fragt euch nach den Gründen nicht!" — das war die Loosung, welche er allen deutschen Stämmen und Ständen gegen den „Höllensohn" austeilte. " — Kleists Bildnis wird hier beigegeben.
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III. 626. Leopold Friedrich, Major und Postmeister, geb. 1780, † 1837, Joachim Friedrichs jüngerer Sohn, geboren 7., getauft 23. April 1780 zu Frankfurt a. O., war 27. Februar 1795 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 24, 7. Oktober 1797 Lieutenant, ward 13. Juli 1799 zum Regiment Garde Nr. 15 b versetzt, in welchem er im Juni 1800 Adjutant, 18. Mai 1804 Premier-Lieutenant und 27. Mai 1806 Stabs-Capitain wurde. Am 10. Juni 1809 wurde er Compagnie-Chef im Füsilier-Bataillon des Regiments Garde. Am 30. März 1811 erhielt er als Major mit Regiments-Uniform und 400 Rtlr. Pension seinen Abschied. Unterm 13. Juni ej. a. ward genehmigt, daß der Postmeister in Stolp, Major von Raszeck, sein Postamt an den Major von Kleist abtreten durfte und dafür dessen Pension bezog vom 1. Juli 1811. Seit April 1820 war er Ritter des Johanniter-Ordens. Im Jahre 1835 erwählte das Vertrauen der Bürger Stolps ihn zum Stadtverordneten-Vorsteher. Bei der Anwesenheit des Kronprinzen in Stolp am 4. Juni 1837 war der Major von Kleist aus Versehen nicht zur Tafel geladen. Als der Kronprinz es gewahr wurde, ließ er ihn noch eiligst einladen, mit dem Bemerken, in dem Anzuge zu erscheinen, in dem er sich befände. Er erschien sogleich und nahm den Platz zwischen zwei Husaren-Offizieren ein. Als der Kronprinz dieses sah, sagte er: „Sie sitzen dort nicht auf Ihrem Platze, kommen Sie zu mir zur linken Seite." Kaum hatte er sich dort niedergelassen, so ward er vom Schlage getroffen. Er hinterließ seine Gemahlin mit neun Kindern. Am 20. Juni 1804 hatte er sich zu Zipkow bei Stolp mit Wilhelmine Agnese Dorothee Friederike von Blanckensee, geboren 31. März 1788, gestorben zu Stolp 1867, Dame des Luisenordens seit 1814, Tochter des Majors Friedrich Bernhard von Blanckensee aus dessen erster Ehe mit.... Seibert von Cronenfels, vermählt. Sie hatte ihm fünf Söhne: 1) Hermann Leopold Friedrich Bernhard, 2) Adolph Arminius Leopold, 3) Theodor Leopold Friedrich, 4) Maximilian Leopold und 5) Christian Ewald Leopold (III. 749—753) und fünf Töchter geschenkt: 1) T h u s n e l d a Therese Louise Wilhelmine, geboren zu Warbelin 2. Oktober 1809, † 19. März 1889 in Berlin,260 vermählt 24. Oktober 1834 zu Stolp mit J u l i u s Caesar Adrian von der Osten auf Gr. Jannewitz bei Lauenburg, geboren Jannewitz 29. Januar 1808,261 † Ems 30. Mai 1878, Mitglied des Herrenhauses und Ritter des St. Johanniter-Ordens. 2) Agnes, geboren 21. Februar 1817, † 15. Dezember 1898 in Stolp.262 3) Cäcilie, geboren 17. Februar 1819 in Stolp, † 19. März 1908 in Stolp,263 Stiftsdame zu Geseke-Keppel. 4) Auguste, und
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Personalbestand der Familie 1899 (2006) Gotha adelige Häuser, 1901, S. 689 (2009) 262 Personalbestand der Familie 1899 (2006) In der Biblioteka Narodowa, Warschau, in der Abteilung Ikonographische Sammlungen befindet sich ein Fotoalbum aus der Zeit von 1863 -1865 unbekannter Herkunft, das neben Fotos bekannter Persönlichkeiten der Zeit 4 Fotos von unverheirateten Damen der Familie von Kleist zeigt, Auguste, Cecilie, Helene und Agnes. Auf Grund der Vornamen und der schwarzen Kleidung von Cecilie (Stiftsdame) ist davon auszugehen, dass es sich um die jüngeren Töchter von Leopold Friedrich handelt. http://polona.pl/item/10465352/17/ (2014) 263 Personalbestand der Familie 1909 (2006) 261
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5) Helene, geboren 25. Januar 1828 in Stolp, † 26. Januar 1905 in Stolp.264
Leopold Friedrich mit Ehefrau, Töchter Agnes, Cäcilie und Auguste Frau Major von Kl. besaß mit ihrem Bruder Friedrich August Anton Johann von Blanckensee gemeinsam das vom Vater ererbte Gut Giesebitz; sie hatten dasselbe aber bereits 1813 an Joachim Neitzke verkauft. Noch an dem Todestage des Majors von Kl. hatte der Kronprinz an die Witwe einen Brief geschrieben, welcher noch heute als ein teures Andenken in der Familie aufbewahrt wird, des Inhalts: Meine gnädige Frau! Das Gefühl, bei Ihrem gerechten tiefen Schmerze nur lästig zu sein, ja störend und verletzend zu wirken, hielt mich eben in meinem Zimmer zurück, als Sie den schweren, traurigen Besuch in diesem Hause machten. Möchten doch diese Zeilen nicht dieselbe Wirkung thun, die ich von meinem Einmischen in jene Trauerscene befürchtete. Es ist die reinste, tiefgefühlteste Teilnahme, die mich an Sie schreiben läßt. Sie wissen, welch ein lieber Bekannter Herr v. Kleist mir war. Sein erschütterndes, plötzliches Ende in meinem Zimmer und in meiner Gegenwart hat mir einen unauslöschlichen Eindruck gemacht. Ich habe das schmerzliche Ereignis sogleich des Königs Majestät angezeigt, dessen Gnade der theure Verewigte sich besonders zu erfreuen hatte, und ihn gebeten, sich der verwaisten Familie anzunehmen, im Falle die Verhältnisse solches wünschenswerth machen sollten, und nach meiner Rückkunft nach Berlin soll es mir eine Pflicht sein, wo es irgend thunlich, Ihr Interesse zu befördern. Gottes reichster Trost möge mit Ihnen sein, meine gnädigste Frau. Nehmen Sie diese flüchtigen, in größter Erschütterung geschriebenen Zeilen gütig und nachsichtig auf und beweisen Sie mir dies, indem Sie mir nicht antworten, darum bitte ich. Sie haben den furchtbaren Schlag, wie eine Christin, aus der Hand des Herrn über Leben und Tod aufgenommen. Sein Segen wird nicht ausbleiben. Stolp, den 4. Juni 1837. Ihr ergebener Diener Friedrich Wilhelm, Kronprinz Die Sicherung der materiellen Lage der Witwe erfolgte in der Weise, dass der Nachfolger als Postmeister und Lotterieeinnehmer die Verpflichtung übernehmen mußte, der Witwe jährlich 200 Taler als Pension auszuzahlen. Seine Eingabe an die Erste Kammer des Landtags, die Pension von der Staatskasse bezahlen zu lassen, blieb erfolglos.265
264
Personalbestand der Familie 1909 (2006) 1839 bat die Witwe um eine Erhöhung ihrer Pension wegen der unversorgten Kinder. Die Bitte wurde abgelehnt. Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 89, 8763 (2008) Petition des Nachfolgers zur Übernahme der Verpflichtung durch die Staatskasse, Sammlung sämmtlicher Drucksachen der ersten Kammer, Berlin 1851, Nr. 187, S. 7 (2011) 265
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III. 749. Hermann Leopold Friedrich Bernhard, geb. 1807, † 1813, Leopold Friedrichs ältester Sohn, geboren 26. September 1807, gestorben 1813. III. 750. Adolph Arminius Leopold, Major a. D. zu Stolp, geb. 1812, † 1885, Leopold Friedrichs zweiter Sohn, geboren 16. Januar 1812 zu Stolp,266 war als Knabe in Weitenhagen in Pension und besuchte danach das Cadettencorps. Am 29. Juli 1829 war er Fähnrich im 2. Garde-Regiment zu Fuß, 22. Juni 1830 aggregierter Seconde-Lieutenant und 23. Mai 1832 über den Etat einrangiert. Am 24. Oktober ej. a. schied er aus, trat aber 13. Januar 1833 ins 25. Infanterie-Regiment und ward 23. April 1844 Premier-Lieutenant, 14. November 1850 Hauptmann und Compagnie-Chef und im Juli 1855 Hauptmann 1. Klasse. Am 18. Januar 1859 wurde er mit dem Charakter als Major verabschiedet. Er erhielt Aussicht auf Civilversorgung und eine Pension von 745 Rtlr. nebst Regiments-Uniform.267 Er hatte den Feldzug 1849 in der Rheinpfalz und Baden mitgemacht. Im Jahre 1859 wohnte er in Ehrenbreitenstein. Laut schöffengerichtlicher Verhandlung d. d. Ehrenbreitenstein den 4. Juni 1851 hatte er seinem Bruder Theodor seine Lehnsansprüche auf Schmenzin abgetreten und ihm das Gut zur alleinigen Bewirtschaftung überlassen. Seit 1863 wohnte er in Stolp, woselbst er am 24. August 1885, unvermählt, starb. III. 751. T h e o d o r Leopold Friedrich, Major a. D. zu Stolp, geb. 1815, † 1886, Leopold Friedrichs dritter Sohn, geboren 17. Mai 1815 in Stolp, kam ins Cadettencorps und war 7. August 1832 Fähnrich im 9. Infanterie-Regiment, 14. Februar 1835 Lieutenant und 16. Februar 1850 Premier-Lieutenant. Am 5. September ej. a. schied er mit Regiments-Uniform aus. Am 18. Januar 1835 wurde er interimistischer Compagnie-Führer des 3. Bataillons (Schievelbein) 9. Landwehr-Regiments und 11. Januar 1853 Hauptmann. Am 13. Dezember 1860 erhielt er den Abschied als Major mit der Uniform des 2. Pommerschen Grenadier-Regiments (Colberg) Nr. 9. Am 24. Mai 1864 war er Führer des 2. Aufgebots des 3. Bataillons 9. Landwehr-Regiments und 1866 Commandeur des Landwehr-Bataillons Gleiwitz, dann des 4. Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 22 beim Stolberg'schen Corps. Er machte 1866 den Feldzug gegen Österreich mit, und wurde mit dem roten Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern decoriert.
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Die Stammtafel gibt irrtümlich den 12. Januar als seinen Geburtstag an. Am 25. Juli 1870 versprach er demjenigen Soldaten der 2. Kompanie seines früheren Regiments, der sich im bevorstehenden Kriege durch eine hervorragende Waffentat bemerkbar mache, eine Prämie von 25 Talern. Geschichte des 1. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 25 von 1857 bis 1883, H. V. Fransecky, Berlin 1884, S. 108 (2009) 267
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Nach dem Tode seines Vetters Georg Joachim Wilhelm, welcher 1849 ohne Lehnserben gestorben, bekam er das Rittergut Schmenzin, mit Ausnahme des von Versen'schen Lehnsanteils, welches von dem Vorbesitzer nicht lehnsmäßig besessen war, durch Lehnsfolge resp. Abtretung Seitens seiner drei Brüder, in Besitz. Seine drei Brüder waren mit ihm, laut Attest des Königl. Appellgerichts zu Stettin vom 2. September 1850, die einzigen Lehnserben des verstorbenen Georg Joachim Wilhelm von Kl. Sie hatten ihm ihre Anteile an Schmenzin überlassen durch die schöffengerichtlichen resp. notariellen Urkunden d. d. Ehrenbreitenstein 4. Juni 1851, Potsdam 9. Juni nebst Attest vom 24. Dezember 1851 und Brieg 20. Juni 1851, gegen Übernahme der auf dem Gute haftenden Schulden und sonstiger Abfindung aus dem Lehnsnachlaß. Durch notariellen Kaufcontract vom 13. März 1853 erwarb Theodor von Kl. auch den von Versenschen Anteil des Gutes von der legitimierten Testaments-Erbin des verstorbenen Hauptmanns Georg Joachim Wilhelm: Frau Auguste von Zastrow auf Wusterhanse, gebornen von Kleist, Adoptivtochter von Georg Joachim Wilhelm von Kl., für ein Kaufgeld von 300 Rtlr. Dadurch wurde er Besitzer des ganzen Gutes, welches c. 13500 Morgen Areal umfaßt. Es gehörten 31 Vorwerke dazu, von welchen 29 verpachtet waren. Das Gut Geitberg mit 550 Morgen Areal erstand er für 17 500 Rtlr. aus der Subhastation am 16. April 1859. In den Jahren 1855 bis 1857 baute er ein neues herrschaftliches Wohnhaus in Schmenzin, und demselben gegenüber, nur durch eine Partie alter, stattlicher Eichen davon getrennt, in den Jahren 1858 und 1859 eine neue Kirche. Der Major von Kl. hob die Busch-Pachtungen auf und errichtete neue Vorwerke, welche er zum Teil nach den im Dänischen Kriege berühmt gewordenen Orten: Düppel, Alsen etc. nannte. Zu dem Zwecke verkaufte er den größten Teil des schönen Schmenziner Waldes.268 Im Jahre 1854 wurde er von dem alten und befestigten Grundbesitze der Kreise Belgard, Neustettin und Fürstentum zum Mitgliede des Herrenhauses gewählt (bis 1867).269 Auf Grund seiner misslichen finanziellen Lage270 verkaufte er im Jahre 1868 die Schmenziner Güter an den Grafen Conrad Kl. (II. 225) und hielt sich in der Schweiz, 1876 in Nizza und in Darmstadt, in den letzten Jahren meist zu Stolp auf. Er verheiratete sich am 12. Oktober 1838 mit Marie Pauline von Petersdorff, geb. 12. Juli 1817 zu Resehl, † Stettin 6. 12. 1893, Tochter des Landrats a. D. Friedrich auf Blankenfelde, Resehl etc. und der Jeannette von Blankenburg. Aus dieser Ehe sind zwei Söhne: 1) Friedrich Wilhelm Theodor Leopold und 2) Brunow Ewald (III. 863 und 864) und vier Töchter entsprossen: 1) O l g a Wilhelmine Johanna Marie, * Carlshof 16. 9. 1839, † Labehn 13. 8. 1919, 2) H e d w i g Laura Marie Heloise, geb. 21. November 1840 zu Stettin, † Berlin 2. 7. 1926, vermählt Buddendorf 20. Sept. 1860 mit dem Lieutenant und Adjutanten im Kaiser Franz-Grenadier-Regiment Nr. 2 in Berlin Paul Hermann von Blomberg, * 5. 6. 1836, † Berlin..., Kgl. preuß. General der Inf. z. D., zuvor Commandeur der 39. Infanterie-Brigade in Hannover. 3) C a t h a r i n a Marie, geboren 21. November 1845 zu Stettin, † das. 8. 6. 1918, und 4) G e r t r u d Wilhelmine Marie, geboren 15. Juni 1853 zu Schmenzin, † Stettin 2. 2. 1914. Der Major Theodor von Kl. starb am 22. Januar 1886 im Johanniter-Krankenhause zu Züllchow bei
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Es geht die Sage, daß in dem von ihm trocken gelegten See, in unmittelbarer Nähe des Dorfes Schmenzin, ein altes hölzernes Schloß, mit einem einzigen großen eisernen Nagel versehen, sonst ganz in einander gehakt, gestanden habe. Dasselbe wurde abgebrochen und in Zarnekow wieder aufgebaut. Überreste des Schlosses fanden sich vor mehreren Jahren in Schmenzin noch vor. 269 Beendigung wegen Veräußerung des landtagsfähigen Besitzes. Chronik des preussischen Herrenhauses, Berlin 1885, S. 98 (2011) 270 Übernommen aus dem Artikel über ihn in der Fortführung der Familiengeschichte. (2017)
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Stettin, zuletzt gepflegt von seiner Gemahlin, welche lange Jahre von ihm getrennt gelebt hatte. III. 752. Maximilian Leopold, Oberstlieutenant a. D. zu Stolp, geb. 1822, † 1885, Leopold Friedrichs vierter Sohn, geboren 19. August 1822 zu Stolp, besuchte das Cadettencorps und war 9. August 1840 aggregierter Seconde-Lieutenant im 1. Garde-Regiment zu Fuß, 12. November 1843 einrangiert, 15. Mai 1845 zum 21. Infanterie-Regiment und 27. März 1847 zum 19. Infanterie-Regiment versetzt. Er avancierte 22. Juni 1852 zum Premier-Lieutenant, 25. Oktober 1857 zum Hauptmann und 30. Juni 1859 zum Compagnie-Chef. Am 23. Februar 1861 kam er zum 4. Posenschen Infanterie-Regiment Nr. 59; am 30. Oktober 1866 als Major zum 8. Ostpreußischen Infanterie-Regiment Nr. 45; am 24. Juni 1867 war er Commandeur des Füsilier-Bataillons. Unterm 10. September 1868 bekam er den Abschied mit 1000 Rtlr. Pension und 100 Rtlr. Zuschuß. — Am 18. September 1869 wurde ihm der Charakter als Oberstlieutenant verliehen. Er hatte den Feldzug im Großherzogthum Posen 1848 und gegen Österreich 1866 mitgemacht. Seit 1868 lebte er in Stolp. Er war 20. September 1866 mit dem roten Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern decoriert worden. Er starb zu Stolp den 6. Oktober 1885. Seine Ehe mit Anna Cäcilie von Blanckensee, geboren 20 . Juli 1832, vermählt 26. Oktober zu Zipkow bei Glowitz, gestorben 11. April 1868 in Graudenz, war mit zwei Töchtern gesegnet: 1) Marie, geboren 23. April 1865 in Schleswig, gest. in Stolp am 3. Juni 1934,271 und 2) Anna, geboren 4. April 1868 in Graudenz. gest. 2. Oktober 1943 in Stolp, verm. Gr. Jannewitz mit Busso von Blanckensee, geb. Riesenburg 12. Oktober 1861, gest. Stolp 26. April 1923, Oberst a. D.272 III. 753. Christian E w a l d Leopold, Kommandierender General des 1. Armee-Corps,273 geb. 1824, † 1910 Leopold Friedrichs jüngster Sohn, geboren 25. März 1824 in Stolp, wurde von 1836—38 im Cadettenhause zu Culm, von da bis 1841 im Cadettenhause zu Berlin erzogen. Siebenzehn Jahre alt, kam er aus dem Cadettencorps und wurde dem 1. Garde-Regiment zu Fuß als Seconde-Lieutenant (12. August 1841) überwiesen. - Nach 12jähriger Dienstzeit am 12. Mai 1853 zum Premier-Lieutenant, am 17. Januar 1857 zum Hauptmann 3. Klasse befördert, commandierte er von 1858—61 zuerst die 12., dann die Leib-Compagnie des 1. Garde-Regiments z. F., wurde 1861 Commandeur der Unteroffizier-Schule in Potsdam, am 17. März 1863 zum Major befördert und machte als Adjutant beim Ober-Commando der verbündeten Armee in Schleswig Holstein in dem Feldzuge gegen Dänemark 1864 den Sturm auf die Düppeler Schanzen und den Übergang nach Alsen mit, wofür er mit dem roten Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern decoriert wurde.
271
Gotha 1938 (2008) Gotha 1938, Nachrichtenblatt der Familie 1944 (2008) 273 “Ewald Christian Leopold von Kleist, königlich preußischer General der Infanterie”, Verfasser: Krieg, Thilo, in: Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, Bd. 16 (1911), S. 317-338 (2006) 272
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In dem Feldzuge 1866 commandierte Major von Kl. das 1. Bataillon des 1. Garde-Regiments zu Fuß in den Gefechten bei Soor und Königinhof und in der Schlacht bei Königgrätz, wofür er den Orden pour Ie mérite erhielt. Am 30. Oktober 1866 zum Oberstlieutenant befördert, wurde er Anfang 1867 Commandeur des Lehr-Infanterie-Bataillons. Unterm 21. Januar 1868 behufs Übertritt als Regiments-Commandeur in Großherzogl. Mecklenburg-Schwerinsche Dienste ausgeschieden,274 ward er am 10. Oktober ej. a. Commandeur des Mecklenburg-Schwerinschen Grenadier-Regiments Nr. 89 mit Patent vom 30. Oktober 1866. Als solcher ward er in den Verband der preußischen Armee wieder aufgenommen und am 18. Juni 1869 zum Obersten befördert. In dem deutsch-französischen Kriege 1870/71 commandierte Oberst von Kl. das Regiment Nr. 89 bei der Cernierung von Metz, den Belagerungen von Toul und Paris, in den Gefechten bei Dreux, la Madelaine, Bouvet u. s. w. und in der Schlacht bei Le Mans, wofür er mit dem eisernen Kreuz 2. und 1. Klasse decoriert wurde. Am 2. September 1873 als Generalmajor zu den Offizieren von der Armee versetzt, wurde er bereits im Oktober desselben Jahres zum Commandeur der 41. Infanterie-Brigade und am 3. Februar 1880 unter Beförderung zum General-Lieutenant zum Commandeur der 1. Garde-Infanterie-Division ernannt. General-Lieutenant von Kl. war seit 1883 Ritter des roten Adlerordens 1. Klasse mit Eichenlaub und Schwertern am Ringe. Durch Königl. Cabinetsordre vom 1. Juni 1885 ist er zum commandirenden General des 1. Armee-Corps an Stelle des verstorbenen Generals der Infanterie von Gottberg ernannt worden. Außer den genannten Orden besaß er (1886) er seit März 1861 den Großherzogl. hessischen Verdienst-Orden Philipps des Großmüthigen, Ritterkreuz 1. Klasse, seit 1864 die österreichische eiserne Krone 3. Klasse mit Kriegs-Decoration, seit 1867 den russischen Stanislaus-Orden 2. Klasse mit Krone, seit 22. März 1873 den roten Adlerorden 3. Klasse mit Schleife und Schwertern am Ringe, seit Juni ej. a. das Comthurkreuz der mecklenburgischen wendischen Krone, ferner den roten Adlerorden 2. Klasse mit Stern, Eichenlaub und Schwertern am Ringe, den Kronen-Orden 2. Klasse mit Stern, das Dienstkreuz, das Großkreuz des Großherzoglich hessischen Verdienst-Ordens, das mecklenburgische Militair-Verdienstkreuz 1. Klasse, das mecklenburg-strelitzsche Verdienstkreuz für Auszeichnung im Kriege und das Großkreuz des schwedischen Schwert-Ordens 1. Klasse. Endlich erhielt er 1881 das Großkreuz mit der Krone in Gold des Großherzogl. mecklenburgischen Hausordens der wendischen Krone. 1886 beförderte ihn Kaiser Wilhelm I. zum General der Infanterie. Nach dem Kaisermanöver d. J. 1887 schrieb der greise Kaiser an General v. Kleist: .....Dem I. A. K. wünsche ich meine Zufriedenheit noch durch besondere Gnadenbeweise zu bestätigen, von denen ich hervorhebe, daß ich Ihnen ein Regiment des Armeekorps verliehen habe (Inf. Regt. Nr. 44), um meiner Genugtuung über Ihre erfolgreiche und meine guten Erwartungen erfüllende Kommandoführung Ausdruck zu geben, und daß ich hierzu gern ein Regiment bestimmt habe, welches mir als in seinen Leistungen hervortretend bezeichnet worden ist. " Bald nach der Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. erbat der 64jährige Ewald v. Kl. seine Verabschiedung, die ihm 1889 unter der Verleihung des Großkreuzes des Roten Adler-Ordens und Ernennung zum Chef des Infanterie-Regiments Nr. 44, Deutsch-Eylau, gewährt wurde. 1901 feierte er sein 60jähriges Dienstjubiläum, von dem er 26 Jahre lang die Uniform des 1. Garde-Regiments zu Fuß getragen hatte.275
274
Diese Formalien waren nach der Convention notwendig, wenn Kl. das Mecklenburgische Grenadier-Regiment commandiren sollte. Sie hatten an und für sich gar keine Bedeutung. 275
Familiengeschichte 1980 (2006)
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Der Vorsitzende Georg führte in seiner Rede zum 50-Jahrfeier des Familienverbandes 1908 folgendes aus: “...eine goldene Hochzeit konnte im Jahre 1906 gefeiert werden von dem jetzigen Senior unseres Geschlechts, dem es beschieden war, in der Militärkarriere die höchste Stufe zu erklimmen. ... Er erwarb der Familie hohe kriegerische Lorbeern und brachte aus 2 Feldzügen den Orden pur le mérite und das Eiserne Kreuz I. Klasse heim. ... Als der Landmarschall Constantin v. Kleist zu Mitau im Jahre 1871 der Familie zwei wertvolle Pistolen in einem Etui mit der Bestimmung schenkte, daß sie in den Besitz eines im jüngsten Kriege durch Tapferkeit ausgezeichneten Offiziers aus der Familie übergehen sollten, wurden sie durch Familienbeschluß dem damaligen Obersten und Kommandeur des Mecklenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 89, dem nachmaligen kommandierenden General zugeeignet. Die Ehrengabe, die die Familie zur goldenen Hochzeit überreichte, trug diesem kriegerischen Lebensgang Rechnung. Sie bestand in einem goldenen Becher, der auf einer Seite den Orden pour le mérite, auf der anderen das Kleistsche Wappen zeigt, und soll zum Ausdruck bringen, daß der Jubilar durch kriegerisches Verdienst groß geworden sei, seine kriegerischen Ehren aber auch für die Familie und ihren Namen erworben habe und darum ihres Dankes für alle Zeiten würdig und sicher sei. Möchte dem hochverdienten Senior ein friedvoller Lebensabend beschieden sein und sein tapferer ritterlicher Sinn in seinem Geschlecht fortleben”276 Ewald starb am 29. 12. 1910 im 87. Lebensjahr in Potsdam. Bei seinem Ableben legte das Offizierskorps des I. Armeekorps 3 Tage Trauer an.277 Am 23. April 1856 feierte er seine Vermählung zu Pessin im Havellande mit Ottilie Wilhelmine B e t t y von Knoblauch, geboren 12. August 1834 in Pessin, † Potsdam 21. 9. 1914, Tochter des verstorbenen Rittmeisters und Gutsbesitzers Friedrich Wilhelm von Knoblauch. In dieser Ehe sind zwei Söhne: 1) totgeboren 31. Januar 1857 und 2) F r i e d r i c h Wilhelm Ewald Leopold (III. 865), über dessen Biographie in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet wird, und drei Töchter geboren: 1) E l i s a b e t h Pauline Thusnelda Ida, * Potsdam 25. 9. 1859, † Berlin 11. 3. 1938, verm. Mainz 14. 2. 1880 mit E d u a r d Georg v. Jagow, Oberst, * Calberwisch 8. 9. 1850, † Blankenburg a. Harz 1917. 2) A g n e s Laura Wilhelmine, * Potsdam 12. 12. 1863, † Cappenberg 9. 5. 1955, Dr. h. c. der Universität Königsberg i. Pr., 1. Vorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins,278 verm. Königsberg 28. 9. 1886 mit Wilhelm Graf v. der Groeben, Majoratsherr auf Ponarien, Ostpr., * Ponarien 16. 3. 1850, † das. 8. 10. 1899. 3) M a r i e Auguste Betty, * S c h w e r i n 24. 8. 1872, † Tannay, Kanton Waadt, 20. 2. 1963, vorm. Hofdame der Herzogin von Sachsen-Altenburg, verm. I. Berlin 2. 8. 1916 mit Leopold v. Buch, Generalmajor z. D., * Schwerin, Meckl. 9. 3. 1852, † das. 14. 1. 1919; verm. II. Berlin 14. 5. 1921 mit Ewald Frhr v. Kleist (III, 898), Kgl. preuß. Kammerherr u. Major der Res. a. D., auf Schloß Hard, Schweiz, Karthan und Haarn, Prignitz, *Namslau 19. 12. 1868, † Lindenhof, Nieder-Mois, Schlesien, 7. 8. 1938. Die Biographie befindet sich in der Fortführung der Familiengeschichte. Anbei sein Bild.
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eingefügt 2006 Familiengeschichte 1980 (2006) 278 Ein Gemälde von ihr befindet sich im Museum in Allenstein - Muzeum Warmii i Mazur w Olsztynie (2015) 277
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Von Leopold Friedrichs fünf Söhnen haben also der dritte: Major Theodor von Kl. und der jüngste: General Ewald von Kl. männliche Erben. Major Theodor von Kl. hat zwei Söhne: 1) Friedrich Wilhelm Theodor Leopold und 2) Brunow Ewald (III. 863 und 864). III. 863. Friedrich Wilhelm Theodor L e o p o l d , Rittmeister, geboren 1842, † 1923 Theodor Leopold Friedrichs älterer Sohn, geboren 22. Juli 1842 zu Stettin, wurde am 18. Mai 1863 in Heidelberg an der juristischen Fakultät immatrikuliert,279 war 11. November 1865 Fähnrich im DragonerRegiment Nr. 3, 12. Juli 1866 Lieutenant und 14. Dezember 1871 Premier-Lieutenant; am 11. Juni 1872 commandiert als Adjutant bei der 31. Cavallerie-Brigade; 15. September 1877, unter Entbindung von seinem Commando, überzähliger Rittmeister; 18. Januar 1878 Escadrons-Chef im Pommerschen Dragoner-Regiment Nr. 11 und 11. Dezember 1884 als Adjutant zur 18. Division (Flensburg) commandiert. Er ist mit dem eisernen Kreuz 2. Klasse decoriert. Als Premier-Leutnant nahm er den Abschied280, um das Gut Labehn, Kreis Stolp, einen alten Besitz der Familie seiner Frau, zu verwalten. Er wurde später Besitzer von Labehn und hat sein Gut mit großer Umsicht bewirtschaftet. Er starb am 26. 11. 1923 in Labehn.281 Am 16. Oktober 1873 vermählte er sich als Premier-Lieutenant im Dragoner-Regiment Nr. 3 und Adjutant der 31. Cavallerie-Brigade zu Labehn mit Catharina Friederike Wilhelmine Gertrud von Gutzmerow, geboren in Potsdam den 17. Oktober 1850, † Labehn 13. 1. 1911, Tochter des Lieutenants im Garde-Husaren-Regiment Heinrich Philipp Emil von Gutzmerow und der Gertrud gebornen von Puttkamer. Diese Ehe war mit zwei Kindern gesegnet: 1) Gertraud Maria Barbara E r n a , geboren den 16. Oktober 1877 in Labehn, † Berlin 21. 5. 1928, verm. Labehn 28. 4. 1897 mit Werner v. Bandemer auf Gambin u. Wendisch-Buckow, Rittmeister a. D., * Weitenhagen 26. 12. 1864, † Gambin 4. 7. 1929, und 2) Leopold, geboren 9. Mai 1880 (III. 943). Über seine Biographie und die seiner Kinder wird in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet. III. 864. B r u n o w E w a l d Theodor Georg, Major, geb. 1848, † 1914, Theodor Leopold Friedrichs jüngerer Sohn, geboren 7. Juli 1848 zu Blankenfelde, war 10. Oktober 1868
279
Die Matrikel der Universität Heidelberg, 6. Teil, Heidelberg 1907, S. 472 (2011)
280
Familiengeschichte 1980: um 1875 (2006)
281
Familiengeschichte 1980 (2006)
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Fähnrich im 1. Pommerschen Ulanen-Regiment Nr. 4, 6. September 1870 Lieutenant, 23. September 1879 dem Regiment als Premier-Lieutenant aggregiert und 16. Oktober ej. a. wieder einrangiert (Diedenhofen). Unterm 22. Juli 1886 wurde er zum Rittmeister und Escadrons-Chef im 2. Schlesischen Husaren-Regiment Nr. 6 ernannt. Als Major nahm er den Abschied. Er war Ritter des eisernen Kreuzes 2. Klasse. Er lebte später mit seinen 3 unverheirateten Schwestern in Stettin. Er starb am 9. 10. 1914. Wir geben die Stammtafel von:
Ein fernerer Seitenzweig am Damen'schen Aste ist
der Nereser, welcher von Alexander Lorenz (III. 288) entstammt und am Anfang des 19. Jahrhunderts erloschen ist. — Nerese, auch Neurese genannt, ist Filial zu Simoitzel, etwa zwei Meilen von Kolberg südsüdwestlich gelegen. Alexander Lorenz hatte drei Söhne: 1) Joachim Henning, 2) Reimar Christian und 3) Johann Georg (III. 384—386). III. 384. Joachim Henning auf Nerese, geb. 1671, † 1729, des Alexander Lorenz ältester Sohn, war 1698 in Dänemark, wahrscheinlich in Kriegsdiensten abwesend. Er huldigte nach seiner Rückkehr am 11. Oktober 1699 (675).282 Seinen Anteil an Nerese (1/3) verkaufte er nach dem Vergleich vom 12. März 1712 erblich mit dem Lehnrecht dem Landrat und Hofgerichts-Assessor Ewald Joachim von Eichmann, derzeitigen
282
In der bez. Belehnungs-Urkunde heißt es, daß die beiden andern Nerese'schen Kleists noch minorenn seien.
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Bürgermeister von Kolberg.
283
Dagegen kaufte er 4 Bauerhöfe zu Zarnekow von Joachim Ewald von Kl. auf Zeblin (III. 300) d. d. Kolberg 14. März 1712, von welchen er am 11. Januar 1714 1/12 Lpf. beizusteuern hatte (679). Auch besaß er die Hasselmühle bei Warnin, welche er am 17. Juni 1728 für 106 Rtlr. 16 Ggr. an Andreas Joachim (III. 410) verpfändete.284 Am 28. April 1729 starb er auf Zarnekow. Seine Gemahlin.... von Manteuffel aus Trinecke hatte ihm vier Söhne: 1) Matthias Reimar, 2) Franz Georg, 3) Alexander Lorenz und 4) Bernd Eccard (III. 502—504) und zwei Töchter geschenkt: 1) Elsa Lovisa, vermählt 17. Januar 1740 mit Johann Daniel Weise, Pastor zu Juchow; sie starb am 29. Juni 1755, 38 Jahre alt; — und 2) Maria Agnisa, vermählt 2. Mai 1742 zu Juchow mit Paul von Rekowski auf Dumslaff.285 III. 385. Reimar Christian, dänischer Lieutenant, † c. 1708, des Alexander Lorenz anderer Sohn, war 1698 in Dänemark in Kriegsdiensten abwesend und avancierte zum Lieutenant. — Am 11. Oktober 1699 war er noch minorenn (675). Nach von der Osten ist er etwa 1709 in Italien — wohl im spanischen Erbfolgekriege — geblieben. Er starb unvermählt. III. 386. Johann Georg auf Zadtkow, † 1743, des Alexander Lorenz jüngster Sohn, befand sich im Jahre 1698, sechszehn Jahre alt, unter der Miliz in Kolberg. Im Jahre 1699 lag er als gefreiter Corporal zu Belgard im Quartier. Als Minorenner konnte er in diesem Jahre noch nicht belehnt werden (675); er diente schon seit seinem dreizehnten Jahre im Heere. — Seinen ererbten Anteil an Nerese (1/3) verkaufte er nach dem Vergleich vom 21. Januar 1707 erblich und mit dem Lehn an den Bürgermeister zu Kolberg Ewald Joachim von Eichmann, an welchen sein älterer Bruder im Jahre 1712 sein anderes Drittel des Gutes gleichfalls verkaufte.286 Dagegen kaufte er einen Teil von Zadtkow von Franz Georg (II. 78), sel. Jochim Hennings Sohn auf Gr. Tychow. Später kaufte er noch einen Teil von Lorenz Heinrich (III. 202) dazu. Er huldigte wegen Zadtkow am 26. April 1714 (680). Von dem ersterkauften Anteile von Zadtkow hatte er 1714 1/2 Lpf. und von dem von Lorenz Heinrich erhandelten 1/4 Lpf. zu halten (679).
283
Brügg. III, 582. Die Schwiegermutter seines ältesten Sohnes, eine geborne von Reder, löste dieselbe im September 1737 wieder ein. 285 Laut Kirchenbuch von Juchow. 286 Brügg. III, 582. 284
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Im Dezember 1712 war Hans Jürgen auf Zadtkow287 mit dem Major Andreas Jacob auf Gr. Tychow (II. 75)288 bei dem Hauptmann Sebastian Heinrich daselbst (II. 84) zechen gewesen. Bei dieser Gelegenheit hatte der Major von Kl. zum Hauptmann Sebastian Heinrich, Hauptmann Caspar Henning (II. 77) und Fähnrich Franz Jürgen (ll. 78) gesagt: „Kinderchen, ihr seid alle Drei hier zusammen, wenn ich sterben werde, sollt ihr dasjenige, was ich nachlassen werde, unter euch teilen. " Hans Jürgen aber, den es wohl verdroß, daß er nicht miterben sollte, hatte geäußert: „Doctor Luther hat geraten, Daß man alle Majors soll bradten. " Dies hatte den Major, als alten Soldaten, sehr geärgert; er hatte Hans Jürgens Verse mit folgenden Reimen beantwortet: „Ein Schlingel, der niemahl sein Leben verwandelt, Der weiß auch nicht, wie's in der bösen Welt handelt. Er sitzt zu Hauß Und jaget die Mauß. Wenn Einer begehrt von ihm was zu wissen, So sitzt er, das Maul weit aufgerissen. " Hiermit hatte er zugleich andeuten wollen, daß Hans Jürgen niemals in Kriegsdiensten gewesen. Dafür hatte Hans Jürgen dem Major eine solche derbe Ohrfeige gegeben, daß ihm die Mütze vom Kopfe geflogen. Wegen dieses ärgerlichen Handels wurden sie verklagt, daß das Duell-Edict von Beiden violiert worden. Bei dem Verhöre sagte der Major von Kl. von Hans Jürgen aus: „Dieser Mensch ist ohnedem sehr kitzlich, und hat unterschiedene Händel angefangen. " Hans Jürgen aber berief sich darauf, daß er vier Jahre unter der Milice gewesen. — Laut Kirchenbuch von Muttrin liehen Hans Jürgen von Kleist auf Zadtkow und seine Ehefrau Barbara Erdmuth von Paxleben am 2. Februar 1720 von dem Pastor Christophorus König zu Muttrin 100 Rtlr., a. 1722 noch 50 Fl., a. 1726 noch 50 Fl. und a. 1740 noch 50 Fl., wofür sie demselben die Zadtkower Mühle verpfändeten. Am 16. September 1743 wurde Hans Jürgen auf Zadtkow, sel. Alexander Lorenz Sohn, von neuem belehnt. Unterm 23. April 1749 wurde aber bereits sein jüngster Sohn Hans Joachim, ob mortem patris, belehnt (684). Das Kirchenbuch von Muttrin meldet: „Am 18. November 1743 ist der Wohlsel. Herr Patronus auf Zadtkow Herr Hans Jürgen von Kleist, Morgens umb 8 Uhr an der Schwindsucht sel. verschieden. " In seiner Ehe mit Barbara Erdmuth von Paxleben, des Hans Christoph auf Mechentin und der Barbara Sophia von Puttkamer auf Rabbuhn Tochter, waren ihm „unterschiedliche" Söhne und Töchter geboren. Die Namen der Söhne sind: 1) Christoph Lorenz, 2) Hans Christian (starb 28. April 1717), 3) Ewald Heinrich, 4) Reimar (im Kirchenbuch „Römer" geschrieben, getauft 29. Dezember 1717) und 5) Hans Joachim (getauft 7. Februar 1718) (III. 505—509). Die Töchter heißen: 1) Margaretha Sabina, geboren 1712, gestorben 30. April 1713. 2) Marie Luise, getauft 8. August 1714, gestorben 20. November 1715. 3) Ursula Charlotte, getauft 21. September 1715. 287 288
So ist er in den Urkunden zumeist genannt. Er wird sonst nur Hauptmann genannt. (Siehe Geschichte III, 2. S. 123. )
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4) Anna Luise Agnise, getauft 9. Juni 1719, gestorben 1. Juli 1722. 5) Hedwig Helene, getauft 4. Januar 1721, gestorben 26. Februar ej. a. 6) Hedwig Helene, getauft 19. Mai 1722, gestorben 24. Juni ej. a. 7) Amalia, getauft 7. Juli 1724, gestorben 17. Februar 1783, dritte Gemahlin des Ernst Georg Daniel Philipp von Güntersberg, letzten Lehnsmannes von Gr. Weckow und Schiechow (starb 18. Juli 1762), — und 8) Barbara Catharina, getauft 13. September 1728, gestorben 28. September ej. a. Von des Alexander Lorenz drei Söhnen hatten also der älteste: Joachim Henning und der jüngste: Johann Georg Lehnserben. Joachim Henning hatte vier Söhne: 1) Matthias Reimar, 2) Franz Georg, 3) Alexander Lorenz und 4) Bernd Eccard (III. 502—504). III. 502a.289 Matthias Reimar, Hauptmann auf Zarnekow, geb. 1708,290 Joachim Hennings erstgeborener Sohn, war 30. Juli 1729 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 18 und 23. September 1734 Seconde-Lieutenant. Am 3. November 1736 erhielt er wegen Ungesundheit die Dimission aus dem Militairdienste und hatte mit der Kur lange Zeit zu thun; er war erst im Juli 1737 von der „maladie" völlig restituiert. Von seinem Vater hatte er einen Teil des Gutes Zarnekow geerbt. Dazu kaufte er am 29. Juli und 18. September 1737 drei Bauerhöfe dieses Gutes erblich von dem Rittmeister Dubislaff Bernd (III. 306) und einen Bauerhof am 26. August 1738 von dem Major Jürgen Lorenz (III. 388). Am 16. September 1743 wurde er mit Zarnekow belehnt (684). Nach dem Vergleiche vom 31. Oktober 1749 verkaufte er dem Major Jürgen Lorenz das ganze Gut Zarnekow nebst Anteil in Hansfelde erblich. Ihm hatten der Lieutenant Ewald Christian (III. 398) sein Lehnrecht an Zeblin unterm 4. Januar und 18. Februar 1748 und des Peter von Puttkamer Witwe Barbara Maria geborne von Heydebreck ihr Pfandrecht an Zeblin c. p. abgetreten. So wohnte er in den letzten Lebensjahren mit seiner Familie in Zeblin. Bei Ausbruch des siebenjährigen Krieges wurde er jedoch wieder activ und stand am 1. September 1756 als Capitain und Compagnie-Chef beim Garnison-Regiment Manteuffel Nr. 11. Er starb bereits am 31. Dezember 1756. Unterm 27. Juli 1739 war zu Zarnekow der Ehevertrag zwischen dem damaligen Lieutenant a. D. Matthias Reimar von Kl. auf Zarnekow und der Christiane Marie von Redern, geb. 14. August 1720,291 des Otto Rudolph von Redern auf Langen in Preußen und der Catharina Maria von Bredow einzigen nachgelassenen Tochter, geschlossen worden. Unter den Paraphernalien befanden sich: ein Paar goldene Ohrringe mit Brillanten, im Werthe von 200
289
Die Stammtafel hat für die beiden ältesten Brüder nur eine Nummer: 502 gesetzt. Nach der Stammt. soll er schon 1703 geboren sein, was jedoch unmöglich ist, da er bei seines Vaters Tode (1729) noch minorenn gewesen. 291 Die Familie von Redern, Vierteljahresschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie, Berlin 1875, S. 132, 146 (2009) Nach dem Kirchenbuch von Oranienburg fand die Eheschließung am 8. Januar 1737 statt. Genealogische Nachrichten (II.) aus den Kirchenbüchern von Spandau, Oranienburg, Seegefeld und Cladow, H. v. Redern, Märkische Forschungen, Band 15, S. 128 (2015) 290
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Rtlr., eine Escalavage von großen runden Perlen (150 Rtlr. werth), ein Ring mit Brillanten (100 Rtlr. ), Kleinodien allein für 743 Rtlr., ein Kleid von couleur de chair, Dammast mit einer güldenen Tour, ein Kleid von braunem Stoff mit Paucken, eine ganz silberne Palatine und vieles Andere, im Gesamtwerte von 8000 Rtlr. Für ihre illata wurde ihr das Gut Zarnekow, darnach Zeblin verpfändet. — Sie verkaufte als Witwe Zeblin, welches sie jure retentionis besaß, mit der unterm 30. Juni 1757 erteilten Genehmigung des Hofgerichts, am 26. August ej. a. dem Hauptmann Hans Joachim auf Seeger (III. 513) und dessen Gemahlin Maria Antoinetta von Münchow, und starb 1761 zu Cöslin.292 Sie hatte ihrem Gemahl zwei Söhne geboren: 1) Otto Rudolph Reder und 2) Caspar Christoph Emanuel (III. 629 und 630). III. 502b. Franz Georg, Hauptmann, † 1751, Joachim Hennings anderer Sohn, geboren 1709, war seit 21. April 1724 Cadet in Berlin und blieb 6 1/3 Jahr im Corps. Am 21. Februar 1731 kam er als Fähnrich zum Infanterie-Regiment Nr. 25. Er starb am 13. April 1751, unvermählt.293 III. 503. Alexander Lorenz, Lieutenant, geb. c. 1709, † c. 1744, Joachim Hennings dritter Sohn, stand 5. September 1735 beim Garnison-Bataillon Natalis Nr. 2 und war 1. August 1741 Seconde-Lieutenant und 1. Februar 1744 Premier-Lieutenant. Demnächst ist er in den Listen ausgelassen, wahrscheinlich im Kriege 1744/45 verschollen.294 III. 504. Bernd Eccard, Fähnrich, geb. 1. März 1722, Joachim Hennings jüngster Sohn, war als Knabe von fünfzehn Jahren Page bei der Königin Majestät; wurde 4. Dezember 1741 Fähnrich beim Garnison-Regiment Bredow Nr. 7, 17. Februar 1744 Seconde-Lieutenant und 16. Februar 1750 Premier-Lieutenant. Am 1. Januar 1757 wurde er wegen Wahnsinn dimittiert und in das große Hospital zu Königsberg gebracht, in welchem er unbeerbt gestorben. Von Joachim Hennings vier Söhnen hatte also nur der älteste: Matthias Reimar zwei Lehnserben:
292
Das Geschlecht von Kleist wurde 22. Mai 1768 zu Cöslin mit dem Lehnrecht an Zeblin präkludiert. wurde 7. Mai 1735 Lieutenant, 19. Januar 1740 Premier-Lieutenant, 4. Dezember 1741 Stabs-Capitain und 5. Juli 1742 Capitain und Compagnie-Chef beim Garnison-Bataillon Weiher Nr. 4. 293 Im Belehnungs-Register vom 16. September 1743 ist Capitain Franz Georg als Bruder von Matthias Reimar aufgeführt. 294 Bei der Belehnung am 16. September 1743 ist Lieutenant Alexander von Kl. als Bruder des Matthias Reimar genannt.
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III. 629. Otto Rudolph Reder, Lieutenant, geb. 19. Mai 1740, Matthias Reimars älterer Sohn, ging mit sechszehn Jahren (1756) in Kriegsdienste und kämpfte im siebenjährigen Kriege mit. Im Jahre 1768 war er Lieutenant im Infanterie-Regiment Nr. 5, welches Friedrich Christoph von Saldern (1766—85) befehligte. Er starb unvermählt. III. 630. Caspar Christoph Emanuel,295 Major und Postdirektor, geb. 19. Juli 1742, † 1807, Matthias Reimars jüngerer Sohn, ging mit vierzehn Jahren (1756) in den Krieg und war 1. März 1757 Fähnrich beim Dragoner-Regiment Herzog von Holstein-Gottorp Nr. 9. In der Schlacht bei Gr. Jägerndorf (30. August 1757) wurde er blessiert. Am 18. Mai 1761 Lieutenant geworden, wurde er am 20. Juni ej. a. bei Lanshut von den Österreichern gefangen. Im September ej. a. aus der Gefangenschaft in Krems entlassen, zurücktransportiert von Krems bis Königgrätz und von hier bis Lanshut. Unterm 4. April 1771 erhielt er das Patent als Premier-Lieutenant, 10. Juni 1781 als Stabs-Capitain. — Am 4. März 1784 wurde er Brigade-Inspektor beim Tabaks-Wesen im Netze-District.296 Am 22. April 1787 von dieser Stellung entbunden, wohnte er 1790 zu Exin im Netze-District. Nachdem er am 30. Mai 1791 den Charakter als Major erhalten, wurde er vom Könige mit einer Pension und dem Postamt in Schneidemühl belohnt, woselbst er am 2. Januar 1807, im 56. Jahre seines Alters, als Postdirektor starb. In seiner Ehe mit Anna Gottliebe von Kleist waren ihm fünf Kinder geboren, von denen uns drei genannt werden: ein Sohn Albrecht Ferdinand Leberecht (III. 754) und zwei Töchter: 1) Friederike Wilhelmine Auguste, und 2) Johanna Charlotte Ernestine. Die Witwe schenkte der Aufforderung eines Freundes Gehör, mit ihren Kindern ihm nach Curland zu folgen. Dort erwies sich, daß der Freund ganz unbemittelt war und für ihre Familie nichts thun konnte, als sie in fremde Häuser zu verteilen. Ernestine kam zu einer Familie von Korff, die Witwe und die andern Kinder kamen in andere Häuser. Kummer und Sorge brachten die Witwe zur Verzweiflung. Sie starb bald darauf im Wahnsinn. Die ältere Tochter ging, um sich besser fortzuhelfen, nach Petersburg. Sechs Monate darnach aber empfing Ernestine von unbekannter Hand die Nachricht, daß ihre Schwester Gift genommen und daran
295
In den Kriegs-M. -A. wird er Emanuel Asmus, in andern Urkunden auch Samuel Erasmus
genannt. 296
Dort Imanuel Erasmus genannt. Adlige und Bürgerliche Beamte in der Friderizianischen Justiz- und Finanzverwaltung, Rolf Straubel, Berlin 2010, S. 344 (2013)
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gestorben sei. — Ernestine wurde 1854 blind und bewohnte seitdem eine kleine, dunkle Wohnung in einem jüdischen Hause in Mitau. Die Gräfin Kleist auf Gr. Autz in Kurland gewährte ihr eine Unterstützung von 60 Rubeln. Eine von ihr weggezogene jüngere Schwester verheiratete sich 1858 an einen wohlhabenden Mann; doch erfahren wir weder ihren, noch ihres Mannes Namen. III. 754. Albrecht Ferdinand Leberecht, des Postdirektors Caspar Christoph Emanuel einziger Sohn, studierte in den Jahren 1817 bis 1821 auf Kronskosten die Rechte, zuletzt in Dorpat, woselbst er starb. Über sein Ende schreibt seine Schwester Ernestine: „Er hungerte zu Tode; ich lag vor ihm auf den Knieen, ich beschwor ihn bei Allem, was ihm heilig war, mich nur nicht allein auf Erden zurückzulassen, — er blieb hartnäckig bei seiner Absicht; ein hinzugetretenes abzehrendes Fieber beschleunigte sein Ende. " Mit ihm erlosch der eine Teil des Nereser Seitenzweiges; der andere Teil, durch Johann Georg auf Zadtkow entsprossen, starb einige Jahre später ab. Johann Georg hatte fünf Söhne: 1) Christoph Lorenz, 2) Hans Christian, 3) Ewald Heinrich, 4) Reimar und 5) Hans Joachim (III. 505—509). III. 505. Christoph Lorenz, Johann Georgs ältester Sohn, starb jung.298 III. 506. Hans Christian, Johann Georgs zweiter Sohn, starb gleichfalls jung, am 28. August 1717. III. 507. Ewald Heinrich, Lieutenant, † 1744, Johann Georgs dritter Sohn, war 10. Mai 1735 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 19, 8. Januar 1739 Lieutenant und 1. Juli 1743 Premier-Lieutenant. Er starb am 3. Juli 1744 in Berlin, unvermählt.299
297 Auszüge aus den Kirchenbüchern des St. Petersburger Konsistorialbezirkes, Ernst Frhr von Engelhardt, Mitau 1908, Nr. 2106: Fräulein Auguste Wilhelmine von Kleist, + 23 Januar 1823, Brustentzündung, 32 Jahre alt (2013) 298 Information aus dem Archiv des Museums der Artillerie in Sankt-Petersburg: Ingenieur-Fähnrich Kristow Lorenc von Klest war im Militärdienst im Russischen Reich von 1731 bis 1732. Die Vornamen und der Zeitraum lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass es sich um Christoph Lorenz handelt. (2009) 299 Vergl. Vollst. Gesch. aller preußischen Regimenter, 2. Stück 1767 S. 90 und Kriegs-M. -A. (Fortsetzung...)
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III. 508. Reimar, Lieutenant, geb. 1717, † 1747, Johann Georgs vierter Sohn, laut Kirchenbuch von Muttrin getauft 29. Dezember 1717 und „Römer" genannt (- die Stammtafel gibt irrtümlich 1716 als sein Geburtsjahr an -), wurde Soldat und avancierte zum Premier-Lieutenant im Gräflich Christoph Dohna'schen Infanterie-Regiment Nr. 23. Nach dem Teilungsvergleiche vom 6. Februar 1744 fiel ihm das Gut Zadtkow a durch das Los zu.300 Er war mit Sophia Charlotte von Versen verlobt, starb aber noch vor seiner Vermählung zu Düren im Jülich'schen auf der Werbung am 15. Oktober 1747, beinahe 30 Jahre alt. Pastor Vanselow zu Muttrin hielt die Gedächtnisrede, welche, bei Effenbart in Stettin gedruckt, noch vorhanden ist. Sie hat den Titel: „Einem zwar zu zeitig verstorbenen, aber dennoch zur seeligen Ruhe eingegangenen Christlichen und gerechten Krieges-Offizier, zeigete an dem Weiland Hochwohlgebornen Herrn, Herrn Reimar von Kleist, Sr. Königl. Majestät in Preußen, bei Dero Gräfl. Christoph Donaischen Infanterie-Regiment bestalt gewesenen Premier-Lieutenant und Erbherrn auf Zaatckow etc ., als Derselbe auf der Werbung zu Düren im Jülich'schen Lande an einem Schlagfluß, in der besten Blüthe seiner Jahre, den 15ten Octobris 1747 seligst verstorben, am Tage dessen Christrühmlichen Gedächtnisses auf Verlangen vorgestellet, C. H. Vanselow, Pastor zu Muttrin und Damen. " Diese Rede hat er der „verwittweten Frau Barbara Erdmuth von Kleist, geb. von Paxleben, als hochbetrübten Frau Mutter, wie auch Fräulein Sophia Charlotta von Versen, als schmerzlich betrübten Fräulein Braut, und dem sämtlichen hochadeligen Geschwister, denen hochwohlgeborenen Fräuleins und einzigen Herrn Bruder" gewidmet. Am Schlusse der Leichenpredigt bringt er folgendes, selbst gefertigtes Gedicht: „Ich hör' ein Donnerwort in meinen Ohren schallen: Dein Kleist, dein Hertzens Freund, ist plötzlich hingefallen. Wie? Kleist? ein junges Blut, ein Bräutigam zugleich. Laßt Mutter, Braut und Freund, und flieht in's Todten-Reich? Ich denke ja. Sein Brief, wird mich zur Hochzeit bitten. Wo hat denn nun der Held bis auf den Tod gestritten. ? Wie? Sagt! wie find' ich mich, in den verwirrten Stand? Beschwemmt des Krieges-Wut schon wieder unser Land? Der oft besiegte Feind, verschwor ja Friedrich's Gräntzen, Hier geht sein tapfres Volk, ja noch in Lorbeer-Cräntzen. Wer stürtzt denn unser Haus, in solche Trauer-Not? Ach! der erschrecklichste, der stärkste Feind, der Tod. Der weis nicht nur durch Krieg und mörderische Klingen, Auch ohne Mord-Gewehr, den Stärcksten umzubringen. Nicht nur vergossenes, auch das gehemmte Blut Wirft Helden in den Staub, die sonst den edlen Mut
299
(...Fortsetzung) (Zusatz 2008) Er war in der Garnisonkirche Berlin beigesetzt. Verzeichnis der in den Grüften der Berliner Garnisonkirche zwischen 1703 und 1829 beigesetzten Personen - www.garnisonkirche-berlin.de. 300 Brügg. III, 679
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Für ihres Königs Ruhm und Landes Wohlfarth sparen. Dies muß ich leider! auch an Dir, mein Kleist, erfahren, Da Du, der Jugend Preis, und Deines Hauses Lust, Ein gar zu früher Raub des Todes werden must. Ja viel zu früher Fall! an den wir nicht gedachten. Als wir den Freundschafts-Bund auf ew'ge Jahre machten. Ich hatte Davids Glück, Du warest Jonathan, Wie schmertzlich kommet mir nun diese Trennung an etc. " III. 509. Hans Joachim auf Zadtkow, geb. 1718, Johann Georgs jüngster Sohn, erbte nach seines Bruders Reimar Tode dessen Gut Zadtkow a und wurde am 23. September 1749 damit belehnt (684). Er kämpfte im siebenjährigen Kriege mit und war am 20. März 1757 Lieutenant im Bataillon von Schmeling, in welchem er sieben Jahre gedient. Nach von der Osten war er 1767 Hauptmann eines Landbataillons. Im Jahre 1774 erhielt er zur Melioration seines Gutes Zadtkow aus der Königl. Meliorations-Kasse 1800 Rtlr. Davon wurde zuerst eine neue Schäferei angelegt und dieselbe „Sabinenhof" genannt, hiernächst der herrschaftliche Ackerbau mit 24 Morgen und der herrschaftliche Wiesenwachs mit 31 Morgen durch Urbarmachung vermehrt. Auch wurden von ihm bei dem Dorfe Zadtkow selbst 6 neue Büdnerstellen eingerichtet und 6 Morgen Acker und 12 Morgen Wiesen zugelegt. Die hierdurch urbar gemachten Grundstücke betrugen überhaupt 150 Morgen, und es wurden dabei 6 neue Familien etabliert. Nutzungsanschlag: 132 Rtlr. 4 Ggr.; reiner Überschuß: 96 Rtlr. 4 Gr.301 Hans Joachim starb 1790.302 Er war dreimal verheiratet gewesen: a) mit Hedwig Gertrud von Lettow, Tochter des Landrats Caspar Gideon auf Broitz, vermählt 9. Mai 1749. Sie hatte ihrem Gemahl zum Brautschatze: das erblich überlassene von der Osten'sche Lehn Woldenburg a mit seinen Zubehörungen, als drei Bauern und einigen Kossäthen in Muddelmow, der Burg- und Schloßgerechtigkeit zu Plathe und Woldenburg, nebst zwei Teilen an dem Schlosse zu Woldenburg, den Mühlenpächten aus der Justin'schen Mühle, jährlich zu 9 3 /4 Scheffel Roggen und dem Rechte, 19 1/2 Scheffel Malz- und Grützkorn metzfrei zu mahlen, der jährlichen Mühlenpacht aus der Zampelmühle, 6 Scheffel Hafer jährlich aus Radduhn, ein Paar Hühnern jährlich aus Kutzer, den Leinstraßen in Woldenburg und Justin, dem Holze und der Mastung in dem Schloßwalde, einer Kavel in dem 1752 erblich ihrem Bruder Franz Joachim von Lettow auf Broitz für 4221 Rtlr.303 Dieser Ehe entstammen drei Söhne: 1) Franz Reimar, geboren 1750, 2) Ernst Friedrich Leopold, geboren
301
Der pommersche und neumärkische Wirth, B. I, S. 704. Die Angaben der Kriegs-M. -A., daß er 1790 Train-Offizier bei der 1. Armee gewesen und in Redel bei Polzin gewohnt, 1795 zum Train-Offizier beim Bäcker- und Mehl-Fuhrwesen bestimmt und damals in Klaushagen gewohnt und 1803 pensioniert worden wäre, sowie daß seine Frau eine geborne von Brüsewitz gewesen, stimmen mit den Familien-Urkunden nicht. Rübenhagen, zwei Kaveln in der Witzmitz'schen Heide und einer Kavel in dem Plathe'schen Vorwerke mitgebracht. Alle diese Güter und Gerechtsame verkaufte sie, mit Zustimmung ihres Gemahls, am 28. Februar 302
303
Brügg. II, 206.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 134 -
17. September 1752 und 3) Hans Franz Otto, getauft 10. Juni 1757 (III. 631—633) und vier Töchter: 1) Juliana Franziska Amalie, geboren 17. August 1751, gestorben 1754. 2) Luise Gottliebe Hedwig, getauft 7. Mai 1754, gestorben 20. Februar 1772. 3) Charlotte Sophie Agnes, getauft 15. Oktober 1755, gestorben 23. Mai 1758; — und 4) Sophie Maria, geboren 31. Januar 1762, gestorben 2. Februar ej. a. Die Mutter starb bald nach der Geburt der letztgenannten Tochter, und der Witwer ging am 26. November ej. a. eine neue Ehe ein: b) mit Sabina Elisabeth von Rhein, gestorben 14. April 1776, ältesten Tochter des Christoph Friedrich von Rhein auf Wildenhagen, Wittstock und Dargesow. Diese Ehe blieb kinderlos. — Zum dritten Male verheiratete er sich: c) mit Helene Friederike Wilhelmine von Schmettau aus Camnitz, welche als Witwe am 24. Januar 1824 in Cöslin im 77. Lebensjahre starb. Sie hatte ihrem Gemahl noch zwei Söhne: 4) Hans Casimir Ewald Friedrich, geboren 1780, und 5) Arnold Carl Friedrich, geboren 1783 (III. 634 u. 635) und zwei Töchter geschenkt: 5) Auguste Charlotte Agnese Friederike, geboren 7. April 1778, vermählt 1796 mit.....von Görne, Königl. preußischen Major in Cöslin; und 6) Dorothea Sophia Leopoldine, geb. 24. Oktober 1785, starb 22. August 1854 zu Cöslin, seit 24. Oktober 1815 zweite Gemahlin des Geh. Justizrats und Ober-Landesgerichtsrats zu Cöslin Heinrich Philipp Friedrich Köhne, geboren 1. August 1773, starb 3. Februar 1857. Als Hans Joachim von Kl. 1790 starb, hinterließ er die Witwe und vier unversorgte Kinder. Hans Joachims drei älteste Söhne: III. 631. Franz Reimar, geb. 1750, III. 632. Ernst Friedrich Leopold, geb. 17. Sept. 1752, und III. 633. Hans Franz Otto, geb. 10. Juni 1757, starben in der Kindheit.
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III. 634. Hans Casimir Ewald Friedrich, Oberstlieutenant,304 geb. 1780, † 1852, Hans Joachims vierter Sohn, geboren 1780 in Zadtkow, war bis 1793 im Cadettenhause in Stolp und Berlin, im Januar 1795 Gefreiten-Corporal im Infanterie-Regiment Nr. 17, 16. März 1796 Portepee-Fähnrich, 6. Oktober 1797 Fähnrich und 30. November 1798 Lieutenant. Am 1. Juni 1799 kam er zum Grenadier-Bataillon der Infanterie-Regimenter Nr. 17 und 51 von Schmeling, bei welchem er bis 8. November 1806 blieb. Bei Schwarzow gefangen, wurde er nach Frankreich gebracht, von dort aber im Juni 1807 entlassen. Im Februar und März 1809 auf halbes Gehalt gestellt, 22. April ej. a. dem 1. Ostpreußischen Infanterie-Regiment aggregiert, 14. August ej. a. einrangiert, avancierte 11. Mai 1810 zum Premier-Lieut. Vom September 1812 bis März 1813 befand er sich in russischer Gefangenschaft.305 Am 21. April 1813 war er Stabs-Capitain, bei Leipzig verwundet (Schuß durch die Lende), am 8. Dezember ej. a. Wirkl. Capitain, erhielt für Laon bis Paris das eiserne Kreuz 2. Klasse. Am 20. April 1815 trat er zur Gensdarmerie über und wurde Kreis-Brigadier zu Falkenburg in der Neumark, schied aber am 30. Dezember 1820 aus. Am 2. März 1821 war er Abteilungs-Commandeur in der 2. Land-Gendarmerie-Brigade in Cöslin und 30. März 1823 Major. Unterm 16. August 1829 nahm er seinen Abschied als Oberstlieutenant mit 500 Rtlr. Pension und wohnte 1830 in Naugard und seit Oktober ej. a. in Cöslin. Am 30. März 1843 wurde er Postmeister in Grünberg mit 900 Rtlr. Gehalt. Nachdem er sich 1. März 1850 hatte pensionieren lassen, nahm er seinen Wohnsitz in Cöslin, woselbst er am 28. Februar 1852306 unvermählt gestorben. Er hatte die Feldzüge 1806, 1812 und 1813/14 mitgemacht. Mit ihm erlosch der Nereser Seitenzweig. III. 635. Arnold Carl Friedrich, geb. 1783, † 1813, Hans Joachims jüngster Sohn, geboren 6. August 1783, war 8. März 1800 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 52, 29. Oktober 1803 Lieutenant im 2. Bataillon, kam 1805 zu dem Grenadier-Bataillon der Infanterie-Regimenter Nr. 52 und 58, im Januar 1808 zum 1. Westpreußischen Infanterie-Regiment und 7. September ej. a. zum Westpreußischen Grenadier-Bataillon, als Adjutant des Bataillons. Nachdem er 1. April 1812 Premier-Lieutenant geworden, kämpfte er 1813 für die Befreiung des Vaterlandes mit und erhielt für Auszeichnung in der Schlacht bei Groß-Görschen (2. Mai 1813) das eiserne Kreuz 2. Klasse.
304
Die Stammtafel tituliert ihn nur „Major". Geschichte des königlich preussischen ersten Infanterie-Regiments, Alexander Carl von der Oelsnitz, Berlin 1855, S. 646, 923. Er weigerte sich, in die deutsche Legion einzutreten und wurde bis an die sibirische Grenze verschleppt. Die Deutschen in Rußland 1812, Paul Holzhausen, Berlin 1912, Band 2, S. 223 (2011) 306 Neuer Nekrolog der Deutschen, 30. Jahrgang 1852, S. 897 (2008) 305
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Am 21. September 1813 zum Stabs-Capitain ernannt, kämpfte er Tags darauf bei Bischofswerder mit. Durch einen Schuß am Kopfe schwer verwundet, starb er, nach Bautzen gebracht, am 21. Oktober 1813, unvermählt. Wir geben die Stammtafel von:
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Von Jürgen Kl. auf Kowalk (III. 289) entstammen einige kräftige Seitenzweige, von denen wir zunächst
den Siedkow Ruschitzer betrachten wollen. Jürgen hatte fünf Söhne: 1) Hans Joachim, 2) Jürgen Lorenz, 3) Franz Ulrich, 4) Alexander Michael und 5) Christoph Heinrich (III. 387—391). III. 387. Hans Joachim, Regierungsrat auf Siedkow und Gr. Tychow, geb. 1685, † 1753, Jürgens ältester Sohn, getauft 28. Januar 1685 zu Kowalk, war nach der Desc. geneal. in seiner Jugend Soldat und quittierte den Dienst nach 18 Jahren Dienstzeit als Grenadier-Hauptmann. Danach wurde er hinterpommerscher Kommissionsrat, seit dem 26. März 1714 Regierungsrat und später zugleich Landrat des Belgarder Kreises (so bezeichnet 1747),307 auch Domherr zu Cammin. Von seinem Vater erhielt er zunächst die Anteilgüter Kowalk und Schmenzin. Ferner kam er durch seine Gemahlin Maria Agnisa von Kleist, älteste Tochter des Landrats Ewald Joachim (III. 257) auf Vietzow, Witwe des 1710 verstorbenen Baltzer Heinrich Christoph von Wolden, laut Kontrakt vom 9. Mai 1713, in den Besitz der Güter Wusterbart, Heyde, Collatz, Lasbeck und Siedkow, welche einen Gesamtwerth von 32237 Fl. = 21491 Rthr. 8 Gr. repräsentierten. Zwei Drittel von Siedkow, nämlich der Wolden'sche Lehensanteil, wurden ihm und seiner Gemahlin von den Gebrüdern Zabel und Thomas Dionysius von Wolden am 9. Mai 1713 wiederlöslich auf 30 Jahre verkauft, worauf er mit seinem Vetter, dem Oberstlieutenant Andreas Joachim (III. 381) s. d. Berlin 24. Januar 1718 mit Siedkow belehnt wurde (681).308 Den Versen'schen Lehnsanteil von Siedkow (1/3) kaufte der Regierungsrat von Kleist mit seiner Gemahlin am 27. Mai 1723 von Bogislav Ernst von Wolden mit dessen Lehnrecht an Wusterbart und mit dem von Wolden'schen Anteil an Siedkow. Sie überließen ihm dafür das Gut Heyde, zu welchem 4 Bauern und 2 Kossäthen in Collatz gehörten. Ferner kaufte Hans Joachim am 18. Januar 1715 einen Teil von Gr. Tychow c. erb- und eigenthümlich von dem durch Gläubiger gedrängten Lieutenant Friedrich Wilhelm (II. 92); einen andern Teil von Gr. Tychow c., welchen der Hauptmann Sebastian Heinrich (II. 84) am 16. April 1711 von dem Oberstlieutenant Christian Casimir (II. 82) gekauft hatte, erwarb er am 15. März 1715 von der Witwe des erwähnten Hauptmanns: Lucia Juliana von Kleist für 5500 Fl.; den dritten Teil des Gutes kaufte er 16 März; 1716 für 2500 Fl. Pommersch, wiederkäuflich auf 30 Jahre von der Witwe des Caspar Henning (II. 89): Sabina Elisabeth von Bonin und ihren Kindern; für den vierten Teil von Gr. Tychow c. endlich
307
Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 494 (2012) 308 Zum ersten Male hatte Hans Joachim am 26. April 1714 gehuldigt. Gegen diese Belehnung protestierten die von Wolden, insonderheit Marx und Zabel Balthasar und strengten bei dem Stargard'schen Hofgericht dieserhalb einen Lehnsprozeß an; sie wurden jedoch unterm 7. Februar 1718 mit ihren Ansprüchen an Wusterbart und Heyde abgewiesen; und am 15. Oktober ej. a,. entsagte Alexander von Wolden seinen Ansprüchen an Siedkow. Einen Teil von Wusterbart a, nämlich das Schloßgut nebst der Obermühle und Zubehör, löste der Landrat Caspar von Wolden später von Hans Joachim von Kl. und seiner Gemahlin ein.
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bezahlte er an Christian Wilhelm (Il. 116) am 3. Dezember ej. a. 5770 Fl.309 Der von Friedrich Wilhelm von Kl. gekaufte Teil von Gr. Tychow o. war so ganz verwüstet, „daß nicht ein Schweinestall war, der nicht auf Stützen gestanden". Der Regierungsrat von Kl. erbaute sein Wohnhaus zu Gr. Tychow teils auf den von Friedrich Wilhelm, teils auf den von Sebastian Heinrich, teils auf den von Christian Wilhelm erkauften Gutsanteilen, legte ein neues Ackerwerk im Felde an, ließ viel roden und baute den zum Gute gehörigen Friedrichshoff von Grund auf. Aus dem Jahre 1721 ist noch eine Klage zu erwähnen, welche der Hof- und Jagd-Rat Köhne wider ihn anstrengte, wegen Holzdevastation zu Wusterbart, weil er ohne die geringste Königliche Permission über 150 grüne masttragende Eichen nach Colberg zum Hafenbau verkauft hatte. Den Holzschlägern ward das fernere Abstämmen bei Strafe der Wallarbeit verboten. Am 3. September 1753 starb der Regierungsrat von Kl. (684). Nach dem Testamento reciproco, welches die Eheleute unterm 31. Juli 1749 gemacht, behielt die Witwe Siedkow jure retentionis, desgleichen erbte sie mit ihren Söhnen Gr. Tychow c. Ihrem Sohne Hans Joachim trat sie Siedkow ab, welcher es ihr 1756 zurückcedierte. Sie starb 8. Oct. 1759.310 Ihre Ehe war mit fünf Söhnen: 1) Ewald Jürgen, 2) Franz Lorenz, 3) Dionysius Wilhelm, 4) Hans Joachim und 5) Rüdiger Christian (III. 510—514) und drei Töchtern gesegnet: 1) Johanna Augusta, vermählt als 2. Ehefrau mit Oberstlieutenant Friedrich Hoyer von Reinhardt311 im Rothenburgschen Regiment (gestorben 28. November 1745). 2) Magdalena Luisa, vermählt mit Ernst Ewald von Kl. (II. 154), Hauptmann im Regiment des Prinzen Franz von Braunschweig, und 3) Ilsa Maria, vermählt mit Erdmann Gottlieb, Hauptmann, späteren Major auf Gr. Tychow (II. 112). III. 388. Jürgen Lorenz auf Nemitz, Major, † 1750, Jürgens anderer Sohn, ging zunächst in holländische Kriegsdienste; dann trat er in Königl. preußische Dienste über und war 3. April 1717 Capitain im Dragoner-Regt. Nr. 5 und 20. August 1727 Major. Am 3. September 1731 nahm er seinen Abschied. Unterm 1. August 1714 hatte er einen Teil von Kowalk mit der Feldmark Hansfelde und Anteil an der Hasselmühle, sowie das Gut Dimkuhlen von seinem Vater Jürgen Kl. für 8280 Fl. gekauft, wovon seine Brüder: Major Franz Ulrich und Lieutenant Alexander Michael je 2000 Fl. erhielten. Am 1. Februar 1717 kaufte Lieutenant Jürgen Lorenz auf Kowalk und Schmenzin vom Fähnrich Franz Jürgen auf Döbel (II. 78) dessen Gut in Kowalk, wie er es durch Tausch mit Martin Joachim (III. 314) am
309 Brügg. III, 602, 670, 673 und 678. Seit 1710 besaß er auch 1/3 Dallenthin, welches er am 2. April 1718 wiederkäuflich auf 12 Jahre dem Rittmeister Zabel Rüdiger von Münchow für 2000 Fl. verkaufte. (Brügg. III, 748. ) Am 16. September 1743 wurde er mit Gr. Tychow, darnach auch wegen Siedkow belehnt (684). 310 Nach ihrem Tode setzten sich ihre Kinder und Erben so auseinander, daß Siedkow dem jüngsten Sohne: Major Rüdiger Christian zufiel. 311 1. Ehefrau von Versen. Genealogische Tabellen oder Geschlechts-Register sowohl derer vornehmsten im Saal-Creyse mit Rittergütern angesessenen Familien ..., Johann Christoph von Dreyhaupt, Halle, 1750, S. 131. (2017)
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5. April 1715 erhalten, für 3350 Fl., jedoch ohne den Busch, den Vierhof und den Kathen sammt Holzung; der Bauerhof in Zarnekow sammt einer Holzkavel aber war mitverkauft.312 Als Major kaufte er, mit Consens vom 31. März 1728, das von Bröcker'sche Lehn Albrechtsdorf bei Ückermünde, welches er später, nach dem Vergleich vom 17. März 1738, dem Obergerichtsrat Gustav Friedrich von Bröcker für 13000 Rtlr. erblich überließ.313 Am 26. August 1738 verkaufte er einen Bauerhof in Zarnekow an den Hauptmann Matthias Reimar (III. 502 a) und kaufte später (31. Oktober 1749) ganz Zarnekow von ihm. Er kaufte am 8. Januar 1737 von Steffen Christoph von Kleist (III. 526) das von Kleist'sche Lehn Nemitz, Gr. Soldekow b. nebst 2 Bauern und 1 Kossäthen in Bartelin erblich für 12000 Rtlr. Ferner kaufte er am 21. Februar 1748 halb Rattaik (vier Bauerhöfe) von Ewald Richard von Ramel für 417 Rtlr. erblich, und in demselben Jahre (26. September 1748) erwarb er Reckow von Peter Lorenz von Walters Erben, nämlich von Ilsa Maria von Walter, verehelichten Amtmann Ganzkow und Anna Luise von Walter, des Magisters Daniel Richter, Predigers zu Cammin, Ehefrau.314 Am 3. April 1750 starb er. In seiner Ehe mit Agnesa Hedwig von Zitzewitz aus Techlipp bei Schlawe waren ihm vier Söhne geboren: 1) Ewald Friedrich, 2) Martin Georg, 3) Hans Joachim Gneomar und 4) Anton (III. 515—518 siehe unten Nemitzer Seitenzweig S. 162). Am 2. Januar 1751 teilten die Söhne ihr Erbteil, nachdem unterm 21. Dezember 1750 die ausstehenden Gelder und Güter ästimiert und in Kaveln geteilt waren. Hiernach erhielt Hauptmann Ewald Friedrich Reckow und 16032 Rtlr. 8 Ggr., Lieutenant Martin Georg Zarnekow, Kowalk und Dimkuhlen und 5532 1/2 Rtlr., Lieutenant Hans Joachim Gneomar Nemitz und Rattaik nebst 5532 1/2 Rtlr. und Lieutenant Anton 20032 1/2 Rtlr. (687). III. 389. Franz Ulrich, General-Lieutenant, Ritter des schwarzen Adlerordens, geb. 1687, † 1757,315 Jürgens dritter Sohn, getauft 5. März 1687 zu Kowalk, gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des gesamten Geschlechts und zu den tüchtigsten Generälen Friedrichs des Großen. Energie und Willenskraft, große Umsicht und Gewissenhaftigkeit in Erfüllung seiner Pflichten, Heldenmut und Ausdauer im Kampfe zeichneten ihn aus. Hand in Hand damit ging eine tiefe Frömmigkeit. Um seines protestantischen Glaubens willen gab er schon in jungen Jahren den Pfälzischen Kriegsdienst auf, der ihm ein gutes Fortkommen in Aussicht stellte. Dr. Pauli, welcher in seinem Buche: „Leben großer Helden" das Lebensbild des General-Lieutenants 312 Im Jahre 1723 klagte Martin Joachim (III. 314) gegen Jürgen Lorenz wegen 1/8 Lpf. vom Versen'schen Anteil an Kowalk. 313 Im August 1728 klagte Major von Kl. wider den Jagdrat Köhne wegen Ausübung der hohen Jagd (auf Hirsche und Schweine) in der Forst zu Albrechtsdorf, welche dem Possessor zustande. Unterm 10. August 1729 kam jedoch die Cabinetsordre an die pommersche Regierung, daß Kleist sich der hohen und mittleren Jagd zu enthalten hätte, da in dem von Bröcker'schen Lehnbriefe hiervon nichts geschrieben stände. 314 Brügg. III, 592, 653, 679, 878 und 885. Am 16. September 1743 wurde Major von Kl. mit seinen Gütern belehnt (684). Im Jahre 1744 verklagte der Ad vocatus fis ci ihn, daß er auf seinem Gute Dimkuhlen die Brau- und Brennerei-Gerechtigkeit exerciert hätte, zum Nachteile der Stadt Bublitz, 315 Die Stammtafel gibt, nach dem Exempel der meisten Historiographen, 1688 als sein Geburtsjahr an. Nach dem Naseband-Kowalker Kirchenbuche ist Franz Ulrich, Jürgens auf Kowalk Sohn, jedoch am 5. März 1687 zu Kowalk getauft und höchst wahrscheinlich 3 Tage zuvor geboren.
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Franz Ulrich von Kleist mit vieler Liebe und gutem Geschick gezeichnet hat, charakterisiert ihn also: „Kleist war wohlgewachsen und sah wohl aus, war gesund und zu den Kriegsbeschwerden gebaut, konnte wachen und schlafen, wann er wollte, hatte eine sehr gute Natur, war munter und lebhaft und daher von guter Fähigkeit. Er besaß in Leibesübungen große Geschicklichkeit. In seiner Überlegung war er bedachtsam und standhaft. Seine Tapferkeit war ohne Zweifel, seine Standhaftigkeit ohne Beispiel. Er war evangelischlutherisch und hing dieser Lehre sehr an. " Das neueste Lebensbild dieses vortrefflichen Mannes hat Professor Poten für die Allgemeine deutsche Biographie in München geschrieben. Mit Erlaubnis des Herrn Verfassers geben wir es hier wieder: „Franz Ulrich von Kleist, preußischer Generallieutenant, am 2. Februar 1688316 zu Kowalk im Kreise Belgard geboren, trat 1702 als Fahnenjunker beim Infanterie-Regiment Grumbkow in preußische Kriegsdienste, vertauschte diese im spanischen Erbfolgekriege, an welchem er während dessen ganzer Dauer Teil nahm, mit pfälzischen und kehrte 1716, nachdem er hier nach Friedensschluß, weil er der evangelischen Kirche angehörte, entlassen war, in die seines Heimatlandes zurück. Um ihm Gelegenheit zu fernerer Ausbildung im Waffenhandwerke zu geben, sandte ihn Friedrich Wilhelm I. in Begleitung von 12 anderen Offizieren nach Corsika, wo er im Jahre 1729317 an den Kämpfen der Republik Genua gegen die aufständigen Landeseinwohner Teil nahm. Kurz vor des Königs Tode zum Commandeur des Regiments Röder ernannt, führte er dieses 1740 nach Schlesien in's Feld, wurde für Auszeichnung bei Czaslau Oberst, wohnte 1744 mit demselben Regiment, jetzt Schlichting genannt, der Einnahme von Prag bei, war im Winter 1744—45 bei der Vertreibung der Österreicher aus Oberschlesien, im Frühjahr 1745 bei ihrem Herausdrängen aus der Grafschaft Glatz, focht bei Hohenfriedberg und ward für sein Verhalten bei Soor Generalmajor. 1747 zum Chef eines Infanterie-Regiments, 1756 zum General-Lieutenant ernannt, commandierte er bei Lowositz eine im Centrum verwendete Brigade, deren Leistungen König Friedrich II. durch öffentliche Anerkennung und durch Verleihung des schwarzen Adlerordens an Kl. würdigte. Eine hier erhaltene Wunde, deren ungeachtet er bis zu Ende der Schlacht zu Pferde geblieben war, führte ihn auf das Krankenlager, auf welchem er am 13. Januar 1757 zu Dresden seinen Geist aufgab. Pauli, Leben großer Helden, I, 2. Aufl. Halle 1759.
Poten. "
Zur Vervollständigung dieses Lebensbildes sei noch Folgendes hinzugefügt: Im spanischen Erbfolgekriege wohnte Franz Ulrich von Kl. 1703 der Schlacht bei Hochstädt, 1704 dem Treffen am Schellenberge und 1708 der Belagerung von Rüssel in Flandern bei. In den Laufgräben vor Rüssel wurde er hart verwundet, eine Falkonetkugel durchbohrte die Röhren seines linken Fußes. Die Wundärzte wollten ihm das Bein abnehmen, er drohte ihnen aber mit neben sich gelegter Pistole, es zu unterlassen. Sein Fuß wurde krumm geheilt, so daß er hinkte. Er wollte ihn durch die Wundärzte wieder brechen lassen, aber dazu wollte sich Niemand verstehen. Da stieg Kleist zu Pferde und brach durch Herunterspringen sein Bein von Neuem. Nunmehr wurde es gerade geheilt. Schon im darauf folgenden Jahre (1709) konnte er der Schlacht bei Malplaquet und 1710 der Belagerung von Douay, wobei er in der Schulter verwundet wurde, beiwohnen. Hierauf ging er in kurpfälzische Dienste, wurde Capitain im Regiment von Zobel und Adjutant, und war bereits mit 25 Jahren, a. 1712, Major. Nach dem Utrechter Frieden (1713) aber dankte der pfälzische Hof einen großen Teil seiner Truppen ab. Der Major von Kl. hätte bleiben können, falls er den katholischen Glauben angenommen hätte. Da er jedoch keine Neigung zu der ihm angemuteten Religionsveränderung bezeigte, so stellte man ihn auf Wartegeld. In Folge dessen verließ er die pfälzischen Dienste und ging zunächst auf sein väterliches Gut
316 Muß heißen: 2. März 1687. In den Kriegs-M. -A. ist gleichfalls irrtümlich der 2. Februar 1688 als sein Geburtstag angegeben. 317 Muß heißen: 1732. Siehe Anhang zu diesem Lebensbilde.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 141 -
Kowalk. Am 26. Februar 1716 wurde er in preußischen Diensten als Capitain und Compagnie-Chef im Infanterie-Regiment Nr. 24 wiederangestellt und avancierte am 14. August 1724 zum Major im Infanterie-Regiment Nr. 7, ward auch für Auszeichnung im Dienste mit dem Orden de la gené rosité decoriert. Als Major machte er mit 11 anderen preußischen Offizieren den Feldzug in Korsika mit. Die „Ordre und Instruction vor den Major von Kl. d. d. Potsdam den 26. Februar 1732" teilen wir als Anhang mit. Nach seiner Rückkunft stattete er dem Monarchen einen bündigen Bericht hierüber zu dessen größtem Wohlgefallen ab. Das nun folgende ausgezeichnete Avancement Kleists ist bekannt. Am 19. Juli 1737 ward er Oberstlieutenant, 22. Oktober 1739 Commandeur des Infanterie-Regiments Nr. 2, 19. Mai 1742 Oberst, 27. Oktober 1745 General-Major (Patent 1. Dezember 1743), 22. April 1747 Chef des Infanterie-Regiments Nr. 27 und 27. Mai 1756 General-Lieutenant. In der Schlacht bei Lowositz (1. Oktober 1756) führte er eine Brigade von 4 Regimentern. Er focht im Mittelpunkte des Königl. Heeres, indem er den Lieutenant Friedrich Carl Leopold von Kleist (III. 495), siebenten Sohn des Obristen Andreas Joachim (III. 381), wie im ganzen Feldzuge, so auch hier als Adjutanten zur Seite hatte. Eine Kugel traf beide Pferde, das des General-Adjutanten fiel auf der Stelle, das des General-Lieutenants von Kl. hingegen war nur leicht verwundet. Bald darauf wurde der General in die Wade des rechten Fußes geschossen, blieb aber zu Pferde. Erst Nachmittags um 4 Uhr da er sich bereits stark verblutet hatte, empfing er den ersten Verband. Seine Wunde hielt ihn zu Dresden geraume Zeit bettlägerig. Für das mutvolle Verhalten in der Schlacht bei Lowositz dankte der König dem Infanterie-Regiment des General-Lientenants von Kl. (Alt-Kleist genannt), indem er dem Chef den schwarzen Adlerorden und allen Capitains den Orden pour le mérite verlieh.318 Der König hat wiederholt an seinen verdienten General geschrieben, ihn auch sonst ausgezeichnet. Zwei der eigenhändigen Briefe des Königs vom 30. Juli und 24. September 1749 sind im Preuß. Urkundenbuch zur Geschichte Friedrich II., B. I, S. 160 Nr. 143 und S. 170 Nr. 439 abgedruckt. Unterm 9. August 1737 hatte der König ihm „in Betracht seiner bisher zu Dero höchstem Vergnügen treuersprießlich geleisteten Kriegsdienste" die Gesamthand und Anwartung auf die Lehngüter des Baron Wilhelm Ludwig Müller von der Lühne erteilt. Diese Lehne bestanden in den Gütern Mellentin, Dewichow, Dargen, Balden, Neuhof, Neukrug, Gothen, Ahlbeck und Hufe auf der Insel Usedom (683). Zu Anfang des Jahres 1752 hatte der General von Kl. das Quast'sche Gut Protzen im Neu-Ruppin'schen Kreise, mit Consens vom 24. Januar 1752, gekauft. Nach Protzen wurde sein Körper, nachdem er am 13. Januar 1757 Abends zwischen 8 und 9 Uhr in Dresden gestorben, übergeführt und daselbst „ganz in der Stille, ohne Ceremonien" beigesetzt.319 Der Hauptmann von Arnim im Bevern'schen Regiment (gestorben Februar 1757) hat ihm folgende Grabschrift gesetzt: "Ich war den Menschen stets, sowie sie mir gewogen,
318
Preuß, Friedrich der Große. B. II, S. 364. Hinsichtlich der gutsherrlicheu Verhaltnisse des Generals von Kl. sei noch Folgendes mitgeteilt: „Im Jahre 1714 verkaufte er, damals Major a. D., die Güter Kowalk c. p. und Dimkuhlen an seinen ältesten Bruder für 290 Fl. — Etwa 1720 kaufte er von dem Oberst von Langermanu das Gut Krenzlin. Letzterer versprach ihm auch das dabei gelegene Gut Werder abzutreten, verkaufte es aber anderweitig, wahrend Kl. in Kriegsdiensten abwesend war. Es entspann sich dieserhalb ein Prozeß, in welchem unterm 9. August 1724 die Cabinetsordre an das Kammergericht kam, „Kleist alß einen Offizieren bei so offenbahren Recht in possessione zu schützen". Trotzdem gelangte Kl. anscheinend nicht in den Besitz des Gutes Werder. Am 16. September 1743 wurde er belehnt (684). " 319
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Doch hat ihr Undank mich in diese Gruft gezogen. Die Vorsicht war mein Schutz in mancherlei Gefahr, Bis endlich Lowositz mir zu gefährlich war. Nie konnt' er aber wohl ein größres Lob erwerben, Als für das Vaterland und Friedrichs Ruhm zu sterben. Und gönnte mir das Glück noch einen Lebenslauf, Ich opferte ihn gleich für meinen König auf. " Sein Bildnis, von Gründler nach einer Malerei von Lambert gestochen, hat Professor Pauli der Lebensbeschreibung des Generals von Kl. vorgesetzt. Ein Facsimile wird hier beigegeben. Der General-Lieutenant Franz Ulrich von Kl. war zweimal verheiratet gewesen: a) mit Christina Luise Eleonore, geb. Freiin Gans Edle zu Puttlitz aus dem Hause Wolfshagen, vermählt 1720, welche ihm fünf Söhne: 1) Hans Sigismund, 2) Friedrich Wilhelm, 3) Christian Leopold Ulrich, 4) Caspar Carl und 5) Franz Casimir (III. 519—523 - siehe unten Segenthiner Seitenzweig S. 182), sowie vier Töchter schenkte: 1) Helene Luise, geboren 15. Januar 1723, + Nauen 15. Juli 1763,320 vermählt a. mit einem Herrn von Dossow, b. mit Christoph Wilhelm von Belling, Oberstlieutenant im Regiment Prinz von Preußen Nr. 18 und c. 30. November 1762 zu Buskow321 mit Hans Ehrenreich von Bornstedt aus dem Hause Küstrinchen i. d. Neumark, späteren General-Lieutenant und Ritter des Ordens pour le mérite etc., geboren 1722, gestorben auf seinem Gute Hohenauen 23. August 1807. 2) Hedwig Charlotte Christiane,322 geboren 9. Oktober 1725, gestorben 13. Februar 1765, vermählt mit dem General-Lieutenant Henning Alexander von Kl. auf Juchow (IV. 48). 3) Johanne Elisabeth, geboren 24. Januar 1732 in Stettin, gestorben 3. August 1768 zu Rangsdorf, vermählt a. nach von der Osten mit Oberstlieutenant von Reinhardt und b. 24. August 1762 zu Buskow mit Rittmeister Joachim Ernst von Otterstedt, auf Rangsdorf etc.; — und 4) Marie Eleonore, geb. 25. Mai 1733, vermählt a. mit Hauptmann Hans Andreas von Rosen und b. 1771 mit dem Hoffiskal Engelbrecht in Oschersteben. — Sie erhielt aus dem Nachlaß ihres Bruders Friedrich Wilhelm am 1. März 1771 die Summe von 418 Rtlr. b) Die zweite Ehe ging der General-Lieutenant von Kl. am 11. Januar 1738 ein mit Dorothea Margaretha von Lepel, Witwe des 1725 verstorbenen Oberstlieutenants Nicolaus Christoph von Kleist (III. 323), Tochter des General-Majors und Chefs des Kürassier-Regiments Nr. 2, Otto Gustav von Lepel und der Scholastica Luise, geb. von Blanckensee. Aus dieser Ehe stammen noch: ein Sohn: Friedrich Otto Gustav (III. 524 - siehe unten Segenthiner Seitenzweig S. 182) und eine Tochter: Wilhelmine Luise, geb. 10. November 1740, gestorben 27. Februar 1776 zu Rangsdorf, vermählt 18. März 1769 mit ihrem Schwager, Rittmeister Joachim Ernst von
320
Ihr Sarg befindet sich in der Krypta der Kirche in Buskow. Eine dazugehörende Tafel weist ihr Todesdatum aus. (2015) 321 Bustow, wo die Vermählung stattfand, gehörte der Mutterschwester der Braut, der verwittweten Frau Feldmarschall Eva von Dossow gebornen Freiin zu Putlitz aus dem Hause Wolfshagen (Kirchenbuch zu Rangsdorf). 322 Dieselbe ist in der F. -G. III 1 , S. 57 irrtümlich: Hedwig Charlotte Ernstine genannt.
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Otterstedt, Erb-, Lehns- und Gerichtsherrn auf Rangsdorf und Gühnsdorf, einem Witwer von c. 40 Jahren, der mit ihrer Stiefschwester Johanne Elisabeth verheiratet gewesen. Die verwitwete Frau General-Lieutenant von Kl. starb am 25. Mai 1774 zu Protzen, Abends zwischen 10 und 11 Uhr, an einer hitzigen Brustkrankheit und wurde am 28. Mai im dortigen Gewölbe beigesetzt, 71 Jahre alt. Theodor Fontane berichtete in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg auch über Protzen: Generallieutenant von Kleist, so scheint es, begann damit, Park und Herrenhaus standesgemäß herzurichten. Letzteres zeigt über der Eingangstür noch das Doppelwappen der Kleist und Lepel, welcher letztern Familie die Gemahlin des Generallieutenants angehörte. Die Anwesenheit des Generals auf seinem Gute war aber immer nur eine kurze; der Dienst hielt ihn fern. Welche Truppen er kommandierte, ist aus den Aufzeichnungen, die ich benutzen konnte, nicht ersichtlich. 1756 rückte er mit in Sachsen und Böhmen ein und erlag am 13. Januar 1757 seinen in der Schlacht bei Lobositz erhaltenen Wunden. Das Protzener Kirchenbuch schreibt Logoschütz. Aber selbstverständlich kann nur Lobositz gemeint sein. Nun begann die Herrschaft der verwitweten Frau Generalin. In die Zeit ihrer Regentschaft, also bevor der minorenne Sohn eintrat, fällt das große Ereignis Protzens während des vorigen Jahrhunderts: der Tod eines preußischen Prinzen im dortigen Herrenhause. Über diesen Tod berichtet der alte Pastor Schinkel im Protzener Kirchenbuche wie folgt: »Den 16. Mai 1767 traf Seine Königliche Hoheit Prinz Friedrich Heinrich Karl von Preußen auf dem Marsche von Kyritz nach Berlin mit seinem Regimente hier ein. Er nahm bei unserer Frau Generallieutenant von Kleist Quartier, in der Hoffnung, nach hier zugebrachter Nacht, am anderen Morgen weiterzurücken. Es zeigten sich jedoch die Pocken, so daß Seine Königliche Hoheit sich genötigt sahen, hier zu bleiben. Geschickte Doctorens, die hier tätig waren, waren drei an der Zahl: zunächst Dr. Feldmann aus Ruppin, dann Cothenius, der Leibarzt des Königs, schließlich Geheimer Rat Dr. Mutzel aus Berlin. wandten alle Mittel an, diesen teuren und liebenswürdigen Prinzen zu retten, Gott verhängte es aber anders, so daß, nachdem die weißen Frieseln dazuschlugen, dieser allerliebste Prinz den 26. Mai, acht Uhr abends seinen Geist aufgeben mußte. Ein trauriges Andenken, so die späten Zeiten nicht vergessen werden. Den 28. Mai, elf Uhr abends wurde die hohe Leiche durch Offiziere unter Leuchtung vieler Lichter in das hiesige Gewölbe gesetzet und am 7. Juni, als am ersten Pfingsttage, von hier aus nach Berlin gebracht. Dieser hochselige Prinz war am 30. November 1747 geboren, also kaum neunzehn Jahre, fünf Monate alt geworden.« Die Geschwister des Prinzen übersandten der verwitweten Generalin von Kleist wertvolle Zeichen der Dankbarkeit, und das Ereignis selbst wurde seitens dieser letztern durch zwei bildliche Darstellungen im Sterbezimmer lokalisiert. Ein Loyalitätsakt, der mir, nach der Huldigungsseite hin, etwas zu weit zu gehen und die Schönheitslinie zu überschreiten scheint. Ob die Gemälde noch existieren, hab ich nicht erfahren können; aber das Giebelzimmer, in dem der junge Prinz verstarb, heißt noch immer das »Prinzenzimmer«. Anhang. „Ordre und Instruction vor den Major von Kleist vom Ludwig'schen Regiment, wie solcher nebst dem Capitain von Pohlens von des Königs Regiment, Capitain Merkatz vom Artillerie-Bataillon, Lieutenant Grafen von Wartensleben von des Königs Regiment, Lientenant von Massow vom Schwerin'schen Regiment, Lieutenant von Naumeister vom Kalkreuth'schen Regiment, Lieutenant von Grumbkow vom Thiel'schen Regiment, Lieutenant von Dossow vom Prinz Dietrich'schen Regiment, Fähnrich von Naumeister vom Glasenapp'schen Regiment, Fähnrich von Lüderitz vom Dönhoff'schen Regiment, Lieutenant Holtzmann vom Artillerie-Bataillon und Jäger-Lieutenant von Rippe seine Reise zur Campagne nach Corsika anstellen und sich dabey
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verhalten soll. " 1. Soll derselbe mit vorgedachten Offiziers ohne Zeit Verlust sich auf den Weg machen, und von hier bis nach Augspurg mit der Post gehen, und da vermutlich der Printz Ludewig von Würtemberg längstens Medio Martis mit den nach Corsika destinierten Bataillons dahin gehen dörffte. So müssen sie unterWeges sich keine Stunde auffhalten, sondern Tag und Nacht reisen. 2. Von Augspurg sollen sie Ihren Weg über Inspruck, Trient und Verona bis nach Genua nehmen, welches ohngefähr 70 Meilen seyn werden. Und weil sich in Augspurg gemeiniglich Italienische Vitturini oder Welsche Fuhrleute finden, mit welchen man von Augspurg bis Verona vor Fuhr-Lohn, Kost und Unterhalt accordiret, auch mit Ihnen wegen der Zeit, gegen welche sie bis Verona diese Reyse thun müssen, und welches gemeiniglich in 10: 12 Tagen geschiehet, übereinkommet. So soll der Major von Kleist sich dergleichen Gelegenheit bedienen, zu dem Ende auch sich bey dem dortigen Goldschmidt Gullmann melden, der Ihnen in allem assistiren wird. Solte Er aber in Augspurg erfahren, daß der Printz Ludewig von Würtemberg mit denen Truppen entweder schon würklich auf dem Marsch sey, oder doch bald auffbrechen wolte. So muß er mit den Officiers mit der Post ferner bis Trient gehen. 3. In Trient finden sich alsdann sattsahm Fuhrleute, welche sie entweder bis Verona, oder gar bis nach Genua bringen. Wofern aber, wie offt geschiehet, die Fuhrleute in Trient gar zu excessiv fodern solten. So kann man umb sehr guten Preiß von Trient bis Verona zu Wasser auf der Adige kommen, welcher tour sie sich alßdann bedienen können. Doch muß der Major von Kleist eine gute Überlegung machen, damit wo immer möglich sie zu dem AbMarch des Printz Ludewig von Würtemberg nicht zu späth kommen. 4. Bei Ihrer Ankunfft zu Verona wird der Major von Kleist gewiß erfahren können, ob der Printz von Würtemberg bereits von Mayland aufgebrochen. Wäre solches nun, so sollen sie sämbtlich ihre Reyse schleunigst nach Genua fortsetzen; Wo aber der Printz Ludewig sich annoch in Mayland befände, soll der Major von Kleist dahin reisen, und nebst Überreichung des mitbekommenen Schreibens an den Printzen, das weitere verabreden, indessen die übrigen Officiers sich in Verona auffhalten müssen. 5. Zu Verona finden sich wieder Fuhr-Leute genug, welche bis Genua in wenig Tagen fahren, deß muß sich der Major von Kleist bei seiner Ankunft in Verona erkundigen. Ob nicht Genueser Fuhr-Leute sich alda befinden, welche gemeiniglich um wohlfeilen Preiß die Reysende bis Genua überbringen. 6. Nach Genua wird der General Geraff von Seckendorff Ihnen eine Adresse an den alda sich befindenden Kaiserlichen Minister Marriconi mitgeben, der zu Ihrer Überkunfft nach Corsika, und was sonsten dazu nöthig, allen Vorschub geben wird. Im Fall aber bei Ihrer Ankunfft in Genua der Printz von Würtemberg schon nach Corsika übergegangen, muß der Major von Kleist ein eigenes Fahrzeug mieten, um sicher und bald dahin zu kommen, davor gemeldter Marriconi, den Preiß zum besten wissen, auch gute Nachricht geben wird. 7. Soll der Major Kleist und die sämbtliche Officiers nicht mehr als 6 Bediente mitnehmen, so daß 2 und 2 einen Bedienten haben. Wofernen auch der Major von Kleist finden solte, daß mit noch weniger Bedienten auszukommen sey, wäre solches so viel besser, um so wenig embarras als möglich zu haben. Unter denen Bedienten aber soll einer seyn, der etwas kochen kann, damit sie sich in Corsika in der Campagne im fall der Noth ein wenig warme Suppe machen lassen können, als wovon größtenteils die Gesundheit in denen warmen Ländern mit dependiret, dieser Koch muß sich auch mit ein paar Feld Kessel und Casterols versehen, auch etwas Schüsseln und Teller mitnehmen, weil in Corsika von allen dergleichen ohnentbehrlichen Geräthschaften nichts zu haben seyn dörffte. Weilen auch einem oder
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anderm unter Ihnen auf der Reyse oder in Campagne was zustoßen kann; Alß geben Se. Königl. Majestät Ihnen einen tüchtigen Feldscheer nebst nöthiger Artzeney und andern Nothwendigkeiten mit, damit auch hierin im Fall der Noth nichts fehle. 8. Sollen sie sich sämbtlich mit ein Madratze und guten Decke, auch mit Decken vor ihre Leute versehen, weil in Corsica kein Stroh zu finden, darauff man liegen kann, und obwohl in selbiger Insul viel Cassinen und Häuser sich befinden, So soll der Major von Kleist doch auf allen Fall 3 Unter-Officier-Zelter mitnehmen. Die übrige Equipage soll in nichts weiter bestehen, alß einem neuen Mundirungs-Rock im Coffre, und einem auf dem Leibe, hinnechst Weißzeug, Schuhe und Stieffeln, mit welchen Sie sich, soviel sie nöthig brauchen, vorher versorgen müssen, weil in den dortigen Ländern dergleichen vor Geld nicht zu finden ist. 9. Wird der Major von Kleist bey seiner Ankunft in Genua erfahren, ob die Officiers zu Fortbringung Ihrer Bagage auf der Insel Corsika Maulthiere nöthig haben. Weil nun in Genua dergleichen auf eine gewisse Zeit gemietet werden können, so soll der Major von Kleist, so viel sie davon nöthig brauchen, auf so lange, wie die Expedition in Corsica währet, mieten, alß wozu Ihnen obgedachter Kayserl. Minister Marriconi alles zureichend anweisen wird. 10. Werden die Officiers auch dorten wegen des beschwerlichen Marche's Reit Pferde nöthig haben, daher der Major von Kleist in Genua, so viel Pferde sie hochnothwendig brauchen, ebenfalls auf eine gewisse Zeit mieten, und dabey zugleich Knecht, Equipage und nöthige Fourage mit accordiren kann, alß wozu Ihm mehrgedachter Kayserl. Minister Gelegenheit geben wird. 11. Muß der Major von Kleist bei dem commandirenden General, oder auch allenfalß in Genua, bey demjenigen, so denen Kayserlichen Trouppen das Brodt in Corsica liefert, es dahin zu bringen suchen, damit denen sämbtlichen Officiers so viel Portiones, jedoch vor baare Bezahlung, gelieffert werden, als sie vor sich und ihre Leute brauchen, worunter er so viel mehr facilité finden wird, da der Kayserl. General Geraff von Seckendorff deshalb an den Printz Ludewig schreiben dörffte. 12. Auf der gantzen Reyse sowohl, alß während der Campagne sollen der Major von Kleist und sämbtliche Officiers sich einer guten Wirthschaft und Oeconomie befleißigen, doch soll kein Officier vor sich a part wirthschaften, sondern sie müssen alle gemeinschaftlich leben und haußhalten, und sich einer recht guten Menage befleißigen. 13. Zu Bestreitung der nöthigsten Kosten, wollen Se. Königl. Majestät aus Dero General-Kriegs Casse 10000 Thlr. zahlen lassen, welche der Major von Kleist von dem Kriegsrat und Kriegs Zahlmeister Richter in Berlin dergestalt empfangen wird; Nemlich 300 Ducaten baar, um davor die Posten und andere Nothwendigkeiten in Teutschland zu bezahlen, das übrige aber in guten zahlbaren Wechseln von Splittgerber und Daum auf Italien, und zwar auf Spanischen Pistohlen, weil diese in Italien gebräuchlicher, wie die Französischen Pistohlen seynd. Von diesem Gelde soll er jedem Officier zu seiner Mund Portion monatlich 10 Thlr. Zulage geben, nechstdem darvon die Quartiere, Extra-Posten, Fuhren, Schiffs-Fracht und dergleichen unumgängliche Extra-Außgaben bezahlen. Er muß aber von allem richtige Rechnung führen, alles und jedes wohl und genau bedingen, und accurat anschreiben, auch sich einer guten Menage überall befleißigen. 14. Vor Ihrer Abreyse von Berlin soll der Major von Kleist sich bey dem General Geraffen von Seckendorff melden, der Ihm über ein und anderes noch mehrere und mündliche Erleuterungen geben, auch Ihm ein
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Schreiben an mehrgedachten Kaiserl. Minister in Genua, Marriconi, zustellen wird. 15. Soll der Major von Kleist, sowohl als übrige sämbtliche Officiere so auf der Hin-, wie Her-Reyse keinen Umweg machen, um etwa eine oder andere Städte zu besehen, sondern sie sollen Ihren Weg gerade fortsetzen, damit sie je eher je lieber wieder bei Ihrem Regiment seyn können. Übrigens soll der Major von Kleist von Zeit zu Zeit fleißig berichten, was vorgefallen, und von allem seinen Rapport thun. Potsdam d. 26. Febr. 1732. Die Schreiben, welche der Major von Kleist und einige der ihm unterstellten Officiere an den König von der Reise und aus der Campagne gerichtet, sind noch vorhanden. Kratz hat dieselben ercerpiert. Wir bringen das Interessanteste daraus: Anfangs März reisten unsere Krieger von Berlin ab und langten bereits am 22. März in Genua an, woselbst der Major von Kleist am 23. das Königl. Handschreiben dem Prinzen Ludwig von Würtemberg übergab. Dort konnte er keine Pferde mieten, sondern mußte 6 Pferde kaufen. Die Maulthiere zur Bagage ließ der Prinz ihnen geben. Im Hafen von Genua lagen 6 spanische Kriegsschiffe, welche ihre und aller Zuschauer große Verwunderung erregten. Aul 7. April langte der Prinz von Würtemberg mit ihnen und seinen Truppen im Hauptquartiere Calvi bei dem Generalmajor von Schmettau an, und am 9. kamen sie in die Nähe von Calentzana, wo die Rebellen ihre Magazine hatten. Von dort berichtet der Major von Kl.: „Die Rebellen halten gar nicht Stand, sondern, sobald sie geschossen, und nur wieder ein Schuß geführt, lauffen sie davon, dahin in die. Fehlsen sie keiner folgen kan, man vermutet, daß sie sich baldt gäben werden; wenn wir erst Calentzana haben werden, wird es die Zeit lehren. " Unterm 22. April schreibt er: „Die Rebellen zu Calentzana haben sich ohne Schuß ergeben, die zu den District gehörigen 16 Dörfer werden sich auch ergeben. " Am 6. Mai berichtet er von Corte aus: „Sämbtliche Häupter der Rebellen haben sich ergeben, nun sind noch an 1000 Mann, meistenteils Derserteurs, liederlich Zeug, die nur rauben und stehlen; es fehlt denen Rebellen so wol an Cauragee, als gute Anführers. " Unterm 9. Mai schreibt der König an Polenz, der ihm auch wiederholt berichtet hat, und klagt über Mangel an Nachrichten aus Corsica, und beauftragt die sämmtlichen Offiziere, große Soldaten für sein Regiment mitzubringen. Am 16. Mai berichtet Major von Kl.: „Bei Corti hat Allens das Gewehr gestreckt, morgen marschiert der Prinz nach Notelta; Offiziere alle gesund, Aufführung sehr gut. " So hatten die Rebellen dem Heldenmute der Deutschen und ihren tapfern Waffen nur wenige Wochen Widerstand zu leisten vermocht. Unterm 23. Mai schreibt Polenz an den König: „Wir haben uns alle Mühe gegeben, große Kerls in diesem Lande zu finden, wie der Prinz Ludwig selbst die ordre gegeben. Selbige zu suchen, allein da die hiesige Art Leute klein und untersetzt, ist biß hieher für uns nichts zu thun gewesen, die 2 großen Kerls sind Major von Kleist präsentiert worden, sie haben aber nicht mehr, als etwas über 9 Zoll gemessen, bei den Kaiserlichen Truppen werden etwa 4 Mann im 1. Gliede 2ten Bataillons zu finden sein pp. " Am 24. Mai 1732 antwortet der König dem Major von Kl. auf den Bericht vom 16.: „Weilen auch Eurem Bericht nach nunmehr dorten wenig mehr zu thun feyn wird, so sollt Ihr Eure Rückreyse mit den Officieren in Gottes Nahmen antreten, und Euch alle Mühe geben, auf der Reyse einige gute Leute vor Mein Regiment mitzubringen, als wodurch Ihr Mich ein besonderes Vergnügen machen werdet. " Eigenhändig hat der König noch hinzugefügt: „Ihr alle mit einander sollet alle Mühe in der weldt tuhn, leutte mitzubringen, fehlt es am Gelde, so nehmet auf mich dort Geld auf, wo große leutte seyn. " Am 29. Mai langten unsere Kriegshelden wieder in Genua und am 2. Juni in Mailand an. Polenz, der wegen Fußrose in Genua zurückgeblieben, schreibt an den König: „Ich habe einen 20jährigen
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Kerl gefunden, sieht gut aus, 72 1/ 2 Zoll groß. " Am 25. Juni langten sämtliche Offiziere wieder in Potsdam an, und baten, daß Jedem von ihnen noch 100 Thlr. ausgezahlt würden, um ihre aufgenommenen Schulden zu tilgen, da die Subsistenz in fremden Ländern sehr kostbar gewesen. An kaiserlichen Truppen waren übrigens 16 Bataillone = 10850 Mann, 144 Dragoner und 525 Husaren, also in s. 11519 Mann in Corsica gewesen, zu deren Transporte 53 Fahrzeuge erforderlich waren. Von Genueser Truppen hatten an dem Feldzuge in Corsica 3324 Mann teilgenommen. Von dem Corps des Prinzen Ludwig von Würtemberg waren 40 Mann blessiert und 20 Mann todt, und von dem Corps des Generalmajors von Schmettau waren 69 Mann blessiert und 22 todt.
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III. 390. Alexander Michael, Hauptmann, † 1733,323 Jürgens vierter Sohn, war 19. Dezember 1709 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 5, 8. April 1712 Lieutenant, im April 1716 Premier-Lieutenant, 29. Februar 1720 Stabs-Capitain und 12. Juli 1729 Compagnie-Chef. Am 24. Mai 1733 starb er. Bei der brüderlichen Erbteilung im Jahre 1714 waren ihm 2000 Thlr. zugefallen. Im Jahre 1733 meldete sich bei Gericht eine verwittwete Frau Hauptmann Palmius geborne Amalie Roht wegen Wechselforderung an den verstorbenen Capitain Alexander von Kl., modo dessen Kinder und den ältern Bruder Franz Ulrich, als verordneten Vormund. Da aber Jürgen Lorenz und Franz Ulrich sich zur Vormundschaft bekannt hatten, so wurde sie ab- und an diese Beiden gewiesen. Im folgenden Jahre klagte sie gegen beide Brüder wegen dieser Wechselforderung. In seiner Ehe mit.... von Roden waren dem Hauptmann von Kleist ein Sohn: Georg Heinrich (III. 525 siehe unten S. 213) und einige Töchter geboren, deren Namen unbekannt. III. 391. Christoph Heinrich, Lieutenant, † 1744, Jürgens jüngster Sohn, war 1713 Gefreiter-Corporal im Infanterie-Regiment Nr. 1, 21. November 1714 Fähnrich und 26. Mai 1719 Lieutenant. Am 16. September 1743 huldigte Lieutenant Christoph Heinrich von Kl. abwesend. Nach von der Osten starb er 1744, unvermählt. Von Jürgens fünf Söhnen hatten also die vier ältesten männliche Erben. Durch den ältesten Sohn: Regierungsrat Hans Joachim auf Siedkow und Groß-Tychow wurde insonderheit der Siedkow-Ruschitzer Seitenzweig fortgepflanzt. Hans Joachim hatte fünf Söhne: 1) Ewald Jürgen, 2) Franz Lorenz, 3) Dionysius Wilhelm, 4) Hans Joachim und 5) Rüdiger Christian (III. 510—514). III. 510. Ewald Jürgen, geb. 1713, † 1730, Hans Joachims ältester Sohn, geb. 23. April 1713, besuchte das Gymnasium zu Neustettin, starb aber bereits im Alter von siebzehn Jahren. III. 511. Franz Lorenz auf Siedkow,
323
Die Stammtafel tituliert ihn irrtümlich Lieutenant und gibt 1738 als sein Sterbejahr an.
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Hauptmann, geb. 1714, † 1767, Haus Joachims anderer Sohn, getauft 14. Juli 1714, war 1732 Fähnrich im Dragoner-Regiment Anspach-Bayreuth Nr. 5 und 31. Mai 1735 bereits Premier-Lieutenant. Als solcher focht er bei Hohenfriedberg (4. Juni 1745) mit. König Friedrich II. erteilte einen „Königl. Gnaden Brieff und Diplom vor das, bey der glorieusen Bataille bey Friedberg in Schlesien sich hervorgetane Dragoner-Regiment von Bayreuth. " von Kl. wurde Stabs-Capitain. Am 27. August 1756 kam er zum Garnison-Bataillon v. Grolmann Nr. 3. — Am 27. Dezember 1760 wurde er mit der Garnison Torgau von der Reichs-Armee gefangen und am 25. November ej. a. nach Weißenhorn in Schwaben gebracht und war dort noch im Juni 1763 gefangen. Seit Frühjahr 1763 ist er in den Listen nicht mehr geführt. Nach dem Tode seines Schwiegervaters, des Majors Bernd Erdmann von Kl. (III. 409) auf Damen (gestorben 1745), hatte der Hauptmann Franz Lorenz von Kl. von seiner Schwiegermutter das Gut Damen c. gekauft; er mußte es aber seinem Schwager, dem Hauptmann Friedrich Carl (III. 535), welcher es einlöste, überlassen, laut Rechtssprüchen vom 12. Februar und 12. Juli 1751.324 Unterm 10. Januar 1754 kam ein Teilungsrezeß zwischen seiner Mutter und ihren vier Söhnen zu stande. Hiernach bekam Franz Erdmann Gr. Tychow c. erblich; er übernahm es zum Werte von 20000 Thlr., überließ aber seiner Mutter eine Kavel Holz im Flachslande zu ewigen Zeiten, erblich, wegen Holzmangels in Siedkow und begab sich seines Erbteils an Siedkow. Am 28. Februar 1754 kaufte er von dem Hauptmann Erdmann Gottlieb (II. 112) Groß-Tychow a für 12000 Fl. Pomm. und 200 Fl. Schlüsselgeld. Unterm 24. Juni 1756 kaufte er von demselben noch Kl. Krössin a hinzu. Zu Gr. Tychow a gehörte das sogenannte große Gut, das Obergut, das Berggut, die Bamnitz, der Vogelsang, die Mühle, das Marienhöfchen, der Kathen bei Burzlaff, der Feldkathen bei Mandelatz und der Holzwärterkathen beim Flachslande.325 Die Güter Gr. Tychow a und c hatten in den Kriegsjahren 1759—62, nach der Schadenstands-Tabelle an wirklichen Kriegsschäden: 20480 Thlr. 16 Ggr., laut Attest des Landrats von Ramel erlitten. Der Hauptmann Franz Lorenz von Kl. verkaufte nach dem Vergleich vom 14. Mai 1767 seine Güter Gr. Tychow a und c nebst Kl. Krössin a für 42500 Thlr. und 50 Dukaten Schlüsselgeld, erblich, dem Hauptmann Anton auf Zarnekow (III. 518). (Urkunde 631). Der Oberst Peter Christian von Kl. (III. 431) auf Gr. Tychow b aber meldete sich als näherer Agnat und übte das jus retractus aus. (Siehe FG. III. 3, S. 134 - 1. Auflage). Der Hauptmann von Kl. starb noch im Jahre 1767. In seiner Ehe mit Anna Franziska von Kleist, Tochter des Majors Bernd Erdmann auf Damen (III. 409) waren ihm vier Söhne: 1) Otto Joachim Bernd Heinrich, 2) Hans Joachim Rüdiger, 3) Franz Rudolph und 4) Rüdiger Anton (III. 636—639) und eine Tochter geboren:
324 Brügg. III, 645. Am 21. Mai 1753 wurde Franz Lorenz von Kl. belehnt (684). 325 Hinsichtlich Gr. Tychow a ist im Kaufcontracte gesagt: 1. beim Rittersitz und zwar beim Oberhofe: Das Wohnhaus ist in Holz gebaut, vorn gemauert, an den Seiten und hinten gekleimet, hat einen gekleimten Schornstein, ist mit Stroh gedeckt, besteht in 12 Gebinden und ist an Holz, Dach und Fach mittelmäßig, und daher nöthig, daß es repariert werde. 2. beim Unterhofe: Diesen Rittersitz hat der Verwalter M. Timm, laut Contract vom 19. Oct. 1754 bis Mariä 1756 zur Arrende für jährlich 500 Fl. Pacht. Feldkathen und Bamnitz geben 28 Rtlr. Pacht und ein Achtel Butter Pacht und Vorwerk Vogelsang besitzt ein Unterthan, gibt 28 Rtlr. Pension und ein Achtel Butter.
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Johanna Hermine Caroline Auguste, geboren 16. April 1752, gestorben 3. April 1804, vermählt 2. Januar 1775 mit Ludwig Ferdinand Friedrich von Heising, geb. 5. Januar 1738, + 10. Juli 1807 (1809?),326 Rittmeister des Löllhöfelschen Kürassier-Regiments, nachmaligem General-Lieutenant und Chef des Kürassier-Regiments Nr. 8. Frau Hauptmann von Kl. kaufte als Witwe von ihrem Schwager, dem Major Rüdiger Christian (III. 514) das Gut Siedkow am 18. Juli 1768 für 15000 Thlr. erblich, mit lehnsherrlichem Consens vom 20. März 1771 auf 25 Jahre, und trat es am 15. und 18. Oktober ej. a. ihrem ältesten Sohne Otto Joachim Bernd Heinrich für denselben Preis ab; es wurde ihr aber am 4. April 1778 von diesem Sohne wieder überlassen. Unterm 26. November 1800 machte sie ihr Testament, worin sie ihre beiden, damals noch lebenden Söhne und ihre einzige Tochter zu gleichen Teilen zu Erben einsetzte. Nach Verlauf eines Jahres war sie periodisch wahnsinnig geworden, und wollte ihr Testament zu Gunsten ihres ältesten Sohnes, welcher sie bei sich in Ruschitz aufgenommen hatte, ändern; sie verkaufte demselben Siedkow am 14. August 1802 für 15000 Thlr., während es mehr als dreimal so viel wert war. Dies wurde vom Siedkow'schen Patrimonial-Gerichte jedoch nicht zugegeben. Sie wurde am 29. April 1802 für wahn- und blödsinnig erklärt und unter Kuratel gestellt. Hiergegen apellierte der zweite Vormund. Doch ehe das zweite Urteil rechtskräftig wurde, starb sie am 23. Dezember 1802 zu Siedkow, im 77. Lebensjahre. Kurze Zeit nach ihrem Tode (25. Januar 1803) erging das Appellationserkenntnis, wonach die Blödsinnigkeitserklärung wieder aufgehoben wurde. Es entspann sich nun ein Erbschaftsprozeß, welcher sich einige Jahre hinzog, in welchem aber schließlich die Testamentsänderung vom 14. August 1802 für rechtskräftig erklärt wurde. III. 512. Dionysius Wilhelm, Capitain, geb. ca. 1719327, † 1760, Hans Joachims dritter Sohn, ward 19. November 1741 Lieutenant im Feld-Artillerie-Corps, 26. August 1748 Stabs-Capitain und 1753 Capitain einer Artillerie-Compagnie in Breslau328. Er starb 20. Juni 1760, unvermählt. — Am 21. Mai 1753 war er belehnt worden (684). III. 513. Hans Joachim, Landrat, geboren 24. April 1725, † 1789, 329 Hans Joachims vierter Sohn, war seit 1739 in Dienst getreten, am 16. Juni 1742 Fähnrich im Dragoner-Regiment Nr. 3, 10. Juni 1745 Lieutenant und 1. September 1752 Premier-Lieutenant. Am 22. Mai 1755 wurde er wegen schlechten Gesichts mit dem Charakter Capitain dimittiert.330 Er hatte die Feldzüge 1740 und 1744 mitgemacht. Nach erhaltenem Abschiede übernahm er zunächst das väterliche Gut Siedkow, trat es aber schon am 20. 326
Ausgewählte Ahnentafeln der EDDA, Gotha 1925, S. 84 Nr. 43 (2014) Vasallen-Tabelle de 1756, 38 Jahre alt. (2007) 328 Er logierte auf der Schweidnitzischen Gasse in der Badstube. Schlesische Instantiennotiz des 1753ten Jahres. (2009) 329 Die Kriegs-M. -A. geben irrtümlich 1721 als sein Geburtsjahr an. 330 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 494 (2012) 327
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November 1756 wieder an seine Mutter ab. Zuvor hatte er am 15. Juni ej. a. das alte von Münchow'sche Lehngut Seeger mit Zubehör, als dem Vorwerke Kl. Zabelsberg, Neuhof und dem Holzkathen zu Nassow von dem Fähnrich Georg Friedrich von Münchow erblich gekauft, worauf die Präclusion verschiedener Agnaten, jedoch mit Vorbehalt des Näherrechtes der in Kriegsdiensten sich befindenden Geschlechtsvettern von Münchow durch den Rechtsspruch vom 6. Dezember 1756 erfolgte. Dazu kaufte er von der Witwe des Hauptmanns Matthias Reimar von Kleist (III. 502 a. ): Christiane Marie von Reder das Gut Zeblin, mit der am 30. Juni 1757 erteilten Genehmigung des Hofes, per. contr. d. d. Zeblin 26. August 1757, verkaufte es aber bereits unterm 24. Dezember ej. a. für einen Pfandschilling von 9000 Thlr. auf 25 Jahre dem Curt Heinrich von Wussow, worauf das Geschlecht von Kl. mit dem Vorkaufs- und Wiedereinlösungsrechte am 22. Mai 1765 präkludiert wurde.331 Ferner kaufte er das Gut Hoff bei Cammin von der Dorothea geb. Reichsgräfin von Flemming und ihrem Gemahl, dem Obersten Friedrich Casimir von Grumbkow am 12. Oktober 1764 für 26400 Thlr., und wurde am 21. Januar 1765 mit Hoff belehnt.332 Dafür verkaufte er unterm 27. Oktober 1764 sein Gut Seeger c. p. dem Generalmajor Hans Gustav von Münchow. Die Güter Mühlenkamp, Drawehn b und Kl. Kartzenburg b, welche er am 7. Mai ej. a. von dem Major Friedrich Wilhelm von Lettow für 12000 Thlr. gekauft hatte, wurden durch den Rechtsspruch vom 26. April 1776 dem Königl. polnischen Obersten Heinrich Ludwig von Lettow zuerkannt. Das von dem Geheimrat von Heydebreck unterm 15. September 1764 gekaufte Gut Schwemmin verkaufte er am 17. Januar 1765 erblich dem Geheimen Finanz-, Kriegs- und Domainen-Rat Friedrich Wilhelm von Gerlach. Inzwischen war Hans Joachim von Kleist etwa von 1756 bis 1763 zum hinterpommerschen Regierungsrat und Landrat des Belgarder Kreises ernannt worden.333 Seine Güter hatten durch die russische Invasion schwer gelitten. Dazu kamen mancherlei andere scharfe Heimsuchungen über ihn. In Hoff brannte ihm die ganze Schäferei ab. Dabei verbrannten 600 Schafe und 20 fette Ochsen. Dazu kam totaler Mißwachs. Im Jahre 1771 bat der Landrat von Kl. den König um Hülfe, wurde aber unterm 7. Oktober ej. a. vorläufig „vertröstet". Da er in der Heimat keine Hülfe finden konnte, so suchte er dieselbe außer Landes. Er meldete dies dem Könige, zeigte es auch dem Fiskus an. Er ging, ohne zuvor die Königl. Genehmigung erhalten zu haben, zunächst nach Sachsen, erhielt aber dort kein Geld. Dann wandte er sich nach Wien an eine Gräfin Clary aus der pommerschen Familie von der Osten; doch auch dies schlug fehl. Nach von der Osten wurde er 1772 in Wien katholisch und erhielt hierauf eine Anstellung als Landkammerrat oder Direktor bei dem Grafen Pototzky, dann 1774 als Kaiserlicher Kreishauptmann zu Grätz in Steiermark. Unterm 10. Januar 1774 wurde der Landrat Hans Joachim von Kleist aller seiner Lehnrechte verlustig erklärt (684). Inzwischen hatte seine Gemahlin Maria Antoinetta von Münchow, welche in der Heimat geblieben war, durch gute Wirtschaft die Gläubiger befriedigt und das Gut Hoff für ihre noch übrigen Illata conserviert. Hoff war ihr, bei der öffentlichen Feilbietung desselben, am 19. September 1777 für das Meistgebot von 16722 Thlr. 5 Sgr. 4 Pf. zugeschlagen worden.
331
Brügg. III, 610. Laut Kaufcontract d. d. Zeblin 27. Juli 1762 brachte der Major Leberecht Otto von Gerlach Zeblin an sich, und Hans Joachim von Kl, cedierte ihm am 7. Mai 1764 sein Lehnrecht an Zeblin. 332 Am 21. Mai 1753 war er vorläufig mitbelehnt worden (684). 333 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 494 (2012)
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Im Jahre 1783 kam ihr Gemahl wieder zurück nach Hoff. Hierauf verkauften Beide das Gut Hoff am 8. August 1786 für 22500 Thlr. in Courant erblich dem Lieutenant Carl Friedrich von Winterfeld.334 Durch Cabinets-Ordre vom 25. August 1787 wurde dem Landrat von Kleist die verlorene Lehnfähigkeit restituiert. In den darauf folgenden Jahren löste er das von der Witwe des Hauptmanns Anton Georg von Kl. (III. 435): Juliane Elisabeth geb. von Koller an den Lieutenant Caspar Friedrich Wilhelm von Paris verkaufte Gut Poberow, nach den rechtskräftigen Erkenntnissen vom 18. Juli und 21. November 1788 und 8. April 1789, für 8000 Thlr. ein.335 Er starb am 29. Mai 1789, 64 Jahre alt, und ward im Dome zu Cammin begraben. Poberow fiel an seinen Brudersohn, den Rittmeister Otto Joachim Bernd Heinrich (III. 636), als nächsten Agnaten. In seiner Ehe mit Maria Antoinette von Münchow, des sächsischen Oberstlieutenants Anton von Münchow auf Zerrehne und der Agnise Hedwig gebornen von Münchow aus Seeger Tochter, vermählt 1. August 1755, war er kinderlos geblieben. Die Witwe starb am 9. Mai 1799, 75 Jahre alt, und wurde gleichfalls im Dome zu Cammin begraben. III. 514. Rüdiger Christian, Major, geb. 14. Mai 1726, † 1778, Hans Joachims jüngster Sohn, war 29. August 1743 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 2, 28. Mai 1746 Lieutenant, 15. September 1757 Premier-Lieutenant und General-Adjutant des General-Lieutenants von Kanitz, in der Schlacht bei Zorndorf (25. August 1758) blessiert, 6. Juni 1759 Stabs-Capitain, 7. Juni 1760 Compagnie-Chef und 23. April 1770 Major. Er starb am 16. August 1778 in der bayerischen Campagne im Lager bei Leopold an der roten Ruhr, ohne männliche Descendenten hinterlassen zu haben, und ward in Trautenau in Böhmen, nicht weit von der schlesischen Grenze, begraben. Nach dem Tode seiner Mutter war ihm in der Auseinandersetzung mit seinen Geschwistern am 15. und 16. August 1763 das Gut Siedkow zugefallen. Er übernahm es mit den darauf haftenden Schulden für 13333 Thlr. 8 Ggr. Die Schulden bezahlte er mit seiner Frau Ehegeldern. Am 24. Juli 1765 wurde er belehnt (684). Im März 1770 attestierte der Landrat, daß die Schäfereigebäude in Siedkow den Einsturz drohten auch müsse die zu Siedkow gehörige Verwalterei, der Mickenkrug genannt, schleunigst gebaut werden. Da dies wenigstens 500 Thlr. kostete, so bat Kleist um Königl. Gnadengelder, wurde aber unterm 3. Oktober 1770 abgewiesen. Mit seiner Gemahlin Sophia Magdalena Gräfin von Mellin, geboren 8. August 1722 in Stettin, gestorben 7. Januar 1807 in Königsberg, dritten Tochter des Grafen Carl Gustav von Mellin auf Damitzow und Boldewitz, schwedischen Generals, und der Beata Dorothea von Rotermundt, die er 1762 geheiratet
334 335
Brügg. III, 553, 585, 599. V, 149. 82. Brügg. V, 232.
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hatte, war er unbeerbt geblieben. gestorben 1760, verheiratet.
337
In 1. Ehe 1741 war sie mit einem Erbherrn von Linden auf Büssow,
Von des Hans Joachim fünf Söhnen hatte also nur der zweite: Franz Lorenz männliche Erben. Seine vier Söhne heißen: 1) Otto Joachim Bernd Heinrich, 2) Hans Joachim Rüdiger, 3) Franz Rudolph und 4) Rüdiger Anton Georg Friedrich (III. 636—639). III. 636. O t t o Joachim Bernd Heinrich auf Ruschitz, geb. 4. August 1747, † 1823, des Franz Loren; ältester Sohn, war 2. Februar 1765 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 5, 7. Mai 1769 Lieutenant und 22. September 1782 Stabs-Rittmeister. Am 14. Juni 1790 wurde er verabschiedet, nachdem er 27 Jahre gedient. Bei der Revue 1771 hatte er durch Sturz mit dem Pferde einen Bruch erhalten. Er zog mit seiner Familie nach Ruschitz, Kreis Stolp und erhielt 150 Thlr. Wartegeld. Im Januar 1793 wurde er zum Postmeister von Treuenbrietzen ernannt. Er blieb jedoch in Ruschitz wohnen, das General-Postamt zahlte ihm 300 Thlr. Revenüen jährlich und bewirtschaftete das Post-Amt in Treuenbrietzen in seinem Namen. Seine Mutter hatte ihm unterm 15. und 18. Oktober 1771 das Gut Siedkow abgetreten; er hatte es ihr jedoch am 4. April 1778 wieder überlassen.338 Wegen des Gutes Lanzen strengte er 1781 einen Revocationsprozeß an. Durch die Erkenntnisse vom 29. August 1781, desgleichen 29. April und 7. August 1782 wurde aber festgefetzt, daß er zur Zeit, und bis dahin, daß der Hauptmann Franz von Kl. (III. 591) und dessen lehnsfähige Descendenz verstorben, abzuweisen, alsdann aber ihm vorzubehalten sei, dies Gut und zwar gegen die alsdann aufzunehmende Taxe zu revociren (694). Laut Vergleich vom 17. März 1783 wurde ihm, als nächsten Lehnsfolger, das Gut Ruschitz, welches der Hauptmann Franz Casimir (III. 397) besessen, der wegen Blödsinns unter Curatel gestanden, von dem Curator desselben, dem Hauptmann Jürgen Heinrich von Wobeser, gegen Zahlung eines jährlichen Vitalitiums von 200 Rtlr., mit Approbation des Cöslin'schen Vormundschafts-Collegiums vom 31. Mai 1783 abgetreten und der Besitztitel für ihn berichtigt.339
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Svenska Adelns Ättar-Taflor, Stockholm, 1861, S. 902 (2010) Im Jahre 1763 klagte der Generalmajor von Linden gegen des (damaligen) Hauptmanns von Kleist Ehefrau, welche die ihrem ersten Gemahl, dem verstorbenen Bruder des Generalmajors von Linden, eingebrachten Ehegelder von den Erben zurückforderte. Der Prozeß wurde zu Ungunsten des Klägers entschieden. Er wurde verurteilt, das qu. Ehegeld, im Betrage von 10 000 Rtlr. an die Verklagte in alten und neuen Friedrichsd'or nebst 41 % agio zurückzuzahlen. Er verstand sich jedoch nur dazu, die Summe in Silbergeld zu zahlen. 338 Brügg. III, 670. Im Jahre 1769 hatte er einen Prozeß geführt gegen den Oberst Peter Christian (III. 431), wegen der Güter Gr. Tychow und Kl. Krössin, auf welche er ein Näherrecht behauptete, war jedoch unterm 20. September ej. a. abgewiesen worden. 339 Unterm 24. November 1786 ward er mit Ruschitz belehnt (684). Im folgenden Jahre erhielt er zur Verbesserung des Gutes 2000 Rtlr. Königl. Meliorationsgelder. In den Jahren 1784 ff. suchte er von den von Glasenapp auf dem Rechtswege die Guter Grünwald und Steinburg a zu reluiren, wurde aber durch die drei konformen Urteile vom 27. Februar und 13. September 1786 und 27. Juni 1787 in allen Instanzen abgewiesen. Ergänzung 2009: Hierzu ausführlicher (Fortsetzung...) 337
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Nach dem Tode seines Oheims, des Landrats Hans Joachim (III. 513, starb 1789), nahm er das Gut Poberow in Besitz. Nachdem seine Brüder, die Lieutenants Franz Rudolph und Rüdiger Anton Georg Friedrich (III. 638 und 639), ihre Lehnrechte an diesem Gute am 19. und 20. Juni 1789 ihm abgetreten hatten, verkaufte er Poberow unterm 3. Februar 1803 für 21500 Rtlr. Courant, mit Königl. Genehmigung, erblich an den Eigentümer D. G. Rieckmann.340 Nach der Willenserklärung seiner Mutter vom 14. August 1802, welche in dem daraus entstandenen Rechtsstreite durch das Tribunals-Erkenntnis vom 14. August 1805 für rechtsbeständig erklärt wurde, sollte ihm das Gut Siedkow zu dem Werte von 15000 Rtlr. zufallen. Nach dem Tode der Mutter entsagten sich, nach dem commissarischen Auseinandersetzungs-Rezeß vom 30. September 1806, die Erben ihrer verstorbenen Tochter Johanne Hermine Caroline Auguste, vermählten Frau General-Lieut. von Heising, gegen eine auf 5000 Rtlr. festgesetzte Abfindung, aller Ansprüche an das Gut. Dasselbe wurde den beiden Brüdern (III. 636 u. 638) zum alleinigen, gemeinschaftlichen Besitze übertragen.341 Nach dem Tode des jüngeren Bruders erhielt Otto Joachim Bernd Heinrich dessen Anteil an Siedkow und wurde alleiniger Besitzer des Gutes. Bei seinem Tode am 25. März 1823 hinterließ er ein Allodial-Vermögen von 27521 Rtlr. 3 Sgr. 8 Pf. Seine Witwe pachtete Ruschitz von Marien 1824 bis dahin 1836. Der Lehnsfolger Otto (III. 866) participierte am Lehn mit 4191 Rtlr. 10 Sgr. 6 Pf. Jede Tochter erhielt eine Lehnsabfindung von 1397 Rtlr. 3 Sgr. 6 Pf., und bei der Verheiratung an Paraphernalien und Hochzeitsgeldern: 150 Rtlr. Der Rittmeister von Kl. war zweimal verheiratet gewesen: a) mit Christiane Eleonore Philippine Elise von Borcke aus Unheim, des Jürgen Heinrich, Königl. preußischen Oberstlieutenants, jüngsten Tochter, vermählt 30. Oktober 1772, mit welcher er sechs Söhne und neun Töchter zeugte. Die Namen der Söhne sind: 1) Friedrich Franz Christian Ludwig, 2) Wilhelm Carl Ludwig, 3) Otto Wilhelm Carl, 4) Philipp Georg, 5) Hermann Bernd Philipp Wilhelm und 6) Ludwig Philipp Leopold Joachim (III. 755—760). Die Töchter heißen: 1) Luise Franziska Ernestine, geboren 10. August 1773 zu Siedkow, gestorben 12. Januar 1775 zu Cöslin. 2) Franziska Luise Caroline, geboren 15. Juni 1781 zu Belgard, gestorben 10. November ej. a. ebendaselbst. 3) Caroline Catharina Christiane und 4) Johanne Luise Wilhelmine, Zwillinge, geboren 3. November 1782 zu Belgard. Letztere wurde die Gemahlin des Karl Friedrich Philipp von Stojenthin auf Zemmin; sie hinterließ zehn Kinder. 5) Helene Amalie Auguste, geboren 22. Juni 1787 zu Dramburg. 6) Hermine Dorothea Ernestina Friederike, geboren 17. Juni 1789 zu Dramburg, † 4. April 1818, vermählt mit Werner Reinhold von Puttkamer, siehe 7),342
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(...Fortsetzung) Vollständige Genealogie des alt-hinterpommerschen Geschlechts der Erb-, Burg- und Schlossgesessenen von Glasenapp, II. Teil, E. v. Glasenapp, Berlin 1897, S. 354. Die landschaftliche Taxe von Ruschitz betrug am 29. April 1817: 39 741 Rtlr. 4 Sgr. 340 Brügg. V, 232 und Urkunde 697. 341 Beide Besitzer setzten sich durch den am 10. September 1819 gerichtlich vollzogenen Rezeß mit der Kirche, Pfarre und Schule, sowie den sechs im Dorfe befindlichen Bauern und den vier Kossäthen in Siedkow auseinander. Von den Vollbauern erhielten sie eine Entschädigung an Land und von den Kossäthen eine Rente, welche jährlich auf 15 Scheffel 1 11/2 4 Metzen Roggen festgesetzt wurde. 342 Handschriftliche Ergänzung einer Ausgabe der Familiengeschichte ohne Quellenangabe (2009)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 156 -
7) Dorothea Luise Amalie Sophie, geboren 2. April 1791 zu Ruschitz, † Lossin 30. Mai 1836,343 vermählt 3. Juli 1819 mit W e r n e r Reinhold von Puttkamer auf Lossin, geb. 15. September 1790, † Plassow 13. Mai 1854,344 8) F r a n z i s k a Friederike Caroline Sophie, geboren 10. August 1792 zu Ruschitz, † Lauenburg 3. März 1858, vermählt 22. Mai 1820 als 2. Ehefrau (1. Ehe Lisette Wilhelmine von Boehn, † 1817) mit L e b r e c h t Bernhard von Puttkamer auf Krampe, Mellin und Damerkow, geboren Krampe 1. Mai 1789, † Berlin 25. November 1852;345 und 9) P h i l i p p i n e Friederike Elisabeth Ottilie, geboren 16. Oktober 1793 zu Ruschitz, gestorben 1834 zu Berlin, vermählt mit Friedrich Baron de l'Homme de Courbière, Landrat zu Flatow. In seiner zweiten Ehe: b) mit S o p h i e Charlotte Luise von Rexin, geboren 20. April 1765, starb als Witwe an ihrem 67. Geburtstage (20. April 1832), wurden ihm noch ein Sohn: 7) Franz Wilhelm Ernst (III. 761) und drei Töchter geboren: 10) Sophia Friederike Wilhelmine Ottilie, geboren 14. Mai 1800. 11) R u d o l p h i n e Sophie Albertine Constantie, geboren 15. Juli 1803, vermählt als 2. Ehefrau am 28. September 1836 mit Wilhelm von Krause, geboren in Labes 25. Februar 1797,346 Premier-Lieutenant auf Poblotz, Witwe seit 27. Februar 1850, starb in Poblotz am 7. Oktober 1882; — und 12) M a g d a l e n e Ottilie Philippine Auguste, geboren 21. Mai 1805, gestorben 2. Januar 1849 zu Stolp. III. 636a Hans Jürgen Lorenz geb. 1749 Laut Kirchenbuch von Naseband wurde den 11. August 1749 „Herrn Franz Lorenz von Kleist, Lieuts. Söhnlein: Hans Jürgen Lorenz" getauft. Letzterer wird jung gestorben sein, und hat deshalb keine Aufnahme auf die Stammtafel gefunden. III. 637. Hans Joachim Rüdiger, existiert nur auf der Stammtafel mit den Angaben Landrat, geb. 1751.347
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Handschriftliche Ergänzung einer Ausgabe der Familiengeschichte ohne Quellenangabe
(2009) 344
Gotha Uradel 1908, S. 591 (2009) Gotha Uradel 1908, S. 593 (2009) 346 Handbuch des preußischen Adels, Band 1, Berlin 1892, S. 295 (2009) Gothaisches genealogisches Taschenbuch der briefadeligen Häuser, 1913, S. 440 (2014) 347 Auf den älteren Stammtafeln und in den hier vorhandenen Familien-Urkunden findet sich der Obengenannte nicht, von der Osten, ein Zeitgenosse der Gebrüder von Kl. (III. 636, 638 und 639), kennt nur ihrer Drei und erwähnt den Obigen nicht, was gewiß auffällig wäre, wenn derselbe existiert und als Landrat fungiert hätte. In dem Verzeichnisse der angemeldeten Agnaten aus den Jahren 1789 bis 1845 ist des Obigen Name nicht genannt. Der Rittmeister Otto Joachim Bernd Heinrich von Kl. auf Ruschitz und Siedkow zeigt unterm 20. Februar 1808 an, daß sein zweiter Bruder Rüdiger Anton als Lieutenant im Regiment Prinz von Braunschweig ohne Kinder zu Cüstrin gestorben. Existierte der Obige, so hätte er den Rüdiger Anton seinen dritten Bruder nennen müssen. (Vergl. Urkunde 697). 345
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III. 638. Franz Rudolph, Major, geb. 1755, † 1820, des Franz Lorenz dritter Sohn, geboren 3. Februar 1755, war 31. Mai 1773 Cornet im Leib-Kürassier-Regiment Nr. 3, 13. März 1781 Lieutenant, 24. Dezember 1787 Premier-Lieutenant, 3. April 1794 Stabs-Rittmeister, 22. Juli 1800 Rittmeister und 26. September 1806 Major. Nachdem er durch die Capitulation von Prenzlau (28. Oktober 1806) inactiv geworden, erhielt er am 2. September 1809 seinen Abschied. Wenige Wochen zuvor (7. August ej. a.) hatte er das Gut Groß-Möhringen bei Stendal348 von dem am 7. August ej. a. verstorbenen General-Lieutenant Joachim Hoyer Franz von Reinhardt, dem letzten seines Stammes, geerbt. Unterm 2. April 1817 ward ihm eine jährliche Pension von 400 Rtlr. bewilligt. Er hatte die Feldzüge 1778/79 und 1792/95 mitgemacht. Mit seiner Gemahlin.....von Heising, Tochter des Generalmajors und Chefs des Kürassier-Regiments Nr. 8 Ludwig Friedrich Ferdinand von Heising, blieb er unbeerbt. Seit 1806 war er Mitbesitzer von Siedkow. — Er starb am 16. August 1820. III. 639. Rüdiger Anton Georg Friedrich, Lieutenant, geb. 1763, † 1794, des Franz Lorenz jüngster Sohn, geboren 10. Januar 1763, war 31. Oktober 1786 Fähnrich im Garnison-Bataillon Nr. 3, 1788 zum Depot-Bataillon des Infanterie-Regiments Nr. 19 versetzt und 5. Juni 1790 Lieutenant, zuletzt beim 4. Bataillon Infanterie-Regiment Nr. 19. Am 4. April 1794 erhielt er seinen Abschied mit 96 Rtlr. Pension, starb aber bereits am 15. April ej. a., unvermählt. Von des Franz Lorenz Söhnen war also nur der älteste: Rittmeister Otto Joachim Bernd Heinrich beerbt. Derselbe hatte sieben Söhne: 1) Friedrich Franz Christian Ludwig, 2) Wilhelm Carl Ludwig, 3) Otto Wilhelm Carl, 4) Philipp Georg, 5) Hermann Bernd Philipp Wilhelm, 6) Ludwig Philipp Leopold Joachim und 7) Franz Wilhelm Ernst (III. 755—761). III. 755. Friedrich Franz Christian Ludwig, Lieutenant, geb. 1775, † 1821, des Otto Joachim Bernd Heinrich ältester Sohn, geboren 10. Juli 1775 zu Cörlin, war 6. Februar 1790 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 5, 14. Juni 1794 Lieutenant und 20. Februar 1802 Premier-Lieut. Am 23. Dezember 1803 erhielt er den Abschied mit 120 Rtlr. Pension und starb im Juni 1821, unverheiratet. Der zweite, dritte, vierte und fünfte Sohn starben in frühester Kindheit. 348
Der Regierungsbezirk Magdeburg: Geographisches, statistisches und topographisches Handbuch, Karl von Seydlitz, Magdeburg 1820. S. 313 (2010)
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III. 756. Wilhelm Carl Ludwig, geboren zu Cörlin den 25. Februar 1777, gestorben ebendaselbst 29. November ej. a. III. 757. Otto Wilhelm Carl, geboren zu Cörlin den 10. November 1778, gestorben zu Belgard den 20. September 1781. III. 758. Philipp Georg, geboren zu Belgard den 3. Juni 1780, gestorben ebendaselbst den 26. September 1781. III. 759. Hermann Bernd Philipp Wilhelm, geboren zu Dramburg den 21. September 1785, gestorben 4. Dezember ej. a. ebendaselbst. III. 760. Ludwig Philipp Leopold Joachim, Hauptmann, geb. 1784, † 1814, des Otto Joachim Bernd Heinrich sechster Sohn, geboren 23. Juli 1784, war 29. Juni 1798 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 52, 2. Oktober 1800 Lieutenant beim 3. Musketier-Bataillon, kam 1802 ins Regiment zum 1. Bataillon und ward 15. Dezember 1806 zum 4. Westpreußischen Reserve-Bat. versetzt. Am 22. Januar 1808 auf Halbsold gestellt, kam er am 5. April ej. a. zum 1. Westpreußischen Infanterie-Regiment und ward 18. Oktober 1810 Premier-Lieutenant. Unterm 20. Dezember 1811 erhielt er seinen Abschied als Stabs-Capitain. Im Mai 1813 wurde er beim 3. Reserve-Bataillon des Colberg'schen Infanterie-Regiments angestellt und im Juni ej. a. beim 8. Reserve-Infanterie-Regiment, später 20. Infanterie-Regiment. Beim Sturm auf Wittenberg am 13. Januar 1814 wurde er schwer verwundet und mit dem eisernen Kreuz 2. Klasse decoriert. Er starb an seinen Wunden in Wittenberg bereits am 1. Februar ej. a. In seiner Ehe mit Johanna Bernhardine Henriette von Blanckenburg, zweiten Tochter erster Ehe des Venz Wilhelm von Blanckenburg auf Strachmin und Strippow, vermählt 13. Mai 1812 zu Strachmin, gestorben 13. Februar 1822, war ihm ein Sohn: Otto Ludwig Philipp Friedrich Wilhelm Leopold (III. 866) geboren. III. 761. Franz Wilhelm Ernst, des Otto Joachim Bernd Heinrich jüngster Sohn, geboren 1796, starb noch desselbigen Jahres.
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III. 866. Otto Ludwig Philipp Friedrich Wilhelm Leopold auf Ruschitz, geb. 1813, † 1852, des Hauptmanns Ludwig von Kl. einziger Sohn, geboren 6. Mai 1813 in Strachmin, kam 1830 aus dem Cadettencorps und war 13. August ej. a. Fähnrich im 4. Ulanen-Regiment. Er schied am 24. September 1832 aus. Am 14. November 1833 ward er Lieutenant bei der Kavallerie des 2. Bataillons 9. Landwehr-Regiments, kam 11. November 1836 zum 2. Bat. 21. Landwehr-Regts. und erhielt am 10. April 1851 den Abschied. Durch den Auseinandersetzungs-Rezeß vom 27. April 1829 zwischen seinem Vormund, dem Justiz-Commissarius Hildebrand und den übrigen Erben seines Großvaters (III. 636) waren ihm die Güter Ruschitz, Siedkow und Lanzen zugesprochen worden. Der Rezeß war für ihn unterm 14. Mai ej. a. vom Obervormundschafts-Collegium bestätigt und von den Geschwistern von Heising gerichtlich genehmigt.349 In seinen letzten Lebensjahren wurde er blödsinnig, von vier Ärzten in Stolp und drei Ärzten in Berlin behandelt, 1848 in der Kur in Hornheim bei Kiel, im Dezember 1851 aus der Irrenanstalt zu Leubus als geheilt entlassen, bekam im März 1852 wieder einen Rückfall und starb am 16. April ej. a. in Ruschitz. Seine Gemahlin Mathilde Auguste Henriette Caroline Wilhelmine Bertha von Quitzow, starb am 21. September 1851, des verstorbenen Gutsbesitzers Carl Heinrich Georg von Quitzow auf Grube und der Luise Helene Ernstine von Kröcher Tochter, vermählt 19. Oktober 1834 zu Berlin, hatte ihm sechs Söhne: 1) Louis Wilhelm Ferdinand Carl, 2) Otto Heinrich Rudolph, 3) Franz Friedrich Bernhard Otto, 4) Ernst Wilhelm Robert Hans, 5) Franz Rudolph Carl Ludwig und 6) Hans Ludwig Bernd Otto (III. 946a - 947) und sechs Töchter geschenkt: 1) Elisabeth, geboren 4. Januar 1836, starb 7. Februar ej. a. 2) J o h a n n e Modeste Ernstine Henriette, geboren 21. März 1838 in Ruschitz, † Wiesbaden 31. Oktober 1911, vermählt 3. August 1878 in Berlin mit d e m v e r w i t w . G u s t a v Carl Joseph Friedrich Wilhelm von Elpons, (I. Ehe Stefanie Egells, † 15. September 1877) geb. 3. August 1835 in Hennerwitz bei Leobschütz, † 16. August 1902 in Wiesbaden350, Königl. preußischem Major a. D. 3) Marie Ernestine Mathilde, geboren 18. Oktober 1840, † vor 1888. 4) Eveline Albertine Ottilie Philippine M a t h i l d e , geboren 25. April 1842 in Ruschitz, † 16. April 1904. 5) M a r g a r e t h e Ernestine Franziska Ottilie, geboren 29. April 1843, † Göttingen 5. November 1913, Oberin in Allendorf a. d. Weser; und 6) Elisabeth Ernestine Wilhelmine Franziska, geboren 6. Februar 1847 in Ruschitz, † um 1924,351 vermählt in Ruschitz 20. Juli 1869 mit Sebastian Otto Ewald von Kleist (II. 235) auf Wusseken; Witwe seit 1871 (Ruschitz).
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Die Lehnstaxe von Ruschitz betrug 1829: 24085 Rtlr 8 Sgr. 10 Pf., die Landschaftstaxe von Siedkow: 18 577 Rtlr. 28 Sgr. 2 Pf. und die von Lanzen: 5235 Rtlr. 14 Sgr. - Pf. Siedlow wurde für jährlich 1500 Rtlr. und Lanzen für 800 Rtlr. verpachtet 350 Handbuch des preußischen Adels, 1893, Artikel v. Elpons; Personalbestand der Familie 1921 (2008) 351 Familiengeschichte 1980 (2006)
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III. 946a. L o u i s Wilhelm Ferdinand Carl auf Siedkow, geb. 6. Januar 1837 in Ruschitz, des Lieutenants Otto Ludwig Philipp Friedrich Wilhelm Leopold ältester Sohn, ist Herr auf Siedkow, bisher unvermählt. III. 946b. Otto Heinrich Rudolph auf Lanzen, geb. 8. August 1839, des Genannten anderer Sohn, erhielt Lanzen und Drägershof bei Neustettin, 2920 Morgen groß, verlor aber den Adel, laut Erkenntnis vom 7. April 1866. Sein Sterbedatum ist nicht bekannt. Die drei folgenden Söhne starben jung: III. 946c. Franz Friedrich Bernhard Otto, † 8. Januar 1847. III. 946d. Ernst Wilhelm Robert Hans, geb. 27. November 1844, † 11. März 1850. III. 946e. Franz Rudolph Carl Ludwig, geb. 7. Mai 1848, † 6. Juli 1852 zu Ruschitz. III. 947. H a n s L u d w i g Bernd Otto auf Ruschitz, Lieutenant, geb. 26. April 1850, † 1923, des Otto Ludwig Philipp Friedrich Wilhelm Leopold jüngster Sohn, war Herr auf Ruschitz (3500 Morgen groß).352 — Er diente als Lieutenant mehrere Jahre im Pommerschen Dragoner-Regiment Nr. 11, gehörte dann einige Jahre als Premier-Lieutenant der Reserve dieses Regiments an und nahm später den Abschied. Er lebte seit 1920 vorwiegend in Charlottenburg. Da er keinen Erben hatte, ging Ruschütz 1923 auf seine
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Am 25. Januar 1873 wurde in dritter Instanz ein Rechtsstreit durch das Königliche Obertribunal um Lehnsberechtigungen an Lanzen entschieden, an dem Hans Hugo und seine Söhne sowie auf der Gegenseite Hans Ludwig beteiligt waren. Archiv für Rechtsfälle, Berlin 1878. (2008)
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Schwester Elisabeth über, die mit Sebastian v. Kl.(II. 235) auf Wusseken verheiratet war. Auch ihre Ehe war kinderlos, so daß Ruschütz 1924 auf den Großneffen ihres Mannes, Ewald (III. 978), überging. Hans Ludwigs Todesdatum ist im Gothaischen Taschenbuch nicht verzeichnet. Hans Ludwig heiratete am 31. 12. 1881 in Bradford, West Riding of Yorkshire353 Elisabeth Francke, * 27. Mai 1857 in Falkenhagen bei Frankfurt a. d. Oder. Da Ruschütz nach dem Tode ihres Mannes in den Besitz der Kleist auf Wusseken überging, verlegte sie ihren Wohnsitz ständig nach Berlin-Charlottenburg. Hier wurde sie 1944 Opfer eines Bombenangriffes. Sie starb im Alter von 87 Jahren.354
Mit dem Tod von Hans Ludwig erlosch der Siedkow-Ruschitzer Seitenzweig.
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Englische Heiratsdaten von ancestry.com (2009) Familiengeschichte 1980 (2006)
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Wir geben die Stammtafel von:
Durch Jürgens anderen Sohn: Jürgen Lorenz auf Nemitz (starb 1750) wurde der Nemitzer Seitenzweig fortgepflanzt. Jürgen Lorenz hatte vier Söhne: 1) Ewald Friedrich, 2) Martin Georg, 3) Hans Joachim Gneomar und 4) Anton (III. 515—518). III. 515. Ewald Friedrich, Oberstlieutenant, geb. 1718, † 1759, des Jürgen Lorenz ältester Sohn, war 8. Januar 1736 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 7, 23. September 1740 Lieutenant, 13. Oktober 1741 Stabs-Capitain im Infanterie-Regiment Nr. 42, 4. Februar 1742 Compagnie-Chef und 6. September 1755 Major. Als solcher zog er zu Anfang des siebenjährigen Krieges mit zu Felde. Im Juli 1757 stand er mit seinen Truppen in Zittau. Weil die Besatzung zu schwach, wurde die Stadt von den Österreichern Ende Juli genommen und geriet durch Bombardement in Flammen. Die umgestürzten Häuser hemmten den Weg durch die Gassen. So konnte die Besatzung, welche sich am äußersten Teile der Stadt befand, nicht durchkommen, und es wurden 150 Pioniere und der Major von Kl. mit 80 Mann vom Markgraf Heinrich'schen Regiment (Nr. 42) zu Gefangenen gemacht.355 Unterm 22. Dezember 1758 erhielt er das Patent als Oberstlieutenant. Er starb zu Glatz am 11. Juni 1759 und ward zu Nimptsch in Schlesien begraben. Nach dem brüderlichen Vergleiche vom 2. Januar 1751 war ihm Reckow zugefallen, welches er jedoch
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Helden-Geschichte Friedrichs II. B. IV, S. 592.
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am 7. Juni 1754 seinem Bruder Martin Georg abtrat.356 In dem am 2. Januar 1751 errichteten und unterm 15. November 1754 gerichtlich bestätigten Erbvergleich hatten die vier Brüder festgesetzt, „daß das Vermögen ihres verstorbenen Vaters, mit Ausnahme eines auf 8000 Rtlr. bestellten Lehnsstammes, als Allodium betrachtet werden solle. " Am 13. Mai 1752 war Ewald Friedrich von Kl. belehnt worden (684). In seiner Ehe mit Johanne Margarethe Elisabeth von Wedell aus dem Hause Steinbusch,357 des General-Lieutenants von Wedell Tochter, war er unbeerbt geblieben. Seine Witwe heiratete später einen Kaiserl. Fähnrich von Modena, welcher Kriegsgefangener in Stettin war. — III. 516. Martin Georg, Lieutenant, geb. 1719, † 1756, des Jürgen Lorenz anderer Sohn, studierte in seiner Jugend. zu Anfang des ersten schlesischen Krieges aber trat er ins Heer ein und war 15. Oktober 1740 Fähnrich beim Feld-Bataillon von Persode (später Infanterie-Regiment Nr. 33), 8. Dezember 1743 Lieutenant und 8. September 1746 Premier-Lieutenant. Am 24. Oktober 1750 kam er zum Infanterie-Regiment Nr. 17. Seit 1751 wird er nicht mehr in den Listen geführt. In dem genannten Jahre war ihm in der brüderlichen Erbteilung (2. Januar 1751) das Gut Kowalk nebst Anteil an Dimkuhlen zugesprochen. Das Gut Zarnekow erhielt er durchs Loos und ward 13. März 1752 belehnt (684). Sein älterer Bruder Ewald Friedrich verkaufte ihm dazu am 7. Juni 1754 das Gut Reckow. Bei Beginn des siebenjährigen Krieges wurde er wieder mobil, fiel aber in der Schlacht bei Lowositz am 1. Oktober 1756. Seine Gemahlin Catharina Sophia Auguste von Kleist, geboren 12. August 1733, vermählt am 24. Juli 1753, Tochter des Hauptmanns Bernd Christian auf Schmenzin (III. 383), hatte ihm zwei Töchter geschenkt, deren eine jung, die andere unvermählt gestorben. Als Witwe heiratete sie darnach ihren jüngsten Schwager, den Hauptmann Anton von Kl. auf Zarnekow (III. 518). III. 517. Hans Joachim Gneomar auf Nemitz, Major, geb. 1720, † 1806, des Jürgen Lorenz dritter Sohn, war, ehe er Soldat wurde, Student. Er trat zu gleicher Zeit mit seinem älteren Bruder ins Heer ein und war 15. Oktober 1740 Fähnrich im Feld-Bataillon von Persode (später Infanterie-Regiment Nr. 33), 24. Januar 1744 Lieutenant, 20. September 1748 Premier-Lieutenant mit Patent vom 24. Januar 1744, 11. Juli 1756 Stabs-Capitain, 10. Mai 1757 Compagnie-Chef und 15. April 1758 Major. Am 23. Juni 1760 wurde er bei Landshut von den Österreichern gefangen und befand sich noch im Januar
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Brügg. III, 592, 878 und 885. Familiengeschichte v. Wedel (18-069) (2015)
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1763 in Gefangenschaft zu Brugg an der Leitha.
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Am 3. April ej. a. nahm er seinen Abschied. Nach des Vaters Tode fielen ihm, gemäß dem brüderlichen Teilungsvergleiche vom 2. Januar 1751, durch das Loos das Gut Nemitz, sowie das dazu gehörige Gut Gr. Soldekow b und zwei Bauern nebst einem Kossäthen in Bartelin, zugleich mit Rattaick b zu. Er vertauschte 1767 seine zwei Bauerhöfe und den Kossäthenhof in Bartelin an den Major Claus Jürgen von Zastrow für dessen einen Bauerhof in Groß-Soldekow. Dazu kaufte er die andere Hälfte von Rattaick, nämlich Gutsanteil a, ein von Ramel'sches Lehn, am 15. Oktober 1752 erblich von dem Lieutenant Jacob Heinrich von Kl. (III. 436).359 Ferner kaufte er Butzke a von dem Lieutenant Anton Georg von Blanckenburg und Butzke b von den beiden Töchtern der verwittweten Frau Oberst von Butzke: Marie Sophia Wilhelmine und Friederike Luisa von Butzke. Desgleichen erwarb er von dem Erb-Landküchenmeister und Landrat Caspar Friedrich von Ramel zu Rabbuhn und Wartelow das Gut Bulgrin nebst dem Belgard'schen Schloß- und Mühlenkorn und der Jagd auf dem Silesen'schen Felde, soweit es adlich ist, jedoch mit Ausschluß der drei Bauerhöfe in Silesen, nach dem Vergleiche vom 1. Dezember 1773 erb- und unwiderruflich für 17881 Rtlr., und bewirkte durch das Rescript vom 29. November 1777 die Allodification desselben, nachdem die männlichen und weiblichen Erben des General-Lieutenants von Forcade mit ihren Widersprüchen durch die Urteil vom 16. Januar und 23. Juni 1775, sowie vom 19. Februar 1776 waren abgewiesen worden. Bulgrin umfaßte dazumal 11 3/4 steuerbare Hufen. Der Landrat von Ramel trat ihm am 17. Mai 1779 auch das Recht ab, die drei Bauerhöfe in Silesen, welche er sich in dem obigen Vergleiche vorbehalten und gewissen Eigenthümern verkauft hatte, einzulösen. Nach dem Adreßbuche von 1803 besaß der Major von Kleist die Güter Bulgrin, Butzke, Silesen, Kl. Satspe, Zuchen, Schübben, Nemitz, Gr. Soldekow und Rattaick. Er lebte abwechselnd auf Nemitz, Zuchen oder Schübben (von Heydebreck'sche Lehne). Er starb am 28. April 1806 zu Zuchen im 86. Lebensjahre. Seine Gemahlin Philippine Sophie Eleonore von Hirsch, einzige Tochter des Kriegsrats von Hirsch auf Zuchen und einer gebornen von Heydebreck, alleinige Besitzerin von Zuchen und Schübben, vermählt 1767, gestorben 1817, hatte ihm zwei Söhne: 1) Georg Christian August Carl und 2) Christoph Friedrich Anton Joachim (III. 640 und 641) und zwei Töchter geschenkt: 1) Charlotte Hedwig Jacobine Antoinette, geboren 1769, gestorben 1820, vermählt mit Major Otto Ludwig von Versen in Berlin, später auf Zarnefanz, dem sie 7000 Thlr. Ehegeld mitbrachte. Sie blieb kinderlos und ließ sich vor 1809 von ihm scheiden; — und 2) Philippine Amalie Henriette Luise, geboren 10. Mai 1770, gestorben 7. Mai 1852 in Berlin, vermählt mit dem Landschaftsdeputierten Anton Johann Bogislaff von Zastrow auf Pobanz (gestorben 1832). III. 518. Anton, Hauptmann,
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In der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befindet sich ein Brief von HJG von Kleist, vom 6. 4. 1763, geschrieben in Bruck/Leitha, an einen Generalwachtmeister. Die Initialen und die Angabe des Fouqueschen Infanterie-Regiments (Nr. 33) führen zur eindeutigen Identifizierung des Briefschreibers. 359 Brügg. III, 866, 878, 885 und 890. Am 13. März 1752 wurde er belehnt.
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geb. 25. April 1727, † 1785360, des Jürgen Lorenz jüngster Sohn, war 24. März 1744 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 42, 27. Dezember 1747 Lieutenant und 30. August 1757 Premier-Lieutenant. Bei Landshut wurde er 1760 von den Österreichern mit gefangen genommen und blieb noch 1761 in Gefangenschaft. Daraus befreit, avancierte er schnell zum Capitain und Compagnie-Chef (11. Mai 1762). Nach Beendigung des siebenjährigen Krieges wurde er auf sein Ansuchen gnädigst dimittiert (29. Mai 1763), nachdem er sich zuvor mit seines Bruders Martin Georg Witwe: Catharina Sophia Auguste (gestorben 18. April 1795) verlobt hatte. Durch sie bekam er nach dem Vergleiche vom 10. und 11. Juli 1763 die Güter Zarnekow, Kowalk nebst einem Teile von Dimkuhlen und Reckow. Letzteres verkaufte er, nach dem Vergleiche vom 26. September 1763, dem Kammergerichtsrat Johann Leo von Schlieffen. In dem brüderlichen Erbvergleiche vom 2. Januar 1751 war er mit der Geldkavel abgefunden und am 13. März 1752 belehnt worden. Am 25. März 1765 kaufte er den andern Teil von Dimkuhlen mit Sandhof von dem Major Ernst Ewald (II. 154) für 4300 Thlr. hinzu, so daß er ganz Dimkuhlen befaß.361 Ferner kaufte er die Güter Natztow und Camissow, nach dem Vergleiche vom 25. November 1773, für 27000 Thlr. von dem Lieutenant Georg August von Wopersnow, worauf die Präclusion der Agnaten erfolgte, und beide Güter durch das Rescript vom 26. November 1777 allodificiert wurden.362 Endlich kaufte er Drenow von dem Generalmajor Primislaff Ulrich (III. 468), nach dem Vergleich vom 21. Januar 1780, für 6000 Thlr. erblich. In seiner Ehe mit Catharina Sophia Auguste von Kleist wurden ihm drei Söhne: 1) Georg Lorenz August Philipp, 2) Friedrich Heinrich Bernd und 3) Wilhelm Johann Ludwig (III. 642—644), sowie eine Tochter geboren: Hedwig Johanne Sophie Antoinette, geboren 21. November 1764, † zu Kratzig 4. September 1807, vermählt 11. November 1783 mit C a r l Friedrich Albrecht von Kameke auf Kratzig, geb. zu Pritzig 20. Januar 1744, † zu Kratzig 16. Mai 1810,363 Hauptmann, nachmaligem Major im Langen'schen Regt. Nr. 17. Von des Majors Jürgen Lorenz vier Söhnen waren also die beiden jüngsten beerbt. Der vorjüngste: Major Hans Joachim Gneomar hatte zwei Söhne: 1) Georg Christian August Carl und 2) Christoph Friedrich Anton Jochim (III. 640 und 641).
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In der Kirchenchronik Groß Tychow, für die Jahre 1884 - 1911 von Pastor Meinhof geführt, findet sich der handschriftliche Randvermerk: “Anton v. Kleist starb am 13. 4. 1786 zu Zarnekow”. Die Kirchenchronik wurde 2006 von Gerhard Rühlow herausgegeben. (2007) 361 Brügg. III, 592, 647, 653, 679 und 878. Die Agnaten wurden durch die Sentenz vom 7. Februar 1766 präkludiert. Er kaufte auch Gr. Tychow a und c nebst Klein-Krössin a unterm 14. Mai 1767 erblich von dem Hauptmann Franz Lorenz (III. 511). Es meldete sich aber der Oberst Peter Christian (III. 432) als näherer Agnat, und wurden die Güter diesem am 10. März 1768 abgetreten. (Familien-Geschichte III. 3, 1. Aufl. S. 134. ) 362 Brügg. III, 103, 643, 644, 648, 657 und 673. 363 Jahrbuch des Deutschen Adels, hrg. Deutsche Adelsgenossenschaft, Berlin1898, S. 194 (2010)
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III. 640. Georg Christian August Carl, auf Nemitz, Hauptmann geb. 1769, † 1857, des Hans Joachim Gneomar älterer Sohn, geboren 2. April 1769 zu Nemitz, trat im Jahre 1784 in das Dragoner-Regiment Nr. 12 als Junker ein, dort „der schöne Kleist" genannt, war 8. Oktober 1787 Fähnrich und 15. Juni 1790 Lieutenant. Als Solcher machte er die Rhein-Campagne mit und wurde Regiments-Adjutant. Am 30. August 1803 Premier-Lieutenant geworden, avancierte er 24. April 1806 zum Stabs-Capitain und wurde unter die Adjutantur des Feldmarschalls Blücher aufgenommen. Im Hauptquartier desselben bei Lübeck im Jahre 1806 gefangen genommen, wurde er auf Ehrenwort entlassen, so daß er den Abschied nehmen mußte. Er erhielt ihn am 27. Dezember 1807 mit der Armee-Uniform. Bei dieser Gelegenheit wurde er durch nachstehendes eigenhändiges Schreiben des Feldmarschalls Blücher erfreut: „Ew. Hochwohlgeboren danke ich ergebenst für Dero gefällige Anzeige des nachgesuchten, von Sr. Majestät Ihnen bewilligten Abschiedes aus dem Militairdienst, indem ich mein Bedauern nicht zurückhalten kann, daß die Armee an Sie einen allgemein anerkannt vorzüglichen Offizier verliert. Dies kann indeß nicht die aufrichtige Teilnahme an Ihrem künftigen Wohl und die Gesinnungen wahrer Hochachtung beeinträchtigen, womit ich zu beharren die Ehre habe Ew. ganz ergebenster Freund und Diener Blücher. G. Q. Treptow d. 21. Januar 1808." Der Hauptmann von Kl. widmete sich hierauf der Bewirtschaftung seiner Güter Nemitz, Rattaick, Satspe, Bulgrin und Butzig. Die beiden letztgenannten Güter waren ihm nach dem Tode seines Bruders (1807) zugefallen; die erstgenannten hatte er, nach dem Erbrezeß vom 17. Januar 1807, in der brüderlichen Teilung durch das Loos erhalten. Außerdem besaß er nießbrauchweise auch die Güter Zuchen und Schübben. In den Kriegsjahren 1807—11, welche namentlich das Gut Nemitz, als einzigen Etappenort auf der 5 1 /2 Meilen langen Straße zwischen Cöslin und Schlawe, sehr hart trafen und durch andere empfindliche Verluste wurde sein Vermögen bedeutend geschmälert, so daß er allmählich seine sämmtlichen Güter bis auf Nemitz, Zuchen und Schübben verkaufen mußte.364 Im Jahre 1851 hatte der König die Gnade, ihm den St. Johanniterorden mit nachstehendem eigenhändigen Cabinetsschreiben zu verleihen: „Mein lieber Herr von Kleist! Ich gedenke mit großer Befriedigung der kurzen Augenblicke, wo ich Sie in diesem Sommer zu Nemitz gesehen und gesprochen habe. Es war mein Wunsch, Ihnen ein Andenken daran zu geben und habe vernommen, daß Ihnen das Johanniter-Kreuz ein angenehmes sein würde. Jetzt mach' ich mir eine Freude daraus, Ihnen dasselbe als Christgeschenk zu übersenden, indem ich daran den aufrichtigen Wunsch
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Das Gut Butzke verkaufte er am 13. Januar 1810 an den Inspektor Mielke für 24 000 Rtlr., Bulgrin am 16. April 1816 an den Lieut. Carl von Bonin für 41 700 Rtlr., Kl. Satspe am 31. März 1832 an den Amtmann Ramthun für 22 000 Rtlr. und Rattaick am 15. Mai 1833 an den Kaufmann Vogel für 34 000 Rtlr. Den Schaden, welchen sein Gut Nemitz durch die fast tägliche Einquartierung in den Kriegsjahren erlitten, schätzte er auf 36000 Rtlr. — Im Jahre 1830 bat er den König um ein Darlehn von 20 000 Rtlr. Seine Bitte wurde ihm abgeschlagen.
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knüpfe, daß dasselbe Ihnen noch lange Brust und Hals schmücken, und daß ich Sie noch oft im lieben Pommern und durch Nemitz fahrend als Johanniter-Ritter begrüßen könne. Friedrich Wilhelm. Charlottenburg den 6. Dezember 1851. Der Hauptmann von Kl. erreichte das hohe Alter von 88 1/2 Jahren. Er starb als Senior der von Kleist'schen Familie am 2. Juni 1857 zu Nemitz, nachdem er unter 4 Preußischen Königen gelebt und denselben in unwandelbarer Treue gedient hatte. Seine Gemahlin: F r i e d e r i k e Sophia Sabina von Flemming, Tochter des Feldmarschalls auf Böck, Witwe des Landrats Wilhelm Carl Bogislaff von Eickstedt, geb. Hohenholz 1778, gestorben Prenzlau 17. September 1807, 1. Eheschließung 9. März 1804,365 wiedervermählt 4. Juni 1811, gestorben 14. März 1862, hatte ihm einen Sohn: Anton Tam Gneomar Constantin (III. 762) und eine Tochter geschenkt: M a r i a Sophie Eleonore, geboren 11. Juni 1814, † 9. August 1896 in Cöslin,366 vermählt 20. Juli 1838 mit F r a n z Michael Grafen Prebentow von Przebendowski, Königl. preußischen Hauptmann a. D., geboren 6. Mai 1805 zu Danzig (katholisch). In dem Auseinandersetzungs-Rezeß vom 27. Oktober 1840 wurde ihm Schübben käuflich überlassen. Er starb am 9. Oktober 1869. Die Witwe lebte auf Schübben, Kreis Cöslin. III. 641. Christoph Friedrich Anton Jochim, auf Bulgrin, Rittmeister, † 1807, des Hans Joachim Gneomar jüngerer Sohn, geboren 29. Januar 1772 zu Nemitz, trat 1787 beim Husaren-Regiment Nr. 8 als Junker ein, war 3. Januar 1789 Cornet und 5. Juni 1792 Lieutenant. Er machte die Rheincampagne mit und erwarb für Edesheim (2. Juli 1794) den Orden pour le mérite. Während der Rheincampagne übernahm Blücher das Husaren-Regiment Nr. 8. Derselbe erzählt von ihm in seinem Campagne-Journal über den Feldzug von 1794 Folgendes: „Wir stürzten auf das vom Feinde durch Edesheim vorgebrachte Geschütze los; der Lieutenant von Kleist von meiner Leib-Eskadron ging mit seinem Zuge einer dieser Kanonen entgegen, er war nicht mehr 100 Schritt davon, und ich rief ihm zu: Nur rasch, Kleist! der Feind kommt nicht mehr zum Laden! Aber kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, so schoß die Kanone; ich glaubte von diesem Zuge wenig Leute wieder zu sehn, aber wie sehr erstaunte ich, als ich sah, daß noch Alles in Bewegung war, und die Kanone erobert wurde; wahrscheinlich mußte die Cartätschenbüchse nicht auseinander gegangen sein, weil kein Mann beschädigt worden war."367 Unter Blücher avancierte von Kleist am 25. April 1802 zum Premier-Lieutenant und 5. April 1806 zum Stabs-Rittmeister. Bei Lübeck geriet er in Gefangenschaft und wurde 26. Juni ej. a. als Rittmeister mit der Uniform dimittiert. In der brüderlichen Teilung (17. Januar 1807) fielen ihm die vom Vater besessenen Güter Bulgrin, Butzke und Kl. Satspe zu, sowie das Lehns- und Successionsrecht an den Gütern seines ältern Bruders: Nemitz nebst Anteil in Gr. Soldekow und Rattaick b. Er starb jedoch bereits Ende des Jahres 1807.
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Familienbuch des dynastischen Geschlechts der v. Eickstedt, Carl August Ludwig Frhr v. Eickstedt, Ratibor1860, S. 273. (2010) 366 Personalbestand der Familie, Nachtrag 1896 (2008) 367 von Schöning, Geschichte des 5. Husaren-Regiments, S. 169, 260, 297, 376 und 554.
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Seine Ehe mit J o h a n n a Luise Dorothea von Kl., Tochter des Hauptmanns Ewald Heinrich auf Wendisch-Tychow (II. 200) und der Clara Luise Wilhelmine geb. von Natzmer aus Vellin, geboren 24. Juni 1786, vermählt 31. Juli 1805, gestorben am 19. September 1820 in Koblenz;368, war kinderlos geblieben. Seine Witwe heiratete am 24. Juni 1810 den Premier-Lieutenant im Leib-Husaren-Regiment in Berlin, späteren Oberst Ludwig Friedrich von Sprenger auf Carzin, geb. Februar 1784 in Halberstadt, † 27. Februar 1854 in Berlin. III. 762. Anton Tam Gneomar Constantin, auf Nemitz, Landrat a. D., geb. 20. Juli 1812, † 1886, des Hauptmanns Georg Christian August Carl einziger Sohn. Nachdem er das Gymnasium in Neustettin absolviert und in Berlin studiert hatte, wurde er im Jahre 1834 als Auscultator bei dem damaligen Oberlandesgerichte in Cöslin vereidigt, und trat im Jahre 1837 zur Regierung über. Im Jahre 1842 machte er das Assessor-Examen und arbeitete dann noch zwei Jahre bei der Regierung in Cöslin, bis er November 1845 zum Landrat des Schlawer Kreises ernannt wurde. Dieses Amt verwaltete er elf Jahre, woraus er seine Entlassung aus dem Staatsdienste nachsuchte und erhielt. Gleichzeitig vertrat er seit dem Jahre 1832 den Schlawer Kreis als ritterschaftliches Mitglied des pomm. Provinzial- und Communal-Landtages, war drei Jahre hindurch und zwar 1852—55 Abgeordneter zur II. Kammer, und fungierte auch jetzt noch als Landschafts-Deputierter des Schlawer Kreises. Im August 1856 wurde ihm der rote Adler-Orden 4. Klasse verliehen. Seit seiner Ernennung zum Landrat wohnte er in Nemitz, welches sein Vater schon bei Lebzeiten ihm zum vollen Eigenthum (nebst Anteil in Gr. Voldekow) abgetreten hatte.369 Sein gutes Bekenntnis in Sachen wider die Einführung der obligatorischen Civilehe wird ihm bei den Christlich-Conservativen stets unvergessen bleiben. Der Protest, welchen er in Gemeinschaft mit dem Schloßhauptmann von Stettin, Hofmarschall und Major a. D. von Schliessen und den kirchlichen Organen der Parochie Nemitz-Soltikow am Sonntage Quasi modo geniti 1862 veröffentlichte und dem Ev. Ober-Kirchenrat in Berlin zusandte, lautet: „Wir unterzeichneten Patrone, Pastor und Kirchenräte der Gemeinden Nemitz, Bartlin, Kuhtz, Gr. -Soltikow, Kl. -Soltikow, Leikow, Borkow und Söllnitz protestiren mit unseren evangelischen Brüdern nah und fern gegen die obligatorische Civilehe. Die Behauptung, unser Volk sehne sich nach Einführung derselben, beruht auf gänzlicher Unkenntnis des kirchlichen Lebens und der religiösen Bedürfnisse unseres evangelischen Volkes bez. unserer Gemeinden. Wir bezeugen vielmehr um unseres Amtes und Gewissens willen, daß unsere Gemeinden im Ganzen und Großen das Institut der obligatorischen Civilehe noch gar nicht kennen, und daß sie, mit derselben bekannt gemacht, davor zurückschrecken, als vor einem Geschenk des Geistes, der zu dieser Zeit sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens. — Wir bitten einen hohen Evangelischen Ober-Kirchenrat, uns und unsere Gemeinden vor einer Eheschließung zu bewahren, welche unser kirchliches und religiöses Bewußtsein auf das Tiefste verletzen und unserer
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Offizier-Stammliste des Leibgrenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm III., Hugo Clemens Constantin Ludwig (2008) 369 Nemitz umfaßt 1500 Morgen Acker, 500 Morgen Wiesen und 2000 Morgen Wald nebst Torfmoor. Zum Gute gehören eine Ziegelei, eine Mahl- u. Schneidemühle, eine Dachpappen-Fabrik und Krugwirthschaft. Der Anteil in Gr. Soldekow besteht nur aus 10 rentenpflichtigen bäuerlichen Wirthen.
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theuren evangelischen Kirche unheilbare Wunden schlagen würde, und legen zu dem Ende vorstehenden Protest vertrauensvoll in dessen Hände. (Unterschriften). " Er starb am 21. Dezember 1886 in Nemitz.370 In seiner Ehe mit Marie von Natzmer, des Carl Louis auf Neu-Belz und der Emilie Auguste von Stempel Tochter, geboren 21. Februar 1838 in Claptow bei Cörlin, † 10. Juni 1914 in Berlin, vermählt 20. November 1855, sind ihm zwei Söhne geboren: 1) Oscar Georg Louis Anton und 2) Georg Friedrich Valentin, geboren 2. November 1860 (III. 867 und 868). Über seine Söhne liegen nur wenige Informationen vor. III. 867. O s c a r Georg Louis Anton, * 1856, † 1894, geboren 28. September 1856, Seconde-Lieutenant der Reserve des pomm. Dragoner-Regiments Nr. 11. Ihm wurde am 10. Juni 1884 der Abschied bewilligt. Er war später vorübergehend in Amerika.371 Er starb am 2. März 1894 in Görlitz.372 III. 868. G e o r g Friedrich Valentin, Oberleutnant a. D., * 1860, † 1933, geboren 2. November 1860 in Nemitz. Er war Erbherr auf Nemitz geworden,373 verkaufte Nemitz kurz vor dem 1. Weltkrieg an Dubislaw von Natzmer374 und lebte danach in Berlin. 1908 gehörte er zu den Teilnehmern des Familientages und ist auf dem Gruppenfoto abgebildet. Wegen seines Alters hat er am 1. Weltkrieg nicht teilgenommen. Er war Ehrenritter des Johanniterordens. Er starb am 14. April 1933 in Berlin in einem Krankenhaus.375
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Gotha 1901 (2008) Gotha 1888 (2008) 372 Personalbestand der Familie, Nachtrag 1896 (2008) 373 Gotha 1888. Im Personalbestand der Familie 1912 wird er nicht mehr als Erbherr bezeichnet. Er wohnt zu der Zeit mit seiner Mutter in Berlin. (2008) 374 Wikipedia zu Niemica (Nemitz, Kreis Schlawe/Pommern) (2008) 375 Familientagsprotokoll 1933 (2008) 371
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 170 -
Wir geben die Stammtafel von:
Von dem Hauptmann Anton von Kl. auf Zarnekow, des Jürgen Lorenz jüngstem Sohne entstammen zwei Nebenzweige, welche bis in die Gegenwart reichen: a) der Camissow - Natztower und b) der Drenower Nebenzweig. Betrachten wir zunächst den erstgenannten: den Camissow-Natztower Nebenzweig. Anton hatte drei Söhne: 1) Georg Lorenz August Philipp, 2) Friedrich Heinrich Bernd und 3) Wilhelm Johann Ludwig (III. 642—644). III. 642. Georg Lorenz August Philipp, auf Camissow und Natztow, geb. 3. Juli 1766, † c. 1829, Antons ältester Sohn, zu Zarnekow geboren, war 13. Oktober 1785 Cornet im Kürassier-Regiment Nr. 5. Um das vom Vater ererbte Vermögen selbst verwalten zu können, bat er um die venia aetatis, welche ihm unterm 4. Juni 1787 vom Könige erteilt wurde, nachdem sein Regiments-Commandeur ihm bescheinigt „daß er sich der besten Ordnung und Wirthschaft befleißige und sein Verhalten moralisch sei. " Am 14. Juni 1790 war er Lieutenant und erhielt unterm 16. Januar 1791 die erbetene Entlassung, um die Güter Camissow und Natztow anzutreten. Er starb im Jahre 1829. Seine Ehe mit Wilhelmine Eleonore Luise von der Planitz, des Hauptmanns und Erbherrn auf Schwenz bei Cammin Wilhelm von der Planitz Tochter, vermählt 29. April 1790, ist mit vier Söhnen: 1) Carl Anton Lorenz, 2) Wilhelm August Ludwig, 3) Heinrich Friedrich Wilhelm und 4) Otto Johann Wilhelm (III. 763—766) und drei Töchtern gesegnet: 1) Friederike Wihelmine Henriette Antoinette, geboren 4. Januar 1796; 2) Luise Antoinette Friederike, geboren 5. November 1799, gestorben 20. September 1807 und 3) Wilhelmine Henriette Luise, geboren 19. April 1811, gestorben 1833, vermählt 9. Nov. 1830 zu Camissow mit Carl von Natzmer, geb. Lustebur 6. April 1803, † Berlin 30. Mai 1878,376 Lieutenant im 5. Husaren-Regiment. Von der Mutter bekam sie zunächst das Gut Camissow, da dieselbe für ihre Lebenszeit Nutznießerin des Gutes war. Sie kauften jedoch bald das Gut Radem bei Labes.
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Gothaisches genealogisches Taschenbuch der uradeligen Häuser, 1908, S. 508 (2011)
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Antons anderer Sohn: III. 643. Friedrich Heinrich Bernd, geb. 20. Dezember 1769,377 † jung. III. 644. Wilhelm Johann Ludwig auf Zarnekow, geb. 16. Februar 1772, † 1841, Antons jüngster Sohn, trat im März 1786 zunächst beim Infanterie-Regiment Nr. 8 ein, war vorübergehend im Dragoner-Regiment Nr. 12 und war 3. Januar 1789 Fähnrich und 3. Juni 1790 Lieutenant.378 Im Juli 1795379 erhielt er die nachgesuchte Entlassung. Nach seines Vaters Tode hatte er, gemäß der Erbauseinandersetzung mit seiner Mutter und seinen Geschwistern vom 21. und 22. Dezember 1787 (vom Vormundschafts-Collegium den 18. Februar 1788 approbiert und 22. Februar ej. a. gerichtlich confirmiert) die Güter Zarnekow, Kowalk nebst Feldmark Hansfelde und Anteil an der Hasselmühle, Drenow und Dimkuhlen durch das Los erhalten.380 Er baute die Bauern aus Drenow und Zarnekow nach Kowalk aus.381 Das Gut Dimkuhlen verkaufte er 1823 an den Gutsbesitzer Pockrandt in Seeger für 16000 Thlr. Unterm 30. Juni 1829 bat er den König um ein Darlehn von 15000 Rtlr. zu 4 %, wurde aber abschläglich beschieden. Im Jahre 1832 kamen seine Güter Drenow und Zarnekow zur Subhastation. In derselben erstanden sein Sohn Hermann das Gut Drenow und sein Neffe Carl (III. 763) das Gut Zarnekow, welches er später an den Amtsrat Koch verkaufte. Wilhelm von Kl. zog nach Neustettin, woselbst er am 22. Juni 1841, 69 Jahr 4 Monat 6 Tage alt, an der Abzehrung starb. Er ist im Erbbegräbnis zu Kowalk beigesetzt. Nach seinem Tode wurde der erbschaftliche Liquidations-Prozeß über seinen Nachlaß eröffnet. zu demselben gehörte nur noch das Gut Kowalk, welches so hoch bepfandbrieft war, als die Rente der Bauern betrug. Er war zweimal verheiratet gewesen: a) mit Wilhelmine Maria Henriette von Wussow, Tochter des Hauptmanns von Wussow in Bütow,
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Die Stammtafel gibt irrtümlich den 29. Dezember als seinen Geburtstag an. Nach den Angaben der Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV (1. Pommerschen) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 100 war er nur im InfanterieRegiment. Gegen die Annahme der ersten Auflage, dass er zum Dragonerregiment gewechselt habe, sprechen die Regimentslisten von 1787 (Dragoner-Regiment) und 1789 und 1790 (Infanterie-Regiment). (2014) 379 August 1796 lt. Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV (1. Pommerschen) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 100 (2009) 380 Nach der väterlichen Disposition war der Wert von Drenow auf 5000 Rtlr. festgesetzt. Nach der landschaftlichen Taxe vom 24. Juni 1817 aber betrug der Wert: 17 966 Rtlr. 22 Gr. 7 Pf. und der von Zarnekow a. 1832: 19416 Rtlr. 23 Gr. 11 Pf. 381 Das Gut Kowalk behielt nur zwei Holzkaveln, eine in Warnin, Hansfelde genannt, c. 420 Morgen groß, und eine in Gr. Tychow, c. 140 Morgen groß. 378
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 172 -
vermählt 18. Mai 1796 zu Kl. Soldekow, starb 29. Dezember 1810 zu Polzin im 34. Lebensjahre. Nachdem sie ihrem Gemahl fünf Söhne: 1) Heinrich Anton Wilhelm, 2) Hermann Carl August Otto, 3) Franz Andreas Ludwig Emil, 4) Johann Leonhard Helmuth Aurel und 5) Carl Wilhelm Constantin (III. 767—771) und zwei Töchter geboren, nämlich: 1) Emilie, gestorben 26. März 1802, 3 Jahr und 3 Tage alt, und 2) Henriette, welche 14 Tage alt starb, — beide im Erbbegräbnis zu Kowalk beigesetzt, — ließ sie sich von ihm scheiden und wurde die zweite Gemahlin des Landrats Hans Jürgen (III. 565) am 20. März 1804. Wilhelm von Kl. verheiratete sich 1805: b) mit Ernestine Wilhelmine Amalie Flora von Briesen, Tochter des Hauptmanns Johann Christoph von Briesen auf Creitzig und der Charlotte Henriette Friederike von Lockstädt aus Kl. Sabow, geboren 14. Februar 1779 zu Creitzig, starb c. 1848 in Neustettin. Diese zweite Ehe blieb kinderlos. Von des Hauptmanns Anton von Kl. drei Söhnen waren also der älteste: Georg Lorenz August, Philipp und der jüngste: Wilhelm Johann Ludwig beerbt. Der älteste hatte vier Söhne: 1) Carl Anton Lorenz, 2) Wilhelm August Ludwig, 3) Heinrich Friedrich Wilhelm und 4) Otto Johann Wilhelm (III. 763—766). III. 763. Carl Anton Lorenz, Premier-Lieutenant, geb. 1791, † 1856, des Georg Lorenz August Philipp ältester Sohn, geboren 16. Dezember 1791 zu Camissow, folgte a. 1813 dem Aufrufe des Königs und war im Mai ej. a. Lieutenant im 3. Pommerschen Landwehr-Kavallerie-Regiment. Er kämpfte in den Freiheitskriegen mit. — Am 27. Februar 1816 wurde er mit Halbsold auf zwei Jahre beurlaubt. Nachdem er am 19. Mai 1818 Premier-Lieutenant bei der Kavallerie des 2. Bataillons (Cöslin) 9. Landwehr-Regiments geworden, machte er im Spätsommer desselben Jahres das Manöver mit, wobei er mit dem Pferde stürzte und sich die Brust beschädigte. Am 18. Juli 1826 wurde er mit 120 Rtlr. (auf einige Jahre) pensioniert. Bei der brüderlichen Erbteilung ward er mit 8000 Rtlr. abgefunden, welche auf Zarnekow standen. Als letzteres zur Subhastation kam, erwarb er es durch Vergleich mit den Gläubigern, verkaufte es aber 1851 an den Amtsrat Koch und zog 1. Oktober ej. a. nach Berlin und 1. Juli 1852 nach Belgard, wo er im Jahre 1856 an der Cholera starb. In seiner Ehe mit Julie von der Lühe, Tochter des Hauptmanns von der Lühe auf Zarnefanz, vermählt 6. Juli 1827, war er kinderlos geblieben. Seine Witwe war seine alleinige Erbin; sie vermachte ihr halbes Vermögen den Kindern ihrer an Lieutenant Schmidtmann von Wuthenow verheirateten Schwester Luise von der Lühe (Mutter von Emma Schmidtmann von Wuthenow, der Frau von Otto von Kl. III. 766). III. 764. Wilhelm August Ludwig, geb. 1794, † 1807, des Georg Lorenz August Philipp anderer Sohn, geb. 12. April 1794, starb 13. Sept. 1807 an der Ruhr.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 173 -
III. 765. Heinrich Friedrich Wilhelm, geb. 1798, † 1807, des Georg Lorenz August Philipp dritter Sohn, geboren 4. April 1798, starb am 14. September 1807 gleichfalls an der Ruhr. III. 766. Otto Johann Wilhelm auf Camissow und Natztow, geb. 1812, † 1860, des Georg Lorenz August Philipp jüngster Sohn, geboren 29. März 1812 zu Camissow, war 11. März 1834 Seconde-Lieutenant bei der Kavallerie 3. Bataillons 20. Landwehr-Regiments, kam 15. Februar 1836 ins 2. Bataillon 9. Landwehr-Regiments, im Januar 1843 zum 3. Bataillon 9. Landwehr-Regiments, wurde 12. November 1853 Premier-Lieutenant und erhielt 1858 seinen Abschied als Rittmeister. Von seinem Vater hatte er Natztow geerbt; dazu kaufte er von seiner Mutter auch Camissow. Beide Rittergüter umfassen ein Areal von 6600 Morgen. Er starb am 7. April 1860 auf Camissow, 48 Jahre alt. Seiner Ehe mit E m m a Agnes Caroline Schmidtmann von Wuthenow, geboren 23. Mai 1823, † 13. November 1900 in Kolberg,382 Tochter des Lieutenants im 2. Kürassier-Regiment Schmidtmann von Wuthenow und der Luise von der Lühe, vermählt 3. Juni 1840 zu Zarnefanz, sind zwei Söhne: 1) Georg Ferdinand Lorenz August und 2) Max Gustav Hans Jürgen (III. 869 u. 870) und vier Töchter entsprossen: 1) M a r i e Wilhelmine Julie, geboren 10. Juni 1843 zu Natztow, † Camissow 12. November 1927383, vermählt 16. Mai 1861 mit Oscar von Hertzberg, geb. Berlin 31. Mai 1836, † Wiesbaden 26. Januar 1875, Seconde-Lieutenant im Neumärkischen Dragoner- Regiment Nr. 3; 2) H e d w i g Ottilie Emma, geboren 25. Juli 1846 zu Natztow, † Berlin-Steglitz 25. Februar 1828, vermählt 28. Februar 1866 mit Hermann von Belling, † Stolp 7. Juli 1898, auf Biall. 3) E m m a Ottilie, geboren 6. April 1852 zu Camissow, vermählt 28. Juli 1870 mit Eugen von Horn, † Hagenau 26. März 1901, Premier-Lieutenant im Litthauischen Ulanen-Regiment Nr. 12 (Insterburg); und 4) E l i s a b e t h Ottilie Emma, geboren 28. August 1856, † 12. Juni 1892 in Kolberg,384 vermählt 23. September 1873 mit Hans von Hagen auf Hagenhorst. Die Ehe wurde geschieden. III. 869. Georg Ferdinand Lorenz August, Major und Erbherr auf Camissow und Natztow, geb. 1841, † 20. April 1885, des Otto Johann Wilhelm älterer Sohn, geboren 8. August 1841 zu Natztow, war den 9. März 1861 Portepee-Fähnrich in der Pommerschen Artillerie-Brigade Nr. 2, 16. Oktober 1862 außeretatsmäßiger Seconde-Lieutenant, 14. September 1864 Artillerie-Offizier und 1867 Regiments-Adjutant im 2. Feld-Artillerie-Regiment. Er avancierte, zur Kavallerie übergetreten, im Pommerschen
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Gotha Uradel 1904 (2009) Gotha Uradel 1930, Gotha Uradel 1908, S. 324 (2009) 384 Personalbestand der Familie 1899 (2009) 383
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 174 -
Dragoner-Regiment bis zum Rittmeister (9. Juni 1874) und starb am 20. April 1885 als Major im Kurmärkischen Dragoner-Regiment Nr. 14 und Adjutant beim General-Commando des 4. Armee-Corps. Ein sehr tüchtiger, hoffnungsvoller Offizier, ein liebenswerter Mensch. Er vermählte sich zu Stettin, woselbst er einige Jahre als Adjutant der 2. Division in Garnison stand, am 9. Juli 1867 mit Laura Georgine Luise Freiin von Puttkamer, geboren 18. Dezember 1848 zu Stettin, Tochter des Obersten und Commandeurs des Feld-Artillerie-Regiments Nr. 2 (jetzt General-Lieutenants z. D. Heinrich Georg Carl Freiherrn von Puttkamer und der Luise Charlotte gebornen Wall. Diese Ehe war mit drei Kindern gesegnet: Über die Biographien von 1 ) H a n s J o a c h i m Alfred Paul, geboren 11. Oktober 1869 (III. 948) und 2) Curt Max Heinrich, geboren 20. September 1875 (III. 949) wird in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet; 3) Erna Emma Luise, * Magdeburg 1. 10. 1881, † Hannover 24. 3. 1963, verm. Kolberg 29. 12. 1907 mit Joachim v. Oertzen, *Hoheneiche (Ossowoberg) 28. 1. 1867, † (an der bei Bronowice, Iwangorod in Polen, am 10. 10. 1914 erlittenen Verwundung) im Feldlazarett Zwolen, Polen, 14. 10. 1914, Kgl. preuß. Regierungsrat, Hauptmann der Res. des Garde-Füsilier-Regiments.385 Der Major Georg von Kleist hatte den roten Adlerorden 4. Klasse, das eiserne Kreuz 2. Klasse und das 25jährige Dienstkreuz. III. 870. Max Gustav Hans Jürgen, Lieutenant, geb. 1848, † 1881, des Otto Johann Wilhelm jüngerer Sohn, geboren 4. Juli 1848 zu Natztow, trat 24. Juli 1866 beim 3. Dragoner-Regiment ein und war 1. November 1867 Unteroffizier und 5. Dezember 1868 Fähnrich, Am 5. März 1869 kam er zum Dragoner-Regiment Nr. 19 und wurde am 22. November ej. a. zur Reserve entlassen. — Vom 15. Mai bis 1. Juli 1870 und vom 21. Juli ej. a. bis 13. April 1871 war er zur Dienstleistung beim Ulanen-Regiment Nr. 4 commandiert. Am 6. September 1870 Lieutenant der Reserve des Ulanen-Regiments Nr. 4 geworden, machte er den Feldzug 1870/71 mit. — Vom 1. Juli bis 12. November 1872 war er zur Dienstleistung beim Ulanen-Regiment Nr. 8 commandiert und am 12. November ej. a. als Lieutenant beim Ulanen-Regiment Nr. 8 angestellt.386 — Am 13. April 1878 schied er als Halbinvalide mit 511 M. Pension aus und trat zu den Landwehr-Offizieren über. Im Jahre 1879 war er Lieutenant der Landwehr-Kavallerie im Reserve-Landwehr-Regiment Nr. 35. Unterm 14. September 1880 wurde ihm der Abschied bewilligt. Im Jahre 1878 wohnte er auf Colberger Münde, 1879 in Marienwerder, 1880 in Friedeberg i. d. Neumark und 1. November ej. 2. in Berlin, woselbst er sich am 14. April 1881 erschoß. Er war unverheiratet geblieben.
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Familiengeschichte 1980 (2006) Ein Foto befindet sich in Geschichte des Königlich Preussischen Ulanen-Regiments Graf zu Dohna (Ostpreussisches) Nr. 8, Hans Heinrich Fritz Cäcil von Förster, Berlin 1890, Anhang S. 157, 161 (2011) 386
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 175 -
Wir geben die Stammtafel von:
Durch Antons jüngsten Sohn: Wilhelm Johann Ludwig ist der (Neu-) Drenower Nebenzweig fortgepflanzt. Wilhelm Johann Ludwig hatte fünf Söhne: 1) Heinrich Anton Wilhelm, 2) Hermann Carl August Otto, 3) Franz Andreas Ludwig Emil, 4) Johann Leonhard Helmuth Aurel und 5) Carl Wilhelm Constantin (III. 767—771). III. 767. Heinrich Anton Wilhelm, Oberstlieutenant a. D., geb. 1797, † 1879, Wilhelm Johann Ludwig's ältester Sohn, geb. 7. April 1797 in Zarnekow, kam am 20. März 1804 mit nach Kieckow, als seine Mutter den Landrat Hans Jürgen (III. 565) heiratete. Er trat am 1. Februar 1814 beim 5. Husaren-Regiment ein und ward noch in demselben Jahre Fähnrich. Als Solcher machte er den Feldzug 1815 mit. Am 16. Februar 1819 war er Lieutenant im 9. Infanterie-Regiment, 19. November 1831 Premier-Lieutenant und 30. März 1838 Adjutant der 3. Infanterie-Brigade. Am 17. Dezember 1840 erhielt er den Charakter als Hauptmann, 31. Mai 1841 das Patent als Capitain und Compagnie-Chef und wurde 21. März 1848 Major im 17. Infanterie-Regiment. Im Jahre 1849 machte er den Feldzug in Baden mit. Am 12. Februar 1853 wurde er mit dem Charakter als Oberstlieutenant pensioniert (1250 Thlr. Pension). Er lebte in Düsseldorf und war einige Jahre Senior der Familie. Am 8. November 1879 starb er. Die ihn ehrende Todesanzeige lautet: Heute entschlief nach kurzem Krankenlager zu Düsseldorf der Königl. Oberstlieutenant a. D. Herr Heinrich Anton Wilhelm v. Kleist, Ritter des Roten Adler-Ordens 4. Klasse und Inhaber mehrerer Kriegsdenkmünzen. Der Verewigte, ein Veteran aus den Freiheitskriegen 1813/15, erreichte das hohe Alter von 82 Jahren. Er war eine kernige und edle Soldatennatur, seinem Könige und Vaterlande treu ergeben. Gottes Friede walte über ihm! Möge die Erde ihm leicht sein! Düsseldorf und Brühl bei Bonn, den 8. November 1879. Die Hinterbliebenen. " Am 14. Mai 1829 hatte er sich in der Georgen-Kirche zu Berlin mit Charlotte Luise Adelheid Köhnemann, Tochter des Kanzlei-Inspektors beim Stadtgericht Friedrich Wilhelm Heinrich Carl Köhnemann, geb. 12. März 1809, trauen lassen.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 176 -
Seine Gemahlin ließ sich am 15. April 1839 in Stettin von ihm scheiden, nachdem sie ihm einen Sohn: Carl Waldemar Wilhelm Heinrich (III. 871) geboren hatte, und heiratete später den Oberstlieutenant v. Griesheim in Trier. III. 768. H e r m a n n Carl August Otto auf Drenow, geb. 1800, † 1884, des Wilhelm Johann Ludwig anderer Sohn, geb. 3. April 1800 in Zarnekow, wurde im Jahre 1804 von seiner Mutter mit nach Kieckow genommen. Er wurde Landwirt und administrierte zuerst Seehof, dann pachtete er Viartlum von Heinrich von Puttkamer auf Reinfeld für jährlich 550 Thlr. Darnach kaufte er Kartkow, verkaufte es jedoch bald wieder und übernahm am 11. April 1843 Drenow, nachdem er es zuvor in der Subhastation erstanden hatte. Als nächster Lehnsagnat hatte sich der Lieutenant a. D. Wilhelm Heinrich Dietrich (III. 659) in Stettin zu Drenow gemeldet. Ihm war auch das beneficium taxae zuerkannt worden. Er wollte aber die Lehnstaxe nicht anerkennen, weil sie ihm zu hoch war. Deshalb trat er seine Rechte an Hermann v. Kl. ab. Dieser reluierte Drenow für 18 240 Thlr. 6 Gr. 4 Pf. und Kowalk für 10 200 Thlr. und befriedigte die Gläubiger.387 Drenow war bis dahin für jährlich 600 Thlr. verpachtet gewesen. Hermann v. Kl. machte im Laufe der Jahre ca. 360 Morgen Bruch urbar und verwandelte es in Wiesen. Aus der Drenower Forst konnte er für 90 000 Thlr. Holz verkaufen. Ferner verkaufte er Hansfelde (einen Teil des Rittergutes Kowalk) an den Förster Borchardt in Gr. Tychow. Über Hansfelde entspann sich ein Prozeß mit Albert v. Kleist-Warnin, welcher die Weidegerechtigkeit in Hansfelde beanspruchte. Dem Warniner wurde die Hälfte des Grundes und Bodens zuerkannt, und die andere Hälfte kaufte derselbe dem Förster Borchardt ab. Hermann v. Kl. verkaufte Drenow und das Restgut Kowalk im Februar 1866 seinem Sohne Bernhard für 60 000 Thlr. Die letzten Jahre seines Lebens war er Senior der Familie. Er hielt sich längere Jahre im Pfarrhause zu Plantikow bei seiner Tochter Olga, die letzten Lebensjahre aber bei seinem Sohne Bernhard in Drenow auf, woselbst er nach längerem Leiden am 3. März 1884 entschlief. Er ruht auf dem von ihm selbst angelegten Kirchhofe bei Drenow. Ihn zeichneten Herzensgüte und Biederkeit, Treue gegen seinen himmlischen und irdischen König aus; er war ein liebevoller Vater seiner Kinder und aufopfernd für seine Untergebenen, für welche er väterlich sorgte. Die Pfarrer zu Naseband, wohin Drenow eingepfarrt ist, haben seine Güte reichlich erfahren. In seiner Ehe mit Eveline Agnes Henriette Betty von Gersdorf, Tochter des Kgl. preuß. Rittmeisters Leopold Sigesmund v. Gersdorf auf Seehof bei Rummelsburg und der Dorothea geb. v. Wobeser, geb. 12. Dezember 1812, † Weißensee bei Berlin 1. 7. 1884, vermählt 10. Februar 1831, waren ihm vier Söhne: 1) Edmund Heinrich Julius Alwin Wilhelm, 2) Reinhold Eduard Hermann, 3) Bernhard August Wilhelm und 4) Heinrich Franz Hugo Johannes (III. 872—875) und zwei Töchter geboren: 1) Adelheid Henriette Leopoldine Auguste Jacobine, geb. 12. Dezember 1831 in Seehof, † ...388, vermählt 23. Juli 1858 mit Maurermeister David Heinrich Gottlieb Zeitz zu Treptow a. d. Tollense; — und 2) O l g a Wilhelmine Dorothea Charlotte Ernstine, geb. 13. Juli 1847 zu Drenow, † 11. Oktober 1919 in
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Besitztitel eingetragen den 9. Mai 1843. Im Gotha 1888 nicht mehr aufgeführt (2008)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 177 389
Erfurt , vermählt 6. September 1870 mit Pastor A u g u s t Ludwig Hübner, geb. 24. Oktober 1836 in Neustettin, in Plantikow, † Daber 18. 11. 1907, Superintendent und Oberpfarrer zu Daber, Kr. Naugard.390 . III. 769. Franz Andreas Ludwig Emil, geb. 1807, † 1821, des Wilhelm Johann Ludwig dritter Sohn, geb. 20. Juli 1807 in Zarnekow, starb am 8. Juni 1821 in Neustettin. III. 770. J o h a n n Leonhard Helmuth Aurel, Kreisgerichts-Secretair a. D. in Demmin, geb. 22. Juni 1809,391 † 2. Mai 1889, des Wilhelm Johann Ludwig vierter Sohn, besuchte das Gymnasium in Neustettin und studierte Jura, war Auskultator in Danzig, 1836 Landwehr-Offizier, seit 1850 Büreau-Assistent beim Kreisgericht in Cammin und seit 1861 Kreisgerichts-Secretair in Demmin. Er starb am 2. Mai 1889 in Berlin.392 In seiner in Demmin geschlossenen393 Ehe mit Johanna Marie Auguste geb. Mykysch († 11. Juli 1878) ist ihm ein Sohn: Johann Leonhard Emil (III. 876) geboren. III. 771. Carl Wilhelm Constantin, Arbeitsmann in Flötenstein, geb. 7. November 1811, des Wilhelm Johann Ludwig jüngster Sohn, wurde Ökonom und erwarb mit seiner Frau in Flötenstein in Westpreußen, im Schlochauer Kreise, ein kleines Grundstück, welches er jedoch nicht halten konnte. Im Amtsblatt des Regierungsbezirks Marienwerder ist 1840 die Zwangsversteigerung für ein Grundstück der Ehefrau in Flötenstein für den 15. Februar 1840 angekündigt. Aus dieser Veröffentlichung haben wir den Namen der Ehefrau erfahren.394 Er heiratete ein katholisches Landmädchen, Susanna Hackert, in Westpreußen, mit welchem er keine Kinder hatte. Der katholische Pfarrer versprach ihm wiederholt Unterstützungen, falls er die katholische Religion annähme. Jedoch ist er seinem evangelischen Glauben treu geblieben. Von des Wilhelm Johann Ludwig fünf Söhnen haben also der älteste: Heinrich Anton Wilhelm, der zweite: Hermann Carl August Otto und der vierte: Johann Leonhard Helmuth Aurel männliche Erben. Des ältesten Heinrich Anton Wilhelm einziger Sohn ist: 389
Personalbestand der Familie 1919 (2006) Familiengeschichte 1980 (2006) 391 Die Stammtafel gibt den 21. Juni als seinen Geburtstag an, das Kirchenbuch jedoch den 22. 392 Personalbestand der Familie 1892, Nachträge, Todesort Demmin lt. Personalbestand der Familie 1921 (2006) 393 Gotha 1908 (2008) 394 Amtsblatt für den Regierungsbezirk Marienwerder, 1839, S. 368 und S. 400 (2010) 390
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 178 -
III. 871. Carl W a l d e m a r Wilhelm Heinrich, Bürgermeister a. D., geb. 17. Februar 1830,395 † 31. Juli 1919 in Stettin geboren, hat in der heiligen Taufe die Namen Carl Waldemar Wilhelm Heinrich erhalten. Er besuchte in den vierziger Jahren das Gymnasium in Stargard und wurde dann Soldat. Er war Unterofftzier im 32. Infanterie-Regiment, am 29. Dezember 1851 Fähnrich und 8. Januar 1853 Lieutenant. Am 2. September 1854 kam er zum 35. Infanterie-Regiment in die Bundesfestung Luxemburg, 1856 zum Lehr-Inf. Bataillon in Potsdam, 1857 erneut nach Luxemburg. Am 27. Mai 1858 kam er zum 2. Rheinischen Inf. -Regt. Nr. 28. Er war 1859 Adjutant beim 1. Bataillon (Cöln) 28. Landwehr-Regiments. 1864 war er erneut in Luxemburg eingesetzt.396 Er wurde am 12. April 1866397 als Premier-Lieutenant aus dem 2. Bat. Infanterie-Regiments Nr. 68 entlassen. Im Jahre 1873 war er Bürgermeister in Nümbrecht, Kreis Homburg und 1874 bei der Lebens-Versicherungs-Gesellschaft in Elberfeld beschäftigt. Er lebte 1876 in Königswinter, 1878 in Bonn und seit 1879 in Brühl, später in Rhöndorf. Auf dem Familientag 1919 berichtete der Vorsitzende Georg, er habe im Juli 1916 den damaligen Senior des Geschlechts, den 86jährigen Vetter Waldemar in seiner schönen Villa zu Rhöndorf a. Rh. besucht und habe ihn wohlversorgt von seiner liebenswerten Tochter in großer geistiger und körperlicher Frische vorgefunden.398 Waldemar starb am 31. Juli 1919 in Rhöndorf.399 Er verheiratete sich am 15. November 1859 in Jülich mit Malwine Agnes Caroline Christiane Gustave Antonie von Reitzenstein, geboren zu Thal-Ehrenbreitstein am 18. Oktober 1839, † 31. Mai 1912 in Rhöndorf, Tochter des Oberstlieutenants Carl Philipp Gustav Adolph Ferdinand Julius von Reitzenstein und der Luise Adolphine Agnes von der Leithen. Diese Ehe ist kinderlos geblieben. Sie hatten ein Kind adoptiert: Anna Wilhelmine, geb. 21. Januar 1863 in Neuwied, Geburtsname Graas.400 Sie ließ später in Bad Honnef das Landhaus von Kleist errichten. Sie starb in Bad Honnef am 2. Januar 1921.401
395
Die Stammt. gibt irrtümlich 1831 als sein Geburtsjahr an. Ergänzungen aus Rang- und Quartierlisten. Waldemar hatte während seiner wiederholten Aufenthalte in der Festung Luxemburg enge persönliche Kontakte mit verschiedenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Luxemburg, wie sich aus einer Anfrage zur Vorbereitung einer Ausstellung ergab.(2008) 397 Am 8. Juni 1877 nach den Ranglisten (2008) 398 Familientagsprotokoll 1919 (2006) 399 Gotha 1920 400 Gotha 1901. Im Geheimen Staatsarchiv befindet sich ein Ermittlungsvorgang des Heroldsamtes aus dem Jahr 1918, weil sich Anna als Baronesse von Kleist bezeichnet hatte. Der Vorgang endet ohne Maßnahme, weil er im November 1918 noch nicht abgeschlossen war. Signatur: I.HA Rep.176 VI Nr.K 885 (2008) 401 Anfrage im Familienarchiv zur Baugeschichte des Hauses, das von einem Architekten Frhr v. Tettau entworfen wurde. (2012) 396
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 179 -
Wilhelms anderer Sohn Hermann hat vier Söhne hinterlassen. Der älteste derselben ist: III. 872. E d m u n d Heinrich Julius Alwin Wilhelm, geb. 20. November 1834, † um 1910. Sein Geburtsort ist Viartlum. Er starb um 1910 in Köslin. Am 27. Mai 1873 vermählte er sich mit Anna Büschler aus Köslin. In demselben Jahre kaufte er das Gut Buslar bei Polzin, welches jedoch binnen Jahresfrist zur Subhastation kam. Danach war er mehrere Jahre in der Bewirtschaftung des Gutes Drenow mittätig, welches sein jüngerer Bruder Bernhard besaß, wohnte später als Rentier in Köslin. Seine Ehe ist kinderlos geblieben. III. 873. R e i n h o l d Eduard Hermann, geb. 13. Juli 1839, † 1911, Hermann Carl August Ottos anderer Sohn, geboren zu Kartkow bei Rummelsburg, war vollständig taub und lebte vor seiner Verheiratung mit seiner Mutter in Berlin-Weißensee. Hier starb er 72jährig am 22. 6. 1911. Er heiratete am 9. 4. 1879 Bertha Lehmann, * Tschechen, Schles., 10. 9. 1856, † Weißensee b. Berlin 19. 11. 1925, Tochter des Landwirts Julius L. u. d. Mathilde geb. Kindler. Kinder: 1. R e i n h o l d Berhard Hermann (III. 950). Über ihn und seinen Sohn wird kurz in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet. 2. Waldemar Arthur Otto, * Weißensee 7. 7. 1882, †.... Kaufmann (III. 950a) 3. B r u n o Walter Julius, * Weißensee 6. 10. 1884, † 1913,402 Kaufmann (III. 950b) 4. B e t t y Gertrud Else, * Weißensee 5. 12. 1889, Prokuristin (Ost-Berlin)
III. 874. B e r n h a r d August Wilhelm auf Drenow, geb. 20. Juli 1843, † 1929, Hermann Carl August Ottos dritter Sohn, geboren zu Drenow. Nachdem er die Gymnasien zu Neustettin und Colberg besucht, machte er im August 1861 das Fähnrichs-Examen in Berlin und trat in das 7. pomm. Infanterie-Regiment Nr. 54 ein und war im März 1863 Seconde-Lieutenaut. Er ging mit dem Regiment an die polnische Grenze, zur Bewachung derselben. Die Brigade wurde im Juli 1863 abgelöst. Lieutenant von Kl. ging mit dem Bataillon nach Swinemünde, welches im dänischen Feldzuge armiert war, und blieb daselbst bis Mitte Dezember 1864. Er erkrankte am Typhus, wodurch der Grund zur Invalidität bei ihm gelegt wurde. Am 1. Februar 1866 nahm er seinen Abschied und kaufte Drenow nebst Restgut Kowalk vom Vater. —
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Nachrichtenblatt März 1936 (2006)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 180 -
Während des Feldzuges 1870/71 trat Lieutenant von Kl. beim formierten Garnison-Bataillon in Stettin ein und führte darnach eine Gefangenen-Compagnie in Alt-Damm. Nach Beendigung des Feldzuges nahm er seinen definitiven Abschied. Im Laufe der Jahre ist er für Verbesserung seines Gutes Drenow unermüdlich tätig gewesen; er hat c. 600 Morgen Acker und c. 60 Morgen Wiesen urbar gemacht und im Jahre 1876 eine Stärkefabrik gebaut. Im Jahre 1868 machte er Drenow und Kowalk zum Allod, verkaufte den Eichenwald im Zülow und setzte sich durch Rezeß mit dem Major Hugo von Kleist-Retzow auf Gr. Tychow (III. 843) in gütlichem Wege auseinander. Im Jahre 1877 wurde das Rittergut Kowalk gelöscht. Trotzdem sind dem Besitzer von Drenow die Patronatslasten in Bezug auf die Kirche und Küsterei in Kowalk nicht abgenommen worden. Er war Begründer des landwirtschaftl. Ein- und Verkaufsvereins Belgard und der Viehverwertungsgenossenschaft Belgard sowie der Molkerei-Genossenschaft Groß-Tychow und gehörte diesen gemeinnützigen Gründungen lange Jahre als Vorstandsmitglied und z. T. als Vorsitzender an. Er war Deputierter des Kreises Belgard, Ehrenritter des Johanniter-Ordens und Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses. Bernhard starb 85jährig am 5. 3. 1929 in Drenow.403 Am 23. Oktober 1866 vermählte er sich mit Agnes Hentze, * Hamm/Westf. 20. 12. 1845, Tochter des Premier-Lieutenants a. D. und Bankdirektors Julius Hentze und der Wally Leopold zu Cöslin. Sie starb 6 Wochen nach ihrer goldenen Hochzeit am 9. 12. 1916 in Berlin. Seine Ehe ist mit drei Söhnen: 1) L e o Julius Ewald Victor, geboren 5. März 1869, besucht das Gymnasium in Dramburg (III. 953); 2) W e r n e r Conrad Bogislaff, geboren 10. März 1871, besucht gleichfalls das Gymnasium in Dramburg (III. 954) und 3) U l r i c h Rudolph Bernhard, geboren 26. März 1875, ebenfalls Gymnasiast in Dramburg (III. 955); über deren Biographien wird in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet sowie zwei Töchtern gesegnet: 1) M a r g a r e t h e Wally Hermine Lina Gerhardine Agnes Ottilie Laura, * Drenow 11. 10. 1867, † Polzin 22.6.1932404, verm. Drenow 20. 12. 1887 mit Wilhelm v. Dassel, * 22. 9. 1856, auf Schinz, Kr. Belgard (gesch. 17. 4. 1901). Sie war in II. Ehe, 26.4.1918 in Dänemark,405 mit Ernst Friedrich Harms , Kaufmann in Hamburg, verheiratet. 2) A s t a Helene Elisabeth, * Drenow 11. 2. 1873, † Hamburg 16. 11. 1958, verm. Drenow 17. 5. 1895 mit Hermann v. Dassel, * Neustadt b. Ilfeld 28. 7. 1860, † Hamburg 21. 2. 1936, Dr. jur. h. c. Senatspräsident a. D., Rechtsanwalt.
III. 875. H e i n r i c h Franz Hugo Johannes, Prem. -Lieut. a. D., geboren 18. September 1852, † 1926 Hermann Carl August Ottos jüngster Sohn, gleichfalls zu Drenow geboren, besuchte das Gymnasium in Colberg. Nachdem er 1870 im Königs-Regiment in Stettin Fähnrich geworden, machte er den Feldzug
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Familiengeschichte 1980 (2006) Personalbestand der Familie 1934 (2008) 405 Personalbestand der Familie 1921, Gotha 1934 (2008) 404
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 181 -
gegen Frankreich mit. Im Gefecht bei Pontarlier fiel er sich die Schulter aus und bekam im Lazaret die Pocken. Nach Abheilung derselben wurde er nach Stettin zurückgeschickt und 1872 zum Sec. -Lieut. befördert. Vom 1. Oktober 1878 bis 30. September 1881 war er Adjutant beim Bezirkskommando Stralsund. Am 22. März 1881 wurde er Premierlieutenant. Da er im Feldzuge den Grund zu einer andauernden Krankheit gelegt, hat er am 15. April 1881 seinen Abschied genommen. Er erhielt die gesetzliche Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst. Er avancierte als Reserveoffizier zum Hauptmann. Seit dem 1. September 1882 war er als Grenzaufseher angestellt. Er war Assistent und darauf Sekretär bei den Provinzialsteuerdirektionen in Altona und Berlin.406 Er wurde 1892 Geheimer expedierender Sekretät und Kalkulator am Finanzministerium in Berlin, später wurde er Rechnungsrat. Als Geh. Rechnungsrat a. D. lebte er in Neubrandenburg. Hier starb er im 74. Lebensjahr am 13. 2. 1926. Er heiratete am 30. 8. 1882 in Berlin Antonie Wittmütz, * Wolgast 4. 11. 1850, † Neubrandenburg 2. 2. 1926, Tochter des Hermann W. u. d. Pauline geb. Koßinna. Tochter: Ilse Marie Anna Margarete, * Altona 14. 4. 1887, † 19.01.1981 in Emden, verm. Hamburg 26. 6. 1914 mit Viktor Götz v. Olenhusen, Massenhausen b. Hannover 21. 7. 1876, † 30.12.1961, Kapitän a. D. Des Kreisgerichts-Secretairs Johann Leonhard Helmuth Aurel einziger Sohn war: III. 876. Johann Leonhard E m i l , Premier-Lieutenant a. D., geb. 22. Juni 1849, † 21. April 1918. Sein Geburtsort ist Neustettin. Am 1. Mai 1868 trat er als Avantageur beim Feld-Artillerie-Regiment Nr. 2 ein, war 12. Dezember ej. a. Fähnrich und 16. Oktober 1869 Lieutenant. Er machte den Feldzug 1870/71 mit und wurde 12. Juli 1873 ins Feld-Artillerie-Regiment Nr. 14, Divisions-Artillerie, dann Feld-Artillerie-Regiment Nr. 30 versetzt. Nachdem er unterm 13. Mai 1879 zum Premier-Lieutenant avanciert war, nahm er am 12. Juli 1884 seinen Abschied mit 745 M. Pension. Er wohnte seit 1884 in Baden-Baden. Später war er Kreissparkassenkontrolleur in Belgard.407 Er starb am 21. April 1918 in Kolberg.408
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Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 457 (2009) 407 Personalbestand der Familie 1909 (2006) 408 Personalbestand der Familie 1921 (2006)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 182 -
Wir geben die Stammtafel von:
Durch des General-Lieutenants Franz Ulrich von Kleist (III. 389) vierten Sohn, den Landschaftsdirektor Carl Caspar (III. 522) ist
der Segenthiner Seitenzweig entsprossen, welcher leider nur kurze Zeit geblüht hat. Franz Ulrich hatte sechs Söhne: 1) Hans Sigismund, 2) Friedrich Wilhelm, 3) Christian Leopold Ulrich, 4) Carl Caspar, 5) Franz Casimir und 6) Friedrich Otto Gustav (III. 519—524). III. 519. Hans Sigismund, Hauptmann, geb. 1724, † 1784, Franz Ulrichs ältester Sohn, geboren 7. Januar 1724, war 7. Mai 1740 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 31, 16. September 1742 Lieutenant, 20. September 1748 Premier-Lieutenant und 10. Mai 1757 Stabs-Capitain. Am 28. März 1758 nahm er seinen Abschied. Im Jahre 1762 setzten sich die vier Brüder, nämlich Hauptmann Hans Sigismund, der Kriegsrat Friedrich Wilhelm, der General-Quartiermeister-Lieutenant Carl Caspar und der Lieutenant, Adjutant Franz Casimir hinsichtlich des bisher gemeinsam besessenen, ererbten väterlichen Lehns auseinander, welches auf 34650 Thlr. 23 Sgr. abgeschätzt war. Der Hauptmann Hans Sigismund starb unvermählt am 9. Februar 1784 zu Krenzlin bei Ruppin.409
409
Vokationsurkunde der Patronatsherren von Kränzlin über die Berufung des Dorfpredigers Schinkel vom 28. Juni 1760, Ev. Zentralarchiv Berlin 14/13146, in Karl Friedrich Schinkel - ein Sohn der Spätaufklärung, Mario Alexander Zadow, 2001, S. 178 (2012)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 183 -
III. 520. Friedrich Wilhelm, Kriegs- und Domainen-Rat, geb. 1728, † 1770, Franz Ulrichs anderer Sohn, geboren 27. Februar 1728, studierte in seiner Jugend in Halle (Immatrikulation 17. 10. 1742)410 und wurde dann Soldat. Er kam am 9. Juli 1745 als Fähnrich zum Infanterie-Regiment Nr. 2 und ward am 8. Dezember ej. a. Adjutant beim Generalmajor von Kleist. Am 23. Juni 1750 wurde er in Gnaden dimittiert. Im Anschluss war er Auskultator in der ostpreussischen Kammer, am 3. 11. 1750 wurde er in Königsberg Kriegsrat. In den Jahren 1752—56 sehen wir ihn dort als Kriegs- und Domainen-Rat, auch als Kammer-Justiziarius tätig. Während des siebenjährigen Krieges soll er dem Vaterlande als Kriegsrat im pommerschen Feldkriegskommissariat nach der 1. Auflage wichtige Dienste geleistet haben. Nach den Ausführungen von Straubel wurde er vom König wenig geschätzt. Er galt als unzuverlässig. Mit Ordre vom 26. 5. 1763 wurde er entlassen.411 Danach erwarb er das Gut Busekow bei Ruppin. Unterm 24. Januar 1770 lieh er von Busekow aus von dem Kürschnermeister Fretzdorff in Neu-Ruppin 1000 Thlr. zu 5 % . Noch in demselben Jahre starb er. Seine drei ihn überlebenden Brüder sollten um Busekow losen. Es fiel dem Oberstwachtmeister Franz Casimir zu, welcher das Darlehn von 1000 Rtlr. am 25. Januar 1771 an Fretzdorff zurückzahlte.412 III. 521. Christian Leopold Ulrich, Premier-Lieutenant, geb. 1730, † 1758, Franz Ulrichs dritter Sohn, geboren 4. November 1730 in Stettin, war 27. Januar 1747 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 14, 25. Juni 1750 Lieutenant und im März 1757 Premier-Lieutenant413. Er fiel in der Schlacht bei Zorndorf (25. August 1758), unvermählt. III. 522. Carl Caspar, Landschafts-Direktor
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Ergänzungen zu Friedrich Wilhelm auf Grund der Angaben im Biographischen Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 493 (2012) 411 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 493 (2012) 412 Eine Schwester des Kriegsrats Maria Eleonora von Kl., Gemahlin des Hof-Fiskals Engelbrecht, erklärte am 1. März 1771 bei dem Königl. Justizamt in Oschersleben, daß sie von ihrem Bruder Franz Casimir mit ihrem Anteil aus der Hinterlassenschaft ihres Bruders an Busekow von 418 Rtlr. gänzlich abgefunden sei und allen weitern Ansprüchen entsage. 413 In den Regimentslisten Christoph Leopold genannt. Patent als Premier-Leutnant vom 14. Februar 1757. Geschichte des 2. Ostpreussischen Grenadierregiments, J[ohannes] Becker, E. Pauly, S. 200 (2008)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 184 -
auf Segenthin, geb. 1734, † 1808, Franz Ulrichs vierter Sohn, geboren 24. September 1734, war 12. Oktober 1753 Fähnrich im Infanterieregiment Nr. 27, 15. Oktober 1756 Lieutenant und Quartiermeister-Lieutenant Friedrichs des Großen. Am 6. Aug. 1758 avancierte er zum Premier-Lieutenant und nahm im Mai 1763 als Hauptmann einen Abschied. Nach dem Vergleich vom 24. Juni 1763 kaufte er von dem Oberst Carl Wilhelm auf Zützen (II. 129) das Gut Segenthin für 10000 Thlr. und ward am 5. November 1764 damit belehnt (684). Von seiner Stiefmutter: Dorothea Margaretha geb. von Lepel hatte er bereits zuvor (22. Januar 1763) das Gut Nassen-Glienke für 5000 Tlr. bekommen.414 Ferner erstand er das Gut Crolow als Meistbietender am 17. Dezember 1770 aus dem Konkurs der verwittweten Frau Landrat Barbara Catharina von Manteuffel geb. von Münchow. Endlich acquirierte er das Gut Pöppeln am 5. April 1776 von dem Hauptmann Georg Albrecht von Kameke und erhielt es am 30. Juni 1777 zum neuen Lehn (684, 692 und 697). Zur Melioration seines Gutes Segenthin erhielt er im Jahre 1772 von den Königl. Meliorationsgeldern 5200 Thlr. Hierfür wurden 600 Morgen Wiesen urbar gemacht, auch zwei neue Bauerhof- und 8 Büdner-Stellen eingerichtet, wozu 112 Morgen Acker und 68 Morgen Wiesen gelegt wurden. Dies neue Etablissem*nt erhielt den Namen Marienthal.415 Der jährliche Ertrag dieser Verbesserung war auf 377 Thlr. bestimmt, so daß nach Abzug der Zinsen 273 Thlr. reiner Überschuß blieben. Ferner wurde er im Jahre 1773 aus dem Königlichen Meliorationsfond zur Verbesserung seines Gutes Crolow mit 4100 Thl. begnadigt. Hiermit hat er an herrschaftlichem Acker 104 Mrg. 176 Rth. urbar gemacht, auch die herrschaftlichen Wiesen um 50 Morgen 138 Ruthen vermehrt, und demnächst eine Kuhmelkerei, welche er die „Sommer-Holländerei" genannt, angelegt, dabei zwei neue Bauerhof-, eine Kossäthen- und 8 Büdner-Stellen eingerichtet, welche zusammen 266 Morgen urbar gemachten Acker und 31 Morgen 92 Ruthen dergleichen Wiesen erhielten. Der Umfang der meliorierten Grundstücke betrug 353 Morgen 66 Ruthen, worauf 11 neue Familien etabliert wurden. Der Reinertrag der Verbesserung ergab die Summe von 161 Thlr. 9 Gr. 4 Pf.416 Später erhielt er zur Ablassung des zu Crolow gehörigen großen Vietzker See's nochmals 950 Thlr. Meliorationsgelder, wodurch das Gut 317 Morgen an Land und Wiesen gewann. Außerdem wurden bei dieser Gelegenheit daselbst vier neue Büdnerstellen angelegt und dadurch vier Familien etabliert. Reinertrag dieser Verbesserung: 124 Thlr. 8 Gr.417 Endlich erhielt er c. 1780 zur Verbesserung seines Gutes Pöppeln 3500 Thlr., welche zur Urbarmachung einiger wichtigen, bisher wüst gelegenen Ländereien und Brücher und zur Etablirung von zwei Kossäthen und 8 Büdnern verwandt wurden. Reiner Überschuß: 139 Thlr. 16 Ggr.418 Aus Vorstehendem ersehen wir seinen unermüdlichen Fleiß in Verbesserung seiner Güter. Außerdem ist er mehrere Jahre als Landschafts-Direktor des Stolper Bezirks thätig gewesen. Er starb am 27. November 1808 zu Segenthin bei Schlawe.
414
Am 27. Juni 1764 ließ er die Agnaten zu Nassen-Glienke präkludiren (697). Im Jahre 1766 mußte er die Fideicommiß-Gelder, welche er aus der Verlassenschaft der verstorbenen Frau General-Feldmarschall von Dossow geb. Freiin zu Putlitz erhalten, auf Nassen-Glienke sicher stellen. 415 Der Pommersche und Neumärkische Wirth, B. I, S. 421. 416 Ibidem S. 466. 417 S. 714. 418 S. 728.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 185 -
Seiner Ehe mit Marie Luise von Böhn aus dem Hause Culsow, jüngsten Tochter des Johann Georg von Böhn auf Culsow und Sagerke, geboren 14. Oktober 1739, vermählt 27. April 1767, gestorben 15. Mai 1803 zu Segenthin, sind sieben Söhne: 1) Ewald, 2) Wilhelm Ewald, 3) Franz Otto, 4) Ludwig Carl, 5) Friedrich Johann, 6) Christian Georg und 7) Jakob Friedrich (III. 645—651) und zwei Töchter entsprossen: 1) Dorothea Luise, geboren 22. Februar 1768, vermählt 23. November 1786 mit J o h a n n Ernst Ludwig Graf von Schlieffen auf Czierwienz, Hauptmann a. D. (geb. 14. September 1759419, gestorben 5. Dezember 1819). — Sie starb als Witwe zu Stolp 1820 in der Nacht vom 6. zum 7. Oktober, zehn Monate nach dem Tode ihres Gemahls; — und 2) Caroline, geboren 1773, vermählt mit Graf von Münchow auf Quatzow (gestorben 12. Mai 1817). III. 523. Franz Casimir, General der Infanterie, Gouverneur von Magdeburg, geboren 1736, † 1808, Franz Ulrichs fünfter Sohn, geboren 25. Januar 1736, trat mit neunzehn Jahren bei seines Vaters Infanterie-Regiment Nr. 27 in Dienste und war 1755 Gefreiten-Corporal. Am 3. Oktober 1756 ward er Fähnrich und 16. Januar 1758 Lieutenant und General-Adjutant. In der Schlacht bei Zorndorf (25. August 1758) wurde er verwundet; bei Maxen (1759) mitgefangen genommen. Am 27. Mai 1760 Premier-Lieutenant geworden, leistete er als Ingenieur bei der Belagerung von Schweidnitz (vom 7. August bis 9. Oktober 1760) wichtige Dienste; zeichnete sich auch sonst wiederholt aus, so daß der König d. d. Peterswalde 13. Oktober 1762 an den General-Lieutenant von Tauentzien schrieb: „Der Lieutenant von Kleist vom Lindstädt'schen Regiment soll von Mir das Patent als Capitain bekommen und will Ich solchen zugleich als Adjutant zu Mir nehmen.420 Schon am folgenden Tage ward er Capitain und Flügel-Adjutant. Am 10. April 1769 erhielt er den Majorscharakter und wurde Adjutant des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, 11. Januar 1777 Oberstlieutenant und 12. Januar ej. a. Compagnie-Chef und Kommandeur des 1. Bats. Infanterie-Regiments Nr. 20, welches in Magdeburg garnisonierte. Im Juli 1778 war er Commandeur eines Bataillons Freiwilliger im bayerischen Erbfolgekriege, bei der Armee des Prinzen Heinrich von Preußen. Am 14. Juli 1780 wurde er Commandeur des 2. Bats. Infanterie-Regiments Nr. 20 und 2. September ej. a. Oberst. Im Jahre 1781 ernannte des Königs Gnade ihn zum Commandeur des Infanterie-Regiments Nr. 20 und am 1. Juni 1788 zum Generalmajor. Am 20. Oktober ej. a. erhielt er das durch Absterben des Generals von Wunsch erledigte Regiment Nr. 12 zu Prenzlau und ward im November 1792 mit dem roten Adlerorden geschmückt. An der Rheincampagne nahm er rühmlichsten Anteil, so daß er am 12. Januar 1794 zum General-Lieutenant ernannt und im Dezember ej. a. mit der General-Inspektion der Märkischen Infanterie betraut wurde.421 419
Gotha, gräfliche Häuser, 1898, Artikel Schlieffen, S. 915 (2009) Preuß. Urkundenbuch V, S. 144. 421 1794 ... "In Bonn hieß der Kölnische Kommandant auch Kleist wie unser Kommandirender, und war gleichfalls Generallieutenant. Als der unsere bei Ausgabe der Parole mit ihm hierüber sprach und auf den Siebenjährigen Krieg kam, während welchem der andere bei den Österreichern gestanden, zog (Fortsetzung...) 420
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Unterm 6. Oktober 1796 ward ihm die Besoldung von 500 Thlr. 23 Gr. 9 Pf. der Drostei Hamm bewilligt, welche er vom 1. Dezember genannten Jahres an bezogen hat. Am 19. Mai 1800 wurde er durch Verleihung des schwarzen Adler-Ordens ausgezeichnet und unterm 20. November ej. a. zum Chef des Infanterie-Regiments Nr. 5 und zum Gouverneur von Magdeburg ernannt. Vom März bis November 1801 war er commandirender General des Westphälischen Corps d'armée und wurde am 22. Mai 1802 zum General der Infanterie befördert. Franz Casimir von Kleist war ein äußerst tüchtiger und schneidiger Soldat, aber in den vielen Schlachten, in welchen er mit Auszeichnung gefochten, war seine Gesundheit dermaßen erschüttert und seine Kopfnerven durch Säbelhiebe teilweis zerstört, daß die Folgen hiervon sich in seinem Alter in bedenklicher Weise kund gaben. In dem Unglücksjahre 1806 war er bereits ein gebrochener Mann und nicht mehr im Stande, den vorwärts stürmenden, Deutschland überflutenden, siegreichen französischen Heeressäulen Halt zu gebieten. Die Festung Magdeburg war in dem genannten Jahre mit 24000 Mann besetzt, mit Artillerie und Munition, sowie mit Lebensmitteln auf einige Monate reichlich versehen und die Erhaltung derselben bei dem Unglück, welches die Armee und den preußischen Staat betroffen, von höchster Wichtigkeit. Dazu war das Corps der Franzosen, welches sich zur Belagerung anschickte, nur gering, nur 10000 Mann stark, und die Belagerungsgeschütze fehlten noch; nur einige leichte Feldkanonen ließ der französische General Ney vor die Stadt fahren. Der General von Kleist schien in der That sich zu einer ernsten Gegenwehr anzuschicken, indem er die Vorstädte abbrennen und die die Festungswerke umgebenden Gärten zerstören ließ. Ein preußischer Offizier Carl von Suckow kam auf der Flucht nach der Schlacht von Jena nach Magdeburg. Der Gouverneur von Kleist, welcher eben der Wachtparade beiwohnte, bot ihm in seinem äußern Erscheinen kein Bild der Ermutigung, deren es doch in jener Zeit so sehr bedurft hätte. Lieutenant von Suckow beschreibt ihn also: „Ein hochbetagter Greis mit schneeweißen Haaren, tiefgebückt daherwankend, versammelte er uns um sich, um eine Anrede zu halten, deren näherer Inhalt meiner Erinnerung jedoch entschwunden ist. Nur ein Passus derselben blieb mir im Gedächtnis. Derselbe lautete: Man werde die Festung Magdeburg dem Feinde nicht eher übergeben, als bis das Schnupftuch in der Tasche brennte.422 In der Festung befanden sich 19 preußische Generäle und über 800 Offiziere, dazu 800 Kanonen. Achtzehn Generäle erklärten sich einmüthig gegen die Übergabe der Festung. Nur der General Graf Wartensleben, der Vertreter des Gouverneurs, schien besondere Gründe dafür zu haben, die Festung sobald als möglich in des Feindes Hand zu bringen. Denn als der am 23. Oktober von den Franzosen gesandte Unterhändler sich bei ihm beklagte, der Gouverneur sei gar zu starrköpfig, da gab Graf Wartensleben ihm einen guten Rat mit auf den Weg: „Werft erst brav Bomben und Granaten in die Stadt, so wird der eigensinnige Gouverneur wohl auf andere Gedanken kommen." Es fand sich diese Äußerung in den Briefschaften des Marschalls Ney an Napoleon, welche in der Folge bei Gutstadt von den Preußen aufgefangen wurden.
421 (...Fortsetzung) er einen Handschuh aus, zeigte seine zerschossenen Finger und sagte: Das haben die Österreicher getan, worauf jener den nämlichen Handschuh auszog, ebenfalls zerschossene Finger zeigte und ausrief: "Das haben die Herren Preußen getan." (Urkundliche Beiträge u. Forschungen zu Geschichte des Preußischen Heers, vom Großen Generalstab. Heft: Erinnerungen aus dem Leben des Generallieutenants Friedrich Karl v. Schmidt. S. 87. 88. Berlin, 1909.) Zitat aus den Notizen von Paul Hoffmann zum Artikel zu Franz Casimir von Kleist in dem Exemplar des Kleist-Museums Frankfurt (Oder) der 1. Auflage der Kleistschen Familiengeschichte. Der Kölnische Kommandant in Bonn war Freiherr Clemens August von Kleist (III. 447). (2018) 422 Halckänder, Hausblätter B. III, S. 146.
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Zum Unglück besaß Graf Wartensleben einen großen Einfluß auf den altersschwachen, zeitweise schon geistesabwesenden Gouverneur. Dazu kam, daß der Fürst Hohenlohe sich bei Prenzlau mit 10000 Mann und 1800 Pferden am 28. Oktober an Joachim Murat ergab. Der Prinz August versuchte, sich mit seinen Grenadier-Bataillonen durchzuschlagen, vergebens! Die Capitulation bei Prenzlau aber war die Losung zu allen anderen Capitulationen. „Der Fürst Hohenlohe hat sich mit der Armee ergeben!" " sagte sich jeder Befehlshaber, „was soll ich machen?" „Der König hat keine Armee mehr, was helfen ihm die Festungen?" dachte fast jeder Commandant. Sie pflanzte den Kleinmut in die Herzen, sie streute die Vorstellungen von Verrat unter das Volk, sie beförderte den jede Tatkraft lähmenden Gedanken: daß doch Alles verloren sei, daß Preußen doch nicht mehr geholfen werden könne.423 Die Katastrophe bei Prenzlau wurde dem Gouverneur von Kleist als der Untergang der gesamten preußischen Armee geschildert, so daß er zu der Ansicht verleitet ward, der Krieg wäre so gut wie beendet, Magdeburg jedenfalls für den König verloren und deshalb zwecklos grausam, die reiche Handelsstadt der Verwüstung preis zu geben. Als von neuem Kriegsrat gehalten wurde wegen Übergabe der Festung und der General von Alvensleben äußerte, wie man gegenwärtig schon von Übergabe reden könnte, da ihnen noch nichts fehle, noch hätten sie alle rote Backen, gebot der Gouverneur ihm Stillschweigen mit den Worten: „General-Major von Alvensleben, Sie sind hier im Kreise der Jüngste, sprechen Sie nur, wenn Sie gefragt werden!" Der Ingenieur vom Platz, ein Hauptmann von Kl. (III. 719) widersetzte sich gleichfalls mit aller Entschiedenheit der Übergabe der Festung. Er stellte dem Gouverneur vor, „daß die Festung durch einen Handstreich unmöglich genommen werden könnte, daß sie sich trotz ihres schlechten Profils, bei einer regelmäßigen Belagerung, 4 bis 5 Wochen nach der Eröffnung der Laufgräben halten würde, daß der Feind zur Belagerung noch nichts vorbereitet hätte, wozu eine geraume Zeit gehöre und daß doch ja nichts übereilt werden möchte!" Allein seine Vorstellungen waren ganz vergeblich. Am 8. November 1806 unterzeichnete der Gouverneur von Kleist die Capitulation von Magdeburg und übergab diese Festung an den französischen Marschall und kommandirenden General des 6. Armee-Corps Michel Ney am 11. November 1806.424 So siegte nicht die Tapferkeit der Franzosen, nein, die Niedergeschlagenheit rat- und tatloser Heerführer vollendete 1806 die Niederlage Preußens. Napoleon äußerte gegen die Königin Luise sehr unzart: „Magdeburg sei ihm so viel wert, als 100 Königinnen!" — In Folge dieser Kapitulation wurde der General von Kleist ohne Abschied entlassen; jedoch wurde er vom Kriegsgericht freigesprochen, da ihm in keiner Weise der Vorwurf gemacht werden konnte, daß er von den Franzosen bestochen worden oder daß er feig gewesen wäre. Das nach seinem Tod erstellte Gutachten enthält jedoch folgende Wertung: Der Gouverneur v. Kleist war unbedingt wegen der Übergabe verantwortlich und nur diejenigen Rechtfertigungsgründe können ihm zu statten kommen, die aus seiner physischen Körperbeschaffenheit und aus seiner falschen Ansicht der Dinge entwickelt worden
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Adami, Königin Luise von Preußen. Berlin 1851. S. 157 ff. Man erzählte damals vom General Kleist, dem Kommandanten von Magdeburg: ,, er wolle die Festung nicht eher übergeben, bis sein Schnupftuch in der Rocktasche in Brand gerate." Und er war der Erste, der die Übergabe beantragte. Unter 18 Generalen und Staabsoffizieren wagte nur Einer sich der Capitulation zu widersetzen. Der gemeine Mann war außer sich über solche Schande, ein gutes Zeichen für die Zukunft. Gleich nach der Übergabe der Festung erschien eine Karikatur: dem General Kleist hing das Schnupftuch aus der Tasche, das ein französischer Soldat mit einem Fidibus in Brand steckte. Hinrichs politische Vorlesungen, Band 1, H. F. W. Hinrichs, Halle 1843 (2008) 424
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sind.
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König Friedrich Wilhelm III. hatte bei seinem kurz vorhergehenden Besuche in Magdeburg zu ihm gesagt: „Lieber Kleist, kein unnützes Blutvergießen! Schonen Sie Magdeburg!" Als man nach der Capitulation in öffentlichen Blättern über den General von Kl. herfiel, schrieb der König einen Brief an ihn, in welchem er ihn seines unveränderten gnädigen Wohlwollens versicherte und ihn von jedem Vorwurfe frei sprach.426 Der General von Kleist zog sich auf seine Güter bei Ruppin: Protzen und Crenzin zurück. Das Gut Busekow bei Ruppin, welches nach seines Bruders Friedrich Wilhelm Tode durch das Los ihm zugefallen war, hatte die Familie von Kröcher im Jahre 1784 von ihm gekauft. Bis zum Verkauf hatte die Familie dort gewohnt.427 Am 13. Februar 1808 kam er nach Berlin und starb hier den 30. März ej. a. am Nervenfieber. Nach 3 Tagen wurde er in der Stille begraben.428
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1806. Das preussische Offizierkorps und die Untersuchung der Kriegsereignisse, hrg. Vom Großen Generalstab, Berlin 1906 Prozeß des Fiskus gegen die Erben des Generals von Kleist und die übrigen Festungsgouverneure und -kommandanten wegen der Anmeldung eines Anspruchs auf Schadenersatz für die im letzten Krieg dem Feind übergebenen Festungen. Geheimes Staatsarchiv, 04.05.01 I. HA Rep. 151, IC, 5307 (2010) Berliner Intelligenz- Blatt. No. 277. Montags, den 20. November 1809 [P. 3624] Da über den Nachlaß des am 30sten März vorigen Jahres hierselbst verstorbenen entlassnen Generals von der Infanterie Franz Casimir von Kleist der erbschaftliche Liquidations-Prozeßeröffnet ist, so werden sämmtliche Gläubiger hierdurch vorgeladen, sich in dem angesetzten [P. 3625] Liquidations-Termin am 26sten Januar 1810, Vormittags um 10 Uhr, vor dem Kammergerichts-Rat Ballhorn zu gestalten, den Betrag und die Art der Forderung anzugeben, die vorhandenen Dokumente urschriftlich vorzulegen, und demnächst die weitere weitere rechtliche Verhandlung zu erwarten. Denjenigen, welche an der persönlichen Erscheinung gehindert werden, und denen es hierselbst an Bekanntschaft fehlt, werden der Regierungs-Rath Wolfart und Justiz-Commissarius Leitner als Bevollmächtigte vorgeschlagen, wovon sie sich einen wählen, und denselbeb mit Information und Vollmacht versehen können. Die Ausbleibenden haben zu gewärtigen, daß sie aller ihrer etwaigen Vorrechte verlustig erklärt, und mit ihren Forderungen nur an dasjenige, was nach Befriedigung der sich meldenden Gläubiger von der Masse etwa übrigbleiben möchte, werden verwiesen werden. Berlin, den 2ten Oktober 1809. Königl. Preuß. Kammergericht. Handschriftliche Notiz von Paul Hoffmann zum Artikel im Exemplar der 1. Auflage des Kleist-Museums Frankfurt (Oder). (2018) 426 Der König hatte ihm wiederholt außerordentliche Beweise seiner Gnade gegeben: Durch Cabinetsordre d d. Berlin 27. Apnl 1777 verlieh er lhm eine Präbende bei dem Stift St. Bonifacii und Mauritii und befreite ihn von Erlegung aller Unkosten und Statutengelder. — Am 1. September 1793 wurde dem Generalmajor von Kl. die Amtshauptmanns-Besoldung von Johannisburg in Litthauen mit jährlich 420 Rtlr. conferiert. (Es ist dies wohl als eine Dotation für den Feldzug aufzufassen. ) — Das ihm durch C. -O vom 2. Oktober 1796 gewahrte Einkommen aus der Drostei Hamm betrug, wie bereits berichtet, über 500 Rtlr — Durch Cabinetsordre vom 20. Mai 1798 wurde ihm eine Gehaltszulage von jährlich 1000 Rtlr. gewährt. Zu Anfang des Jahres 1803 verlieh des Königs Gnade ihm die Anwartschaft der auf dem Fall stehenden Paderborn'schen Lehen Ober- und Nieder Maspe im Lippe-Detmold'schen. Die bez. Cabinetsordre wurde ihm durch den Cabinetsrat Beyme in Berlin zugesandt, dessen Begleitschreiben noch vorhanden, daraus die Achtung zu ersehen ist, in welcher der General von Kleist bei den hohen Königl. Beamten stand. Franz Casimir von Kl. war einer der ersten Ritter des roten Adlerordens nach dessen Reassumierung. Herr von Wurmb auf Protzen, ein Urenkel des Generals von Kl. von mütterlicher Seite her, bezeugt das Vorhandensein des Briefes, welchen der König Friedrich Wilhelm III. nach der Übergabe von Magdeburg an den General von Kl geschrieben hat; doch konnte derselbe zur Zeit nicht aufgefunden werden. 427 Die neuere Geschichte der Stadt Neu-Ruppin, Ferdinand Heydemann, Neu-Ruppin 1863, S. 107 (2015) 428 Leipziger Zeitungen 54 Stück. Mittwochs den 16. März 1808. Nr. 498. Berlin den 12. März. Der letzte Gouverneur von Magdeburg, Gen. v. Kleist, hielt sich neulich drei Tage hier auf, nachdem er mit Mühe in einem Gasthofe eine Wohnung gefunden hatte. Allein er verließ sein Zimmer wenig und reisete eben so unbekannt stille ab, wie er angekommen war, weil er von den Franzosen eben so sehr als (Fortsetzung...)
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Seine Gemahlin Caroline Luise Eleonore Johanne von Kleist, Tochter des Oberst Carl Wilhelm auf Zützen (II. 129), geboren 7. Dezember 1747, vermählt 14. November 1764, gestorben 1780 zu Magdeburg, hatte ihm drei Söhne: 1) Franz Alexander, 2) Georg und 3) Friedrich Ludwig Heinrich (III. 652—654), außerdem zwei Töchter geschenkt: 1) Caroline, geboren 1767 und 2) Wilhelmine Caroline Luise Johanne, gestorben 1839, zuletzt geistesschwach, vermählt mit einem Major von Waldow. Anhang. Ein Seconde-Lieutenant im Infanterie-Regiment von Kleist (Nr. 5) von W. (obeser), welcher seit Mitte August 1806 bei der Retablirung der Festungswerke in Magdeburg placiert war, hat einen kurzen Bericht über die Ereignisse jener Zeit, soweit sie die Festung Magdeburg betreffen, abgestattet, aus welchem einige Stellen hier wiedergegeben werden mögen: Die Retablierung der Festungswerke in Magdeburg wurde durch Königl. Cabinets-Ordre befohlen. Lieutenant von W. erhielt bei dem Mangel an hinlänglichen Ingenieur-Offizieren von dem Gouverneur von Kleist den Auftrag, den Lieutenant von Olczewski (Ingenieur) bei dem Festungsbau zu unterstützen, und that dies zunächst bis zum 13. Oktober. Während dieses Zeitraumes wurden die verfallenen Festungswerke vom Schnotdorfer Thore an bis zur Elbe bei Kloster Berge retabliert. Es wurde hierbei mit der größtmöglichsten Anstrengung zu Werke gegangen; doch war es nicht möglich, diese Arbeit vor dem 13. Oktober zu beendigen, indem neue Wallgänge und Brustwehren aufzuführen waren und man besonders von der Elbe ganz neue, mit Sturmpfählen garnierte Linien aufbauen mußte und der Austritt der Festungswerke nach der Elbe zu durch Pallisadirungen und spanische Reuter versperrt wurde, überdem bei der Menge der Arbeiter und der ausgedehnten Linie, auf welcher sie verteilt waren, eine gleichbleibende Aufsicht von Seiten der Offiziere nicht möglich war. Nächstdem war Lieutenant von W. von dem 13. Oktober an mit dem genannten Ingenieur Lieut. von Olczewski bei dem Bau eines Retranchements auf dem „Commandanten Werder", bei dem Aufbau einer Face von der Contregarde am Unterbär in der Thurmschanze, bei Pallisadirung der Thurmschanze in der Kehle und bei Durchstechung des Überfalles bei Prester beschäftigt. Auch wurde ihm während dieser Zeit die Barrikadirung der Zugänge zur Kehle der Altstadt aufgetragen. Alle diese Arbeiten waren, bis auf ein Stück der Pallisadirung des Retranchements auf dem Commandanten Werder, beendigt, als capituliert wurde. „Vom 15. —18. Oktober — so lautet der Bericht wörtlich weiter — war ich unausgesetzt bei dem Capitain von Kleist, um dessen Entwurf zur Vertheidigung der Festung in's Reine bringen zu helfen. Da ich während der Blokade von Magdeburg, wenn die Tagesarbeiten beendigt waren, gewöhnlich bei dem Capitain v. Kl. war, um seine Befehle den verschiedenen Posten zu überbringen, oder ihn zu begleiten, wenn er Nachts dieselben revidierte und Anordnungen im Fall eines feindlichen Angriffes traf, so sehe ich mich durch dessen besondere Aufforderung veranlaßt, mit der Bescheidenheit, die den jungen Offizier bei Beurteilung seiner Vorgesetzten leiten muß, und insoweit die Aufmerksamkeit auf die mich umgebenden Personen und Gegenstände und meine erlangte Menschenkenntnis reicht, mit Freimüthigkeit zu gestehen, daß ich in dem Benehmen des Capitains von Kleist Thätigkeit und ein unermüdetes Bestreben, seine Pflichten mit genauester Pünktlichkeit zu erfüllen, Äußerungen einer regen Vaterlandsliebe und Eifer für den Dienst Sr. Majestät wahrnahm. Oft äußerte er gegen mich seine
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(...Fortsetzung) von seinen Landsleuten verachtet wird. Leipziger Zeitungen. 70 Stück. Donnerstags den 7. April 1808. P. 650: Berlin den 2. April. Im Gasthof zur Stadt Rom starb am 30. März der durch die am 9. November 1806 geschehene Uebergabe der Festung Magdeburg bekannte General der Infanterie, Hr. von Kleist. Beides handschriftliche Notizen von Paul Hoffmann zum Artikel im Exemplar der 1. Auflage des KleistMuseums Frankfurt (Oder). (2018)
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Besorgnis und seinen Unwillen über den Mangel an Energie in der Ausführung seiner Anordnungen und Vorschläge und über die Inexactitude, mit welcher besonders anfänglich der Dienst der Besatzung geschah, indem oftmals Abends die Nachtpickets die ihnen angewiesenen Posten noch nicht besetzt hatten, die Schildwachen nur mangelhaft instruiert waren u. s. w. Soviel ich weiß, hat der Capitain von Kleist dem in Magdeburg gehaltenen Kriegsrat nicht beigewohnt, und äußerte auch nach dem Abschluß der Capitulation seine Unzufriedenheit über diese." Das Regiment von Kleist war am 19. Oktober nach Magdeburg gekommen, das 1. Bataillon hatte Cantonnements - Quartiere in Hohendodeleben bezogen. Dem 3. Bataillon des Regiments von Kleist war größtenteils die Vertheidigung der Neustadt aufgetragen; erster Bataillons-Commandeur war Major von Hollwede. Premier Lieutenant von Schlegell that während der Blockade Dienste als General-Adjutant beim Gouverneur von Kleist. In der Nacht vom 21. zum 22. Oktober kamen einige Alarmierungen vor, am 22. Oktober Nachmittags 6 Uhr ein kleines Gefecht gegen anrückende Chasseurs. Am 19. oder 20. Oktober waren bereits französische Cavallerie-Patrouillen vor Magdeburg erschienen, wobei ein französischer Offizier zwischen Magdeburg und Hohendodeleben gefangen genommen wurde. Die Blockade währte vier Wochen. Am Tage vor der Übergabe der Festung wurden der Generalmajor von Schack und der Obrist von Bardeleben vom Regiment vakant Prinz Heinrich, nebst dem Capitain von Rohr von: Infanterie-Regiment von Kleist vom Gouverneur von Kleist beordert, in dem feindlichen Hauptquartiere zu Schönebeck sich als Geißeln zu stellen. Sie wurden von dort erst wieder entlassen, nachdem die französischen Truppen Stadt und Festung besetzt hatten. Bei seiner Rückkehr nach Magdeburg fand der Capitain von Rohr anderweitigen Befehl vom Gouverneur von Kleist vor, nach welchem er (von Rohr) zum Mitgliede und Major von Cornberg zum Präses einer Militair-Commission bestimmt war: mit den französischen Behörden wegen der für das preußische Militair zu erteilenden Pässe und der in Magdeburg zurückgebliebenen Militairkranken zu verhandeln etc. Das ganze Regiment von Kleist war mitgefangen und alle Offiziere der Garnison waren auf Ehrenwort entlassen. Charakterisierung von Franz Casimir von Kleist durch Carl von Clausewitz.429 Er ist leider durch die Uebergabe von Magdeburg bekannt geworden und hätte verdient, es auf eine bessere Art zu werden. Er hatte schon im siebenjährigen Kriege als junger Mensch mit Auszeichnung gedient und war mit Wunden bedeckt. Dennoch gehörte er im Revolutionskriege zu den jüngeren und rüstigsten Generalen, wurde daher auch mit seiner Brigade meistens auf selbstständigen Punkten gebraucht. Er hatte einen gewandten, nicht ungebildeten Verstand, war ein derber, tüchtiger Soldat, im Gefecht von einer glänzenden Ruhe; aber er war auch ein gewandter Weltmann und eine sehr politische Natur. Im zwölfjährigen Frieden hoch in die 70 hinaufgerückt,430* körperlich schwach und hinfällig, hatte die letztere Seite seines Wesens ganz die Oberhand behalten, und er meinte nur einer verständigen Politik zu folgen, wenn er Magdeburg übergebe. Ein kopf-und herzloser Kommandant, ein leichtsinniger, invalider Generallieutenant an seiner Seite, waren nicht gemacht, um ihn auf einen anderen Weg zu bringen. Dazu kam, daß der König auf seiner Durchreise, nach der Schlacht, anstatt ihn zu steigern und zu kräftigen, einige Worte von Schonung und Rücksicht hatte fallen lassen, die dann auf keinen unfruchtbaren Boden gefallen waren. Wenn man die Wahrheit treffen will, so darf man weder an Feigheit, noch an Verrath
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Aus: Nachrichten aus Preußen in seiner großen Katastrophe. In kriegsgeschichtliche Einzelschriften herausgegeben vom Großen Generalstab, 2. Band, Berlin 1889, S. 417, 446, (2018) * General v. Kleist ist am 25. Januar 1736 geboren, stand mithin damals nicht hoch in den 70er Jahren, sondern im Anfang derselben. 430
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denken. Daß dieser Veteran Gouverneur von Magdeburg war und im Jahre 1806 blieb, kann man Niemand zum Vorwurf machen. Wenn auch alt und hinfällig, hatte er doch in seiner ganzen Persönlichkeit den Charakter eines energievollen Soldaten, eines besonnenen Generals, und seine Laufbahn gehörte nach [447] unserem damaligen Maßstabe zu den glänzenden; es war also natürlich, von ihm wenigstens so viel zu erwarten, wie die Ehre der Waffen und die militärische Schicklichkeit erforderten. Daß aber der Königliche Generaladjutant, der Oberst Kleist, in dieser wichtigsten Festung der Preußischen Monarchie seinen Schwager zum Kommandanten ernennen ließ, weil es eine anständige Versorgung war, obgleich dieser Mann wegen Mangel an den militärischen Kardinaltugenden im Revolutionskriege von einem Kriegsgericht zur Festungsstrafe verurtheilt war, das ist ein scharf gezeichneter Zug jener laxen Staatsund Armeeverwaltung, die unsere damalige Zeit charakterisirt. Der General Kleist war klein, gebückt, zusammengeschossen, aber mit einem martialischen und doch sehr vornehmen Ausdruck des Gesichts. Er machte eine der besten militärischen Figuren unserer damaligen Zeit. III. 524. Friedrich Otto Gustav, Fähnrich,431 geb. 1744, † 1794, Franz Ulrichs jüngster Sohn, geboren 24. März 1744, war Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 34 (5. April 1765) und nahm am 21. Dezember 1769 als Fähnrich seinen Abschied. In der brüderlichen Erbteilung hatte er das Gut Protzen erhalten, dessen Bewirtschaftung er sich nunmehr widmete. Daselbst starb er am 3. Juli 1794.432 Seine Ehe mit Dorothea Elisabeth Wilhelmine von Briesen, Tochter des Generalmajors von Briesen und einer geb. von Münchow war kinderlos geblieben. Die Witwe starb am 21. Juni 1811 zu Protzen. Theodor Fontane hat in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg das Folgende zur Zeit von Friedrich Otto Gustav geschrieben: Um 1770 ging Protzen (aus der Hand der verwitweten Generalin) an ihren Sohn Gustav von Kleist über. Da das Gut seit 1757 bereits auf einen neuen Herrn harrte, dessen Majorennität eben nur abzuwarten war, so hatte dieser letztere nicht Zeit, es auf der militärischen Rangleiter zu einer seinem Namen angemessenen Stufe zu bringen. Er schied als Fähnrich aus dem Regiment Prinz Ferdinand (in Ruppin), in dem er bis dahin gestanden hatte. Da er selber fühlen mochte, daß dies wenig sei, so war er bestrebt, einigermaßen nachzuhelfen, und erwarb sich ein Johanniterkreuz. Er hieß nun nicht länger Fähnrich von Kleist, sondern Johanniter von Kleist, und unter diesem Namen, der in dieser eigentümlichen Verwendung wohl nur einmal vorkommen dürfte, hat er vierundzwanzig Jahre lang seine Regierung von Protzen geführt. Unser »Johanniter-Kleist« war ein braver Mann, dem im Kirchenbuche die »Aufrechthaltung guter Ordnung« eigens nachgerühmt wird. Er muß diesen Ruhm, aufs allgemeine hin angesehen, um so mehr verdient haben, als er im besonderen mit seinem Geistlichen, dem Prediger Friedrich Arnold Dietrich Sachse, in einer beständigen Fehde lebte.
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Die Stammtafel tituliert ihn irrtümlich Rittmeister. Zusatz 2014: Er ist nach der Abgangsliste seines Regiments als Fähnrich abgegangen, wie Fontane schreibt. Die erste Auflage ging noch davon aus, dass er Leutnant war. 432
Testament Protzen 19. September 1776, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam Sign. 4A Testamente 9001 (2015)
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Über die damaligen Beziehungen zwischen Patron und Pfarrer ein kurzes Wort. Friedrich Arnold Dietrich Sachse, aus Soest in Westfalen gebürtig, war, wie es scheint, ein echter Westfälinger, groß, stark, ein tapferes Herz, aber auch rücksichtslos wie so oft die »tapferen Herzen«, besonders wenn sie von der roten Erde stammen. Vor allem war er ein Original. Die Bekanntschaft zwischen Kleist und Sachse machte sich bei Tisch im Herrenhause zu Lentzke, wo damals Baron de la Motte Fouqué lebte, der Sohn des berühmten Generals und der Vater des berühmten Dichters. In diesem Hause fungierte Sachse als Präzeptor. Als das Dessert aufgetragen wurde, fragte Fouqué seinen Gast (von Kleist), »wie es mit der Pfarre in Protzen stehe und ob er die Vakanz schon wieder besetzt habe«. – »Seit einer halben Stunde hab ich sie besetzt«, antwortete dieser. »Mit wem?« – »Mit dem hier sitzenden Kandidaten Sachse.« Es scheint danach, daß die bedeutende Persönlichkeit des letztern ihres Eindrucks auf von Kleist nicht verfehlt hatte. Sachse übersiedelte nun und mochte sich anfangs seinem Patron gegenüber, der ihn, in so schmeichelhafter Weise, in die Protzener Pfarre eingesetzt hatte, zu Dankbarkeit verpflichtet fühlen. Aber Dankbarkeit dauert nicht lang, am wenigsten, wenn die Interessen in Krieg geraten. Sachse glaubte sich benachteiligt, und so entstand ein Prozeß, der im Herrenhause so böses Blut machte, daß Kleist, als um ebendiese Zeit ein Spritzenhaus errichtet werden mußte, dasselbe so aufführen ließ, daß der Bau wie ein Schirm zwischen ihm und der Pfarre stand. Er wollte die Pfarre nicht mehr sehen. Sachse überlebte seinen Patron um viele Jahre, stand im allgemeinen, wie fast immer imponierende Persönlichkeiten, auf gutem Fuß mit der Gemeinde, war ihr Orakel, ihr Rater und Helfer, und vereinigte, neben einzelnen Schwächen, alle Tugenden des alten Rationalisten in sich. Das Protzener Kirchensiegel bewahrt sein Andenken. Die Inschrift desselben rührt allerpersönlichst von ihm her und lautet: »Natur und Vernunft«. Damit ist alles gesagt. Der Johanniter-Kleist starb schon 1794. Wieder trat eine Witwenherrschaft ein, die wenigstens bis 1803, vielleicht auch noch um einige Jahre länger dauerte. Soweit das Zitat von Fontane. In einem zeitgenössischer Bericht wird Friedrich Otto Gustav als Johanniterritter erwähnt. 1782 wurde der Reichsgraf von Schwerin Komthur in Werben, war aber durch Alter und Krankheit gehindert, an der Einführung in das Amt teilzunehmen. Er wurde daher von Friedrich Otto Gustav vertreten.433 Von Franz Ulrichs sechs Söhnen hatten also nur der vierte: Carl Caspar und der fünfte: Franz Casimir männliche Erben. Carl Caspar hatte sieben Söhne, von denen die beiden ältesten: III. 645. Ewald, geb. 1769, und III. 646. Wilhelm Ewald, geb. 1770,
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Des Herausgebers kleine Reise nach Werben in der Altmark im Juli 1782, in Sammlung kurzer Reisebeschreibungen, hrg. Johann Bernoulli, Jahrgang 1784, S. 407 ff. (2010)
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jung gestorben sind. III. 647. Franz Otto Kleist von Bornstedt auf Segenthin, Major, geb. 1771, † 1825, Carl Caspars dritter Sohn, geboren 28. August 1771 in Segenthin, war 25. März 1788 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 1 und 26. Mai 1790 Lieutenant. Er kämpfte gegen die aufrührerischen Polen mit und erhielt unterm 7. Dezember 1794 für sein rühmliches Verhalten bei Pieczinska den Orden pour le mérite. Nachdem er am 16. Juni 1801 Premier-Lieutenant und 2. Juli 1804 Stabs-Capitain geworden, nahm er am 30. November 1807 seinen Abschied als Major. Der General-Lieutenant Hans Ehrenreich von Bornstedt auf Hohenauen (gestorben 23. August 1807) und seine Gemahlin Johanna Sophia Friederike von Quast (gestorben 9. April 1802) hatten dd. Hohenauen den 21. Februar 1797 in ihrem Testamente (publiciert den 6. Oktober 1802) ihren Neffen Otto von Kl. zum Erben des darin constituierten Fideicommisses Hohenauen, I. Anteils, ernannt und ihm seine Brüder Ludwig Carl und Jacob Friedrich substituiert, mit der Bedingung, die Namen „Kleist von Bornstedt" anzunehmen und die beiderseitigen Wappen zu vereinigen, falls der König es genehmigte. Unterm 11. April 1804 erhielten der Premier-Lieutenant Franz Otto von Kleist und die künftigen Fideicommißbesitzer des Gutes Hohenauen die Erlaubnis, die Namen und Wappen von Kl. und von Bornstedt kombinieren und sich Kleist von Bornstedt nennen zu dürfen.434 Am 11. Januar 1825 starb er zu Hohenauen bei Rathenow.435 Seine Gemahlin Luise Gräfin von Schlieffen, älteste Tochter des Grafen von Schlieffen auf Zierwienz und der Dorothea Elisabeth von Kleist, gestorben 29. Mai 1821 zu Segenthin, hatte ihm einen Sohn: Carl Ludwig, geboren 18. Oktober 1819 (III. 772) und eine Tochter, geboren 28. Januar 1821, geschenkt, welche beide jung gestorben sind. Der Sohn starb bereits 1820. III. 648. Ludwig Carl Kleist von Bornstedt auf Crolow, Major, geb. 1772, † 1854, Carl Caspars vierter Sohn, geboren den 11. Oktober 1772, war 20. Dezember 1786 Gefreiten-Corporal im Infanterie-Regiment Nr. 20, 31. Oktober 1788 Fähnrich, 8. Juni 1790 Lieutenant, 1794 Adjutant des 1. Bataillons, 23. April 1799 Premier-Lieutenant, 15. Februar 1803 Stabs-Capitain, in demselben Jahre Adjutant beim General-Lieutenant und Chef des Regiments Prinzen Friedrich Christian Ludwig von Preußen und am 8. November ej. a. Capitain von der Armee. Im Jahre 1809 wurde er auf Halbsold gestellt.
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Vergl. hierüber die Urkunden 700, 702, 713, 714 und 720. Im darauf folgenden Jahre wurden die Gläubiger, welche an seinem Allodial-Nachlasse, worüber der erbschaftliche Liquidations-Prozeß eröffnet war, Forderungen hatten, vorgeladen. Die Activa betrugen mit Einschluß des Gutes Segenthin: 42 673 Thlr. 29 Sgr. 3 Pf., die Passiva aber 54 365 Thlr. 24 Gr. 4 Pf. 435
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Am 26. Mai 1813 war er Kommandeur des 1. Reserve-Bataillons 1. pommerschen Infanterie-Regiments, 21. Juli ej. a. Major; am 22. Juli ej. a. ward er als Chef des Generalstabes der 4. Brigade (von Hirschfeld) im 4. Armee-Corps (General-Lieutenant Graf Tauentzien) kommandiert und 23. November ej. a. bestätigt. Nachdem er zu Anfang des Jahres 1815 zum Generalstabs-Offizier der 19. Brigade (General-Major von Stutterheim) im 5. Armee-Corps (General der Infanterie Graf York von Wartenberg) ernannt, wurde er am 12. Juni ej. a. auf sein Ansuchen pensioniert. Anfänglich erhielt er jährlich 400 Thlr. Pension und von 1833 an 544 Thlr. In der brüderlichen Teilung waren ihm von den väterlichen Gütern: Crolow, Pöppeln und Nassen-Glienke zugefallen. Dazu erbte er nach seines Bruders Otto Tode (gestorben 1825) das Fideicommiß Hohenauen. Schulden halber konnte er das Gut Segenthin c. p. nicht mitübernehmen; es wurde an einen Herrn von Blumenthal verkauft, von welchem er es pachtete. Am 10. März 1843 machte er sein Testament, in welchem er festsetzte, daß seine beiden jüngsten Söhne, welche nicht zur Succession des Fideicommisses kämen, bis zur Majorennität des älteren die beiden Lehngüter Nassen-Glienke und Pöppeln gemeinschaftlich besäßen; darnach solle das Los entscheiden. Wer von ihnen Nassen-Glienke bekäme, der solle an den andern 2000 Thlr. herauszahlen. In seinem Testamente erweiterte er das Familien-Fideicommiß und begründete zugleich eine Familien-Stiftung, worüber Urkunde 714 des Näheren zu vergleichen. Am 14. Januar 1846 fügte er noch ein Codicill hinzu, in welchem er dem ältesten Sohne außer dem Fideicommiß Hohenauen noch das von ihm erkaufte Fideicommiß Siegrothsbruch als freies Eigentum vermachte, wodurch er wegen seiner Lehnsansprüche abgefunden sein sollte. Seiner Gattin aber vermachte er außer den 200 Thlr., welche ihr aus der Familien-Stiftung zustanden, noch 200 Thlr. aus der bei Hohenauen befindlichen Ziegelei. Am 11. September 1854 entschlief er. Er war zweimal verheiratet gewesen: a) mit Luise von Hanstein, ältesten Tochter des Hauptmanns a. D. Fr. von Hanstein und der Henriette gebornen von Kleist auf Wussecken bei Stolp (verlobt 1. Oktober 1825). Dieser Ehe sind zwei Söhne: 1) Otto Friedrich Erdmann und 2) Carl Ludwig (III. 773 und 774) entsprossen. Am 19. September 1833 schloß er die zweite Ehe b) mit Wilhelmine Charlotte Julie Auguste von Hanstein, Nichte der verwitweten Frau Corise von Hanstein geb. von Hanstein. Diese Ehe ist mit einem Sohne: Carl Wilhelm Heinrich (III. 775) und drei Töchtern gesegnet: 1) Luise Wilhelmine Charlotte, geboren 21. August 1835; 2) Auguste Marie Julie, geboren 7. Oktober 1838, † 1. August 1893 in Frankfurt a. d. O.,436 vermählt 1860 mit Adolph von Meyenn, Major a. D. (Nieder-Lößnitz); und 3) Helene Wilhelmine Natalie. Anhang: Major oder Hauptmann Louis von Kleist in London 1809 Durch eine Reihe von Dokumenten ist belegt, dass ein Hauptmann (oder Major) a. D. Louis von Kleist nach einem Aufenthalt in London von Februar bis April 1809 behauptete, vom englischen Kabinett mit weitgehenden Versprechungen für eine Unterstützung der preussischen Regierung gegen Napoleon versehen zu sein. Er fertigte hierzu einen Vermerk vom 25. Mai 1809. Aus den Unterlagen ergibt sich,
436
Personalbestand der Familie 1892, Nachträge 1896 (2006)
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dass er finanzielle Schwierigkeiten hatte. In dem Aufsatz “Die hannoverschen Aufstandspläne im Jahr 1809 und England” wird von dem Autor Dr. Thieme ausführlich hierüber berichtet.437 Auf der Grundlage von Akten in Archiven in London befasste sich auch Alfred Stern in seinem Aufsatz “Gneisenaus’s Reise nach London im Jahr 1809 und ihre Vorgeschichte” mit der Mission des Kleist. Er geht von einer verwandtschaftlichen Beziehung zu dem General von Rüchel aus und vermutet, der Bruder Ludwig des von diesem adoptierten Rüchel-Kleist, könne der Kleist sein. Er weist aber auch darauf hin, dass in den englischen Unterlagen das “de” fehlt.438 In dem etwa gleichzeitig erschienenen Aufsatz von Stern “Briefe Blüchers aus dem Jahre 1809" wird das Thema ebenfalls angesprochen.439 Bisher ist eine eindeutige Identifizierung nicht erfolgt. III. 649. Friedrich Johann, geb. 1775, Carl Caspars fünfter Sohn, starb jung; desgleichen sein sechster Sohn: III. 650. Christian Georg, geb. 1776.
III. 651. Jacob Friedrich von Rüchel-Kleist, General-Lieutenant, geb. 1778, † 1848. Jacob Friedrich, geboren den 25. Januar 1778 als jüngster von den sieben Söhnen seines Vaters Carl Caspar auf Segenthin und der Marie Luise von Böhn,440 trat 1791 in das Infanterie-Regiment von Kleist Nr. 12 ein, wurde den 2. März 1794 Fähnrich, am 12. Mai 1796 Seconde-Lieutenant, war von 1797 bis 1799 Regiments-Adjutant, avancierte den 13. Februar 1804 zum Premier-Lieutenant, unter gleichzeitiger Ernennung zum Inspections-Adjutanten bei General-Lieutenant von Rüchel. In dieser Stellung ward er den 22. September 1805 Stabs-Capitain. Im Frühjahr 1807 adoptierte ihn der General der Infanterie Ernst Wilhelm Ferdinand Friedrich Philipp von Rüchel, gestorben den 15. Januar 1823. Den 2. Januar 1810 erhielt er die Erlaubnis, sich „von Rüchel sonst von Kleist" zu nennen und das Rüchel'sche Wappen mit dem seinigen zu vereinen. 1807 war er wirklicher Capitain und den 25. August 1807 Major von der Armee mit halbem Gehalt geworden. 1809 vermählte er sich zu Haseleu, dem Gute des Generals von Rüchel, mit dessen zweiter Tochter Caroline Friederike Sophie Adelheid Albertine, geboren den 30. September 1790. Sie starb am
437 Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, Jahrgang 1897, Hannover 1897, S. 313 ff. (2010) 438 Historische Zeitschrift, Band 85, München und Leipzig 1900, S. 3 ff. (2010) 439 Deutsche Rundschau, Band CIV, Berlin 1900, S. 26 (2010) s.a. A history of the British army, Sir John William Fortescue, Vol. VII, S. 40 (2013) 440 Er war bis zum 14. Lebensjahre im elterlichen Hause, dann auf dem Gymnasium zu Neu-Ruppin.
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11. Februar 1831. Den 27. März 1813 wurde er im Generalstab angestellt, den 27. August Oberstlieutenant, den 25. Dezember 1813 Commandeur des 1. Westphälischen Landwehr-Infanterie-Regiments.441 Er wohnte der Blokade von Mainz vom 6. Januar bis 4. Mai 1814 bei und focht am 16. Juni in der Schlacht bei Ligny, wofür er das eiserne Kreuz I. Klasse erhielt.442 Den 13. Juni war er zum Oberst befördert und Brigade-Commandeur bei der 3. Brigade des I. Corps (General-Lieutenant von Ziechen) geworden. Den 12. Dezember 1815 Landwehr-Inspecteur im Regierungs-Departement Marienwerder, 1816 Inspecteur der Garnisontruppen in Westpreußen, den 22. Februar 1820 Commandeur der 3. Infanterie-Brigade, den 3. April 1820 Generalmajor. Den 21. Juli 1820 ward er beauftragt, die Geschäfte der 3. Landwehr-Brigade mit zu versehen. 1824 erhielt er den roten Adler-Orden 3. Klasse und den 18. Januar 1831 den roten Adler-Orden 2. Klasse mit Eichenlaub. Den 30. März 1831 zum Commandeur der 4. Division ernannt, erhielt er am 18. Januar 1833 den Stern zum roten Adler-Orden 2. Klasse und wurde den 30. März 1833 zum General-Lieutenant befördert. Er ward den 30. März 1838 Gouverneur von Danzig, erhielt den 20. Januar 1839 den roten Adlerorden 1. Klasse mit Eichenlaub und 1841 die Brillanten dazu.443 Den 23. Dezember 1847 nahm er den Abschied als General der Infanterie mit Pension. Außer den genannten Orden hatte er das Dienst-Kreuz, den russischen Wladimir 3. Klasse, die russische Anne 2. Klasse und war Ritter vom Großkreuz 1. Klasse des schwedischen Schwert-Ordens. Er starb den 15. März 1848 in Danzig. Seine Kinder sind folgende: 1) Friedrich Wilhelm, geboren 1814, gestorben den 28. November 1815 (III. 776).444 2) E l i s a b e t h (Elise) Philippine Caroline, geboren Haseleu den 7. Oktober 1820, † 20. September 1899 in Cramonsdorf,445 vermählt 23. März 1840 mit dem Rittergutsbesitzer Carl Wilhelm Ludwig Franz von Dewitz gen. v. Krebs auf Weitenhagen, geboren den 17. Juli 1806, Witwe den 13. Oktober 1867. Letzterer erbte 1853 von seiner Mutter Bruder das Fideicommiß Veltheim bei Halberstadt und erhielt Erlaubnis, Namen und Wappen derer von Krebs dem seinigen hinzuzufügen am 15. März 1854. 3) Friederike Marie A l b e r t i n e , geboren den 6. Oktober 1821, † 9. September 1903 in Gans,446 vermählt den 24. August 1842 in Danzig mit dem Landschaftsdirektor Hermann von Weiher zu Stolp, geboren 1800, Besitzer der Güter Gans, Vietzig und Scharschow in Pommern. Witwe den 11. Dezember 1871. 4) Friedrich Wilhelm, geboren den 18. Dezember 1822, Seconde-Lieutenant im 2. Infanterie-Regiment, gestorben den 15. September 1844 (III. 777).447 5) Johanne Luise Sophie, geboren den 31. Januar 1824, vermählt den 6. Juli 1850 mit Heinrich Wilhelm Baron von Eckardtstein, geboren den 11. Juli 1804, auf Frögenau. Witwe den 18. April 1871. 6) Franz Carl, geboren den 18. Dezember 1825, Seconde-Lieutenant im 21. Infanterie-Regiment,
441
In einem Brief aus Stargard vom 31. Januar 1836 an Karl Friedrich Friccius nennt er Quellen zur Entstehung der westfälischen Landwehr. Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (2011) 442 Das eiserne Kreuz 2. Klasse hatte er bereits 1813 für Hoyerswerda erhalten. 443 Unterm 17. Februar 1842 wurde er zum Ehrenbürger von Danzig ernannt 444 Die Stammtafel fügt noch den Vornamen Otto hinzu. 445 Jahrbuch des Deutschen Adels, Berlin 1896, S. 460 (2012); Gotha 1901 (2006) 446 Gotha 1904 (2006) 447 Die Stammtafel sagt irrtümlich: 1845.
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gestorben den 18. März 1858 (III. 778)
448
und
7) Albrecht Philipp, geboren den 15. Mai 1828, Oberstlieutenant a. D., gestorben den 12. September 1876 (III. 779). Jakob Friedrich kaufte 1807 das Gut Hoffelde, verkaufte es 1838, hatte Neuwalde, Kreis Sternberg, verkaufte es 1828 und kaufte Bohlschau c. p. 1840, welches 1850 von seinen Erben verkauft wurde.
448
Die Stammtafel setzt irriger Weise: 1826 als Geburts- und 1850 als Sterbejahr.
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Von Carl Caspars sieben Söhnen hatten also der dritte: Franz Otto, der vierte: Ludwig Carl und der siebente: Jacob Friedrich männliche Erben. Hohenauer Nebenzweig Franz Ottos einziger Sohn: III. 772. Carl Ludwig, geboren 18. Oktober 1819 zu Segenthin, starb bereits 1820. Ludwig Carl hatte drei Söhne hinterlassen: 1) Otto Friedrich Erdmann, 2) Carl Ludwig, und 3) Carl Wilhelm Heinrich (III. 773—775). III. 773. Otto Friedrich Erdmann Kleist von Bornstedt, Major auf Hohenauen, geb. 7. April 1827,449 † 1886, Ludwig Carls ältester Sohn, geboren zu Segenthin, war Portepeefähnrich im 10. Husaren-Regiment und 10. Dezember 1850 Lieutenant. Am 14. November 1854 schied er aus. Den 5. April 1855 war er Lieutenant der Kavallerie, 1. Aufgebot 3. Bataillon (Havelberg) 24. Landwehr-Regiment, 12. Februar 1859 Premier-Lieutenant und 12. September 1866 Rittmeister. — Im Jahre 1867 erhielt er den roten Adler-Orden 4. Klasse. Am 16. November 1880 nahm er seinen Abschied als Major mit bisheriger Uniform, wie solche bis zum Erlaß der Allerhöchsten Cabinets-Ordre vom 2. April 1857 getragen worden. Er hatte die Landwehr-Dienst-Auszeichnung und war Ehrenritter des Johanniter-Ordens von der Ballei Brandenburg. Nach des Vaters Tode (1854) erbte er Hohenauen und nach seines Bruders Ludwig Heimgange (1875) fiel ihm auch Nassen-Glienke zu. Er starb 29. Juni 1886 in Berlin. Er vermählte sich am 24. April 1855 in Brandenburg a. d. Havel mit Lucie, geborenen von Lagerström, (aus einer aus Schweden stammenden Adelsfamilie), * Magdeburg 29.7.1834, † Neuruppin 12.7.1920, Tochter des Kgl. preuß. Oberstleutnants Friedrich v. L. u. d. Adelheid Marie geb. v. Schlicht. Der Ehe entstammen drei Kinder: 1) Alice, geboren 24. Mai 1856 in Hohennauen, † Wiesbaden 15.4.1899, 2) Auguste Natalie E l f r i e d e (Frida), geboren 16. Januar 1859 in Hohennauen, † vor 1935, vermählt den 3. Oktober 1884 in Berlin mit Hermann Jahn, * Breslau 18.4.1857, † 1916, sie wohnten in Berlin,450 und 3) Thassilo Theodat Erdmann (III. 877), geboren 15. August 1860, Seconde-Lieutenant im Oldenburgischen Dragoner-Regiment Nr. 19 (Oldenburg). Über seine Biographie und die seiner Nachkommen wird in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet.
449 450
Die Stammtafel gibt irrtümlich den 7. August (1827) als Geburtstag an. Personalbestand der Familie 1934, Nachrichtenblatt März 1935 (2006)
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III. 774. Carl Ludwig, Major auf Nassen-Glienke, geb. 1828, † 1875, Ludwig Carls anderer Sohn, geboren 1. Dezember 1828 zu Segenthin, trat 14. August 1846 beim Infanterie-Regiment Nr. 5 ein und war 4. März 1847 Fähnrich. Am 29. Juli 1848 wurde er ins 6. Kürassier-Regiment versetzt und war 6. Februar 1849 Seconde-Lieutenant, 12. März 1859 Premier-Lieutenant und 30. Juni ej. a. Rittmeister. Am 12. Mai 1860 wurde er zum 3. combinierten Ulanen-Regiment commandiert und 1. Juli ej. a. ins Ulanen-Regiment Nr. 11 versetzt. Nachdem er unterm 13. Mai 1861 Escadrons-Chef geworden, nahm er am 10. November 1868 seinen Abschied als Major mit 560 Rtlr. Pension, Aussicht auf Civil-Versorgung und Regiments-Uniform. Seit 1862 war er Ehrenritter des Johanniter-Ordens. Vom 1. August 1870 bis 1871 war er Commandeur der Ersatz-Escadron des Ulanen-Regiments Nr. 15, am 11. April 1871 wurde er in die Categorie der zur Disposition stehenden Offiziere versetzt. Er hatte die Feldzüge 1864 und 1866 mitgemacht. Nach des Vaters Tode war ihm das Gut Nassen-Glienke zugefallen. Seit 1868 wohnte er auf Hohenauen bei Rathenow. Er starb am 24. Dezember 1875. Sein Gut Nassen-Glienke erbte der ältere Bruder. III. 775. C a r l Wilhelm Heinrich, General der Kavallerie, geb. 1836, † 1917, Ludwig Carls jüngster Sohn, geboren 1. November 1836 zu Hohenauen, war 6. März 1856 Fähnrich im 10. Husaren-Regiment und 5. Februar 1857 Seconde-Lieutenant. Am 15. Dezember 1863 commandiert als Adjutant bei der 8. Kavallerie-Brigade, 11. Oktober 1864 von diesem Commando entbunden. 1866 commandiert als Adjutant bei der 7. Infanterie-Division, 20. Juli ej. a. Premier-Lieutenant, 17. September ej. a. commandiert als Adjutant bei der 11. Kavallerie-Brigade, 30. Oktober ej. a. in gleichem Verhältnis zur 11. Division. Sein Einsatz im Feldzug 1866 als Adjutant des Kommandeurs der 7. Infanterie-Division wird in dessen Erinnerungen mehrfach erwähnt.451 Den 11. April 1867, unter Belassung in seinem Commando, überzähliger Rittmeister und 14. Dezember 1868, unter Entbindung von seinem Commando, Escadrons-Chef. Am 27. Juli 1871 ward er dem Generalstab der Armee aggregiert und zur Dienstleistung beim großen Generalstabe commandiert; am 3. Oktober ej. a. unter Belassung beim großen Generalstab in den Generalstab der Armee einrangiert; 24. Oktober ej. a. zum Generalstab der 13. Division versetzt. Nachdem er am 10. September 1872 das Patent als Major erhalten, kam er am 7. April 1874 zum Generalstab des 14. Armee-Corps und ward 13. Juli 1878 unter Stellung à la suite mit Führung des Dragoner-Regiments Nr. 19 beauftragt.
451
Denkwürdigkeiten des preußischen Generals der Infanterie Eduard von Fransecky, Walter von Bremen, Bielefeld und Leipzig, 1901,S. VII, 267 ff. (2011)
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Am 12. Oktober ej. a. wurde er Commandeur des Regiments, 11. Juli 1879 Oberstlieutenant und 18. Oktober 1883 Oberst.452 1888 zum Generalmajor befördert, war er Kommandeur der 10. Division in Posen und stand zuletzt als Generalleutnant, Exzellenz, in Berlin. 1898 zur Disposition gestellt, wurde er 1906 anläßlich seines 50jährigen Dienstjubiläums von Kaiser Wilhelm II. zum General der Kavallerie befördert. Von seinem Vater hatte Karl Wilhelm 1856 das Gut Pöppelhof bei Pöppeln, Kr. Rummelsburg in Pommern geerbt, das aus dem Lehnsbesitz seines Großvaters Carl Caspar v. Kl. stammte und von seinem Vater allodifiziert worden war. Karl Wilhelm behielt aber seinen Wohnsitz in Berlin und hat das Gut später verkauft. Er starb während des ersten Weltkrieges am 2. 1. 1917 im Alter von 80 Jahren in Berlin.453 Als Rittmeister und Escadrons-Chef im Husaren-Regiment Nr. 10 feierte er zu Aschersleben am 19. Juni 1869 das Fest seiner Vermählung mit Clara Bertha Caroline Marie von Gordon, geboren zu Breslau 6. Juli 1849, † Berlin 20. 12. 1920, Tochter des General-Lieutenants Hellmuth von Gordon und der Bertha Jeannette Anna, geborenen von Schickfuß u. Neudorff a. d. H. Polnisch-Ellguth. Diese Ehe war mit drei Kindern gesegnet: 1) Ilsa, geboren Aschersleben 26. 3. 1870, † Friedelhausen bei Giessen 14. 3. 1957. 2) F r e d a Anna Wilhelmine, geboren 18. Mai 1872 in Münster, † Deutsch-Evern 14. 3. 1952, vorm. Dame des Kgl. bayr. Theresien-Ordens, verm. Berlin 13. 3. 1895 mit Friedrich Graf v. Schwerin, * Dargibell 7. 5. 1869, † Greifswald 19. 3. 1924, Hofmarschall a. D. auf Busow u. Stolpe, Vorpommern 3) Rulekin Max, geboren 3. November 1874 (III. 877b). Über dessen Biographie wird in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet. So ist der Segenthiner Seitenzweig in dem Hohenauener Nebenzweige von neuem kräftig aufgeblüht, während der von Jacob Friedrich von Rüchel-Kl. entstammte Nebenzweig mit dem unbeerbten Tode seiner vier Söhne erloschen ist. III. 776. Friedrich Wilhelm Otto von Rüchel-Kl., geb. 1814, † 1815, Jacob Friedrichs ältester Sohn, starb den 28. November 1815, etwa ein Jahr alt. III. 777. Friedrich Wilhelm von Rüchel-Kl., Lieutenant, geb. 1822, † 1844,454 Jacob Friedrichs zweiter Sohn, geboren 18. Dezember 1822, war Musketier im 2. Infanterie-Regiment, 8. Mai 1841 Fähnrich und 15. Februar 1842 Seconde-Lieutenant.
452 Zu den bis 1885 an ihn verliehenen Orden führte die 1. Auflage aus: Er erhielt den roten Adler-Orden 4. Klasse mit Schwertern, den Kronen-Orden 3. Klasse, das eiserne Kreuz 2. Klasse, das Dienst-Kreuz und des badischen Zähringer Löwen Ritterkreuz 1. Klasse mit Eichenlaub und Schwertern; ferner den roten Adlerorden 3. Klasse mit Schwertern am Ringe und Ehrencomthurkreuz des oldenburgischen Hauses und Verdienst-Ordens und beim diesjährigen Ordensfeste den Kronen-Orden 2. Klasse. (2006) 453 Sein Grabstein befindet sich auf dem Friedhof von Stolpe auf Usedom. Quelle: www.denkmalprojekt.org. (2008) 454 Die Stammtafel gibt irrtümlich 1845 als sein Sterbejahr an.
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Er starb am 15. September 1844 in Stettin,
455
unvermählt. III. 778.
Franz Karl von Rüchel-Kl., Lieutenant, geb. 1825, † 1858,456 Jacob Friedrichs dritter Sohn, geboren 18. Dezember 1825 in Stettin, war Unteroffizier im 1. Garde-Regiment, 14. Januar 1845 Fähnrich und 12. Juni 1846 Seconde-Lieutenant im 21. Infanterie-Regiment, commandiert zum 21. Landwehr-Regiment in Stolp, woselbst er sich am 18. März 1858 erschoß.457 Er starb unvermählt. III. 779. Philipp Albrecht von Rüchel-Kl., Oberstlieutenant a. D., geb. 1828, † 1876, Jacob Friedrichs jüngster Sohn, geboren 15. Mai 1828, war Vice-Wachtmeister beim 1. Bataillon (Danzig) 5. Landwehr-Regiments und 15. April 1851 Seconde-Lieutenant. Nach abgelegter Prüfung durfte er am 9. November 1854 als Lieutenant in das zweite Garde-Ulanen-Regiment eintreten, in welchem er am 23. Mai 1860 zum Premier-Lieutenant und am 10. September 1864 zum Rittmeister und Escadrons-Chef avancierte. Im Jahre 1868 erhielt er das großherzoglich hessische Verdienst-Kreuz Philipps des Großmüthigen, Ritterkreuz 1. Klasse. Am 22. Dezember 1870 wurde er Major mit Beibehalt der Escadron; 27. Februar 1872 Commandeur des Train-Bataillons Nr. 2 und 3. September ej. a. Commandeur des Garde-Train- Bataillons. Unterm 23. Januar 1876 ward ihm der rote Adlerorden 4. Klasse verliehen. Am 18. Mai 1876 nahm er seinen Abschied als Oberstlieutenant mit Pension und Uniform des 2. Garde-Ulanen-Regiments und starb am 12. September ej. a., unvermählt. Mit ihm erlosch der Seitenzweig derer von Rüchel-Kleist.
455
Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV (1. Pommerschen) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, S.590 (2011) 456 Die Zahlen der Stammtafel 1826 und 1850 sind unrichtig. 457 Nachstehende Notiz der Stettiner Zeitung vom 23. März 1858 hat jedenfalls Bezug auf den Lieutenant Franz Carl von Rüchel-Kl. Sie lautet: „Stolp, 19. März. Der Stiftungstag der Landwehr wurde von dem Offiziercorps des hiesigen Landwehr-Bataillons durch ein Festmahl begangen, dem sich auch das hiesige Husaren-Offiziercorps und mehrere früher dem Offizierstande angehörige Gutsbesitzer angeschlossen hatten. Zum tiefsten Schmerz für Viele ist dieses Fest aber leider die, wenn auch entfernteste Veranlassung zu einer sehr beklagenswerthen Tat geworden. Der Adjutant des Landwehr-Bataillons Lieutenant von R., Sohn eines im Freiheitskriege ausgezeichneten hohen Offiziers und mit mehreren höchst achtungswerthen Familien verschwägert, dem die Ordnung des Festes übertragen war, meinte sich durch sein Begegnen mit einigen Anwesenden in seiner Offiziersehre gekränkt, verließ gegen Abend sehr aufgeregt die Festversammlung, — nach einigen Stunden fand man ihn todt auf seiner Stube; er hatte seinem Leben durch eine Kugel ein Ende gemacht, die durch seinen Kopf in die Decke gefahren war."
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Wir geben die Stammtafel von:
Franz Casimirs Seitenzweig war bereits früher abgestorben. Seine drei Söhne heißen: 1) Franz Alexander, 2) Georg und 3) Friedrich Ludwig Heinrich (III. 652—654). III. 652. Franz Alexander, Legationsrat und Dichter, geb. 1769, † 1797. Ein Lebensbild dieses bedeutenden, leider so früh verstorbenen Mannes ist in der Allgemeinen Deutschen Biographie erschienen; es lautet: „Franz Alexander von Kleist wurde am 24. Dezember 1769 zu Potsdam geboren. Sein Vater war der preußische Generallieutenant Franz Casimir von Kleist, seine Mutter, gleichfalls aus Kleist'schem Geschlechte, hatte ihre nähere Abstammung in dem Hause Zützen. Kl. wurde bis zu seinem 9. Jahre von seiner Großmutter, der Witwe eines Obersten von Kleist auf Zützen458, erzogen und kam dann zu seinen Eltern nach Potsdam und später nach Magdeburg. Im Jahre 1785 trat er als Fähnrich (?) bei dem preußischen Infanterie-Regimente des Herzogs von Braunschweig, später von Beville Nr. 24 ein459 und machte den Feldzug von 1789 mit.” Als Einschub zu dem zitierten Text sind zwei Ergänzungen erforderlich. Es gibt Hinweise, daß Kl. bereits im März 1784, also mit 14 Jahren, eingetreten ist.460 Weiter ist für die dichterische Entwicklung von Bedeutung, daß das Regiment in Halberstadt stand. Damit ergab sich ein Kontakt zu Gleim, der auf Grund seiner früheren Freundschaft zu dem 1759 gefallenen ‘Frühlingsdichter’ Ewald Christian besondere Sympathie für Franz Alexander empfand. Er wird der Halberstädter Poetenschule
458
Eva Luise Eleonore, geb. von Schlomach, Witwe des Obersten Carl Wilhelm (II. 129) (2007) Laut Kriegs-M. -A. war er im Juni 1786 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 21, wurde 3. Juni 1788 Lieutenant und nahm 9. November 1790 den Abschied. 460 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 16. (2007) 459
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zugerechnet. Mehrere Texte sind in Halberstadt entstanden.461 Auch nachdem er Halberstadt verlassen hatte, stand Kl. bis zu seinem frühen Tod im Briefwechsel mit Gleim. “Es ist sehr bemerkenswerth, daß gleichzeitig zwei Sprossen dieser vorzugsweise dem Militairstande gewidmeten Familie, Dank ihrer eigenthümlichen Artung, demselben entfremdet wurden; so daß Kl., ähnlich wie Heinrich von Kleist, unmittelbar nach diesem Feldzuge die Armee verließ und sich der Litteratur widmete. Nachdem er bis 1791 in Göttingen studiert hatte462, wurde er unter dem Minister von Herzberg Legationsrat, vermählte sich am 10. oder 11. Januar 1792463 mit Albertine von Jungk und trat schon im darauf folgenden Jahre aus dem Staatsdienst. Auch diese Ähnlichkeit mit dem Verfahren Heinrichs von Kl. verdient bemerkt zu werden. Wenn die zarte Körperbeschaffenheit Kleist's auch dazu beigetragen haben mag, ihm das Landleben wünschenswerth zu machen, so geht aus dem Gehalte seiner Werke doch deutlich hervor, daß ganz wie bei Heinrich von Kl. Unabhängigkeitstrieb und Hang zum Reingeistigen mitwirkten, ihn dem Soldatenstand entsagen zu lassen. Nachdem er das Gut Falkenhagen bei Frankfurt a. /O.464 gekauft und wieder verkauft hatte,465 ließ er sich auf Ringenwalde bei Neudamm in der Neumark nieder, (Fehler der 1. Auflage: wurde daselbst Landrat466) und starb, sein frühes Ende ahnend, noch nicht 28 Jahre alt, am 8. August 1797. Die ungewöhnliche Fruchtbarkeit dieses jetzt ziemlich vergessenen Dichters verdient besondere Beachtung. Er wurde bei seinen Lebzeiten und unmittelbar nach seinem Tode viel gelesen und beurteilt. Die allgemeine Litteraturzeitung vom Jahre 1790 sagt unter Anderem von ihm: „er verräth glückliche Anlagen, eine lebhafte Phantasie und ein warmes Gefühl; seine Verse sind sehr sanft und wohlklingend. Doch sind mit diesen Vorzügen auch wesentliche Mängel verbunden. Der Ton ist fast durchgehend sehr gespannt, der Plan ist nicht sichtbar, die Übergänge sind nicht genug verschmolzen und der Ausdruck wird oft durch den allzureichen Schmuck so spielend, daß man den Sinn des Dichters nur mit Mühe und zuweilen gar nicht erraten kann." Kleist's „Glück der Ehe" ist sogar „ein Meisterstück wohllautender Leerheit" genannt worden; doch ist sein Talent offenbar nicht zur Reife gelangt, und so hat unter Anderen auch Wolfgang Menzel Unrecht, wenn er in seiner „Geschichte der deutschen Dichtkunst" sagt: „es sei kein Zufall, daß in demselben Jahre, in welchem Ludwig XVI. auf dem Schaffot blutete und der Convent seine Schrecken ausgehen ließ, dieser stille Berliner seinen Zamori dichtete, in welchem alles, was ein deutsches Gemüth damals an
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Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 15 ff. (2007) Die Angabe zum Studium beruhte auf einer Angabe von Johann Georg Meusel, Das gelehrte Teutschland oder Lexikon der jetzt lebenden Schriftsteller, 1797. Nach Auskunft der Matrikel in Göttingen war Franz Alexander an der Universität Göttingen nicht eingeschrieben. Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 20 f. (2007) 463 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 29. (2007) 464 1. Auflage als Zitat der Allgemeinen Deutschen Biographie: Frankenhagen. Es ist Falkenhagen, Kreis Lebus, Regierungsbezirk Frankfurt a. O., gemeint, welches zuvor ein Herr von Jungk, vermutlich der Legationsrat und Preußische Resident in Danzig, Johann Anton Jungk, den Friedrich der Große 1766 adelte, besaß. (Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg, II, S. 444. ) Ergänzungen 2007: Das Gut hatte seinem verstorbenen Schwiegervater gehört und gehörte dann seiner Schwiegermutter, die in zweiter Ehe mit einem Leutnant von Oppen verheiratet war. Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 31 f. (2007) 465 Eine Kopie des Kaufvertrags betr. das Allodialgut Falkenhagen vom 25.6.1796 zwischen Leg.Rat Franz von Kleist als Verkäufer und Reichsgraf Georg von Münster - Meinhövel als Käufer im Hauptstaatsarchiv Hannover Dep. 125 B Nr. 24 (2011) 466 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 35, weist nach, dass es sich bei der Bezeichnung ‘Landrat’, die erstmals in einer Todesanzeige verwendet wurde, um eine Verwechslung mit ‘Legationsrat’ gehandelt hat. Von dort ist der Fehler dann von anderen Autoren übernommen worden. (2007) 462
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Süßlichkeit und Schwächlichkeit leistete, concentriert erscheint. " Daß Kleist keineswegs ausschließlich dieser Richtung angehört hat, geht unter Anderem aus dem im Maiheft der deutschen Monatsschrift von 1791 veröffentlichten schönen Gedichte: „Auf Mirabeau's Tod" hervor, in welchem der Zweiundzwanzigjährige als ein begeisterter Sänger der Freiheit und der höchsten geistigen Güter auftritt und eine überraschende Ähnlichkeit mit den späteren Accenten Heinrichs von Kl. offenbart. Kleist's Schriften sind chronologisch geordnet folgende: „Hohe Aussichten der Liebe, " an Minona, Berlin 1789 und in zweiter Auflage 1790; „Graf Peter der Däne, ein historisches Gemälde, " Berlin 1791, „Über die eigenthümliche Vollkommenheit des preußischen Heeres, " Berlin 1791; „Fantasieen auf einer Reise nach Prag, " Dresden und Leipzig 1792; „Zamori, oder die Philosophie der Liebe, " Berlin 1793; „Das Glück der Liebe, " in demselben Jahre ebendaselbst; „Sappho, " ein dramatisches Gedicht, gleichfalls noch in demselben Jahre in Berlin erschienen und mit einer Biographie der Dichterin, sowie einer Abhandlung über dramatische Dichtkunst versehen; „Ode, Seiner Fürstlichen Durchlaucht Wilhelm Ferdinand, regierendem Herzoge von Braunschweig-Wolfenbüttel gewidmet, " Berlin 1794; „Das Glück der Ehe, " ein Seitenstück zum Glück der Liebe, Berlin 1796. Im darauf folgenden Jahre erschienen in Berlin die gemischten Schriften, welche aus 15 teils poetischen, teils prosaischen Stücken bestehen und deren Titel in Jörden's Lexikon angeführt sind. Ebendaselbst findet man auch die verhältnismäßig zahlreichen Beiträge Kleist's in den verschiedenen Zeitschriften der damaligen Epoche. Zu seinen frühesten Arbeiten gehört das im Augustheft des deutschen Mercur von 1789 erschienene „Lob des einzigen Gottes”, ein Gegenstück zu den „Göttern Griechenlands" von Schiller. In Reutlingen erschienen im Jahre 1800 die gesammelten kleinen Schriften im Nachdruck. Vgl. J. G. Meusel's Lexikon, 7 Bd. K. H. Jörden's Lexikon, 6 Bd. S. Baur's kleines historischlitterarisches Wörterbuch. K. F. A. Guden's Chronologische Tabellen zur Geschichte der deutschen Sprache und die in der „Gegenwart" vom 13. Mai 1882 benutzten handschriftlichen Mitteilungen des Pastors H. Kypke an K. Siegen. F. B. " Vorstehendem Lebensbilde fügen wir noch den „Vorbericht" zu Franz von Kleist's vermischten Schriften, Berlin, bei Friedr. Maurer, 1797, hinzu, welcher uns einen eingehenden Blick in die reiche Tätigkeit dieses Mannes tun läßt; er lautet: „Nachfolgende poetische und prosaische Aufsätze sollten bereits in der Leipziger Jubilatemesse dieses Jahres unter dem Titel: Vermischte Schriften, I. Teil, erscheinen. Schon waren sie über die Hälfte abgedruckt, und der achtungswürdige Verfasser mit nochmaliger Bearbeitung und Vervollkommnung der übrigen für diesen Band bestimmten Manuscripte emsig beschäftigt, als er durch Unpäßlichkeit und häusliche Verrichtungen darin unterbrochen wurde. „Meine Achtung für's Publikum ist zu groß, " schrieb er mir, „als daß ich nicht versuchen sollte, den übrigen Aufsätzen, besonders dem Denkmal deutscher Dichter, einer poetischen Ausarbeitung meiner frühern Jugend, und einer prosaischen Erzählung, der Eremit, die Vollendung zu erteilen, welche mir möglich ist; ich hoffe, nächstens damit fertig zu seyn, und sie des Drucks würdiger, als jetzt zu finden. Diese sollen dann, nebst den Kleinigkeiten, welche ich Ihnen anliegend übersende, den ersten Teil beschließen. " Noch harrte ich der Erfüllung seiner Zusage, als ich — kaum traute ich meinen Augen — die unerwartete Anzeige seines Todes in den Zeitungen las, und mir von dessen hinterlassenen höchsterschütterten und betrübten Gemahlin die erwähnten Manuscripte mitgeteilt wurden. Vielleicht würde der Verewigte noch länger daran gefeilt haben, hätte nicht Atropos mit Wut den schönen Lebensfaden durchschnitten, den Lachesis mit Wohlgefallen bis in die spätesten Zeiten fortspinnen zu wollen schien. Er starb am 8. August auf seinem Gute Ringenwalde in der Neumark im 28. Jahre, in der vollsten Blüte seiner Jugend und seiner Talente, und mitten im Genuß des häuslichen Glückes. Wer hätte noch vor wenig Monden ahnen können, daß sein vor einigen Jahren im prophetischen Geiste
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niedergeschriebener Wunsch so bald erfüllt werden sollte!467 Und welches gefühlvolle Herz kaun ohne teilnehmende Schmerzen an die tiefe Wunde denken, welche seiner liebenswürdigen und durch seine Liebe so glücklichen Gattin und Kindern, seinen von ihm mit Wärme geliebten Freunden, und jedem, der das Glück seiner nähern Bekanntschaft genoß, durch seinen frühen Tod verursacht wurde! Selbst die schönen Künste und Wissenschaften verloren durch ihn einen ihrer eifrigsten Verehrer. Er widmete sich denselben in seiner frühesten Jugend, ob er gleich nicht ihnen, sondern dem Kriegsdienst bestimmt war. Doch sein Genie entwickelte sich ohne vorhergegangene akademische Studien gar bald, und mit ihm seine wohlwollenden menschlichen Gefühle. Neun Jahre verlebte er in Halberstadt unter dem Geräusch der Waffen; nicht ohne bedeutende Fortschritte in den Wissenschaften und vorzüglich in der Dichtkunst gemacht zu haben, und aufgemuntert dazu durch die vorzüglichen Gelehrten und Dichter, deren Umgang zu genießen er das Glück hatte. Mars rief ihn in's Feld; aber kaum war er zurück gekehrt, so folgte er den Winken Minervens, und nachdem er nur kurze Zeit als Legationsrat im Königl. Departement der auswärtigen Angelegenheiten zu Berlin gedient hatte, verließ er auch diesen Posten, um nur sich und den Seinigen, nur seinen Freunden und den Wissenschaften zu leben, und der Welt unter dem Paniere des Friedens nützlich zu werden. In den letzten Jahren seines thätigen Lebens beschäftigte er sich, außer der Oekonomie, vorzüglich mit dem Studium der Philosophie, der deutschen Sprache und der Geschichte, ward Mitglied der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Frankfurt a. O., wo er einige von ihm selbst ausgearbeitete Abhandlungen mit ungeteiltem Beifalle vorlas, und unter diesen auch die in diesem Bande enthaltene Charakteristik des Grafen von Herzberg. Wie viele reife Früchte seines Geistes würde die Welt in der Folge von seinem Fleiße zu erwarten gehabt haben! Selbst diese vermischten Schriften, wovon noch mehrere Teile folgen sollten, würden deß Zeuge gewesen seyn.... — Sanft ruhe die Asche dieses Edlen, und der Gefühlvolle weihe ihr eine Thräne! Berlin, am 6. Oktober 1797. Der Verleger. "468 Noch sei ein Urteil hinzugefügt, welches das neueste Datum trägt (1884). Wir entnehmen es Otto Brahm, der in seinem Buche, Heinrich von Kleist, welches mit dem ersten Preise des Vereins für deutsche Literatur gekrönt worden ist, schreibt: (Seite 7) „Alle Kleists Dichter", heißt es in den kurzen Charakteristiken, welche die Eigenschaften der großen preußischen Adelsfamilien wie in Sprichwörtern zusammenfassen, von dem weitverzweigten altpommerschen Geschlecht; „und als Zeuge davon steht neben Ewald und Heinrich als dritter Franz von Kleist da: gleichfalls Soldat und Poet, gleichfalls in frühen Jahren verstorben. Franz von Kleist, um 8 Jahre älter als Heinrich, begann als Schüler zugleich der Wieland'schen Lehrgedichte und der Gleim'schen Anakreontik, er versuchte sich in der Ballade und erzählte unter Anderem, als ein Vorgänger Schillers, die Sage vom Taucher; und er starb, eben als er zu selbständigeren Gestaltungen erfolgreich emporstrebte, noch nicht dreißigjährig. Dennoch war sein nachdenkliches Schaffen nicht ohne Erfolg gewesen; und wir lesen in der Lebensgeschichte eines jüngeren Zeitgenossen, de la Motte-Fouqué s, das enthusiastische Lob seiner anmutigen Milde, seiner zarten Phantasie und des Wohllauts seiner Sprache." 1892 erschienen zwei Abhandlungen unter dem Titel "Franz von Kleist, Eine litterarische Ausgrabung", wobei der Autor der zweiten Abhandlung, Dr. Julius Schwering, dem Autor der ersten Plagiat vorwirft. Sein Urteil zu Franz Alexander lautet: "Am glücklichsten ist der Dichter in der politischen Ode oder Hymne . . . Seine episch-didaktischen Versuche mit ihrem mythologischen Ballast sind dagegen für uns 467
Man sehe den Schluß seines Gedichts: „Das Glück der Ehe." In Halberstadt hatte Kleist unter Andern den Dichter Gleim kennen gelernt und verkehrte in seinem Hause, welches ein Sammelplatz der Gelehrten war und aufblühenden Talenten reiche Förderung gewährte. — Er war seit 1 786 Canonicus non residens beim Collegialstift St. Bonifacii et Mauritii in Halberstadt. Den Stiftsorden durfte er auch nach Resignation seiner Präbende tragen. Den Consens hierzu erhielt er unterm 24. Juli 1791. 468
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ungenießbar und mit Recht von der Nation vergessen. . . . Franz von Kleist trat auf, als es Frühling war im deutschen Dichterwalde; in dem tausendstimmigen Chor herrlicherer und gewaltigerer Melodieen sind seine jugendlichen Weisen verhallt." Franz Alexander wurde im 20. Jahrhundert als Dichter vergessen. Trotzdem hat Anke Tanzer 1998 eine umfangreiche Monographie, die überarbeitete Fassung ihrer Dissertation, über sein “Leben und Werk” veröffentlicht.469 Ihr sind wichtige Ergänzungen für dieses Lebensbild entnommen. In ihrem Schlusswort schreibt sie: “Sein Werk spiegelt auf individuelle Weise die Umbruchsituation um 1800, sowohl in historischer als auch literaturgeschichtlicher Perspektive. Er ist dabei nicht nur Modedichter. Besonders in seinen politischen und ästhetischen Schriften entwickelt Kleist bemerkenswerte Ideen, die seiner Zeit und seinen großen Zeitgenossen teilweise vorgreifen und durchaus mit theoretischen wie poetischen Konzepten von eben beispielsweise Schiller oder Schlegel, aber auch Heinrich von Kleist vergleichbar sind.”470 Das Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) widmet sich auch dem Werk von Franz Alexander. Die Familie hat ihren Familientag 2003 in Frankfurt (Oder) in Erinnerung an den Dichter in einem Hotel in Falkenhagen abgehalten. Der Direktor des Kleist-Museums hielt dabei einen Vortrag über Franz Alexander.471 Sein Bild wird hier beigegeben. Seiner Ehe mit Albertine von Jungk, geboren 2. Juli 1774, gestorben 16. November 1854 in Charlottenburg bei Berlin, Tochter des 1766 geadelten Gesandten in Danzig, Johann Andreas von Jungk auf Falkenhagen und der Albertina Tettingen472 entstammen zwei Kinder: 1) Franz Casimir (III. 780), geboren am 2. April 1797, gestorben am 11. Mai 1802,473 und 2) Adelaide, geboren 21. Oktober 1794, gestorben 16. August 1854 zu Berlin, vermählt Falkenhagen 27. Dezember 1812 mit dem General-Major Ludwig von Wurmb (geb. Wollin 2. Mai 1788, gestorben 28. Febr. 1855 in Berlin).474 Bei seinem Tode hinterließ der Legationsrat v. Kl. seine Gemahlin und seine zwei minorennen Kinder. Kurz vor seinem Ende erklärte Franz von Kl. in Gegenwart der Prediger Fischer, Vater und Sohn und eines Chirurgen seinen letzten Willen dahin, daß seine Ehefrau Universalerbin seines Vermögens sei, seinen Kindern das Pflichtteil selbst bestimme und die unumschränkte Vormundschaft über sie führen solle, welche Disposition dem Dorfgericht und von diesem dem Patrimonialgericht übergeben und am 29.
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Anke Tanzer, “Mein theurer zweiter Kleist” Franz Alexander von Kleist (1769-1797) - Leben und Werk. Mit einer umfassenden Bibliographie der Primär- und Sekundärliteratur und einer kritischen Beschreibung der Autographen. 470 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, S. 294 471 Anlage zum Rundschreiben Nr. XVI vom Januar 2004. (2008) 472 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/ 1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 466 (2012) Sterbeort: Karl August Varnhagen von Ense, Tagebücher, Bd. 11, Hamburg 1869, S. 317 (2014) 473 Der ursprüngliche Text der Familiengeschichte, die davon ausging, dass der jüngere Sohn bereits vor dem Vater gestorben sei, ist mit den vorliegenden Informationen nicht vereinbar. Im Brief vom 24. März 1797 an Gleim spricht Franz Alexander von seiner Hoffnung, dass ihm zu seiner Tochter demnächst ein Sohn geboren wird. Am 5. Mai 1797 gab Franz Alexander im Neuen Berliner Intelligenz-Blatt unter dem Datum 2. April 1797 die “glückliche Entbindung” seiner Frau “von einem Sohn” bekannt. Dieser Sohn, Franz, starb nach der Todesanzeige im Neuen Berliner Intelligenz-Blatt vom 22. May 1802, S. 1358, am 11. May an den Folgen des Scharlachfiebers. Über einen zuvor verstorbenen weiteren Sohn Carl (III. 781) ist dem Briefwechsel und den weiteren Unterlagen nichts zu entnehmen. (Todesanzeige bei Paul Hoffmann, handschriftliche Ergänzungen zum Artikel zu Franz Alexander von Kleist in der 1. Auflage der Familiengeschichte im Exemplar des Kleist-Museums Frankfurt (Oder) (2018) 474 Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser, Uradel, 1902, S. 908 (2011)
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September 1797 vorschriftsmäßig publiciert wurde.475 Friedrich de la Motte Fouqué, der sich für die literarische Rezeption von Franz Alexander eingesetzt hatte, hat in einem Brief vom 28. November 1811 an Hitzig ausgeführt: “ Seltsam ist es doch mit den drei Dichtern aus dem Kleist’schen Hause. Alle so früh im Grabe, und Jeder gewissermaßen durch die Todesart sein Zeitalter ausdrückend. ..der zweite in wüster Ausschweifung untergegangen noch vor dem Sterben...”476 Anke Tanzer sieht eine mögliche Erklärung darin, dass sich Franz Alexander an der Spekulation mit Gütern beteiligt haben könnte und sich dabei verspekulierte.477 Die Witwe heiratete im Jahre 1800 den Hauptmann im von Frankenberg'schen Grenadier-Bataillon zu Soldin: Ferdinand von Waldow auf Dannenwalde, geb. 1765, + 1830.478 Sie unterhielt um 1820 in Berlin einen Salon.479 Eine ausführliche Lebensbeschreibung findet sich in den Erinnerungen eines ihrer Schwiegersöhne.480
475
Es ergab sich eine beträchtliche Vermögens-Insufficienz, in Folge dessen die Witwe anfänglich nicht Erbin sein wollte, sondern nur ihre Illata von 46 000 Rtlr. forderte. Ihr Gemahl hatte unterm 22. Juli 1796 das Allodial-Rittergut Ringenwalde zum guten Teile mit dem Gelde seiner Frau gekauft und zwar für 91320 Rtlr.; dazu hatte er am 2. Juni 1797 die unter die Gesamtgerichtsbarkeit der Rittergüter Beerfelde und Sellin gehörige Groß-Schmolnitz'sche Mahl- und Schneidemühle für 9300 Rtlr. erworben. — Nach dem Inventarium vom 17. November 1798 ergab sich der Taxwerth des Nachlasses auf 111880 Rtlr. 21 Gr. und die Schuldenlast mit Inbegriff der Illata auf 124 320 Rtlr. 4 Gr. 10 Pf., so daß die Insufficienz 12339 Rtlr. 7 Gr. 10 Pf. betrug. Zum Vormund der Minorennen war ihr Großvater, der General-Lieutenant Franz Casimir, am 2. August 1798 bestellt. Derselbe überließ durch Erbauseinandersetzungs-Rezeß d. d. Cüstrin den 2. und 19. April 1800 seiner Schwiegertochter den gesamten Nachlaß, mit Inbegriff der Grundstücke, und diese übernahm schließlich die Befriedigung der Gläubiger. Außerdem setzte er seinen beiden Minorennen als Vatererbe die Summe von 3904 Rtlr. 16 Gr. aus. Die Eingaben, welche der General von Kl. an den König, betreffend die Verlassenschafts-Regulierung seines verstorb. Sohnes unterm 21. Oktober und 11. Dezember 1798 gerichtet und die darauf ergangene Cabinetsordre vom 22. Dezember 1798 sind noch vorhanden. 476 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, S. 37 477 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, S. 39 478 Der Hauslehrer der Tochter Adelaide von Franz Alexander auf dem Gut des Stiefvaters berichtet in seinen Erinnerungen, daß eine geistesgestörte Schwester von Franz Alexander mit im Haushalt lebte und daß er die Bibliothek von Franz Alexander benutzte. Mein Lebensmorgen, Wilhelm Harnisch, Berlin 1865, S. 153 (2010) Lebensdaten von Waldow aus Neues preussisches Adels-Lexicon, Leopold Freiherr von Zedlitz-Neukirch, Band 4, Leipzig 1837, S. 310 (2014) 479 Der Berliner Salon im 19. Jahrhundert: 1780-1914, Berlin 1989, Petra Wilhelmy, S. 883. (2014) 480 Erinnerungsblätter, Alexander von Sternberg, Teil 6, Leipzig 1860, S. 107 ff. (2011)
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III. 653. Georg, geb. 1770, Franz Casimirs anderer Sohn, starb in der Kindheit. III. 654. Friedrich L u d w i g Heinrich, Generalmajor,481 geb. 1771, † 1838, Franz Casimirs jüngster Sohn, geb. 11. März 1771 zu Potsdam,482 wurde im elterlichen Hause erzogen und nahm dann Militairdienste. Im Jahre 1784 war er Gefreiten-Corporal im Infanterie-Regiment Nr. 20, 1786 Fähnrich (1787, 12. August), 25. Mai 1790 Lieutenant und 1799 Premier-Lieutenant (1798, 16. Oktober).483 Vom 1. Juni bis November 1799 stand er beim Grenadier-Bataillon der Infanterie-Regimenter Nr. 5 und 20 und ward 7. August 1801 Stabs-Capitain. Am 16. Oktober 1806 wurde er bei Auerstädt schwer verwundet und kam nach der Reorganisation 1808 zum 1. pommerschen Infanterie-Regiment (jetzt Grenadier-Regiment Nr. 2). Unterm 17. Juni 1809 nahm er seinen Abschied als Major und stand hierauf 3 Monate in Österreichischen Diensten. In den Jahren 1810 bis 13 lebte er teils in Berlin, teils auf den Gütern Ober- und Nieder-Maspe bei Detmold,484 welche der König seinem Vater geschenkt hatte, teils auf dem vom Vater ererbten Gute Protzen bei Neu-Ruppin, welches er später verkaufte. Louis hat sich mit andern in drei Eingaben vom 31. Dezember 1812, dem 17. und dem 20. Januar 1813 an den preussischen König gewandt. Darin heißt es u. a. : “Ein Wink unsers geliebten Monarchen versammelt nicht Tausende, nein! die ganze Nation zum Erkämpfen der verlorenen Selbständigkeit. Alle Mittel zum Kriege sind in unserer Mitte, und ehe Frankreichs Kaiser seine Kohorten sammelt und bewaffnet, steht Preußens siegreicher Adler am vaterländischen Rhein aufgepflanzt! Herrmanns Enkel sind überall vom gleichen Drange zur Freiheit beseelt und die Völker, welche unter Preußens Zepter standen. werden Alles aufopfern, um wieder das verlorene Glück zu erlangen.” 485 481
Die Stammtafel tituliert ihn irrtümlich nur „Oberst". Kirchenbuch des Infanterie-Regiments Nr. 18. 483 Er war Adjutant des Prinzen Louis Ferdinand. Mitteilungen aus der Lippischen Geschichte und Landeskunde, Naturwissenschaftlicher Verein für das Land Lippe, 1906, S. 136. (2009) 484 Es handelt sich um ein altes Paderborner Lehen der Familien von Friesenhausen. Nach dem Aussterben des Geschlechts wurde Franz Casimir 1806 belehnt. Siehe auch Anmerkung auf Seite 210.Später, allodifiziert, gelangte es an die Familie vonWurmb. Die baulichen Alterthümer des Lipper Landes, Otto Preuss, 2. Aufl., Detmold 1881, S. 122. Vorgänge über Streitigkeiten, die Ludwig wegen dieser Güter hatte, befinden sich im Staatsarchiv Bückeburg (K 34 Nr. 121, 171, 339). Im Politischen Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen, Hamburg 1819, S. 76, wird ausführlich über die Schwierigkeiten des Fürstlich Lippischen Hofgerichts berichtet, ein letztinstanzliches Urteil zu Gunsten von Ludwig zu vollstrecken. Im Geheimen Staatsarchiv, Berlin, befindet sich eine Beschwerde der Regierung von Lippe-Detmold bei der preußischen Regierung von 1817, weil Ludwig die Regentin beleidigt habe. Anlass war seine ultimative Forderung an die Regierung von Lippe-Detmold, ihn wegen seiner landtagsfähigen Güter zu Maspe zum Landtag zuzulassen. Preußen sah keinen Anlass, gegen ihn vorzugehen. (III. HA MdA, I, 8885) (2009) 485 Mitteilungen der K. Preußischen Archivverwaltung Heft 23, Freiwillige Gaben und Opfer des preußischen Volkes in den Jahren 1813 - 1815. Nach der amtlichen Statistik zusammengestellt von (Fortsetzung...) 482
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Im Frühjahr 1813 folgte er von neuem dem Rufe seines Königs und war Chef der 10. Compagnie, danach der 11. Compagnie im 1. pommerschen Infanterie-Regiment, kommandiert in's Hauptquartier des Kronprinzen von Schweden. Am 3. Juni ej. a. wurde er wirklicher Major und erhielt am 23. August für Großbeeren das eiserne Kreuz 2. Klasse. Den 8. Januar 1814 war er Adjutant des Grafen Wallmoden-Gimborn und 8. März ej. a. Commandeur des 3. Elb-Landwehr-Infanterie-Regiments. Nachdem er unterm 23. August 1814 seinen Abschied als Oberstlieutenant genommen, ging er wiederum auf sein Gut Protzen. Am 18. Juni 1815 war er Commandeur des 4. Elb-Landwehr-Infanterie-Regiments, 5. März 1816 Commandeur des 6. Kurmärkischen Landwehr-Infanterie-Regiments und 5. Dezember ej. a. Commandeur des 23. Infanterie-Regiments (früher 4. Schlesisches). Den 30. März 1821 erhielt er das Patent als Oberst; den 9. Dezember 1830 war er Kommandeur der 9. Infanterie-Brigade. Unterm 19. Dezember ej. a. ward ihm die Erlaubnis erteilt, die Uniform des 23. Infanterie-Regiments beizubehalten, er ward dem Regimente aggregiert. Am 30. März 1832 zum Generalmajor ernannt, wurde er 26. März 1834 verabschiedet mit 2250 Thlr. Pension und dem roten Adler-Orden 2. Klasse mit Eichenlaub, wohnte zuerst in Glogau, zog 1834 nach Rochus bei Neiße und 1. Juli 1836 nach Darmstadt. Er hatte die Feldzüge 1794, 1806 und 1813/15 mitgemacht und war 1806 bei Auerstädt schwer und 1813 bei Leipzig leicht verwundet worden. Außer den genannten Orden besaß er den schwedischen Schwert-Orden 3. Klasse (für Groß-Beeren), den russischen Wladimir-Orden 4. Klasse (für Dennewitz), den russischen St. Georg-Orden 3. Klasse (für Leipzig), den roten Adler-Orden 3. Klasse mit Schleife und seit 11. Dezember 1828 den Johanniter-Orden. Nach dem Urteile des Generals von Gerlach war er ein ganz befähigter Militair; der günstige Ausgang des Gefechts bei Hagelsberg, die sogenannte Landwehrschlacht (27. August 1813), soll ihm besonders zu verdanken sein. Er starb zu Darmstadt am 16. April 1838.486 Der Generalmajor von Kleist war seiner Zeit eine in der Armee sehr bekannte und beliebte Persönlichkeit. Sein Bildnis in Öl befand sich lange Zeit bei seinem frühern Regiment, dem 23sten, welches er 14 Jahre lang kommandiert hatte. Später bat seine Witwe sich das Bild aus und nahm es nach Detmold mit, woselbst sie 1855 starb. Im 23. Regiment sangen die Soldaten ein Lied auf ihren Commandeur, dessen Refrain war: Und wißt ihr, wie er heißt? Er heißet Louis von Kleist!487 Theodor Fontane schrieb in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg im Abschnitt über Protzen auch über Louis. “Dann ging das Gut, aber durch Kauf, an einen Neffen oder Vetter des Johanniter-Kleist über, und zwar 485
(...Fortsetzung) Dr. phil. Ernst Müsebeck, Archivar am Geheimen Staatsarchiv zu Berlin, Leipzig Verlag S. Hirzel 1913 (2008) 486 Im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt in den Akten des Amtsgerichts Darmstadt befindet sich der Nachlass-Vorgang. (2007) 487 Der General Ludwig von Kl. erfand die Schnallen an den Offizier-Schärpen, die bis dahin geknüpft wurden.
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an den damaligen Rittmeister oder Major Louis von Kleist, Sohn des sogenannten Magdeburg-Kleist, welcher letztere 1806 durch Übergabe dieser Festung an den Feind soviel Unheil für das Land und zugleich soviel Bitteres und Schmerzliches für die Familie heraufbeschwor. Ich verweile hierbei nicht, nur das mag gesagt sein, daß mir diejenigen nicht ganz unrecht zu haben scheinen, die der damaligen militärischen Oberleitung – seitens deren ein kranker, beinah achtzigjähriger Mann mit der Verteidigung der wichtigsten Festung des Landes betraut wurde – die größere Hälfte der Schuld zuzuschieben geneigt sind. Louis von Kleist litt in seinem Herzen schwer unter der Verschuldung des Vaters. Er selbst war eine hervorragend entschlossene Persönlichkeit, groß, schön, ein brillanter Reiter, und zeichnete sich während der Befreiungskriege bei den verschiedensten Gelegenheiten aus. Er blieb Soldat auch nach dem Feldzug und traf immer nur besuchsweis in Protzen ein. 1815 war er Oberst, 1831 stand er in Neiße, wahrscheinlich als Kommandeur einer Division. Bei seinem Hinscheiden war er Generallieutenant. Als Beweis für seine Energie erzählen sich die Protzener, daß er sein seitens der Ärzte schlecht kuriertes Bein (er hatte sich beim Sturz mit dem Pferde den Oberschenkel gebrochen) durch einen »Wunderdoktor« aus der Fehrbelliner Gegend neu brechen und dann wieder heilen ließ. Die Prozedur glückte vollkommen. Er hatte seitdem eine geringe Meinung von der Kunst der rite promovierten Doktoren, der er bei jeder Gelegenheit Ausdruck gab. Schon 1826, also fünf, sechs Jahre vor dem Tode von Kleists, war Protzen durch Kauf an den Freiherrn von Drieberg übergegangen.” Als Premier-Lieutenant hatte er sich am 10. Juni 1799 zu Detmold vermählt mit Charlotte Marianne Sophie Luise Eleonore Mauritia von Donop, geboren zu Lüdershof am 28. Februar 1777, gestorben zu Detmold 4. April 1855,488 Tochter des Gräflich Lippe'schen Drosten zu Schwelenberg, Erbherrn auf Lüdershof Wilhelm Gottlieb Levin von Donop und der Marie Henriette Johannette gebornen von Donop. Im Jahre 1832 sind aus dieser Ehe keine Kinder am Leben gewesen. Anhang: Der Verleger Friedrich Ludwig von (?) Kleist Zwischen 1810 und etwa 1835 gibt es eine große Zahl von Drucken, die als Verleger einen Ludwig oder Friedrich Ludwig Kleist, überwiegend aber von Kleist ausweisen. In den handschriftlichen Briefen an Fürstenhäuser mit der Bitte um Erwerb eines Drucks bezeichnet er sich teilweise als Major.489 Gerade die ersten Drucke haben vaterländische Themen: Kleist, Friedrich Ludwig, Ansicht des Monuments bey Saalfeld dem fürs Vaterland als Held gefallenen Prinz Ludwig Ferdinand von Preussen zum Andenken gewidmet und Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preussen, unterthänig zugeeignet. Schleiz, 1. Juny 1812 Kleist, Friedrich Ludwig von Sr. Königlichen Majestät ... Friedrich Wilhelm III., König von Preussen etc. Bey Erscheinung des dem im heiligen Kampf am 2. Mai 1813 für das Vaterland gefallenen Prinz Leopold von Hessen-Homburg zum Andenken gewidmeten Monuments von Lützen ... zugeeignet von Ludwig von Kleist. Dieser Friedrich Ludwig (v. ?) Kleist wohnte in den Jahren 1810 und 1811 in Schleiz in der Kobischgasse.490 Schleiz wird auch in den folgenden Jahren als Ort des Verlages angegeben.
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Im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt in den Akten des Amtsgerichts Darmstadt befinden sich ein Testament von 1846 und der Nachlassvorgang. (2007) 489 Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Kabinettsregistratur, Buchstabe K 27/38 490 Die urkundlichen Nachrichten von Schleiz, Band 1, Berthold Schmidt, Schleiz 1908, S. 383 (2010)
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In einer Anzeige vom 20. Oktober 1819 gibt L. v. Kleist Schleiz und Dresden als Geschäftssitz an.491 Später wird unter Friedrich v. Kleist ein Kunst-Comptoir in Dresden aufgeführt.492 Er bezeichnet sich auch als Chef des Vaterländischen Kunstvereins in Dresden. Eine Zuordnung zur Familie ist bisher nicht gelungen. Auch wenn der Verleger und Major Friedrich Ludwig in dem Zeitpunkt in Erscheinung tritt, in dem der damalige Major Friedrich Ludwig Heinrich (III. 654) aus der Armee entlassen ist, und die Themen der ersten Drucke zu seiner Einstellung passen könnten, gibt es keinen Grund, den Ort für die Tätigkeit des Verlegers weit weg von seinen Gütern zu wählen. Auch scheint der Verleger noch nach dem Tod des späteren Generalmajors tätig gewesen zu sein.
Mit dem unbeerbten Tode des Generalmajors von Kl. war Franz Casimirs Seitenzweig erloschen. Wir geben die Stammtafel von:
Von Franz Ulrichs jüngerem Bruder, dem Lieutenant Alexander Michael (III. 390), gestorben 1738, ist gleichfalls ein kleiner Seitenzweig entsprossen, dessen Mitglieder zum größten Teile dem Militairstände angehört und Grundbesitz nicht erworben haben. Dieser Seitenzweig reicht bis in die Neuzeit hinein. Alexander Michaels einziger Sohn war: III. 525. Georg Heinrich, Oberstlieutenant, geb. 1725, † 1784. Er trat in das Dragoner-Regiment Nr. 9 ein und war 11. Juli 1741 Fähnrich, 19. April 1746 Lieutenant und 22. August 1756 Prem. -Lieut. Als solcher wurde er in der Schlacht bei Gr. Jägerndorff (30. August 1757) blessiert. Im folgenden Jahre avancierte er zum Stabs-Capitain (16. April 1758), 8. Januar 1763 Escadron-Chef, 1. Juli ej. a. zum Major und 20. Mai 1775 zum Oberstlieutenant. Am 27. Mai 1778 erhielt er den erbetenen Abschied. Friedrich II. meinte zu dem Antrag gegenüber Generalleutnant von Lölhöffel, dass es mir besonders curieux vorkommet, dass Officiers just zu der Zeit,
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Beilage zum Oppositionsblatt, Weimarische Zeitung, vom 29. Juni 1829, Sp. 808 (2013) Geschichte des Buchhandels und der Buchdruckerkunst, Friedrich Metz, Darmstadt 1835, S. 101, Bibliopolisches und bibliographisches Jahrbuch 1842/43, Leipzig 1842, S. 11 (2010) 492
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wenn es zum Kriege kommt, invalide werden.
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Er starb am 17. Februar 1785.494
In seiner Ehe, 20. September 1763 in Ludwigsdorff, mit Caroline Julie von der Gröben aus dem Hause Ludwigsdorff, geboren 3. Dezember 1745, gestorben 23. November 1823, waren ihm drei Söhne geboren: 1) Friedrich Alexander Georg, geboren am 10 August 1766 zu Deutsch Eylau, war bereits am 26. Januar 1767 beigesetzt worden (III. 654a.).495 2) Carl Heinrich und 3) Georg Friedrich (III. 655 und 656). Die Witwe vermählte sich am 23. Mai 1786 mit Ernst Wilhelm von Korkwitz, welcher in Olschowken bei Bischofsburg am 15. Januar 1802 als Kammerpräsident, 57 Jahre alt, starb. III. 655. Carl Heinrich, Rittmeister, geb. 1768, † 1799, Georg Heinrichs älterer Sohn, geboren am 20. Januar 1768,496 trat in das Dragoner-Regiment Nr. 9 ein, in welchem sein Vater beinahe 40 Jahre gestanden, und war 4. Juli 1784 Fähnrich, 31. Dezember 1786 Lieutenant und 3. Februar 1795 Premier-Lieutenant. Am 26. September 1798 war er Stabs-Rittmeister im Regiment Garde du Corps Nr. 13. Er starb 5. November 1799 im 32. Lebensjahre zu Charlottenburg. Seine Gemahlin Amalie Wilhelmine von der Gröben aus Ponarien, vermählt 18. März 1798,497 gestorben 28. Juli 1800 zu Berlin, 25 Jahre alt, genas 14. April 1800 eines Knäbleins, zu dessen Taufe sie unterm 24. April ej. a. den König zum Paten bat. Ihre Bitte wurde huldvollst gewährt und ein Geschenk von 20 Friedrichsd'or bewilligt. Der Sohn erhielt in der heiligen Taufe die Namen: Friedrich Wilhelm Heinrich Adalbert, starb aber bereits im Jahre 1809 (III. 782). III. 656. Georg Friedrich, Major,498 geb. 1769, † 1813, Georg Heinrichs jüngerer Sohn, geboren 2. September 1769 zu Freistadt, war 28. Juni 1785 Fähnrich im
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Hinweis bei Rolf Straubel, Er möchte nur wißen, dass die Armée mir gehöret. S. 499 auf GStA, I. Rep. 96 B, Nr. 77, fol. 32 (2013) 494 Familien-Nachrichten aus Westpreußischen Kirchen-Büchern, Leichensteinen pp., R. v. Flanß, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Marienwerder 1876, S.177, 120 (2014) 495 Familien-Nachrichten aus Westpreußischen Kirchen-Büchern, Leichensteinen pp., R. v. Flanß, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Marienwerder 1876, S.177, 199, 203 (2012) 496 Familien-Nachrichten aus Westpreußischen Kirchen-Büchern, Leichensteinen pp., R. v. Flanß, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Marienwerder 1876, S.177, 199, 203 (2012) 497 Datum der Eheschließung 11. Oktober 1791. Familien-Nachrichten aus Westpreußischen Kirchen-Büchern, Leichensteinen pp., R. v. Flanß, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Marienwerder 1876, S.177, 199 (2014) 498 Die Stammtafel gibt ihm irrtümlich nur den Rang eines Hauptmanns und setzt 1770 als sein Geburtsjahr fest, während er laut Kb. des Dragoner-Regiments Nr. 9 bereits am 2. September 1769 geboren ist. Im Mai 1783, also kaum 14 Jahre alt, war er schon gefreiter Corporal.
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Infanterie-Regiment Nr. 54, 2. Mai 1788 Lieutenant im 1. Bataillon, 1796 Adjutant des Grenadier-Bataillons von Besser, 20. März 1798 Premier-Lieutenant im 2. Bataillon und 4. August 1801 Stabs-Capitain. Den 4. April 1803 kam er zum 1. Bataillon, 1806/7 stand er beim 3. Ostpreußischen Reserve-Bataillon und ward 22. Juli 1807 Capitain.499 Am 23. Februar 1809 wurde er pensioniert und wohnte in Olschowken. Das Gut hatte am 1. Juli 1791 seine Mutter für 8000 Taler gekauft. Von ihr erwarb es Georg Friedrich. Nach seinem Tod wurde es seiner Mutter in der Subhastation 1816 für 10000 Taler zugeschlagen. Sie veräußerte es am 31. März 1817 für 13000 Taler.500 Wenige Wochen darnach (21. März 1809) erhielt er den Charakter als Major mit der Armee-Uniform. Er starb am 28. Januar 1813 in Marienburg und ward in Groß-Teschendorf begraben. Als Lieutenant hatte er sich 29. September 1796 zu Graudenz mit Veronica Eleonore Ulrike von Steinwehr, geboren 25. September 1771, gestorben 30. März 1835 zu Riesenburg,501 Tochter des Obersten von Steinwehr bei der Artillerie in Graudenz und einer geb. von Braun, vermählt. Dieser Ehe sind zwei Söhne: 1) Carl Friedrich502 und 2) Gustav Ferdinand (III. 783 u. 784) und vier Töchter entsprossen: 1) Caroline, geboren Graudenz 31. Mai 1796, vermählt 25. April 1825 mit Adolph Reichsfreiherrn von Eynatten, Premier-Lieutenant im 5. Kürassier-Regiment, geboren Trips 3. November 1796, gest. Braunsberg 23. August 1834, lebte als Witwe geisteskrank im Kloster zu Aachen, † Burtscheid 2. April 1877.503 2) Antonie, geboren 10. Juli 1798, † 15. Mai 1889 in Riesenburg i. Pr,504 lebte in Riesenburg in Preußen, viel krank, nach dem Tode der Mutter (gestorben 1835) von Verwandten unterstützt. Als ihre jüngere Schwester Luise 1846 gestorben, ging auf sie die Anwartschaft auf eine Stiftsstelle über, doch verzichtete sie darauf zu Gunsten einer Nichte, welche sie zärtlich liebte. 3) Luise, gestorben 1846 in Riesenburg. Sie erhielt kurz vor dem Tode des Vaters (gestorben 1813) vom Könige die Zusage einer Stiftsstelle, starb jedoch, ehe dieselbe vakant wurde; und 4) Hermine, geboren 29. Oktober 1803 in Graudenz, gestorben vor 1860 in Riesenburg. Georg Heinrichs beide Söhne waren also beerbt. Der ältere Carl Heinrich hatte nur einen Sohn: III. 782. Friedrich Wilhelm Heinrich Adalbert, geb. 1800, gest. 1809.
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Er war erster Aufseher in der Freimaurer- Loge in Graudenz. Der Signatstern, 4. Teil, Berlin 1806, S. 241. (2010) 500 Geschichte Westpreußischer Güter, R. v. Flanß, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Heft 19, Marienwerder 1885, S. 24 (2009) 501 Grabmal in Riesenburg, Familien-Nachrichten aus Westpreußischen Kirchen-Büchern, Leichensteinen pp., v. Flantz, Zeitschrift des historischen Vereins für den Reg.-Bezirk Marienwerder, Marienwerder 1881, S. 200 (2014) 502 Die Stammtafel nennt ihn irrtümlich: Carl Heinrich Sigismund; im Taufscheine ist er Carl Friedrich genannt; in den Listen des Kriegs-Ministeriums wird er unter den Namen Carl Friedrich Heinrich geführt. 503 Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser, Gotha 1908, S. 191 (2011) 504 Personalbestand der Familie 1899 (2006)
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Er wurde einige Monate nach seines Vaters Tode, am 4. April 1800 in Berlin geboren. Der König übernahm eine Patenstelle bei ihm. Seine Mutter starb bereits am 28. Juli 1800 in Berlin. Er wurde nur 9 Jahre alt, gestorben 4. Juni 1809. Seine Erben waren seine Großmutter mütterlicher Seite: Frau General von Wagenfeldt geb. Gräfin Schlieben und die verwitwete Frau Kammer-Präsident von Krockwitz geb. von der Gröben, als Großmutter väterlicher Seite. Georg Friedrichs beide Söhne waren: III. 783. Carl Friedrich,505 Oberstlieutenant zu Breslau, geb. 1800, † 1874. Nach Angabe des Kirchenbuches des Infanterie-Regiments Nr. 54 wurde er 5. Januar 1800 in Graudenz geboren und in der heiligen Taufe Carl Friedrich genannt. Er kam am 19. April 1817 aus dem Kadetten-Korps als Seconde-Lieutenant zum Kaiser Alexander Grenadier-Regiment und war 15. Juni 1828 Premier-Lieutenant. Die Regimentsgeschichte berichtet über ihn folgendes:506 “Im Herbst des Jahres 1828 ereignete sich im Regimente ein höchst betrüblicher Vorfall, der in seinen üblen Folgen jeden Einzelnen des Offizier-Korps nachteilig berührte. Aus ursprünglich ganz geringfügigem Grunde wurde schließlich ein Duell zwischen Premier-Lieutenant v. Kleist und dem Sekonde-Lieutenant v. Platen herbeigeführt, in welchem der Letztere blieb. Der Premier-Lieutenant v. Kleist und die Sekundanten, Lieutenant v. Koschkull II und Lieutenant v. Alvensleben II, wurden gleich nach ihrer Rückkunft arretiert und im Militär-Arrest in engem Gewahrsam gehalten, während die Untersuchung gegen sie sowohl als gegen alle Beteiligten des Offizier-Korps geführt wurde. Im Jahre 1829 den 10. Juni geruhte Se. Majestät der König die nachstehende Allerhöchste KabinettsOrdre in dieser unglücklichen Angelegenheit zu erlassen: ... ‘Ich begnadige demnach den PremierLieutenant v. Kleist und die Offiziere, welche seinen Untersuchungs-Arrest bisher geteilt haben; indem ich den langen erlittenen Arrest als die verdiente Strafe für ihr Vergehen betrachten will, trage ich Eurer Hoheit auf, die Verhandlungen reponieren zu lassen, und versetze den Premier-Lieutenant v. Kleist nach seinem Patente ins Elfte Infanterie-Regiment.’ (gez.) Friedrich Wilhelm.” Im 11. Infanterie-Regiment wurde er 14. Juni 1837 Hauptmann und Compagnie-Chef. Am 9. September 1847 war er Major und Kommandeur des 2. Bat. (Cosel) 22. Landw. -Rgts. Unterm 11. Mai 1850 in's 23. Infanterie-Regiment versetzt, avancierte er am 22. März 1853 zum Oberstlieutenant. Den 8. November 1853 wurde ihm der Abschied mit Regiments-Uniform und 1000 Tlr. Pension bewilligt. Unterm 7. November 1854 ward ihm Aussicht auf Anstellung in der Gendarmerie eröffnet. Nachdem er am 15. Dezember 1857 zur Disposition gestellt, ward er 1859 Präses der Handwerkstätte der 11. Division. Er besaß den roten Adler-Orden 4. Klasse, das Dienst-Kreuz und den russischen Stanislaus-Orden 2. Klasse. Seit 1. Juli 1862 wohnte er in Colberg, seit 1. Oktober 1863 in Breslau, seit 1. Juni 1873 im Regierungs-Bezirk Liegnitz.
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Auf der Stammtafel irrtümlich Carl Heinrich Sigismund genannt. Das Kaiser Alexander Grenadier-Regiment, Anton v. Etzel, Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, 4. Heft, 1854, S. 10 (2010) 506
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 217 -
Am 14. Juni 1874 starb er zu Hirschberg. Den 24. Juni 1841 hatte er sich im herrschaftlichen Hause zu Nieder-Sapraschine (Bezirk Perschütz) mit Emilie Fanny Matzke, geboren zu Sapraschine bei Trebnitz den 19. Juli 1820, † 17. Februar 1902, in Hirschberg,507 Tochter des Erb- und Gerichtsherrn Daniel Gottlieb Matzke und der Auguste Stephan verheiratet, welche ihm zwei Söhne: 1) Georg Heinrich und 2) Ewald Carl (III. 878 und 879) und eine Tochter: L u i s e Auguste Veronica, geboren 12. September 1843, † 1. Januar 1920 in Hirschberg,508 schenkte. Die Witwe wohnte in Warmbrunn. III. 784. Gustav Ferdinand, Major, geb. 1801, † 1874, Georg Friedrichs jüngerer Sohn, geboren 26. September 1801 in Graudenz, lebte bis zum 11. Jahre teils im elterlichen Hause, teils auf dem Lande bei Verwandten. Nach des Vaters Tode 1813 kam er in's Cadetten-Corps nach Potsdam, im Jahre 1815 nach Berlin, von wo aus er 4. April 1819 als Fähnrich in's 1. Jäger-Bataillon in Rastenburg eintrat. Am 18. Februar 1821 war er Lieutenant im 21. Infanterie-Regiment, 20. Mai 1837 Premier-Lieutenant und 14. August 1842 Hauptmann und Compagnie-Chef. Am 19. Februar 1848 wurde er mit dem Charakter als Major pensioniert. (560 Tlr. Pension. ) Im Jahre 1859 war er Commandeur des Landwehr-Bataillons Schievelbein (7 Monate). Er war im Besitze des Dienst-Kreuzes. Unterm 29. Mai 1873 wurde ihm eine laufende Unterstützung von jährlich 100 Tlr. bewilligt. Seit seiner Pensionierung lebte er mit seiner Familie teils in Kolberg und Bublitz, teils auf dem Lande in Arnhaufen bei Polzin, seit 1874 in Fürstenwalde, woselbst er 22. November 1874 starb. Er hatte sich am 14. Dezember 1847 in Kolberg mit Bertha Minna Sophie Arnim, geboren 5. April 1813 in Kolberg,509 gestorben zu Kolberg 16. Februar 1865, Tochter des verstorbenen Lieutenants in der Gendarmerie und Kreis-Officiers Carl Louis Arnim und der Charlotte Dorothea geb. Sinell verheiratet, welche ihm zwei Töchter schenkte: 1) V e r o n i k a Antonie Luise Hermine, geboren 14. Oktober 1849 in Arnhausen (Pom.), † 15. Dezember 1919 in Osterode (Ostpreußen). — Ihre Tante Antonie verzichtete zu ihren Gunsten auf ihren Anspruch an eine Stiftsstelle. Der Vater wandte sich dieserhalb 1859 an die Königin; sie lebte in Graudenz; und 2) O l g a Eveline Adelheid, geboren 17. Mai 1852, † ..., in Arnhausen, verm. Graudenz 22. April 1884 mit Waldemar Otto Kemsis, geb. Graudenz 30. November 1854, † 22. Mai 1898 in Osterode (Ostpreußen).510 III. 878. Georg Heinrich, Lieutenant im 3. Garde-Regiment zu Fuß, geb. 26. März 1842, † 1863, Carl Friedrichs älterer Sohn, an dem genannten Tage in Breslau geboren, war Cadett und seit 14.
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Gotha 1904 Personalbestand der Familie 1921 (2006) 509 Nachrichten aus dem Familienarchiv Si(e)nell, Heft 8 – Dez. 2002, S. 193 510 Personalbestand der Familie 1921 (2006) 508
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 218 -
Dezember 1860 Seconde-Lieutenant im 3. Garde-Regiment zu Fuß. Er starb 14. Januar 1863 unvermählt. III. 879. Ewald Carl, Generalmajor, geb. 17. April 1846, † 13. Mai 1897, Carl Friedrichs jüngerer Sohn, ebenfalls in Breslau geboren, besuchte das Cadetten-Corps, trat am 9. April 1864 als Seconde-Lieutenant beim Infanterie-Regiment Nr. 51 ein und wurde am 30. Oktober 1866 in's Infanterie-Regiment Nr. 83 versetzt. Den 18. Juli 1870 wurde er als Adjutant zur 22. Infanterie-Division commandiert. Nachdem er 20. September 1870 zum Premier-Lieutenant avanciert, wurde er 1871 als Adjutant zur 34. Infanterie-Brigade commandiert. Den 1. Mai 1872 unter Entbindung von seinem Commando, auf ein Jahr zur Dienstleistung beim großen Generalstabe commandiert, ward er 23. April 1874 Hauptmann im großen Generalstabe und kam 11. Januar 1876 zum Generalstabe des IX. Armee-Corps, 12. Juni 1877 zum Generalstabe der 6. Division und 22. März 1878 zum Generalstabe der 2. Division. Den 11. Oktober 1879 zum Compagnie-Chef im Infanterie-Regiment Nr. 27 ernannt (Patent vom 14. Dezember 1873), wurde er im Jahre 1882 wieder in den Generalstab zurückversetzt und dem Generalstabe des VII. Armee-Corps (Munster) überwiesen. Seit dem 13. Dezember 1883 arbeitete er im Großen Generalstabe in Berlin. Am 27. Januar 1889 wurde er Oberstleutnant, am 2. April 1889 Chef des Generalstabes des XIV. Armeekorps, am 16. Mai 1891 Oberst, am 17. Mai 1892 Kommandeur des Grenadier-Regiments Nr. 109. Am 22. März 1895 wurde er mit der Führung der 65. Infanterie-Brigade beauftragt, am 18. April 1895 wurde er Generalmajor und Kommandeur der Brigade. Am 19. März 1896 wurde er mit Pension zur Disposition gestellt. Er starb am 13. Mai 1897 in Kassel.511 Er wurde in Hirschberg beerdigt.512 Er besaß (1886) das eiserne Kreuz 1. Klasse, das Ritterkreuz 2. Klasse des bayerischen Militair-Verdienst-Ordens, das mecklenburgische Militair-Verdienst Kreuz 2. Klasse und das Ritterkreuz 2. Klasse des herzogl. sächsischen Ernestinischen Haus-Ordens. Mit seinem Tod ist der von Alexander Michael entsprossene Seitenzweig erloschen. Wir geben die Stammtafel von:
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Informationen von www.lexikon-deutschegenerale.de (2008) Offizier-Stammliste des königlich preußischen Infanterie-Regiments von Wittich 1866-1903, Wallmüller, Berlin 1903, S. 97 (2011) 512 Personalbestand der Familie 1899 (2008)
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An dem Damen'schen Aste ist noch ein größerer Seitenzweig zu bemerken, welchen wir nach den Hauptsitzen
den Damen-Garbnicken'schen Seitenzweig nennen wollen. Derselbe entstammt von Georg auf Damen (III. 28), welcher zwei Söhne: 1) Lorenz und 2) Christian (III. 60 und 61) hatte. III. 60. Lorenz auf Damen, 1575, † 1596, Georgs älterer Sohn, wurde am 22. Februar 1575 in Gemeinschaft mit seinen Vettern Venz, Tönnies und Jürgen zu Damen (III. 62—64) belehnt (501 und 502). Im folgenden Jahre (1576) zeigten Lorenz Kleist und Genossen an, daß Matthias Kl. zu Damen einen ihrer Bauern erschossen und einige andere „thätlich angefallen hätte" (512).513 Am 22. Mai 1596 starb er. Sein Sohn Christopher meldete dies und muthete zugleich für das, was er von seinen Vettern erkauft hatte. In seiner Ehe mit Sophia von Wedell, Tochter des Curt von W. aus dem Hause Cremzow und der Christine von der Osten-Waldenburg aus dem Hause Plathe, waren ihm außer dem bereits erwähnten Sohne Christopher (III. 121) zwei weitere Söhne und zwei Töchter geboren: Über die beiden älteren Söhne wissen wir etwas aus Aufzeichnungen des Bruders der Ehefrau. Er berichtet, dass der älteste, Jürgen (III. 120a), auf einem Zug in den Niederlanden im Alter von etwa 22 Jahren 1577 gestorben ist. Der zweite, Curt (III. 120b), ist als Kind gestorben.514 1) Scholastika, vermählt mit Thomas von Heydebreck auf Schübben; und 2) Elisabeth, vermählt mit Peter von Loden auf Gramenz.515 III. 61. Christian, Georgs jüngerer Sohn, starb ohne Erben bereits vor der Belehnung 1575 (501 und 502). III. 121. Christopher auf Damen und Kieckow, 513
Nach dem Steuer-Register von 1577 hatte Lorenz Kleist zu Damen in Kieckow 3 Bauern mit 6 Hf. und in Muttrin 3 Bauern mit 5 Hf. zu versteuern (518). In der ungedruckten Urkunde vom 7. Dezember 1587 wird Lorenz Kl. als Bürge namhaft gemacht. Bei der General-Kirchenvisitation, welche am 29. Juni 1591 in Damen abgehalten wurde, war Lorenz als einer der Damen'schen Patrone mitgegenwartig und hat die Kirchen- und Pfarr-Matrikel mitvollzogen. 514 Lupold v. Wedels Beschreibung seiner Reisen und Kriegserlebnisse, Baltische Studien, Band 45, S. 1, 568. (2012) Familiengeschichte v. Wedel (2015) 515 Text der 1. Auflage: Im Jahre 1607 bekannte sich Catharina Kl. auf Damen ihrem Oheim Jochim von Wedell auf Blumberg und Cremzow zu einer Schuld von 100 Fl., — wahrscheinlich die sub 2 ungenannte Tochter von Lorenz Kl. Zusatz 2012: Lupold v. Wedels Beschreibung seiner Reisen und Kriegserlebnisse, Baltische Studien, Band 45, S. 1, 568. Er nennt den Namen der Tochter.
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† nach 1629, des Lorenz einziger den Vater überlebender Sohn, war im Jahre 1583 ein „junger Cavallirer", welcher mit seinem Vetter Jürgen nach Schlawe ritt, um dort die 6 Lehnpferde vorzuführen, welche die Damen'schen Kleists zu gestellen hatten (633). Im Jahre 1596 meldete er den am 22. Mai ej. a. erfolgten Tod seines Vaters und erhielt unterm 7. September ej. a. Muthzettel; er muthete für dessen Erbe und was er von seinen Vettern gekauft; desgleichen huldigte er am 12. März 1597.516 Im Jahre 1 606 schuldete er an Venz und Jürgen Kl. (III. 62 und 64) wegen Einlösung zweier Bauern zu Drenow und Zarnekow von Matthias (III. 66) 1100 Fl. nebst Zinsen. Im August 1617 hatte er einen Prozeß mit Daniel von Kleist auf Damen (III. 141) wegen Anlegung einer Schneidemühle und eines Wehres auf der Persante. Später hatte er mit demselben Streit wegen „Contributionsresten". Im Jahre 1629 vollzog er mit 22 Andern den Revers, welchen die Ritterschaft des Belgard'schen Quartieres ihrem Direktor Daniel Kl. auf Damen ausstellte (609). In demselben Jahre reichte er eine Klage gegen die gewesene Belgard'sche Kriegscommission ein, zu welcher Achatz Kl. (III. 110) und Jochim Wopersnow gehörten. Als die Kaiserlichen Truppen im April 1628 nach Polen marschiert, 50 Soldaten zu Roß und 40 Personen auf Wagen, worunter auch Frauenzimmer, hätten sie sein Haus und Hof geplündert, alles Saatkorn, Speck, Fleisch, Brot, Bier, Mehl, auch Wagen, Sielen, Zaum, eine lauge Büchse u. A. ihm weggenommen. Sein Acker trüge in Folge dessen nur Blumen und Nesseln; Keinen vom Adel im Amte Belgard hätte es so hart getroffen. Das zur Contentirung des feindlichen Hauptmanns von ihm der Belgard'schen Kriegscommission vorgestreckte Silberzeug, damals auf 800 Fl. geschätzt, verlangte er mit den angewachsenen landesüblichen Zinsen zurück. In September 1636 erging das Mandat an die gewesene Kriegscommission, daß sie an Christopher Kleist sofort 1200 Fl. zu zahlen hätten. Zu seinen Lebzeiten starb eine ganze Reihe der pommerschen Herzoge, an deren Begräbnisfeier er teilgenommen. Bei dem Leichenbegängnisse Herzogs Johann Friedrich, den 15. März 1600, führte er das Pferd hinter der zehnten Fahne. Ebenso befand er sich am 18. Oktober 1603 bei Herzog Barnims XI. Begräbnis unter den 20 Trägern des Sarges, nahm auch den 20. Juni 1605 an der Leichenfeier Herzogs Casimir teil, als einer der 20 Träger des Sarges. Am 9. April 1606 half er mit 23 Andern vom Adel Herzog Bogislav XIII. mit zu Grabe tragen. Am 8. April 1616 geleitete er die Witwe Herzogs Bogislav XIII., geborene Herzogin Anna zu Schleswig-Holstein, zur letzten Ruhestätte. Den 19. März 1618 sehen wir ihn unter den 24 Trägern des Sarges Herzogs Philipp II., desgleichen am 15. Januar 1621 unter den 24 Rittern, welche Herzog Franz I. zu Grabe trugen und den 8. Januar 1623 unter den 24 Trägern des Sarges Herzogs Ulrich. Nach dem Jahre 1636 wird er in den Urkunden nicht mehr genannt.
516
Am 27. März 1601 ward er auf Damen belehnt (546b. und 547); ebenso 19. April 1605 (553), 6. Mai 1608 (563a, 564 und 565), 26. September 1618 (585 und 586), 28. September 1621 und 6. September 1622 (593 und 594). Unterm 22. Oktober 1623 bat er um die gesamte Hand an den Kleist'schen Lehen im Stift, und erhielt dieselbe vom Herzoge 14. August 1624 (601). Nach der St. -M. vom 17. Januar 1628 versteuerte er in Damen 20 1/2 Hf., 2 Cossäthen, 1 Müller, 1 Schäfer und 1 Knecht (606). — Im Jahre 1629 wurden seine 20 1/2 Hf. zu Damen vom Belgard'schen zum Polzin'schen District gelegt.
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In seiner 1591 geschlossenen Ehe mit Emerentia von Borcke aus dem Hause Stargord und Döberitz waren ihm zwei Söhne geboren: 1) Adam Georg und 2) Steffen (III. 195 und 196). III. 195. Adam Georg, Kammerjunker, 1623, Christophers älterer Sohn, war Herzog Bogislaws XIV. Kammerjunker. Er hat a. 1617 Herzog Georgs, 1618 Herzog Philipps II., 1623 Herzog Ulrichs und 1625 Herzog Philipp Julius Leichenbegängnissen beigewohnt und starb darnach ohne Erben. III. 196. Steffen auf Damen und Kieckow, † vor 1665, Christophers jüngerer Sohn, studierte 1620 auf dem Fürstl. Pädagogio zu Stettin, darnach auf der Universität Rostock.518 Er ist, wie die Familien-Urkunden bezeugen, ein gottesfürchtiger Mann gewesen, davon sein „ausgegangenes geistliches Gesangbuch" Zeugnis gibt.519 Von seinem Vater erbte er Damen, Kieckow und Nemmerin. Im Jahre 1658 wurde ihm auch der Rittersitz Kowalk wegen des Brautschatzes seiner Frau verpfändet. Durch die Krockow'sche Irruption und die Bauer'sche Verwüstung hatten seine Güter ungemein gelitten. Nach der Revision des Belgard'schen Quartieres im April 1645 hatte er auf seinen Gütern Damen, Kieckow und Nemmerin nur 7 Drömt und 3 Scheffel Roggen, 2 Scheffel Erbsen und 18 Scheffel Hafer ausgesäet. Auf seinem Hofe befanden sich nur noch 4 Pferde zum Eggen, kein Ochse, nur eine Kuh mit einem Kalbe. In Damen hatte er einen Schäfer mit 200 und in Nemmerin einen Schäfer mit 100 Schafen. Auch besaß er eine Windmühle, welche jedoch nicht viel einbrachte. Die Gebäude auf dem Hofe waren sehr „brochfellig". Jeder der Bauern befaß nur ein Paar Ochsen und eine Kuh (623).520 Am 9. November 1665 wurde bereits sein Sohn belehnt. Der Vater war also zuvor gestorben. Steffen Kl. ist zweimal verheiratet gewesen: a) mit Ursula von Kleist aus dem Hause Kowalk, des Reimar (III. 120) Tochter, welche ihn: nur eine Tochter geschenkt hat: Ursula Luisa, zweite Gemahlin des Rittmeisters Paul Daniel auf Gr. Tychow (II.
517
Lupold v. Wedels Beschreibung seiner Reisen und Kriegserlebnisse, Baltische Studien, Band 45, S. 1, 568. (2012) 518 Stephanus Kleistius P. in pago Damen (2010) Stephan Kleist, Nobilis Pomeranus, Sommersemester 1623 eingeschrieben, Matrikel Universität Königsberg Disputationum feudalium prima de praeludiis feudorum...sub praesidio Jacobi Westphali...proponit Stephanus Kleist Nob. Pom. ..., Regiomonti (Königsberg) 1624, Sächsische Landesbibliothek (2007) 519 Genaueres über Steffen Kleists geistliches Gesangbuch haben wir nicht zu erfahren vermocht. 520 Bei dem Verkaufe von 1 1/2 Bauerhöfen in Pumlow fungierte Stephan Kl. zu Damen als einer der Vormünder der Söhne sel. Achatii zu Vietzow (III. 110) und hat den Kaufvertrag mit unterschrieben (630). Im Jahre 1654 wurde er mit seinen Gütern Damen, Kieckow und Nemmerin belehnt (630a). Laut Urkunde 633 des Jahres 1655 hatte er von Damen und Nemmerin 1 Lpf, zu gestellen.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 223 521
64);
und
b) mit Anna Margaretha von Lettow aus Carzenburg, mit welcher er einen Sohn: Christoph Friedrich (III. 291) und einige Töchter gezeuget hat. Die älteste derselben: Cäcilia Christiana ist an Dinnies Hinrich von Rüchel zu Barkenow, Churf. Brandenb. Kreis-Commissarius des Schievelbein'schen Kreises vermählt worden. III. 291. Christoph Friedrich auf Damen und Kieckow, † nach 1718, Steffens einziger Sohn, studierte 1656 zu Greifswald. Bei der churfürstlichen Erbhuldigung (1665) bat er um Belehnung, wobei er folgende Liegenschaften als seine Lehnstücke angab: 1) einen Rittersitz in Damen, 2) ein kleines Ackerwerk auf der Feldmark Nemmerin, 3) zwei Bauerhöfe und einen Kathen in Muttrin und 4) ein Ackerwerk und 1/2 besetzten Bauerhof, dazu ein Paar wüste Bauerhöfe in Kieckow. Er ward am 9. November ej. a. hiermit belehnt (640 und 662).522 Am 11. Oktober 1699 konnte er wegen Alters- und Leibesschwachheit nicht mehr zur Huldigung erscheinen; er bevollmächtigte daher seinen ältesten Sohn Steffen (675). Am 26. April 1714 huldigte sein Sohn von neuem für ihn.523 Im Jahre 1718 sehen wir ihn in Kieckow wohnhaft. Er wurde in dem genannten Jahre von dem Regierungsrat Hans Jochim (III. 387) wegen eines Beitrages zum Lehnpferde an Gr. Tychow verklagt, weil er eine Holzkavel in Gr. Tychow besäße. Christoph Friedrich sagte dagegen aus, daß sein Sohn Jürgen Valentin dieselbe von Christian Wilhelm gekauft hätte und die Sache ihn nichts anginge. Darnach wird er in den Urkunden nicht mehr genannt. Seiner Ehe mit Perpetua Elisabeth von Lettow aus Gr. Reetz, des Claus von Lettow Tochter, sind fünf Söhne: 1) Steffen Nicolaus, 2) Georg Valentin, 3) Friedrich Wilhelm, 4) Christoph und 5) Hans Albrecht (III. 392—396) und vier Töchter entsprossen: 1) Anna Ursula, gestorben jung. 2) Emerentia Elisabeth, vermählt a) mit Lorenz Heinrich auf Zadtkow (III. 202) und b) mit dem Hauptmann Hans Heinrich von Pfuhl auf Zuchen. Letzterer hatte all' das Ihre in Polen durchgebracht. Sie starb zu Bublitz den 24. Mai 1739 ohne Kinder, 2400 Thlr. hinterlassend. 3) Hedwig Christiane, vermählt mit Claus Jürgen von Zitzewitz auf Carnitz. Ihre Mitgift betrug 2000 Fl. Das Vater- und Muttererbe reservierte sie sich. Sie wurde Witwe; — und 4) Margaretha, † jung. III. 392. Steffen Nicolaus auf Damen, österreichischer Lieutenant,
521
In der F. -G. IIl. 2 S. 151 ist neben Stephan Kl. auf Damen irrtümlich die Zahl III. 367, anstatt III. 196 gesetzt, was zu corrigiren ist.). 522 Nach den St. M. von 1667, 69 und 70 hatte er zu Damen 20 1/2 Hf. zu versteuern (651); desgleichen 20. Januar 1690 (667) 523 Im Jahre 1704 hatte er zu Damen 1 Lpf. zu halten (677a); und am 11. Januar 1714 von Damen und Kowalk zusammen 1 Lpf. (679).
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† 1717, Christoph Friedrichs ältester Sohn, frequentierte anfänglich die Universität Frankfurt und begab sich darnach in Kriegsdienste und hat als Lieutenant bei der kaiserl. Armee 3 Campagnen in Ungarn getan. Am 11. Oktober 1699 huldigte er für seinen Vater, der wegen Leibesschwachheit zur Huldigung nicht erscheinen konnte (675).524 Er besaß Damen b und einen Teil von Kieckow.525 Am 24. August 1717 starb „Herr Steffen Claus von Kleist zu Damen". Er war zweimal vermählt gewesen: a) mit.... von Puttkamer, welche ihm eine Tochter Anna Euphrosina schenkte. Dieselbe wurde am 9. Februar 1731 dem Jochim Friedrich von Münchow auf Seeger und Nassow vermählt, und hatte das Unglück, 1760 von den Russen getötet zu werden. In seiner andern Ehe b) mit Barbara Theophila von Zitzewitz aus Hoszeren wurden ihm zwei Söhne geboren: 1) Steffen Christoph und 2) Nicolaus Valentin (III. 526 und 527).526 III. 393. Georg Valentin, sächsischer Hauptmann, † 1730, Christoph Friedrichs anderer Sohn, war in chursächsischen Diensten Lieutenant und ging von dannen mit Ihro Königlicher Majestät nach Polen. Dies geschah um das Jahr 1697, in welchem Friedrich August von Sachsen die polnische Königskrone erhielt. Georg Valentin quittierte den Dienst als Hauptmann. Am 18. November 1705 kaufte er von Christian Wilhelm (II. 116) dessen in Groß-Tychow gelegene Holzkavel für 666 Thlr. 24 Schillinge. Sein Vater wurde dieserhalb von Hans Jochim wegen Beitrag zum Lpf. in Gr. Tychow in Anspruch genommen. Von seinem Schwiegervater, dem Landrat Hans Jürgen von Below, erhielt Georg Valentin das Gut Nemitz, nebst dem dazu gehörigen Gute Gr. -Soldekow b, sowie zwei Bauern und einen Kossäthen in Bartelin, teils als Brautschatz seiner Gemahlin, teils gegen Übernahme der darauf haftenden Schulden, mit dem Lehnrechte. Unterm 26. April 1714 ward er mit Nemitz c. p. belehnt (680); desgl. am 15. November 1715.527 Im Jahre 1726 prätendierte sein Neffe Caspar Otto von Zitzewitz, Lieutenant im von Platen'schen Regiment, von ihm Namens seiner Mutter: Hedwig Christiane geb. von Kleist die ihr reservierten materna; er forderte 4000 Fl. Dotalgeld, 1000 Fl. Erbschaft von Steffen Nicolaus, 500 Fl., welche nach ihres Vaters Tode aus Gr. -Reetz erhoben, und 2200 Fl. Verbesserung.
524
Am 26. April 1714 wurden die Gebrüder „Stephan" und Georg Valentin, Christoph Friedrichs Söhne, Steffens Enkel auf's neue belehnt (680). — Im Muttrin-Damen'schen Kb. ist unterm 17. September 1713 „Claus von Kleist" und den 13. September 1716 „Steffen Claus von Kleist" unter den Paten genannt. 525 Brügg. III, 645 und 652. 526 Im Muttrin-Damen'schen Kb. ist unterm 3. Mai 1723 „seligen Steffen Claus von Kl. Frau Witwe" und den 28. September 1738 „die verwittwete Frau Lieutenant von Kl. " unter den Paten verzeichnet. Im Jahre 1748 treffen wir sie in Polzin, woselbst sie bald darauf verstorben ist. 527 Sein Schwiegervater hatte Nemitz c. p. am 26. Oktober 1694 mit dem Lehnrecht und landesherrlichen Consens vom 13. Dezember 1697 von dem Baron von Palbitzki gekauft.
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Georg Valentin verweigerte jedoch die Herausgabe des Geldes an den Prätendenten. Er starb im Dezember 1730 ohne Lehnserben, da seine Ehe mit.... v. Below, Tochter des Landrats Hans Jürgen von Below, kinderlos geblieben. Er hinterließ die Lehngüter Nemitz nebst Anteilgut Soldekow und Bartelin, sowie Kieckow nebst einigen Bauern in Muttrin. Sein Lehnsfolger war sein Brudersohn Steffen Christoph (III. 526). Derselbe erhielt im Januar 1731 ein Testatum wegen Absterbens seines Oheims, welches der Major Jürgen Lorenz (III. 388) 1741 übergab. III. 394. Friedrich Wilhelm, Christoph Friedrich's dritter Sohn, ist nach v. d. Osten in seiner Jugend gestorben. III. 395. Christoph, Christoph Friedrich's vierter Sohn, ging nach Dänemark und starb daselbst unvermählt. Er liegt in Kopenhagen begraben. III. 396. Hans Albrecht, Christoph Friedrich's jüngster Sohn, ist jung gestorben. Von Christoph Friedrich's fünf Söhnen hatte also nur der älteste Steffen Nicolaus Lehnserben. III. 526. Steffen Christoph, auf Damen, Premier-Lieutenant, geb. 1712, † 1757, des Steffen Nicolaus älterer Sohn, geb. Ende 1712, war im Jahre 1731 Unteroffizier im Infanterie-Regiment Nr. 22 und 22. Januar 1733 Fähnrich. Als Solcher nahm er am 6. April 1735 seinen Abschied. Am 14. Februar 1731 hatte er mit seinem jüngern Bruder Nicolaus Valentin durch den Lieut. Franz Andreas von Kleist (III. 402) wegen der von ihrem † Vater und ihrem Vaterbruder Georg Valentin auf sie gefallenen Lehngüter: Nemitz c. p. in Bartlin und Soldekow, wie auch Kieckow nebst einigen Bauerhöfen in Muttrin gehuldigt. In der brüderlichen Teilung 27. Juni 1733 war ihm Nemitz c. p. zugefallen; er verkaufte jedoch diese Güter unterm 8. Januar 1737 an den Major Jürgen Lorenz (III. 388) erblich für 12 000 Tlr.,528 und kaufte in demselben Jahre von Jakob Reinhold von Massow dessen Anteil an Reinfeld, Kreis Rummelsburg.529 Im siebenjährigen Kriege nahm Steffen Christoph von Kl. noch einmal Dienste. In der Schlacht bei Jägerndorf (30. August 1757) fiel der Lieutenant Christoph von Kl. vom Bataillon Manteuffel. Seine Gemahlin Johanne Luise von Suckow hatte ihm zwei Söhne: 1) Johann Gottlieb Christoph und 2) Franz Leopold (III. 657 und 658) und zwei Töchter geschenkt:
528
Brügg. III. 645 und 878. Im Jahre 1740 meldete sich der Fähnrich Christoph von Kleist als einer der Erben der a. 1739 verstorbenen Frau Hauptmann von Pfuhl. 529
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1) Sophie Wilhelmine, † 11. November 1783, vermählt 20. Januar 1764 mit Philipp Christian von Borcke (geb. 1735, † 11. November 1782), welcher in der brüderlichen Teilung 1760 die Güter Perkuicken und Garbnicken c. p. im Amte Labiau in Preußen erhalten hatte. Nach dem Tode der verwitweten Wilhelmine von Borcke fielen die genannten Güter an ihren Bruder Johann Gottlieb Christoph (III. 657), und 2) Charlotte Amalie, vermählt 1778 mit dem Rittmeister Alexander Ludwig Grafen zu Rantzau (geb. 27. Juni 1743, † Gumbinnen 19. Februar 1803).530 Die Witwe hat sich später in Labiau mit einem Rittmeister von Werner verheiratet und ist kinderlos gestorben. III. 527. Nicolaus Valentin, Major, geb. 1713, † 1764, des Steffen Nicolaus jüngerer Sohn, geb. 18. November 1713, war 20. Mai 1735 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 29, 7. Mai 1741 Lieutenant, 23. April 1745 Premier-Lieutenant, 10. August 1755 Stabs-Capitain und 3. Juni 1757 Compagnie-Chef. In der Schlacht bei Prag (6. Mai ej. a. ) hatte er rühmliche Wunden davongetragen. Bei der mißlungenen Erstürmung des österreichischen Lagers in der Nähe von Kollin (18. Juni ej. a. ) blieb er verwundet auf dem Platze. Unterm 2. September 1759 erhielt er das Patent als Major. Im Mai 1760 lag er in Breslau als Verwundeter. Daselbst starb er am 10. September 1764 unvermählt. In der brüderlichen Teilung am 27. August 1733 waren ihm Damen b mit den Feldgütern Klein-Nemmerin, Sand und Anteil in Katschenhagen, der Burgwald genannt, sowie ein Teil in Kieckow zugefallen. Im Jahre 1740 hatte er sein Anteilgut in Kieckow (Kieckow a) und Muttrin c. p. an den Rittmeister Dubislaff Bernd von Kl. (III. 306) verkauft, welcher zu Kieckow b wohnte und den größten Teil der Güter Kieckow und Muttrin bereits besaß.531 III. 657. Johann Gottlieb Christoph, Landschafts-Direktor auf Garbnicken, geb. 1744, † 1807, Steffen Christophs älterer Sohn, war 24. August 1762 Fähnrich im Dragoner-Regiment Nr. 9, 2. Juli 1766 Lieut. und 25. Februar 1780 Prem. -Lieut. Am 2. April 1786 nahm er seinen Abschied als Kapitain. Nach der Auseinandersetzung mit seinem jüngern Bruder Franz Leopold vom 21. Dezember 1768 war ihm durch das Loos das von ihrem Oheim, dem Major Nicolaus Valentin ererbte Gut Damen b zugefallen. Am 20. November 1772 wurde er damit belehnt (684). Sein Bruder überließ ihm unter dem 12. September 1776 auch die Feldgüter Klein-Nemmerin und Sand
530
Allgemeines genealogisches und Staats-Handbuch, Frankfurt am Main 1811, S. 721 (2011) Im Jahre 1738 war er Zeuge bei Balthasar Christians (III. 406) Verkauf von Damen. Im Jahre 1741 meldete er sich mit vier andern Miterben wegen der Großmutter-Schwester, Frau General von Wolden in Kolberg Verlassenschaft, welche vor 1 1/2 Jahren, über 100 Jahre alt, gestorben war und 20 000 Tlr. baar nebst wertvollen Silbersachen und schönen Mobilien hinterlassen hatte. Im Jahre 1742 meldete Nicolaus Valentin von Kleist, daß er keinen Advokaten bekommen könne. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, daß er wirklich in den Besitz der Erbschaft gelangt ist. Am 14. Dezember 1753 wurde er zu Damen und Kieckow belehnt (684). 531
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 227 -
nebst Anteil in Katschenhagen, der Burgwald genannt, erblich für 2228 Tlr. 4 Gr. 8 Pf.532 Nach dem Tode seiner Schwester, der verwitweten Wilhelmine von Borcke († 11. November 1783) erbte er die Güter Garbnicken und Perkuicken nebst Adamswalde, Roddau und Wilhelminenhoff im Amte Labiau. In Folge dessen verkaufte er später (9. und 27. Dezember 1797) Damen b c. p. an den Major Otto Bogislaff von Kl. auf Dubberow (II. 201), worin sein Bruder Franz Leopold mit Entsagung seiner Lehnrechte willigte (697). Seit 1801 war er als Landschafts-Direktor zu Königsberg in Preußen tätig, woselbst er 1807 starb. In seiner Ehe mit Maria Elisabeth von Ostau, ältesten Tochter Sr. Excellenz des Burggrafen Christoph Albrecht von Ostau auf Lablacken, Tactau, Willmanns und Campten bei Labiau und der Anna Juliane von Burghagen, vermählt 26. Mai 1788, † 1795, 26 Jahre alt, waren ihm fünf Kinder geboren: 1) Christoph Albrecht Leopold, geb. 1789 (III. 785); 2) Wilhelmine, geb. 20. September 1790, später Stiftsdame des von Seydlitz-Kalnein'schen Stifts zu Königsberg in Preußen, † 18. März 1859; 3) Amalie, geb. 26. Mai 1792, † 6. November 1830, vermählt 26. Oktober 1811 mit dem Rittmeister Friedrich Leopold Grafen zu Eulenburg auf Perkuiken (geb. 26. Dezember 1787, † 31. Juli 1845); ein Sohn war Friedrich Albrecht Graf zu Eulenburg, preußischer Innenminister von 1862 bis 1878; 4) Friederike, geb. 1793, starb ganz jung, und 5) Franz Wilhelm, geb. 13. Februar 1795 (III. 786), bei dessen Geburt die Mutter starb. III. 658. Franz Leopold, Premier-Lieutenant, † 1805, Steffen Christophs jüngerer Sohn, war 3. Dezember 1769 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 11 und 6. Juli 1773 Lieutenant. Am 9. Dezember 1778 nahm er seinen Abschied und erhielt als Civilversorgung die Stelle eines Salzfactors oder Salz-Direktors in Rastenburg. In der brüderlichen Auseinandersetzung vom 21. Dezember 1768 waren ihm die Feldgüter Klein-Nemmerin und Sand nebst Anteil an Katschenhagen durch das Los zugefallen. Er wurde am 12. März 1773 damit belehnt (684). Nicht lange darnach verkaufte er seine Güter seinem ältern Bruder für 2228 Thlr. 4 Gr. 8 Pf. Er consentierte (2. Januar 1798) in die erbliche Veräußerung von Damen b durch seinen Bruder. Im Jahre 1801 verfaßte er eine Biographie seines Neffen Franz Wilhelm. Vier Jahre darauf starb er, am 22. April 1805. In seinen beiden Ehen: a. mit Marianne Deborah Weltzer, al. Thurowski, vermählt 14. Oktober 1777, und b. mit Luise von Brabender, Tochter des Majors Friedrich Wilhelm von Brabender, vermählt 21. November 1786, † 13. Januar 1816, war er kinderlos geblieben.
III. 785. 532
Brügg. III., 645.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 228 -
Christoph Albrecht Leopold, Rittmeister auf Garbnicken, geb. 1789, † 1824, Johann Gottlieb Christophs älterer Sohn, geb. 19. Mai 1789 zu Königsberg in Preußen, wurde im elterlichen Hanse erzogen und trat 1800 als Junker in das Dragoner-Regiment Nr. 6 ein. Am 10. April 1803 war er Fähnrich und am 21. Januar 1806 Lieutenant, gleichzeitig mit dem spätern General-Feldmarschall und Oberstkämmerer Grafen zu Dohna und dem nachmaligen General-Feldmarschall von Wrangel. Nach dem unglücklichen Feldzuge 1806/7 nahm er unterm 28. April 1807 seinen Abschied und übernahm nach seines Vaters Tode mit seiner ebenfalls minderjährigen Schwester die Bewirtschaftung der väterlichen Güter Garbnicken und Perkuicken c. p., welche in den Kriegsjahren ungemein litten.533 Der Aufruf des Königs 1813 ließ ihm keine Ruhe auf seinen Gütern. Im August ej. a. trat er beim 3. Ostpreußischen Landwehr-Cavallerie-Regiment ein und ward am 1. März 1814 Premier-Lieutenant. Im Gefecht bei Torgau war er verwundet worden. Am 21. Dezember 1814 nahm er seinen Abschied und zog sich wiederum auf seine Güter zurück. Später machte er noch einige Übungen mit. So sehen wir ihn am 15. November 1818 als Escadronführer beim 2. Bataillon 1. Königsberger Landwehr-Regiments Nr. 3 a und am 27. März 1820 beim 2. Bataillon 1. Landwehr-Regiments (1. Königsberg-Gumbinnen). In demselben Jahre (26. Dezember) erhielt er seinen Abschied als Rittmeister mit der Armee-Uniform. Er starb am 26. Dezember 1824 an einem Lungenleiden. Nach seinem Tode wurden seine Güter subhastiert und gingen für die Familie verloren. Seine Ehe mit Jenny Emilie von Steinwehr, Tochter des Landschaftsrats und Majors a. D. Ernst Heinrich Louis von Steinwehr auf Dommelkeim, Weskeim etc . und der Henriette Friederike de Fresin, geb. 21. November 1790, † 5. August 1870 (in Lablacken bei ihrer Tochter von Wnuck), vermählt 24. Januar 1809, war mit fünf Söhnen: 1) Christoph Albrecht Heinrich Julius, 2) Christoph Friedrich Wilhelm, 3) August Eduard Ferdinand, 4) Christoph August Victor und 5) Christoph Ernst Albrecht (III. 880—884), sowie zwei Töchtern gesegnet: 1) Ernestine Amalie Auguste Luise, geb. 6. Mai 1811 in Perkuicken, † 1. Januar 1881, vermählt 19. Mai 1837 mit dem Kammerherrn Friedrich von Wnuck auf Fürstenwalde (geb. 21. Februar 1811, † 1869). Ihre Großtante Julie von Ostau, Schwester ihrer Großmutter Maria von Kleist geb. von Ostau, schenkte ihr die Güter Lablacken, Campten und Willmanns bei Labiau; und 2) Marie, geb. 11. Juni 1813 in Perkuicken, † daselbst 1. Februar 1818. III. 786. Franz Wilhelm, geb. 13. Februar 1795, † 11. August 1800, Johann Gottlieb Christophs jüngerer Sohn, ein Wunderkind, über dessen Leben und wunderbare
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Im Jahre 1812 hatte er ein Rencontre mit einem Postillon, welcher bei unfahrbaren Wegen über seinen Gutshof gefahren kam und dabei die Zäune stark beschädigte. Kleist ließ den Postillon zurückholen, nahm ihm seinen Mantel ab und erteilte ihm mit zusammengewickelten Ochsenstricken etwa 40 Hiebe. Hierfür wurde er in erster Instanz zu einem Jahre Festungsarrest verurteilt. In zweiter Instanz wurde die Haft auf ein halbes Jahr ermäßigt.
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Begabung eine Biographie existiert, aus welcher wir das Interessanteste mitteilen wollen.534 Franz Wilhelm von Kl. wurde am Begräbnistage seiner Mutter, die bei seiner Geburt gestorben war, getauft. Er war zwar ein munteres Kind, hatte aber ein schwächliches Aussehen. Da der Vater in Dienstangelegenheiten oftmals abwesend war und das Kind dann den Wärtern überlassen war, so bat sein Bruder Franz Leopold, Salzfactor in Rastenburg, sich den kleinen Franz zur Pflege aus, und erhielt ihn am 1. Mai 1795, im Alter von 13 Wochen. Hier wurde er auf das Sorgfältigste gehegt und gepflegt. Onkel und Tante wetteiferten in der Pflege ihres Neffen, an dessen Gedeihen sie die innigste Freude hatten. „Mit jedem Tage — schreibt der entzückte Onkel — freuten wir uns des kleinen Geschöpfes, und wurden verwundert bei seiner mehreren Körper-Entwickelung, eine ungleich größere beschleunigtere Ausbildung in seinen Gesichtszügen bemerken zu müssen. Sie trugen fast schon das Gepräge eines erwachsenen Jünglings mit dem Nachdenken des erfahrenen Mannes, welches so in die Augen springend war, daß ein sehr verständiger, kluger Mann, der uns öfters besuchte, jedesmal sagte. Franzchen hat gar keine kindische Physiognomie, und nachdem er im dritten Jahre noch nicht sprechen wollte, uns beruhigte und scherzend versicherte, er kann gewiß, aber er will nur nicht sprechen. " Bis zum Ende des dritten Jahres war der kleine Franz im Ganzen ein gewöhnliches Kind, jedoch mit der Ausnahme, daß er sehr reinlich, äußerst aufmerksam war und viele Anlagen zu körperlichen Geschicklichkeiten zeigte; so daß er schon damals, ob er sich gleich noch nicht ausdrücken tonnte, bei Tische allein, ohne Hülfe, mit Löffel und Gabel aß, und seine Großmutter, die Frau Ober-Burggräfin,535 zu ihm sagte: „Du ißt ja, wie ein alter Mann. " Frohsein, beständige Gesundheit, unschuldige Spiele (von jedem geliebt, der ihn sah), waren bis dahin seine Begleiterinnen. Im vierten Jahre fing er auf einmal an zu sprechen, und zwar mit der größten Deutlichkeit. Sobald er sprechen und sich Begriffe machen konnte, ließ ich ihm, eingedenk des Socratischen Grundsatzes, welcher sagt: „Sobald die Kinder reden können und Beurteilungskraft verraten, sind sie nicht mehr zu jung für die Wissenschaften n. s. w. " Unterricht im Lesen geben.... Ich ließ ihm ein sogenanntes Schreib-Kästchen kommen, worin das große und kleine Alphabet nebst Zahlen und Schreibezeichen sich befanden, und hierdurch brachte ich ihm sehr bald die Kenntnis der Buchstaben und ihre Zusammensetzung bei. Dies machte einen so großen Eindruck auf ihn, daß er bei einer Menge von Spielzeug am liebsten sich mit diesen Schriftzeichen beschäftigte. Da war kein Name, keine Benennung, die er hörte oder einst gehört hatte, die er nicht auf den Tisch aus diesen Buchstaben gebildet hinlegte. Franz machte so große Fortschritte, daß im Monat Mai, da mich mein Bruder besuchte, er in einem Alter von vier Jahren und drei Monaten schon recht gut und mit Ausdruck lesen konnte. Damit nicht zufrieden, wollte sein Geist mehr Beschäftigung haben, und er suchte und fand sie im Nachmalen der in seinem Schreibe-Kästchen enthaltenen Buchstaben. — Dies brachte mich auf die Idee, durch eine kleine Anweisung im Schreiben seiner Neigung behülflich zu sein. Im September fing er an, schreiben zu lernen, und im Monat November führte er in meiner Abwesenheit von drei Tagen ein kleines Tagebuch von Allem, was vorgefallen war, und überreichte mir solches bei meiner Zurückkunft, welches mir seiner Naivetät wegen viel Freude machte. Das Schreiben, das Lesen und etwas Rechnen waren bei den langen Abenden unsere Beschäftigungen. Seine steigende Wißbegierde und die überhäuften Fragen, ob es noch mehrere, als die gesehenen Städte, Dörfer, Flüsse, Seen gebe? veranlaßten mich, ihm einigen Unterricht in der Geographie zu geben.
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Der Titel lautet: „Der kleine Geographiker oder Lebensbeschreibung des Franz Wilhelm von Kleist, der in einem Alter von fünf Jahren und sechs Monaten verstorben ist. Ein Denkmahl, welches ihm errichtet und seinen Verwandten und Freunden zueignet sein ihn nie vergessender Oncle F. L. von Kleist. Königsberg, gedruckt bei Heinrich Degen. 1801". (28 Seiten). 535 Der Minister von Ostau hatte sich zum zweiten Male mit einer Gräfin von Schlieben vermählt.
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Im Monat Februar 1800 hatte er schon so starke Fortschritte in der Geographie gemacht, daß er von seinem Vaterlande über alles Rede und Antwort geben konnte. Er wußte die Einteilungen, jeden Strom von der Weichsel bis auf den Bug, deren Entspringung, Lauf und jede Stadt, bei der die Flüsse vorbeifließen, zu nennen. Er orientierte sich den Augenblick in allen Himmels-Gegenden, und verfehlte deshalb nie, im freyen den Wind anzugeben. Nachdem er nun so starke Fortschritte in der Erdbeschreibung gemacht hatte, verband ich den mündlichen Unterricht mit Hinführung zu den Landkarten, in welcher Vereinigung er den geographischen Unterricht von einem Primaner der hiesigen Schule.....erhielt. Bei diesem Unterricht brachte er es bis zum 30. März dieses Jahres so weit, daß man ihn aus der Generalkarte von Europa fragen konnte, was man wollte, und zeichnete sie mit eben so vieler Fertigkeit zu seinem Vergnügen mit dem Stock in dem Sande. — Er wußte damals alle Länder und Reiche, ob solche Monarchieen oder Republiken wären; — jeden Fluß, jede bedeutende Stadt auf der Stelle zu nennen. Eben so leicht und geschwinde machte er eine Wasserreise von Stockholm oder Kopenhagen nach Egypten oder nach Assow, und nannte jede Insel, jedes Land, Stadt, die er vorbei fahren mußte. Nachdem er soweit gekommen, munterte ich ihn auf, Auszüge aus der Geographie zu machen, und solche zur Aufmunterung für Kinder seines Alters auf Pränumeration herauszugeben. Dieser Vorschlag gefiel ihm, und unter dem 30. März 1800 — sein Alter war 5 Jahre und 1 1/2 Monate — entwarf er Folgendes: „Ich bin willens, Auszüge aus der Geographie zu machen, und in mehreren Bänden herauszugeben. Der Anfang wird mit Deutschland gemacht. Der erste Band ist bereits fertig, und enthält den österreichischen, bayerschen und schwäbischen Kreis. Bei dem ersten Bande erfolgt die General-Karte von Deutschland, bei jedem Kreise eine Special-Karte. Auch arbeite ich bereits an einer Reise-Route zu Wasser und zu Lande. " Die Liebe seiner Freunde und Bekannten unterstützte zu seiner Aufmunterung diesen Einfall und sie machten ihm das Vergnügen, recht viel Bestellungen zu machen. Ob das Ganze nun gleich Spaß war, so wollte der kleine Franz doch sein Wort halten, und hatte nach seiner Art schon sieben Bändchen und neunzehn Special-Karten entworfen, die ich nach seinem Tode seinem Vater einhändigte. Alle diese sieben Hefte und Karten waren so ordentlich und reinlich gearbeitet, daß man nichts, als die tägliche Vervollkommnung seiner überhaupt, als insbesondere erlangten Kenntnisse im Schreiben und in der Erdbeschreibung bewundern mußte. Ohne die geringste Übertreibung kann ich es versichern, daß er bereits eine solche hübsche und gefällige Hand schrieb, daß er sich lebenslang damit hätte behelfen können. Sein Vater schrieb mir in einem Briefe: „Franzchens Talente sind unverkennbar, und wenn er so fortfährt, kann er einst ein großer Mann werden. " In seinem letzten Schreiben an mich sagte er: „Franzchens schönes Schreiben ist über alle Erwartung. " Selbst Fremde, welche nur vorübergehend dies Kind sahen und mit ihm sprachen, empfingen einen tiefen Eindruck von der außergewöhnlichen Begabung desselben.536 „Seine größte Freude — so fährt der Onkel fort — war, wenn er Briefe schreiben sollte, und sein liebster Briefwechsel war der mit seinem Vater, dem er sehr oft Beweise seines Fleißes schickte, und der ihn auch größtenteils mit Belohnungs-Antworten beglückte. Außerdem war es nichts ungewöhnliches, daß er manchen Posttag zwei, auch wohl drei Briefe an Auswärtige schrieb, worunter Männer vom Stande waren. So außerordentlich weit er es im Schreiben gebracht hatte, so aufmerksam war er schon im Sprechen; und wenn Jemand in der Gesellschaft einen auffallenden Sprachfehler machte, so bemerkte er solchen gleich, 536
Frau Landrat, Baronin von der Goltz zu Schippenbeil, an deren Tochter Franz kurz vorher geschrieben hatte, sprach es in einem Briefe offen aus: „Gewiß ist es ein wunderbares Kind; alle hundert Jahre wird vielleicht nur ein solches Kind geboren. "
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und verbesserte ihn mit den Worten: „Ich bitte um Vergebung, es heißt: etc. " Bei Tische war er besonders darauf sehr aufmerksam. Auch in der Musik bekam der Kleine Unterricht; die Frau General-Lieutenant von Hansen Excellenz hatte ihm an seinem vierten Geburtstage eine hübsche Violine zum Geschenk gemacht. Nach vier Wochen spielte Franzchen außer einer Masurka auch schon verschiedene leichte Arien. „Unterhaltend war es anzusehen, wenn der Kleine seinen: Lehrmeister das Signal mit seinem Bogen machte, und wie geschwinde die kleinen Finger die Seiten berührten. Das Erstaunen seines Lehrers äußerte sich alsdann über seine Fortschritte während dem Spielen sehr merklich. " „Unterricht im Tanzen hatte er schon, nachdem er vier Jahre und acht Monate alt war, gehabt, und es war gewiß ein Vergnügen, ihn tanzen zu sehen. Bei dieser Gelegenheit übte er sich in gymnastischen Künsten, zu denen ich ihn auch aufmunterte, weil sie für einen Knaben beinahe unentbehrlich sind, indem seine Glieder dadurch biegsamer werden und sein Körper gestärkt und gewandter gemacht wird. So machte es ihm unter andern viel Vergnügen, sowohl im Freien, als auch aus einem Zimmer in das andere zehn und mehrere Burzelbäume — culbute — zu machen, und zwar mit einer solchen Leichtigkeit, daß er mit den Füßen kaum die Erde zu berühren schien. Während er nach der Musik die Masurka tanzte, machte er ohne alle Erwartung vor einer Dame, mit Tacthaltung einen Burzelbaum, und überraschte dadurch die Gesellschaft mehrmalen, ohne aus dem Tact zu kommen. Er kroch durch einen kleinen Tonnenreif, ein halb gefülltes Glas Wasser auf der Stirne haltend, mit allen möglichen Wendungen. Jede Leibesübung machte er überhaupt mit Behendigkeit, ohne sich anzugreifen. Er stand des Morgens um 6 Uhr auf, kam angekleidet aus seiner obern Stube zum Frühstück herunter, und ging nach dessen Beendigung, ohne zu fragen, sogleich an seine Geschäfte, die eine halbe, höchstens drei viertel Stunden währten. Alsdann ließ ich ihn gleich in den Garten kommen (wenn es die Witterung erlaubte); hier war seine erste Arbeit, seinen kleinen, selbst bestellten Gartenplatz zu besehen, das Fehlende zu verbessern und in der Bestellung mit, für seine Kräfte angemessenen Gartengerätschaften fortzufahren. Auch hier wohnte Ordnung mit den Merkmalen der Tätigkeit beisammen; Alles war mit vieler Überlegung, ohne alle Anleitung gemacht. So brachte dieses liebe Kind, welches mit den größten Eigenschaften und auffallendsten Talenten von der Natur beschenkt, und was mehr werth ist als alle Talente, mit der größten Herzensgüte, einem gefälligen anständigen Ansehn, vereint mit allen Tugenden und Gaben eines Kindes versehen war, sein junges Leben bis zum 11. August 1800, allwo er nach einer dreitägigen Krankheit an einem hier herrschenden bösartigen Scharlachfieber, unter beständiger Aufsicht seines Freundes, des Doctor Kessel, in einem Alter von 5 Jahren, 5 Monaten, 27 Tagen sein unschuldiges Leben endete. Die Leiche wurde am 15. August in der Pfarrkirche zu Rastenburg beigesetzt und den 23. vom Vater abgeholt, um im Gewölbe der Kirche zu Goldbach die letzte irdische Ruhestätte zu finden. III. 880. Christoph Albrecht Heinrich Julius, Lieutenant, geb. 1809, † 1873, des Rittmeisters Christoph Albrecht Leopold ältester Sohn, geboren 19. Dezember 1809 zu Königsberg i. Pr., empfing bis zum neunten Jahre Privatunterricht im elterlichen Hause und besuchte dann das Friedrichs-Collegium zu Königsberg i. Pr. bis zur Secunda. Vom Oktober 1825 befand er sich auf der Divisionsschule in Königsberg, zur Vorbereitung auf das Fähnrichs-Examen. Am 11. September ej. a. war er als Füselier beim 3. Infanterie-Regiment eingetreten, vereidigt wurde er jedoch erst 19. Dezember 1826. Das Fähnrichs-Examen bestand er am 15. Mai 1828.
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Im Mai 1830 ward er zum 33. Infanterie-Regiment versetzt und avancierte am 23. März 1831 zum Lieutenant. Unterm 15. Oktober 1834 wurde er unter gesetzlichem Vorbehalt verabschiedet und vermählte sich am 18. November ej. a. in Sallno bei Graudenz mit Anna Caroline Oßmann, geboren 31. Dezember 1811, † 27.04.1900 in Aurich, Tochter des Oberamtmanns Joseph Adolph Oßmann auf Sallno bei Graudenz und der Thecla von Boczkowska. Er widmete sich hinfort der Bewirtschaftung des Gutes Widlitz bei Lessen in Westpreußen, welches er 1836 auf dem Erbanteil seiner Frau für den Preis von 11000 Tlr. angenommen hatte,537 bis er es am 24. April 1845 an den Lieutenant Nonnenberg für 22000 Thlr. wieder verkaufte.538 In den Jahren 1847—56 war er Pächter des Graf von der Trenck'schen Lehngutes Schakaulack bei Labiau. Inzwischen avancierte er am 18. November 1848 zum Premier-Lieutenant im 2. Bat. 1. Landwehr-Regiments. Am 9. Oktober 1851 ward ihm der Abschied bewilligt. Später bewarb er sich um einen militairischen Posten bei der Garnison-Verwaltung und ward unterm 1. Oktober 1864 zur Probedienstleistung als Kasernen-Inspektor in Königsberg zugelassen und am 28. April 1865 als solcher angestellt. Am 23. Mai 1867 trat er in den Vorstand der Garnison-Verwaltung in Northeim und 28. April 1869 in den zu Göttingen ein, wo er am 31. Dezember 1873 starb. Seine Ehe war mit sechs Söhnen: 1) Christoph Albrecht Maximilian, 2) Christoph Ernst Albrecht August Benno, 3) Christoph Victor Julius, 4) Christoph Albrecht August Hugo, 5) Christoph Albrecht Theodor und 6) Christoph Julius Benno (III. 957a - 957c, 958 - 958b) und zwei Töchtern gesegnet: 1) Anna Emilie Thecla A m a l i e , geboren 23. August 1835 in Widlitz, † Allenstein (nach 1914), vermählt 26. März 1856 mit Otto Mahraun, geb. 21. Juni 1824, † 1868, Kreisgerichts-Rat in Allenstein; — und 2) Julie Bertha Auguste Marie, geboren in Widlitz 18. August 1844, gestorben 14. August 1863 in Schlepecken (Nebengut von Lablacken). III. 881. Christoph Friedrich Wilhelm, Steueraufseher in Tilsit, geb. 1812, † 1860, des Rittmeisters Christoph Albrecht Leopold anderer Sohn, geboren 12. Mai 1812 in Perkuicken, diente beim 1. Ulanen-Regiment in Ostrowo, bestand jedoch die Offiziers-Prüfung nicht. Nach zwölfjähriger Dienstzeit erwarb er aber Zivilversorgungs-Ansprüche und wurde Steueraufseher in Tilsit, woselbst er am 27. Dezember 1860 starb. Seiner Ehe mit Henriette E m i l i e Pagé, geboren 9. Dezember 1818, gest. in Tilsit am 18. Dezember 1898539, entstammen ein Sohn: Christoph Victor, (III. 959, alt 938) und eine Tochter Emilie I d a , geboren in Tilsit am 28. April 1855, welche zunächst unverheiratet bei ihrer Mutter in Tilsit lebte. Sie starb am 2. April 1915 in Charlottenburg.540
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Gerichtlich bestätigt 11. November 1838. Zuvor hatte er bereits einen Wald von c. 60 Morgen für 5000 Tlr. an seinen Schwager Oßmann auf Prenzlawitz verkauft. 539 Gotha 1904 (2008) 540 Gotha 1920 (2008) 538
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III. 882. August Eduard Ferdinand, geb. und gest. 1815, des Rittmeisters Christoph Albrecht Leopold dritter Sohn, geboren zu Perkuicken den 23. Februar 1815, starb bereits am 5. Mai ej. a. III. 883. Christoph August Victor, Generalmajor z. D., geb. 19. Februar 1818, † 1890, des Rittmeisters Christoph Albrecht Leopold vierter Sohn, geboren in Perkuicken den 19. Februar 1818, verlebte eine schwere Jugendzeit, da nach des Vaters frühem Tode die Güter Perkuicken, Garbnicken, Adamswalde etc. zur Subhastation kamen und die Mutter in dürftigen Verhältnissen zurückblieb. Sie zog 1825 nach Labiau und 1827 nach Königsberg zu ihrem damals noch lebenden Vater, dem Landschafts-Rat von Steinwehr. August von Kleist und sein jüngster Bruder Ernst erhielten in Folge dessen ihre Erziehung im Cadetten-Corps zu Culm und Berlin, von wo aus Ersterer am 12. August 1835 als Lieutenant in die 1. Artillerie-Brigade eingestellt wurde. In den Jahren 1842—47 mit der Verwaltung des Artillerie-Depots in Königsberg vertraut, ward er im Sommer 1848 nach Memel gesandt, um den dortigen, durch den Dänenkrieg bedrohten Hafen durch den Bau und die artilleristische Armierung von Strandbatterien zu schützen. Am 1. August 1848 zum Premier-Lieutenant befördert und zum Brigade-Adjutanten ernannt, hatte er Gelegenheit, 1850 die Mobilisierung der 1. Artillerie-Brigade zu leiten. Die Erfahrungen, welche er in dieser Stellung machte und welche die Unvollkommenheit unserer damaligen Armee-Organisation in das grellste Licht stellten, gaben ihm Veranlassung, in einer Broschüre „die Notwendigkeit einer Modification unserer Armee-Organisation" darzulegen und als einer der ersten Pioniere auf diesem Felde die Prinzipien aufzustellen, welche später 1860—62 die leitenden geworden sind. Höchsten Orts veranlaßt, die Broschüre aus dem Buchhandel zu ziehen (daher nur wenig verbreitet), wurde ihm seine offene Sprache Allerhöchsten Orts nicht mißdeutet, sondern er ward 1851 als Assistent zur Artillerie - Prüfungs - Commission nach Berlin gerufen, von wo er 1853 als Hauptmann (Patent vom 13. Dezember 1852) in die Truppe zurücktrat. In Folge seiner regen Beteiligung an der Lösung der damals schwebenden Organisations-Fragen wurde er 1856 mit einem um mehrere Jahre vordatierten Patent als Hauptmann 1. Klasse in die 3. Artillerie-Brigade nach Magdeburg versetzt und demnächst 1859 bei dem mit Frankreich drohenden Kriege mit einem abermals mehrere Jahre vordatierten Patent als Major und Artillerie-Offizier vom Platz mit der Weisung befördert, die artilleristische Armierung der zu jener Zeit bedrohten Festung Wesel zu leiten. 1860 wurde ihm als Anerkennung dieses Wirkens der rote Adler-Orden 4. Klasse verliehen. Am 24. August 1861 als Abteilungs-Commandeur in die 4. Artillerie-Brigade abermals nach Magdeburg versetzt, wurde ihm, unter Beförderung zum Oberstlieutenant (22. September 1863), die Auszeichnung zu teil, das Commando der preußischen Artillerie-Besatzung der damaligen Bundesfestung Mainz zu erhalten. Unterm 23. September 1865 zum Commandeur des erst zu formirenden 5. Festungs-Artillerie-Regiments ernannt und als solcher 1866 ausführendes Organ des Allgemeinen Kriegs-Departements, mußte er - weil in dieser Stellung nicht abkömmlich — auf die Ehre verzichten, an dem österreichischen Feldzuge teilzunehmen. Indessen übernahm er die Funktionen, welche die teilweise Umformung der glatten Batterien in gezogene, die Sicherung des Nachschubs der Munitionsversorgung der Truppen, die artilleristische Armirung der Festung Glogau und die Sicherung der Festungen Posen, Thorn und
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Graudenz geboten. In demselben Jahre (8. Juni 1866) wurde er Oberst. Am 14. Januar 1868 zum Commandeur des hessischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 11 in Cassel ernannt, verblieb er daselbst nur fünf Monate, um im Juni ej. a. das Commando der 2. (pomm.) Artillerie-Brigade zu übernehmen. In dieser Stellung wohnte er als Commandeur der Artillerie des 2. Armee Corps, am 26. Juli 1870 zum General-Major befördert, in dem Feldzuge von 1870/71 der Schlacht bei Gravelotte, der Cernirung von Metz und demnächst der Belagerung von Paris bei, wirkte mit seiner Artillerie am 2. Dezember 1870 dem großen Ausfall der Franzosen bei Champigny entscheidend entgegen und teilte die Gefahren, Beschwerden und den Ruhm des 2. Armee Corps auf dem Zuge nach dem Süden, durch den Jura gegen die Truppen Bourbakis bis zum Schlußakte bei Pontarlier. Es war ihm eine Genugtuung, dort die preußischen Geschütze gegen die Casematten des Forts Joux richten zu können, in denen einst der Dichter Heinrich von Kleist von den Franzosen gefangen gehalten wurde. Die Strapazen des Krieges, namentlich des beschwerlichen Jura Feldzuges hatten seine Gesundheit untergraben, so daß er im September 1872 wegen Invalidität Se. Majestät um seinen Abschied bitten mußte, der ihm unter Verleihung des roten Adler-Ordens II. Klasse Allergnädigst bewilligt wurde. Am 18. Dezember 1872 ward er zur Disposition gestellt, und lebte seit 1873 in Potsdam. Er war Mitglied der Geschichts-Kommission der Familie, und gehörte zu den eifrigsten, ihre Interessen auf das lebendigste allenthalben wahrnehmenden Mitgliedern derselben. An andern Ehrenzeichen wurden ihm 1869 der Kronen-Orden 2. Klasse und 1870 das eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen. Nach seinem Abschiede ward er durch die Huld Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl zum Ehren-Ritter des Johanniter-Ordens ernannt. Er starb am 14. 5. 1890 in Potsdam. Seine erste Ehe schloß der General von Kleist in Königsberg am 13. April 1851 mit Bertha Emmeline von Morstein, geboren 26. November 1827, gestorben 21. August 1866 in Posen an der Cholera, jüngsten Tochter des Landrats von Morstein in Oletzko und dessen zweiter Frau geb. Freiin von Maltitz (Schwester des bekannten Dichters), einer verwitweten von Tippelskirch. Aus dieser Ehe entsprossen vier Söhne: 1) Christoph Oscar Friedrich, 2) Eugen Christoph Erwin, 3) Friedrich Wilhelm Victor Alfred und 4) Christian Ernst Georg (III. 939—942), sowie drei Töchter: 1) Julie Emilie Auguste Amalie Margarethe, geboren zu Berlin am 19. Juni 1852, † Osterode (vor 1930), verm. Goslar 19. 3. 1882 mit Carl Brandt, Bürgermeister in Osterode, Harz, * 13. 4. 1842, † Osterode 22. 8. 1919. 2) Amalie, geboren 26. Februar 1865 in Mainz, gestorben daselbst am 20. April ej. a.; und 3) Alma, geboren 5. Juli 1866 in Posen, gestorben an der Cholera am 19. Juli ej. a. Zum andern Male heiratete der General von Kleist am 15. Oktober 1869 in Dretzel Elisabeth Bertha von Ostau, geboren zu Potsdam 18. Juli 1823, zweite Tochter des Generalmajors Heinrich Carl Julius von Ostau, Rittergutsbesitzers auf Dretzel und Ringelsdorf (2. Jerichow. Kreis) und der Bertha, gebornen von Bischoffswerder. Diese zweite Ehe blieb kinderlos. Sie starb in Potsdam am 2. März 1895. III. 884. Christoph Ernst Albrecht, Lieutenant, geb. 1819, † 1847, des Rittmeisters Christoph Albrecht Leopolds jüngster Sohn, geboren in Perkuicken den 6. März 1819, wurde mit seinem ältern Bruder August im Cadetten-Corps zu Culm und Berlin erzogen und trat am 18. August 1836 in das 33. Infanterie-Regiment.
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Am 26. August 1839 zum Lieut. befördert, starb er am 29. Sept. 1847 in seiner Garnison541 in Thorn, unvermählt. Von Christoph Albrecht Leopolds fünf Söhnen sind also der älteste, der zweite und der vierte beerbt. Christoph Albrecht Heinrich Julius hatte sechs Söhne: III. 957a. Christoph Albrecht Maximilian, Lieutenant, geb. 14. Sept. 1836, † 1862,542 der älteste der Söhne, Max genannt, zu Widlitz geboren, kam aus dem Cadetten-Corps am 26. April 1853 als Fähnrich zum 4. Infanterie-Regiment und war am 16. Oktober 1855 Lieutenant im 1. Infanterie-Regiment. Am 1. Juli 1860 wurde er in das Infanterie-Regiment Nr. 41 versetzt. In einem Pistolen-Duell am 6. Januar 1862 erhielt er einen Schuß in den Unterleib, woran er nach vier Tagen, am 10. Januar, Morgens gegen 4 Uhr im Garnison-Lazaret zu Königsberg starb. III. 957b. Christoph Ernst Albrecht August Benno, geb. 1838, † 1839, der zweite Sohn, am 19. Mai 1838 zu Widlitz geboren, starb daselbst am 6. September 1839. III. 957c. Christoph Victor Julius Emil, geb. 1841, † 1857, der dritte Sohn, geboren 11. April 1841 in Widlitz, ward Leibpage Sr. Majestät und starb am 24. September. 1857 als Cadett in Berlin. III. 958. Christoph Albrecht August H u g o , Doctor der Philosophie, geb. 1848, † 1923, der vierte Sohn, geboren 29. Januar 1848 in Schakaulack, absolvierte das Gymnasium in Königsberg bis Ostern 1866 und studierte in Königsberg und Göttingen Philosophie und Philologie. Professor Hermann Sauppe in Göttingen hat ihn als einen seiner bedeutendsten Schüler bezeichnet, in Bezug auf Verständnis der griechischen und lateinischen Sprachen. Als einjähriger Freiwilliger machte er den Krieg 1870/71 mit und wurde Reserve-Offizier. Nach Ende des Krieges legte er das Examen ab.
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Geschichte des Füsilier-Regiments Graf Roon (ostpreussischen) Nr. 33, Nr. 239 (2009) Die Stammtafel gibt irrtümlich 1860 als sein Todesjahr an.
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1871 war er Lehramtskandidat in Lingen. Vom 1. April 1872 bis Sommer 1873 war er als Lehrer am Gymnasium in Oldenburg provisorisch angestellt.544 Die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgte am 30. Oktober 1873. Titel der Dissertation: De L. Apuleji Madaurensis libro, qui inscribitur de philosophia moralia. Ab Michaelis 1873 unterrichtete er einige Jahre mit Erfolg als Oberlehrer am Gymnasium in Flensburg. Eine Versetzung nach Kreuznach, die für Ostern 1881 vorgesehen war, musste aus Gesundheitsgründen aufgehoben werden.545 Ein Brustleiden nötigte ihn — wahrscheinlich Folge des Krieges — Ostern 1882 seinen Abschied zu nehmen. Er lebte danach in Hannover, sich philosophischen Studien widmend. Seine betagte Mutter lebte bei ihm in Hannover. In der gelehrten Welt hatte er sich bereits einen hervorragenden Platz errungen. Durch seine veröffentlichten „Plotinischen Studien" Heft 1, Studien zur IV. Enneade, Heidelberg 1883 (Vgl. auch den Aufsatz im Jahresberichte des Königl. Gymnasiums zu Flensburg 1881: „Der Gedankengang in Plotins erster Abhandlung über die Allgegenwart der intelligiblen in der wahrnehmbaren Welt (Enn. VI, 4), von Dr. phil. Hugo von Kleist") hat er Zeugnis gegeben von seiner eigenartigen, bedeutenden Geistesdurchbildung. Seine philologischen Veröffentlichungen fanden große Beachtung, und Hugo erhielt den Titel eines Professors der Philologie. 1887 trat er als Oberlehrer am Gymnasium Leer546 wieder in den Staatsdienst und wurde am 22. März 1899 Direktor des Gymnasiums in Aurich, des Ulricianums.547 Bei der Grundsteinlegung für ein neues Schulgebäude am 2. Juli 1908 führte er unter anderem aus: “Mehr als hundert Jahre hatte dereinst in ferner Zeit die Schule nur eine Klasse und einen Lehrer gehabt, 1646 wurde sie zu einer drei-klassigen und erst 1822 zu einer fünf -klassigen Anstalt erweitert. Seitdem ist die Zahl der Klassen auf acht gestiegen... Ein altes, seinem Zwecke nicht mehr genügendes Haus wird ... an einem Tage mit einem neuen vertauscht. Was wir unserer Schule und dem Schulwesen . . . überhaupt wünschen, ist weder Stillstand noch Umwälzung, sondern eine stetige, aus dem bewährten Alten hervorwachsende Entwickelung, für die ohne Frage der Grundsatz "Non scholae, sed vitae discimus" Richtung gebend sein muss. - ... Nach ihren Früchten darf man wohl auch die Schulen und Schulsysteme beurteilen. Nun aber sind aus unsrer vergleichsweise kleinen Anstalt eine Reihe berühmter, eine überaus große Zahl tüchtiger Männer hervorgegangen, die in ihrer Heimat und über Ostfrieslands Grenzen hinaus eine verdienstvolle fruchtbringende Wirksamkeit entfaltet haben. Möge ein gleich schöner Erfolg uns Lehrern und unsern Nachfolgern auch in dem neuen Hause beschieden sein, möge dauernd ein eben so reicher Segen von ihm ausgehen, wie so lange Jahrzehnte hindurch von dem alten Hause, möge immerdar von ihm aus eine Jugend in das Leben hinaustreten, die nicht nur die alltäglichen Anforderungen des Berufes zu genügen . . . bedacht ist, sondern sich auch der ... Pflicht bewusst bleibt, ... für die Errungenschaften des ... Geistes und der ... Bildung ... allezeit einzutreten.”548 Mit dem Titel eines Geheimen Studienrats trat er 1915 in den Ruhestand und wählte Hannover zu seinem
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Staatsarchiv Osnabrück Rep 729 Akz. 39/1997 Nr. 410 (2009) Staatsarchiv Oldenburg Staatsdienerverzeichnis A I,2 525 (2009) 545 Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller 1866-1882, Eduard Alberti, 1. Teil, Kiel 1885, S. 388 546 Literarisches Centralblatt 1887, S. 828 (2009) 547 Staatsarchiv Aurich, diverse Unterlagen über seine Tätigkeit, Rep. 171 u. a. Nrn. 174-176 (2009) 548 Das Ulricianum feierte am 2. Juli 2008 das hundertjährige Bestehen des Altbaus. In seiner Rede zitierte Schulleiter Herr Risius ausführlich aus der Rede seines Vorgängers. http://www.ulricianum-aurich.de/news/2008/juli/02_umzug.htm (2009) 544
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Alterssitz. Hier starb er am 15. 7. 1923. Am 4. Oktober 1880 hatte er sich in Pritzwalk mit Elisabeth Gley, * Darz 20. 4. 1856, Tochter des Rudolf G. auf Kuhbier u. Voßberg b. Pritzwalk u. d. Emilie geb. Schmidt, vermählt. Während des zweiten Weltkrieges lebte sie hochbetagt bei ihrer Tochter in Stade. Sie starb kurz nach Vollendung ihres 100. Lebensjahres am 23. 5. 1956 in Hannover. Ihre letzten Jahre waren überschattet von der Sorge um ihren, seit 1945 in Kriegsgefangenschaft festgehaltenen Sohn Ewald. Seinen Tod i. J. 1954 hat sie nicht mehr erfahren.549 In seiner Ehe hatte er einen Sohne: Ewald, geboren 8. August 1881, den späteren Generalfeldmarschall, (III. 1034), dessen Biographie in der Fortführung der Familiengeschichte enthalten ist, und eine Tochter. Anna Maria Hertha, * Hannover 22. 12. 1884, † das. 18. 10. 1971, verm. Hannover 15. 3. 1919 mit Dr. jur. Karl Schwering, Landrat a. D., * Hannover 29. 6. 1879, † Stade 10. 7. 1948. III. 958a. Christoph Albrecht Theodor, geb. 1850, † 1853, der fünfte Sohn, geboren 28. April 1850 in Schakaulack, † daselbst 12. Februar 1853. III. 958b. Christoph Julius Benno, geb. 1851, † 1869, der jüngste Sohn, geboren 18. November 1851, widmete sich dem Dienste der Marine und ging mit einem Kauffahrteischiffe im Oktober 1869 im Kanal unter. III. 959. Christoph Victor, geb. 13. August 1858 in Tilsit, + vor 1934, war zunächst Zahlmeister-Aspirant im 41. Infanterie-Regiment, Diensteintritt 7. Oktober 1876. 1896 wurde er zum Westpreussischen Feldartillerie-Regiment Nr. 16 versetzt.550 Er wurde Oberzahlmeister und später Rechnungsrat. Sein Sterbedatum ist nicht bekannt.551
549 550
Familiengeschichte 1980 (2006) Geschichte des Westpreussischen Feldartillerie-Regiment Nr. 16, Wittje, Berlin 1897, S. 163
(2014) 551
Letzte Eintragung im Gotha 1934 (2008) Notiz im Nachrichtenblatt der Familie vom September 1934: Als gestorben hat zu gelten: Viktor (2014)
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Wir geben die Stammtafel von
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 239 -
Vom General-Majors Christoph August Victor von Kleist geht ein kleiner Nebenzweig aus, der aber nur eine Generation bestand. Des General-Majors Christoph August Victor von Kleist vier Söhne heißen dem Alter nach: III. 959a. Christoph Oscar Friedrich, geb. 1853, † 1858, geboren zu Danzig 20. November 1853, gestorben 8. Juli 1858 in Magdeburg. III. 960. Eugen Christoph E r w i n , Generalmajor, geb. 11. Dezember 1855, † 1910 zweiter Sohn von August (III, 883), gleichfalls in Danzig geboren, kam aus dem Cadetten-Corps am 23. April 1874 als Lieut. zum 2. ostpreußischen Grenadier-Regiment Nr. 3, in Gumbinnen, wurde 1892 Hauptmann im Infanterie-Regt. 78 in Osnabrück und 1896 als Major zum Stab des Schles. Grenadier-Regiments Nr. 10 nach Schweidnitz versetzt. Als Oberst und Regimentskommandeur stand er 1904 in Liegnitz, wurde als Generalmajor Kommandeur der 71. Brigade in Danzig und schied 1909 aus gesundheitlichen Gründen aus dem aktiven Dienst aus. Er starb am 23. 3. 1910 in Liegnitz. Erwin heiratete am 6. 5. 1893 in Ohr bei Hameln Renate Freiin v. Hake, * Diedersen 5. 8. 1863, † Spiegelsfelde b. Bielefeld 7. 1. 1938, Tochter des Kgl. hann. Rittmeisters a. D. Adolf Frhr v. H. auf Ohr u. d. Marie geb. v. Hedemann. Töchter: 1. Caroline (Carla) Marie Margarete Lilly Veronika, * Osnabrück 15. 3. 1894, † Haus Spiegelsberge b. Bielefeld 24. 4. 1975, verm. Göttingen 18. 5. 1920 mit Gebhard Frhr Spiegel v. u. zu Peckelsheim, * Bordighera 2. 2. 1895, † Bethel b. Bielefeld 13. 7. 1954, auf Spiegelsberge, Bischofrode (§) u. Gr. Engershausen, Forstwirt. 2. Renate (Rena) Adolphine Ella Elsbeth Georgine, * Schweidnitz 12. 4. 1896, † Dortmund-Aplerbeck 9. 10. 1972, verm. Bethel bei Bielefeld 17. 8. 1926 mit Richard Toellner, Pastor, * Soest 28. 12. 1895. (Dortmund)552 III. 961. Friedrich Wilhelm Victor A l f r e d , geb. 16. November 1857, † 1921 zu Magdeburg geboren, kam aus dem Cadetten-Corps am 15. April 1876 als Lieutenant in das Grenadier-Regiment Nr. 1. Er wechselte aber wegen einer Fußverletzung im gleichen Jahr zur Artillerie über. Am 23. Dezember ej. a. war er außeretatsmäßiger Lieutenant im Feld-Artillerie-Regiment Nr. 1 und am 16. September 1879 Artillerie-Offizier im ostpreußischen Feld-Artillerie-Regiment Nr. 1 (Königsberg i. Pr. ). Als Hauptmann in den Stab der Oberfeuerwerkerschule nach Berlin versetzt, kam er 1901 als
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Familiengeschichte 1980 (2006)
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Abteilungskommandeur zum Lothring. Feld-Artillerie-Regt. 69 nach St. Avold und wurde 1903 Kommandeur der Oberfeuerwerkerschule. Zum Oberst befördert, war er 1909 Kommandeur des Feldartillerie-Regiments Nr. 74, Torgau, und rückte 1914 bei Kriegsausbruch als Generalmajor und Kommandeur der 6. Feldartillerie-Brigade an die Westfront. Im März 1915 wurde Alfred Kommandeur der neu aufgestellten 115. Infanterie-Division, die er als Generalleutnant in ständigem Einsatz bis zum März 1918 führte und sich in den Kämpfen an der Aisne und seit August 1915 an der Ostfront — in Kurland, Wolhynien, Galizien und Rumänien — durch hohe Leistungen und große Erfolge auszeichnete. In einer langen Abhandlung hat General Georg v. Kleist — Wusseken in seiner 'Übersicht über die Teilnahme der Familie v. Kleist am Weltkriege' die Leistungen der Division und ihres Kommandeurs, der vom ersten bis zum letzten Kriegstage im Einsatz war, gewürdigt. In den ‘Erinnerungsblättern deutscher Regimenter’ heißt es bei dem Infanterie-Regt. Nr. 171, das zu Alfreds Division gehörte, u. a.: „General v. Kleist war eine offene, frische Soldatennatur, die für jeden Angehörigen der Division ein Herz hatte. Das zeigte sich auch gleich in Tournai, wo er jeden Truppenteil sofort aufsuchte und sich eingehend die Unterkunft ansah. Ob es in Rußland bei eiskalten Schneestürmen oder in Rumänien bei wolkenbruchartigen Regen war, der die Wege unergründlich machte, nie ließ sich General v. Kleist abhalten, wenn es galt, zur Truppe vorzukommen, um ihre Nöte und Wünsche kennenzulernen. Besonderes Augenmerk richtete dieser treu sorgende Kommandeur auf alle Einrichtungen, die dem Wohl der Division galten. So war er oft in den Feldlazaretten zu finden. Wiederholt tröstete er Schwerverwundete und erfreute sie durch persönliches Überreichen des wohlverdienten Eisernen Kreuzes. So war es denn kein Wunder, daß er bald in der ganzen Division den Ehrennamen ‘Vater Kleist’ führte. " Als Anerkennung für seine hervorragenden Verdienste als Heerführer wurde er mit dem Orden pour le mérite ausgezeichnet. Als Alfred im Frühjahr 1918 zum Kommandierenden General des Generalkommandos LVIII. wieder an die schwer ringende Westfront berufen wurde, fiel ihm und allen Angehörigen der 115. Division der Abschied schwer. „Denn jeder wußte", heißt es in dem Bericht, „welch aufrechte, vornehme, kluge, gerechte, willenstarke Persönlichkeit mit ihm von der Division schied, wie vorbildlich seine Art, seine Schlichtheit und Einfachheit, seine Anteilnahme für den einfachsten Mann gewirkt hatten. " Als Kommandierender General der 'Gruppe Kleist' unterstand Alfred dem Oberbefehlshaber der 3. Armee, die in den letzten großen deutschen Offensiven und den Rückzugskämpfen bis zum Waffenstillstand Übermenschliches geleistet hat. Die Gruppe Kleist erlitt in der Offensive in der Champagne und an der Marne im Juli 1918 große Verluste, weil der deutsche Vorstoß verraten worden war; aber immer wieder formierte sie sich bei den Rückzugskämpfen zur Maaß und vor Verdun zu neuem Widerstand. Als Alfred nach dem Waffenstillstand am 11. Nov. 1918 unter schwierigsten Verhältnissen das Generalkommando über den Rhein zurückgeführt hatte, erhielt er ein Telegramm des Oberbefehlshabers, General v. der Marwitz, das mit den Worten schloß: „Die Tätigkeit Eurer Exzellenz und des gesamten Stabes ist ein leuchtendes Beispiel treuster Pflichterfüllung, für die ich in den trüben Zeiten meinen und des Vaterlandes Dank zum Ausdruck bringe. Die Zukunft erst wird das Verdienst der Führung der ‘Gruppe Kleist’ in dem verdienten hellen Licht für die Allgemeinheit erstrahlen lassen." Alfred hat für Zwecke der Familiengeschichte in Brandenburg im November 1919 einen Bericht “Meine Tätigkeit im Weltkriege 1914/1918" verfasst, der von 1938 bis 1939 im Nachrichtenblatt der Familie veröffentlicht wurde. General Alfred v. Kleist verstarb in einer dunklen Zeit der deutschen Geschichte am 13. 5. 1921 in Brandenburg a. d. Havel im 64. Lebensjahr. Er war Ehrenritter des Johanniterordens. Alfred heiratete am 8. 5. 1894 in Posen Elisabeth Geverts, * Kassel 17. 6. 1873, † Potsdam 15. 3. 1944, Tochter des Kgl. preuß. Generalmajors a. D. Wilhelm G. u. d. Laura geb. v. Bobers. Tochter: Marie Grete Jenny Georgine Amy Marga Ursula, * Berlin 26. 8. 1898, † Bielefeld 13.08.1990, verm. Berlin 26. 6. 1929 mit Wilhelm v. Detten, Oberst a. D., * Karlsruhe 22. 7. 1885, † Brackwede 17. 9.
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1961 (Sennestadt).
553
III. 962. Christian Ernst Georg, geb. 11. Jan. 1860, † 1909 der jüngste Sohn, geboren in Wesel, wurde, wie seine Brüder, im Cadetten-Corps erzogen und kam am 14. April 1877 als Lieutenant zum Grenadier-Regiment Nr. 3 und war eine Zeit lang Adjutant des 2. Bat., darnach als Adjutant zum Bezirks-Commando Insterburg kommandiert. Am 4. Febr. d. Js. ist er unter Belassung in seinem Commando zur Kriegsakademie in das 2. Badische Grenadier-Regiment Kaiser Wilhelm Nr. 110 versetzt worden. Nach seiner Kommandierung zur Kriegsakademie nach Berlin gehörte er dem Generalstab an, war 1898 Major im Generalstab der 9. Division in Glogau und wurde 1903 als Oberstleutnant Chef des Stabes im XVII. Korps in Danzig. Ein früher Tod beendete vorzeitig seine große Karriere. Er starb unvermählt als Oberst und Kommandeur des Thüring. Infanterie-Regiments Nr. 31 am 11. 6. 1909 in Charlottenburg. Er war Rechtsritter des Johanniterordens.554 Da alle Söhne unbeerbt waren, starb dieser Seitenzweig aus. Wir geben die Stammtafel von:
553 554
Familiengeschichte 1980 (2006) Familiengeschichte 1980 (2006)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 242 -
Der von Georgs jüngstem Bruder Paul (III. 29) auf Kowalk entsprossene Kowalker Seitenzweig hat nur kurze Zeit geblüht; er starb bereits mit Pauls Enkel, gleiches Namens, aus. Paul hatte drei Söhne: 1) Venz, 2) Tönnies und 3) Jürgen (III. 62—64). III. 62. Venz auf Kowalk, 1575, † vor 1601, Pauls ältester Sohn, war 1556 noch unmündig. In dem genannten Jahre führte Jacob Kl., zu Kowalk erbsessen (III. 38), Prozeß wider sel. Paul Kleists unmündige Kinder: Venz, Tönnies und Jürgen, deren Vormund Jochim zu Damen (III. 34) war, wegen Teilung der Feldmark Dummerckuer (— Dimkuhlen). Am 12. Juli 1563 erteilte Herzog Barnim X. den Gebrüdern Venz und „Antonius" einen Geleitsbrief. Einer ihrer Unterthanen hatte im Jahre 1560 im Streite den Jürgen Kl. (III. 58) „unversehens" erschlagen. Die Gebrüder gedachten deshalb, sich mit des Erschlagenen Bruder Curt gütlich zu einigen (487). — Unterm 22. Februar 1575 ward Venz zu Kowalk belehnt.555 (501 u. 502. ) Die Matrikel der Kapelle zu „Kuewalk" = Kowalk, früher zur Parochie Schwellin, später zum Nasebander Kirchspiel gehörig, datiert vom 27. Juni 1591, haben Venz und Jürgen als Patrone unterschrieben. Der Kapelle zu Kowalk schenkten die drei Gebrüder einen noch heute dort vorhandenen, kunstvoll gearbeiteten, schwer vergoldeten Abendmahlskelch. Der Fuß desselben hat eine runde Form in sechs nach außen gehenden Bogen. Auf einem der Bogen liest man die lateinischen Worte: „Auctus et renovatus est hic calix Kowalcensis in honorem Omnipotentis anno Christi 1612". Unter dem Fuß steht: „Kelch und Patena wieget 25 Loth. " Auf dem zweiten Bogen des Fußes, rechts neben dem erstgenannten, sieht man das von Kleist'sche Wappen, umschrieben: „Ventz Kleist. S. (igillum)"; auf dem dritten Bogen das von Puttkamer'sche Wappen, umschrieben: „Abel Putkamer. S. E. H. S. "; auf dem vierten Bogen wiederum das von Kleist'sche Wappen mit der Umschrift: „Tonnies Kleist. S. "; auf dem fünften Bogen nochmals das von Kleist'sche Wappen, umschrieben: „Jürgen Kleist. S. "; und auf dem sechsten Bogen das von Schmeling'sche Wappen mit der Unterschrift: "Elisabeth Schmeling. S. N. W. " Die vergoldete, dazu gehörige Patene hat die Schwester der drei genannten Brüder: Emerentia geschenkt. 556 Unterm 11. November 1596 gab Venz seine Einwilligung dazu, daß seines Bruders Ehefrau eine Geldanleihe machen und dafür einen Bauerhof in Kowalk versetzen durfte. Danach wird er in den Urkunden nicht mehr genannt. Zur Zeit der Belehnung des Jahres 1601 war er bereits tot. In seiner Ehe mit Abela von Puttkamer aus dem Hause Glowitz war ihm eine Tochter: Elisabeth geboren. III. 63.
555
Am 18 Juni 1574 war Venz zum Mitvormunde bestellt für Anna Kleist (III. 20), Marten Lodens Witwe und deren Kinder, und im Jahre 1584 für die Kinder der Witwe von Curt Kl. (III. 59). — Im Jahre 1581 hatte er dem Jochim auf Damen (III. 34) einen wüsten Hof mit zwei Hufen im Torfe Drenow für 500 Fl. auf zehn Jahre verpfändet. — Laut Urkunde vom 5. April 1585 besaß er einen Anteil von der Feldmark „Dimkuhr". 556 Auf der unteren Randseite der Patene stehen die Worte: Emerentia Kleistes. 4 1/ 2 Loth. Bei der Allerhöchst verordneten Stempelung des Kirchensilbers et c. bei dem Accise-Amt in Cöslin, den 26 Februar 1810, wog der obige Abendmahlskelch: 1 Mark 4 Loth und die Patene: 4 1/4 Loth.
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Tönnies auf Kowalk, Stallmeister, 1575, † nach 1608, Pauls anderer Sohn, war 1556 noch minorenn, erhielt 1563 den schon früher erwähnten Geleitsbrief (487) und wurde am 22. Februar 1575 mit Kowalk belehnt (501 u. 502). Er trat in herzogliche Hofdienste. Im Jahre 1580 war er Herzog Johann Friedrichs Hofdiener; er avancierte im Laufe der Zeit zum Hofmarschall und Stallmeister. Am 22. August 1598 war er als fürstlicher Hofmarschall Zeuge des Testaments, welches die Gemahlin des Herzog Barnims zu Rügenwalde ausfertigen ließ.557 Herzog Johann Friedrich, welchem Tönnies Kl. in seinen hohen Ämtern zwanzig Jahre lang treu gedient, starb den 9. Februar 1600 unbeerbt zu Wolgast, woselbst er den 21. August 1542 geboren war; seine Gemahlin war des Churfürsten von Brandenburg Johann Georgs älteste Tochter Erdmuth. Er hatte viele vortreffliche Eigenschaften und war ein gelehrter Herr; er liebte Pracht, Aufwand und Vergnügen so sehr, daß er die Regierungsgeschäfte oftmals darüber versäumte und sie seinen Höflingen und Günstlingen überließ. Bei des Herzogs glänzendem Begräbnisse war der Hofmarschall von Kleist gegenwärtig. Mit derselben Treue diente Tönnies Kl. dem Nachfolger Johann Friedrichs: Herzog Barnim XI., welcher leider nur drei Jahre regierte. Bei der Belehnung am 27. März 1601 wird Tönnies herzoglicher Stallmeister genannt (546 b u. 547). Herzog Bogislav XIII., welcher nunmehr zur Regierung kam, stand bereits in hohem Alter und vermochte deshalb nicht mehr die Regierungsgeschäfte selbstständig zu leiten. Auf dem Landtage zu Stettin (28. November bis 5. Dezember 1603) bestellete er, mit Einwilligung der Landstände, seinen ältesten Sohn Philipp zum Statthalter von Pommern. Auf diesem Landtage versprach er auch, zur großen Beruhigung der Landstände, die noch übrigen Kammerschulden durch Einziehung des Hofstaates und Einschränkung des Aufwandes, so viel als möglich, ohne neue Beschwerung des Landes abzutragen und ihren gegründeten Beschwerden abzuhelfen. Diesem Versprechen gemäß bestellte der Herzog wiederum Landräthe, die man unter den letzten Regierungen hatte eingehen lassen und dankte die überflüssigen Hofbedienten ab. Bei dieser Gelegenheit nahm auch der Hofmarschall und Stallmeister Tönnies Kleist, nachdem er unter drei Herzogen mit voller Hingebung seiner hohen Ämter gewartet hatte, seinen Abschied. Am 19. April 1605 belehnte Herzog Bogislav XIII. ihn mit dem Gute Poberow, welches er ihm höchst wahrscheinlich wegen seiner treuen Dienste verliehen hatte (553). Einige Jahre später treffen wir Tönnies Kl. krank auf seinem Gute Kowalk. Bei der Belehnung am 6. Mai 1608 war er Krankheits halber abwesend (563 a u. b und 564). In den Urkunden der folgenden Jahre kommt sein Name nicht mehr vor; er ist bald nach 1608, und zwar unvermählt, gestorben. In der Belehnungs-Urkunde vom 22. April 1613 heißt es: „Des verstorbenen Tonnies Kleist zu Kowalk Lehngüter hat seine Schwester Emerentia, die jetzt auch todt; ihre Erben haben dieselben noch, obwohl die Lehnserben fürstliche Concession haben, sie einzunehmen." III. 64.
557
Herzog Barnim XI,, geboren 15. Februar 1549, gestorben 1. September 1603, hatte sich 1581 mit Anna Maria, Churfürst Johann Georgs zweiten Tochter, vermählt. Ehe er zur Regierung (1600) kam, hatte er sich die Ämter Rügenwalde und Bütow zur Apanage vorbehalten.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 244 -
Jürgen auf Kowalk, 1575, † nach 1596, Pauls jüngster Sohn, ward am 22. Februar 1575 mit seinen Brüdern zu Kowalk belehnt (501 u. 502); er besaß ein Stück Landes bei dem Kalkofen (517). Im Jahre 1583 ritt er als junger „Cavallirer" mit zur Musterung der Lehnpferde nach Schlawe (633). A. 1585 hatte er einen Anteil an " Dimkuhr". Im Jahre 1591 unterschrieb er als Mitpatron die Matrikel der Kapelle zu Kowalk und zahlte seinen Beitrag zur Anschaffung des vorerwähnten Abendmahlskelches. Am 11. November 1596 lieh seine Ehefrau Elisabeth von Schmeling mit seinem Willen von Lorenz Versen auf Tietzow 100 Fl. und versetzte ihm dafür, mit Bewilligung ihres Mannes und seines Bruders Venz, aus ihrem Leibgedinge einen Bauerhof zu Kowalk. Beide Brüder haben den Schuldschein untersiegelt. Im Jahre 1597 bat sie um die fürstliche Bestätigung desselben, da ihr Mann von seinen Creditoribus und fideijuss. so hart bedrängt werde. Der Herzog bestätigte den Schuldvertrag unterm 29. September 1597. Nicht lange darnach starb Jürgen. Im Jahre 1599 bat die Witwe den Herzog, sie in ihrem Leibgedinge, wegen ihres verstorbenen Mannes Schulden, gegen die Executionen des Belgard'schen Hauptmanns zu schützen. In seiner Ehe mit Elisabeth von Schmeling, des Heinrich von Schmeling auf Todenhagen und der Dorothea von Zastrow aus dem Hause Dargerese Tochter, starb 1666, waren Jürgen Kl. ein Sohn: Paul (III. 122) und unter andern eine Tochter: Felicia geboren, welche die Gemahlin des Nicolaus von Schmeling auf Streitz wurde. Mit dem unbeerbten Tode seines Sohnes Paul starb dieser Seitenzweig aus. Wir geben die Stammtafel von:
Von Bisprow auf Damen (III. 9) sind einige kleine Seitenzweige am Damen'schen Aste entsprossen, welche zumeist nur kurze Zeit geblüht haben. Beschreiben wir zunächst den
Damen-Zarnekower Seitenzweig. Bisprow hatte sechs Söhne: 1) Henning, 2) Dubislaff, 3) Pribeslaff, 4) Hans, 5) Joachim und 6) Georg (III. 30—35). III. 30. Henning auf Damen, Geistlicher zu Belgard 1518, † nach 1546, Bisprows ältester Sohn, studierte und wurde Presbyter in Belgard. Unterm 23. September 1518 wurden Henning, Dubislaff, Hans und seine andern Brüder zu Damen
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belehnt (393); desgleichen am 13. Januar 1524 (417).558 Am 23. August 1540 wurde Henning zu Belgard belehnt (459 b); ebenso am 1. Juni 1546 (469). Es ist noch einer Klage Erwähnung zu thun, welche des jüngern Bruders Pribeslaff Witwe und die Vormünder ihrer Töchter Anna und Ursula gegen Henning, Joachim und Jürgen, Gebrüder zu Damen, im Jahre 1544 wegen Alimente, Geschmuck und Brautschatz der Tochter führten. Anna war bereits von Freiern umworben. In dieser Streitsache stiftete Herzog Barnim X. d. d. Alten Stettin am Dienstage nach Exaudi (27. Mai) 1544 folgenden Vergleich: Die drei Gebrüder geben den Jungfrauen die im Rezeß vorgeschriebenen Alimente, dazu jährlich 2 Fl. zum Ankauf von zwei Schweinen; der Anna geben sie auf nächsten Martini 200 Fl., auf folgenden nochmals 200 Fl. zu Geschmuck und Aussteuer, und wenn sie verheiratet wird, binnen Jahr und Tag die dritten 200 Fl., gleichergestalt später auch an Ursula (463). Henning hatte das Evangelium angenommen und war Luthers Beispiele gefolgt, indem er in den Ehestand trat. Den Namen seiner Gemahlin erfahren wir freilich aus den Urkunden nicht; doch berichten dieselben, daß er einen Sohn Hans (III. 65) gehabt, welcher zu Drenow gewohnt, und eine Tochter Ursula, so an Jochim Hechthausen auf Naffin verheiratet wurde. Nach dem Jahre 1546 wird Henning in den Urkunden nicht mehr genannt. III. 31. Dubislaff, de olde auf Damen, 1518, † c. 1540, Bisprows anderer Sohn, ward unterm 23. September 1518 mit seinen Brüdern zu Damen belehnt (393); desgleichen am 13. Januar 1524 (417). In der letzterwähnten Belehnungs-Urkunde wird er „de olde" genannt.559 Nach einem Verzeichnisse ausstehender Forderungen der Kalands-Brüderschaft in Cöslin de a. 1524 schuldete „senior Dubislaff in Damen" derselben 100 M., laut Brief. Seine Bürgen waren: Peter (III. 10) und junior Dubislaff (III. 56). (420. ) Im Jahre 1540 schuldete er an das beneficium angelorum in Belgard 50 M., laut Brief (459). Er blieb unvermählt. Sein Erbe war sein Brudersohn Matthias (III. 66). III. 32. Pribeslaff auf Damen, 1544, Bisprows dritter Sohn, ward am 23. Juni 1540 zu Damen belehnt (459 b).
558
In einer Urkunde des Jahres 1534 wird Henning in Warnin und Dubberow (— ohne Zweifel der Obige —) Schuldbürge für Paul (III. 29) genannt (449). Nach einem Verzeichnisse ausstehender Forderungen aus dem Jahre 1540 schuldete Henning 25 M. an das beneficium angeliorum, 50 M. an ein anderes Beneficium und 25 Fl. an die gemeine Vikarie der Pfarrkirche zu Belgard (459). 559 In dem Verzeichnisse der Roßdienste vom 20. Oktober 1523 kommt neben unserm Dubislaff noch „der junge" D. (III. 56) vor, welche mit den übrigen Damen'schen Brüdern zu den 6 Lehnpferden beizusteuern hatten (415).
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 246 -
Sein Vetter Lorenz (III. 26) setzte ihn zu einem seiner Testamentsvollstrecker ein (455).560 Im Jahre 1544 war Pribeslaff bereits tot. Seine Witwe,Dorothea, Tochter des Henning von Glasenapp und der Catharina v. Manteuffel,561 und die Vormünder ihrer Töchter Anna und Ursula klagten gegen Henning, Joachim und Jürgen, Gebrüder zu Damen, wegen Alimente, Geschmuck und Brautschatz der Töchter. Des Vergleiches, welchen der Herzog in dieser Sache am 27. Mai 1544 zu stande gebracht, haben wir gleichfalls früher gedacht (463). III. 33. Hans, 1518, † jung, Bisprows vierter Sohn, wird zuerst in dem Lehnbriefe des Jahres 1518 namhaft gemacht (393). Die Familien-Urkunden bezeugen von ihm, daß er jung und ohne Erben gestorben. III. 34. Joachim auf Damen, † 1585, Bisprows fünfter Sohn, ward am 13. Januar 1524 zu Damen belehnt (417), in der bezügl. Urkunde „Achim" genannt. Unterm 20. Januar 1528 erhielt Joachim Geleit, weil er erbötig, den an Dubslaff (III. 56) begangenen Todtschlag zu sühnen (433). Im Jahre 1540 schuldete er laut Brief an die Vicarien-Kasse und Kreuz-Kapelle in Belgard 50 M. (459). In demselben Jahre wurde er mit seinem jungern Bruder Jürgen zu Damen belehnt (459 b).562 Unter den Belehnten des Jahres 1575 werden „Jochim der Ältere" und sein Sohn Matthias namhaft gemacht (502). Unterm 29. August 1576 reichten Richard und Jochim der Jüngere (III. 69 u. 70), Gebrüder zu Damen, eine Klage wider Joachim den Ältern bei dem Hofgerichte ein, in welcher sie wörtlich Folgendes aussagen: „Jochim der Ältere zu Damen hat anfänglich 2 Hufen allhier durch einen richtigen Kauf an sich gebracht und sich so hier in Damen eingeschlichen und auf dieselben des ganzen Dorfes Freiheit eingenommen und alle Herrlichkeit und Gerechtigkeit mehr, als wir Andern, denen unser Rittersitz hierher gefallen, mit einander, da doch Jochim Kl. seine Wohnung nicht nach Damen, sondern nach Voldekow gefallen. Er hat 8 Bauern von seiner zugefallenen Kavel zu Voldekow verwechselt und nach Döbel und Damen zu sich gelegt, und durch seine vielfältigen unnützen Bauten und durch solche verwechselten Bauern unser Anteil Holz zu Damen gar zu nichte gemacht und mehr als 1000 Fl. Schaden zugefügt etc. "
560
Des Rechtsstreites, welchen Lorenz mit den Gebrüdern Pribeslaff und Jochim (III. 32 u. 34) nebst Genossen im Jahre 1537 gehabt, haben wir bereits in dessen Lebensbeschreibung Erwähnung getan. 561 Vollständige Genealogie des alt-hinterpommerschen Geschlechts der Erb-, Burg- und Schloßgesessenen von Glasenapp, II. Teil, E. v. Glasenapp, Berlin 1897, S. 106 (2008) 562 Am 8. November 1557 war Jochim Kl. mit Hans von Wolde Zeuge eines Vergleichs, welchen Christoffer Kl. zu Dubberow (II. 14) mit seinen Brudersöhnen Peter, Paul und Henning zu Wendisch-Tychow über einige Hofe zu Franzen schlossen (F. G. III. 2, S. 24). Unterm 18. Dezember 1571 wurde er zum Mitvormunde für Gertrud Kleist, Henning Glasenapps zu Klotzen Witwe bestellt und 1574 zum Mitvormunde für Anna Ramel, Carstens (II. 26) Witwe und deren Kinder; er nahm sich derselben jedoch nicht an, so daß für ihn ein anderer Vormund gesetzt wurde. Aus einer Urkunde des Jahres 1573 ist ersichtlich, daß Joachim auch an Dargen c. p. Anteil gehabt, daß er denselben aber mit einem Anteil an Muttrin vertauschte (495).
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Vorstehender Klage schlossen sich auch Lorenz (III. 60), Asmus (III. 76) und Consorten, Gevettern die Kleiste zu Damen gesessen, an und sagten dabei aus: „Jochim habe durch einen vermeintlichen Kauf nur 2 Hufen und einen Hof zu Damen für 200 Fl. gekauft und sich dann eine Wohnung daselbst niedergesetzt; dieser Kauf sei gerichtlich vielfach angefochten, da er zu diesen Hufen des ganzen Dorfes Damen Freiheit eingenommen und alle Herrlichkeit mit Fischen, Jagd und sonsten sich mehr, als die Andern, denen das ganze Dorf zusteht und deren Wohnung hierher gefallen, anmaße; er habe aber seinen Ackerhof zu Zarnekow und Crössin, an dem er sich wohl ohne Damen erhalten könne et c. "563 Nach den citierten Urkunden hatte Joachim also Besitzungen in Damen und Dargen, welche letztere er mit einem Anteil an Muttrin vertauschte, in Zarnekow und Crössin, in Drenow und Kieckow, sowie in Gr. Dubberow. Nach Anzeige seines Sohnes Matthias starb Joachim zu Damen 1585 am Donnerstage nach Fabian Sebastian (21. Januar). Seine Gemahlin Sophia Kleist, Tochter des Matthias auf Damen (III. 24), hatte ihm drei Söhne geboren: 1) Matthias, 2) Vincenz und 3) Bisprow (III. 66—68). III. 35. Georg auf Damen, dänischer Oberst, † c. 1560, Bisprows jüngster Sohn, wurde Soldat und ging in Königl. dänische Kriegsdienste. Elzow erzählt von ihm: „Georg ist Generalmajor unter dem Könige von Dänemark gewesen und hat vom erworbenen Gelde einige Güter erkauft. " Nach Andern nahm er bereits als Oberst seinen Abschied. Unterm 23. August 1540 ward er zu Damen belehnt (459 b).564 Außerdem hatte er Besitzungen in Dargen, Voldekow und Kieckow. Im Jahre 1580 mutheten seine Söhne Jochim und Carsten, wobei sie aussagten, daß ihr Vater etwan vor 20 Jahren gestorben, d. i. c. 1560, wie die Stammtafel richtig angibt. In seiner Ehe mit Dorothea von Parsow waren ihm drei Söhne geboren: 1) Richard, 2) Joachim und 3) Carsten (III. 69—71).565
563
Laut Urkunde von 1577 versteuerte Joachim zu Damen in Gr. Dubberow 3 B. 3 1/2 Hfn,, in Kieckow 4 B. 7 Hfn. und in Muttrin 2 B. 4 Hfn. (518). Einen von Joachim herrührenden Hof in Muttrin hat Wilhelm Kl. (III. 133) später verwüstet und abgebrochen (619). Im Jahre 1582, am Tage Nicolai (6. Dezember), verpfändete Venz Kl. zu Kowalk (III. 62) an Joachim den Älteren zu Damen einen Hof mit 2 Hfn. in Drenow für 500 Fl., - der jetzt wüste, — auf 10 Jahre. 564 Laut Urkunde 459 des Jahres 1540 übernahm er die Bezahlung der Schuld des Matthias, im Betrage von 25 Fl,, bei der gem. Vikarien-Kasse zu Belgard. Aus Urkunde 495 ist ersichtlich, daß Jürgen zu Damen auch einen Anteil an Dargen c. p. gehabt. Im Lehnbriefe vom 1. Juni 1546 wird als Jürgens zweites Gut: Voldekow genannt (469). Im Jahre 1577 hatten Jürgens Erben zu Damen in Kieckow 2 B. 4 Hfn., von denen ein Bauerhof wüste war (518). 565 Strippow 24. Juni (am tage Johannis des teuffers) 1593. Agnes Kleist, Witwe des Claus Kameke, zu Strippow leiht von Hans v. Wolde zu Wusterbarth 100 Taler mit 6 % Zinsen jährlich um die Studiengebühren für ihren Sohn Jürgen Kameke zu bezahlen Bürgen: Richard (III. 69) u. Jochim (III. 70) Kleist zu Damen und Nemmerin. 5 anh. Siegel verloren Unterschriften: Jochim Kleist, Claus und Caspar Kameke. Urkunde stark beschädigt. Agnes ist in der FG nicht aufgeführt - die Übernahme der Bürgschaft könnte dafür sprechen, dass es sich (Fortsetzung...)
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Von Bisprows sechs Söhnen hatten also der älteste: Henning, der fünfte: Joachim und der sechste: Georg männliche Erben. Henning hatte nur einen Sohn: III. 65. Hans auf Drenow, 1575, † 1599. Er wurde am 22. Februar 1575 zu Drenow belehnt (502). Dazu erwarb er Warnin. Hans Kleist zu Warnin schuldete a. 1591 der Stadt Belgard 100 1/2 M.566 Er starb am 15. September 1599 und ward am 30. Januar 1600 in der Kirche zu Schwellin, welcher er ein Legat von 50 Fl. vermacht hatte, beigesetzt. Seine Gemahlin Catharina von Hechthausen aus dem Hause Zarnefanz, mit welcher er in kinderloser Ehe gelebt, war bereits ein Jahr zuvor (1598) gestorben. Sie hatte der Schwelliner Kirche ein Legat von 25 Fl. vermacht. Des Hans Güter fielen an seine Vettern: Matthias (III. 66), Richard, Joachim und Carsten (III. 69—71). Joachims drei Söhne heißen: 1) Matthias, 2) Vincenz und 3) Bisprow (III. 66—68). III. 66. Matthias auf Damen, † c. 1607, Joachims ältester Sohn, ward am 22. Februar 1575 gemeinsam mit seinem Vater zu Damen belehnt (502). Im August des Jahres 1576 verklagten seine Vettern Lorenz (III. 60), Richard und Joachim (III. 69 u. 70), sowie Asmus (III. 76) und Consorten zu Damen den Matthias bei dem Hauptmann zu Neustettin Tessen Kl. (III. 75) und forderten seine Bestrafung, weil er einen Bauer daselbst erschossen. Der Hergang der Sache wird in der Klageschrift so dargestellt: Matthias ließ sein Vieh in das Hegegras der Bauern zu Damen zur Weide treiben. Die Bauern verbaten sich dies. Als dies trotzdem weiter geschah, trieb der Schulze mit seinen Beisitzern das Vieh aus dem Hegegras fort und pfändete 3 Haupt. Da fiel Matthias gegen Abend, in Begleitung von sieben und mehr Personen, welche mit Büchsen und Spießen bewaffnet waren, ins Dorf und ließ die Bauern vor sich erfordern, welche nichts in Fäusten hatten, und schoß auf dieselben mit 3 Büchsen „erbärmlich" zu, wobei er den Bauern und Schulzenbeisitzer Hans Göde „bitterlich" erschossen, daß er stracks todt geblieben, dem andern Beisitzer: Joachim Abraham aber eine gefährliche Wunde mit dem Knöbelspieß geschlagen und dem Schulzen ins Angesicht geschossen, daß ihm dasselbe schier verbrannt, wie auch der vorige Schulze Paul Abraham durch Matthias Kleists Bauern gleichergestalt erbärmlich erstochen worden war. — Unterm 4. September ej. a. ward ein Steckbrief hinter Matthias, der flüchtig geworden, erlassen (512). Zwei Jahre darnach bat Matthias um Geleitsbrief gegen seine Vettern in Damen, stellte eine Caution von 1000 Rtlr. und beteuerte seine Unschuld. In Folge dessen wurden die Steck- und Haftbriefe am 31. Mai
565
(...Fortsetzung) um eine Schwester von Richard und Jochim handelt. Landesarchiv Greifswald Urkunde Rep. 2 Privata Nr. 727 (2008) 566 Unterm 6. Juni 1592 klagte er von Warnin aus gegen Jochim Schmeling zu Streitz in pto. debiti von 200 Fl. Im Jahre 1593 kaufte sein Vetter Carsten (III. 71) das Gut Zeblin und erbat darüber Lehnbrief und gesamte Hand für seine Brüder und Vettern, unter welchen auch unser Hans genannt ist.
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1578 cassiert (521).
567
Bei der General-Kirchenvisitation in Damen, welche am 29. Juni 1591 abgehalten wurde, war Matthias mit Lorenz, Asmus und „Reichardt", den Kleisten zu Damen, als Mitpatron gegenwärtig. Bei der Belehnung am 27. März 1601 aber war er krank und bevollmächtigte seinen Sohn Dubschlaff auf Damen zur Huldigung (546 b und 547). Am 6. Mai 1608 ward bereits Dubislaff, sel. Matthias Sohn, belehnt.568 Der Vater war also zuvor, c. 1607, wie die Stammtafel richtig sagt, gestorben.569 Aus seiner Ehe mit Sophia von Manteuffel, des Joachim v. M. auf Pribbernow und der Magdalena v. Oldenburg Tochter,570 stammen zwei Söhne: 1) Dubislaff und 2) Vincenz (III. 123 und 124), sowie eine Tochter Maria. Letztere war zweimal verheirathet: a) mit Peter von Wolde auf Wusterbarth. Der Ehevertrag ward am Abende des Martinstages 1587 geschlossen, wonach sie als Brautschatz 2000 Rtlr. erhielt, Witwe seit 1611; — b) mit Marcus von Puttkamer auf Poberow. Im Jahre 1622 war sie zum zweiten Male Witwe. In diesem Jahre klagte sie von Stolp aus, wo sie ihren Aufenthalt genommen, gegen ihren Bruder Dubislaff: 1) in puncto Valentin Manteuffels zu Broitz (ihres Mutterbruders) Erbschaft von etlichen tausend Thalern, daran sie mit ihrem Bruder Dubislaff zum dritten Teile berechtigt war; 2) wegen ihrer Aussteuergelder und was sie von ihrer beiden Ehemänner Gnadenjahr „erobert"; 3) was Dubislaff ihr von ihrem Gold und Silber, Kleidern et c., „Inhalt ihrer Designation vorenthoben"; — und 4) wegen des Vatererbes und ihrer Alimentation. Im Jahre 1628 bot ihr Dubislaff auf ihre Alimente das Gut Kieckow an; sie wollte es aber nicht nehmen, „da ich nunmehr ein abgegrämt, ungesundte Fraws bin, daß Ich solch ein Guth nicht vorstehen, auch nicht wissen kann, wovon ich daselbst alimentiert werden solte; ich kann mich in diesem Kriegswesen auff solch ein Guth auch nicht begeben, kann auch wegen Schulden von Stolp nicht fort. " In jener Zeit hatte sie überdies in ihrem „Losament" zu Stolp Einquartierung von Kaiserl. Soldaten. Im Jahre 1630 bot Dubislaff ihr das Gut Kieckow von neuem an. Sie schrieb jedoch noch beweglicher, als das erste Mal: „Ich bin eine schwache Frawensperson, auch abgegrämt und Leibes unvermögend geworden, daß Ich solch ein ledig und wüstes gemachtes Guth nicht vorstehen kann, auch nicht vermögend bin, solches wieder einzurichten, würde allda elendiglich versterben, ferner Hunger und Kummer ausstehen müssen, weil in dem Gute weder zu beißen noch zu brechen ist; ja wenn ich mich vom Tode erretten sollte, wüßte ich nicht so viel Zehrung und Fuhrlon aufzubringen, daß ich dahin reise, viel weniger etwas zu schaffen, wovon ich in solchem ledigen Gute mich erhalten solte, denn ich auch nunmehr, salva reverentia zu melden, kein Bette oder Kleider habe. " Sie bat nochmals dringend um die rückständigen Alimente, im Betrage von 337 1/2 Fl., da sie trotz Vertrag in 4 1/2 Jahren keine Alimente erhalten hatte. Am Schlusse des Briefes aber sagt sie ganz offen: „Ich habe kein beständiges Losament 567
Nach dem Verzeichnis der Lehnpferde de a. 1583 hatte er von seinem Anteil an Damen 1 Lpf. zu halten (633). Im Jahre 1585 meldete er den Tod seines Vaters in Damen, erhielt am 7. Mai ej. a. Muthzettel und ward 13. März 1588 belehnt. Am 7. Dezember 1587 war Matthias zu Damen Bürge für Richard Kl. (III. 69) ebendaselbst, 568 Urkunden 563 a, 564 und 565. 569 Irrtümlich melden die Familien-Nachrichten, daß Matthias noch bei dem Tode seiner Enkelin Sophia Maria am 9. März 1622, in einem Alter von über 80 Jahren, gelebt hätte. 570 Eltern gemäß Familiengeschichte v. Manteuffel, Nachkommen des Christoph v. Manteuffel auf Pribbernow (Linie Bayern/Eifel), Peter Zoege v. Manteuffel, 2012. In der 1. Auflage: des Christoph von Manteuffel auf Broitz und der Anna von Mellin auf Batzwitz Tochter. Angaben zum Namen des Bruders wie in der Familiengeschichte v. Manteuffel. (2012)
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mehr und muß so armsehlig leben, daß es einen Stein erbarmen muß, ja ich habe mit Verlaub zu melden, kein Kleid offen Leibe, daß ich nicht in die Kirche gehen kann etc . " Als die Pest in Stolp „gar sehr" grassierte, ist die Witwe im August 1630 daselbst gestorben und ward in der dortigen Pfarrkirche begraben. Sie hatte zuletzt bei dem Notar Gabriel Lebantius zu Stolp gewohnt, der sie in sein Losament genommen und ihr Unterhalt gegeben. Nach ihrem Tode meldete der Notar allerhand Forderungen bei Dubislaff an, wegen der hinterlassenen Schulden der Witwe. III. 67. Vincenz (Venz), † vor 1585, Joachims anderer Sohn, starb ohne Erben noch vor seinem Vater, d. h. vor dem Jahre 1585. III. 68. Bisprow, † vor 1585, Joachims jüngster Sohn, ward Herzog Barnims Hofdiener und starb unverheirathet, noch vor seinem Vater († 1585), da er nach Dänemark geschickt worden. Von Joachims drei Söhnen hatte also nur der älteste: Matthias männliche Erben. III. 123. Dubislaff auf Damen und Zarnekow, Landrat, † nach 1664, des Matthias älterer Sohn, wurde am 27. März 1601 bevollmächtigt, für seinen kranken Vater zu huldigen (547); desgleichen am 19. April 1605 (553). Im Jahre 1608 war sein Vater bereits todt und Dubislaff wurde am 6. Mai genannten Jahres mit Damen belehnt (563 a, 564 und 565). Bei der Musterung am 22. April 1613 fungierte er als Vertreter der gesamten Familie (575). Am 22. August 1615 war er Zeuge der Ehestiftung zwischen Asmus Kleist zu Raddatz (IV. 17) und der Anna von Wolde auf Wusterbarth (580). Bei der Belehnung am 26. September 1618 wird als sein zweites Gut: Zarnekow angegeben (585 u. 586); desgleichen bei der Belehnung am 28. September 1621 (594). Außerdem befaß er Kieckow, welches er unterm 15. Juni 1623 mit zugelegten vier Bauerhöfen in Krössin, auf 6 Jahre zu 200 Fl. verpachtete; ferner einen Anteil in Drenow, Kowalk, Schmenzin, Lindenhof, Gramenz, Gr. Dubberow, Döbel und Muttrin.571
571
Bei der Musterung der Lehnpferde am 29. Juni 1626 protestierte Dubislaff, zugleich im Namen seiner Vettern, gegen den Vorritt der Podewilse (604) Laut Urkunde de a 1627 versteuerte er in Gramenz 1 Hufe und einen Kossäthen (605). — Nach der Matrikel vom 17. Januar 1628 hatte er im Ganzen 37 Hufen zu versteuern (6 Hufen mangelten), 2 Kossathen, 1 Muller, 3 Schäfer und 2 Schäferknechte (606). — In Gemäßheit der Matnkel vom 9. Juni ej. a. besaß er in Zarnekow 8 Hfn, worunter 6 Ritterhufen, in Drenow 2 Hfn. und in Kl. Krössin 9 1/2 Hfn. (Fortsetzung...)
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Nach der Revision des Belgard'schen Quartieres im April 1645 befaß er in Gr. Dubberow ein Höfchen aus 6 steuerbaren Hufen bestehend, ehemals zwei Bauerhöfe, in Kl. Krössin einen besetzten und zwei wüste Bauerhöfe, in Zarnekow eine Schäferei mit Bauerhof und Caspar Kleists (III. 164) Pfandhof, auf Lindenhof eine Schäferei, in Schmenzin wegen Zabel Versen einen wüsten Hof mit 1/2 Hufe, in Kowalk einen Bauerhof; außerdem dienten ihm daselbst ein Bauer und ein Kossäth; in Damen hatte er seit 1627 31 Hufen zu versteuern, ferner zwei Kossätheu, 1 Hufe wegen Magnus Glasenapp und 1/2 Hufe wegen Zabel Versen, im Dorfe einen besetzten Bauerhof und einen Kossäthen, in Döbel fünf Bauerhofe und in Muttrin zwei Bauerhöfe (623). Im Jahre 1654 wird er hinterpommerscher Landrat genannt und als seine Güter werden Damen, Zarnekow und Lindenhof angegeben.572 Unterm 3. April 1661 verkaufte er Kieckow, nachdem er einen Anteil an Gr. Dubberow geerbt; letzteren verkaufte er am 13. Mai 1664 für 1200 Fl. an Bernd Münchow, die Wiese auf dem Damenschen Felde, welche D. dem gegenwärtigen Verwalter Marten Kleist zugelegt, ausgeschlossen; im Ganzen waren es 6 steuerbare Hufen (639). In der bez. Urkunde wird er gleichfalls Landrat genannt. Dieses Amt verwaltete er bis zu seinem Tode, welcher bald nach 1664 erfolgte. In seinen jüngeren Jahren war Dubislaff wiederholt bei Hofe in Stettin gewesen, hatte auch den Leichenbegängnissen einiger Herzoge beigewohnt. Bei der Begräbnisfeier Herzog Barnims XI. am 18. Oktober 1603 befand er sich unter den 24 Fackelträgern. Am 26. Mai 1617 trug er eine der 12 Fackeln neben dem Sarge Herzog Georgs III. und am 19. März 1618 ging er als Fackelträger neben dem Sarge Herzog Philipps II. — Seine Gemahlin Ilse von Brünnow, des Georg von Brünnow auf Quatzow und Poppel und der Sophia von Glasenapp aus Gramenz Tochter, lebte höchst unglücklich mit ihm. Es wird berichtet, daß er sie „nobel tractiret, so daß sie oftmalen wegen der blau geschlagenen Augen nicht in die Kirche kommen konnte. " Dieser Ehe entstammen drei Söhne: 1) Matthias (III. 197.), 2) Ewald (III. 198.) und 3) Georg Friedrich (III. 199.), die beiden letzten starben jung, außerdem eine Tochter Sophia Maria, geboren 22. Januar 1605, welche, noch nicht 14 Jahre alt, den Hofgerichts-Verwalter Wilhelm Kl. auf Muttrin und Dubberow, Kanzler und Dekan des Stiftes Cammin (III. 133), am 13. September 1618 heiratete, und am 9. März 1622 in den Wochen starb. Die Familien-Urkunden berichten noch von Dubislaff, daß er „zwar glücklich gewesen, weil er Vater zweier wohlgeratener Kinder war (zwei Söhne waren ganz jung gestorben), aber unglücklich, weil er beide überlebte und mit ihm seine Linie ausstarb. " Seine Lehngüter fielen an den Churf. hinterpommerschen Landrat Joachim auf Zeblin (III. 70). Dubislaffs jüngerer Bruder:
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(...Fortsetzung) (607). Am 10. Juni 1629 unterschrieb er, als zur Belgarder Ritterschaft gehörig, die Urkunde, laut welcher Daniel Kl zu Damen zum Direktor des Belgard'schen Quartieres erwählt war (609) Unterm 9. Januar 1630 wurden ihm 11 1 /2 Hufen wegen Sandschadens gelöscht (610). 572 In einer Urkunde des Jahres 1653 wird Dubislaff, auf Lindenhof erbsessen, als einer der Ober-Provisores der Kirche zu Schwellin bezeichnet. — Im November 1656 war er auf Lindenhof sehr krank; er meldet:,, Ich habe fast bei 14 Tage groß Wehe an dem Halß, an dem Rucken entlaugt durch alle Glieder, daß ich fast mir nicht regen kann, halte es dafür, daß es die Gicht sein wird, und von bösem Geblute herrühren wird, kann es nicht lange erdulden, habe derohalben nach Belgard geschickt und will mir Kopffe setzen lassen. " Nach der Musterung vom 25. April 1655 hatte er von seinem Anteilgute Damen 1 Lpf. zu gestellen (632). Unterm 8. Mai ej. a. übergab er im Namen seiner abwesenden Vettern wegen der im Jahre 1583 von Damen über den Anschlag prasentlrten 2 Lehnpferde; es waren damals 8, anstatt 6 Lehnpferde von Damen gestellt (633). Seine Güter waren: Anteil Damen, Zarnekow, Lindenhof, Kieckow und Groß-Dubberow (667)
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III. 124. Vincenz (Venz) war lange vor ihm ohne Erben verstorben. Von Dubislaffs drei Söhnen wuchs, wie gesagt, nur Einer und zwar der älteste heran und gelangte zu hohen Würden. Sein Name ist: III. 197. Matthias auf Damen und Lindenhof, Geh. Rat und Landvoigt zu Greifenberg, geb. 1602, † 1637. Er war am heiligen Ostertage (4. April) 1602 geboren. Die Familien-Urkunden berichten über ihn Folgendes: „Matthias Kl. ist 1602, 4. April, am heil. Ostertag geboren, und als eine sonderbare indoles und ingenii vigor bei ihm verspüret worden, ist er zum Studiren gehalten; nachdem er ex domestica disciplina genommen und sich zu Belgard in den Schulen 3 Jahre aufgehalten, hat er sich 1615 in das Fürstl. Stettin'sche Pädagogium begeben, woselbst er 2 Jahre subsistierte und unter des Herrn Magister Christophori Hunnichii Information seine fundamenta philosophica wohl geleget, und in studio oratorio et disputationibus tam in opponendo quam respondendo sich fleißig geübet. Anno 1617 ist er auf die Universität Jena verschickt und daselbst 6 Jahre gehalten worden, da er sich denn auf die Jura mit Ernst geleget und in unterschiedlichen Collegiis politicis et juridicis sich exerciret und daselbst a. 1620 unter des Doctoris Ortolphi Tormanni praesidio eine Disputation de emtione et venditione cum applausu öffentlich gehalten.573 A 1624 hat er sich auf die Universität zu Rostock begeben, da ihn der weitberühmte Ictus Dr. Thomas Lindemann nicht allein an seinen Tisch genommen, sondern auch lieb und werth gehalten, also daß er mit demselben allerwegen von hohen, wichtigen Sachen discuriret, auch wie die Münz - Steigerung aller Orten einen ziemlichen Abfall genommen, unter wohlvermeldeten Doct. Lindemanni praesidio eine herrliche Disputation de vera et genuina mutui et imprimis nummi essentia gehalten und darinnen artificiose die meisten contraversias monetarias discutiret und decidiret.574 — Anno 1626 hat er sich wegen der Pest von dannen nach Stettin begeben, da denn der hochsel. Landesfürst Bogislav XIV., weil er von seinen Qualitäten gehört, ihn anfangs in der fürstl. Kanzlei zum Referendario, alsbald darauf 1627 für einen Hofrat bestellet und angenommen. Im selbigen Jahre hat er sich mit Jungfrau Dorothea Puttkamer, Herrn Peter Puttkamer auf Vietzkow nachgelassenen Tochter (welche ihm aber des folgenden Jahres durch den Tod wieder von der Seite gerissen), vermählet und mit derselben eine Tochter, Namens Dorothea, gezeuget. Im Jahre 1629 ist er von Sr. Fürstl. Gnaden nach Leipzig auf den Kreis- und Probations-Tag verschicket, 573
Theses de emtione et venditione ... / [Praes.:] Ortolf Fomann. [Resp.:] Matthias Kleist eq. Pomer. - Jenae, 1621, Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek In der 1621 erschienenen Hochzeitsschrift Vota Gamica Solemni Nuptiarum Festivitati Viri Praestantißimi ac Doctißimi, Dn. Joannis Caspari Guttichi, I.U. Candidati dignissimi Sponsi, Ut Et ... Catharinae, Viri ... Tobiae Steinmanni, Civis, Ac Senatoris, ut & Typographi Ienensi spectatissimi, filiae Sponsae: V. Februarii anno MDCXXI. Ienae celebrandae stammt ein Beitrag von ihm. Ebenso in der Gelegenheitsschrift Carmina Gratulatoria summis honoribus Viri Clarißimi & Consultißimi M. Martini Bernhardi Crosna-Siles.: Qui Ipsi Rectore ... Dn. Wolfgango Werthero Mülpfort I. U. D. in alma Salana Professore, ... dignissimo. Ienae ad diem XI. Mart. solenniter conferebantur, Ienae : Typis Beithmannianis, 1622 (2007) 574 De vera et genuina mutui et imprimis nummi essentia ... respondente Mathia Kleist. Habebitur disputatio in acroasi maiori, Mensis Februarii, Rostochi[i] : Pedanus, 1624 (2007)
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da er denn wegen seiner Verrichtung solche Relation abgestattet, daß er je und allerwegen von seiner hohen Herrschaft gnädig angesehen worden, gestalt er dann im selbigen Jahre am 16. September pro Direktore Consistorii, und 4 Jahre hernach a. 1633 im Juli für einen Geheimbten Rat bestellet, in welchen hohen Officiis er sich dermaßen getreu, fleißig, hochvernünftig und sorgfältig erwiesen, daß er immer mehr favorem Illustrissimi provociret. In welchem Jahre er auch im Augusto wegen ganz wichtiger und dem Vaterland hochangelegener Sachen in's Königreich Schweden geschickt, und mit solcher dexterité das ihm aufgetragene negotium verrichtet, daß Se. Fürstlichen Gnaden ein gnädiges Gefallen daran getragen. A. 1634 ist er ad secunda vota geschritten und hat sich mit Jungfrau Ursula Lucretia von Eickstedten, Herrn Jürgen Christoph von Eickstedt auf Eickstedt Tochter, den 9. Februar öffentlich copuliren lassen, hat aber auf Fürstl. Befehl, nebst Herrn Philipp Horn und Herrn Sylvester Braunschweig, resp. Fürstl. Pomm. Präsidenten und Kanzler, am 3. Tage nach der Hochzeit zu dem vornehmen Evangelischen Convent zu Frankfurt a. M. verreisen müssen, auf welchem hochwichtigen und schweren Convent und damals gefährlichen Reise die Herren Abgeordneten gegen drei viertel Jahr zugebracht, ehe sie wieder zu den Ihrigen gelangen können. Sonsten hat er seine dexterität und sonderbaren Fleiß in Abschickung an den churf. Brandenburgischen Hof, wie auch an den Kaiserlichen General vor Stralsund zur Genüge verspüren lassen. A. 1636 ist er für einen Landvoigt zu Greifenberg und Hauptmann zu Wollin, wie auch in selbigem Jahre bei dem ehrwürd. Capitel zu Cammin zum Thesaurarius installiret und bestellt worden,575 welchen hohen Dignitäten und Officiis er mit hohem Nachruhm vorgestanden und die dabei vorgefallenen Landtage er unverdrossen abgewartet. In Justizsachen hat er einem Jeden unverzüglich Recht, ohne Ansehung der Persohn, erteilt, über rechtmäßige Verordnung gehalten, und so viel bei den damaligen betrübten Zuständen möglich gewesen, einem jeden gern geholfen. Ist anno 1637 den 27. Dezember zwischen 9 u. 10 Uhr zu Alten-Stettin, seines Alters 35 Jahr 8 Monat 3 Wochen und 2 Tage selig gestorben, und den 10. April 1638 daselbst in der Marien-Stifts-Kirche beigesetzt worden." Vorstehendem Lebensbilde fügen wir aus zerstreuten Urkunden noch ein Weniges hinzu: Zur Vollendung seiner Studien stand Matthias Kl. im Genusse des Pumlow'schen Stipendiums. Am 6. Mai 1625 nahm er unter Herzog Bogislavs Land- und Hofräthen an dem Leichenbegängnisse des Herzogs Philipp Julius zu Wolgast teil; er ging vor der Fürstl. Witwe Anna von Croy, gebornen Herzogin von Pommern. In dem genannten Jahre hatte ihm sein Vater bereits die Damen'schen Lehne: Damen c. p. und Lindenhof abgetreten. Im Jahre 1628 hatte er zu Döbel 7 Hufen zu versteuern (607). A. 1629 wurde er mit 13 1/ 2 Hufen und zwei Kossäthen vom Belgard'schen zum Polzin'schen Quartiere verlegt. Nach einer Urkunde des Jahres 1630 meldete Matthias als Fürstl. Hofrat und Direktor des Consistoriums, daß ihm aus seinen zwei Bauerhöfen zu Muttrin in der geübten Plünderung der Kaiserl. Soldaten: 6 junge Stuten à 20 Fl., 2 jährige Hengstfüllen à 10 Fl., 4 pflugstarke Ochsen = 48 Fl., 4 junge Ochsen = 40 Fl., 5 Milchkühe und 3 belaufene Stärken à Haupt 8 Fl. und eine Kuh à 9 Fl. weggenommen wären. Den ganzen Schaden berechnete er auf 479 Fl. In einer Eingabe vom 19. Januar 1631 bat er den Herzog, da er „nunmehr eine geraume Zeit, sowvoll im Fürstl. Hofgerichte und geistlichen Consistorio et c. getrewlich ofgewartet", bei den schlechten Zeiten 575
Staatsarchiv Stettin, die Akten des Domkapitels Cammin enthalten für das Jahr 1636 folgenden Vorgang: Mathias v[on] Kleist contra Christoph v[on] Zastrow in po praelationis am Dekanat. (2012)
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aber den „verschriebenen geringen Unterhalt" nicht bekommen, vielmehr von dem Seinigen zugesetzt habe, ihm ein „Angefüll" zu verleihen, wozu er Stolzenburg und einige andere Güter vorschlägt. Herzog Bogislav XIV. erteilte ihm und seinem Collegen, dem Hofrat Marx von Eickstedt, sofort unterm 24. Januar ej. a. die erbetene Anwartschaft (611). Am 3. Januar 1633 belehnte der Herzog den Fürstl. Hofgerichtsrat und Direktor des Consistorii Matthias Kl. zu Damen mit zwei Hufen in Vangerow, nachdem die Besitzer derselben, Reimar und Otto von Büssow, als letzte Nachkommen ihres Geschlechts verstorben waren. Er aber verkaufte 'diese zwei Hufen am 5. Dezember 1634 für 1200 Fl. erblich seinem Vetter Alexander von Herzberg in Lottin.576 1636 war er auch zum Amtshauptmann von Wollin ernannt worden, um das heimgefallene Amt Wollin für den Herzog zu übernehmen. Er beklagte sich über den Zustand, den er vorfand.577 Als am 9. Mai 1637 die pommerschen Landstände eine Interims-Regierung bestellten, hat Matthias Kleist seine gewichtige Stimme mit in die Waagschale gelegt und die betreffende Urkunde durch seine Unterschrift mit vollzogen. Seine erste Gemahlin Dorothea von Puttkamer, des Peter von Puttkamer auf Vitzke, Marsow und Gershagen und der Anna von Below aus Peest und Dubbersin älteste Tochter, vermählt 1627, starb bereits 1628 gleich nach der Geburt einer Tochter, und ward am 28. Juli ej. a. in der Marienstifts-Kirche zu Stettin begraben. Die Tochter Dorothea, geboren 15. Juli 1628, starb 18. Dezember 1647, ward mit 15 Jahren am 23. Juli 1643 die erste Gemahlin des Lorenz Christoph von Somnitz, Geh. Rats, Kanzlers und Erbkämmerers in Hinterpommern, Oberhauptmannes der Ämter Lauenburg und Bütow auf Speck, Gerberow, Drenow, Grumbsdorff, Massow, Stepen und Bretz (geb. 30. Sept. 1612, † 16. Febr. 1678 zu Nimwegen). Seine andere Gemahlin Ursula Lucretia von Eickstedt, des Jürgen Christoph von Eickstedt auf Eickstedt und der Catharina von Holzendorff aus dem Hause Cöthen und Sydow zweite Tochter, ward am Sonntage Sexagesimae (9. Februar) 1634 ihm kirchlich angetraut. Diese zweite Ehe blieb kinderlos. Nach seinem Tod heiratete sie Friedrich von Polentz auf Pachollen.578 Da die beiden jüngern Brüder von Matthias, Ewald und Friedrich Georg (III. 198 u. 199), bereits in früher Kindheit gestorben, so ist der Damen-Zarnekower Seitenzweig mit dem unbeerbten Tode Dubislaffs, welcher seine drei Söhne beinahe 30 Jahre überlebte, erloschen.
576
Brügg. III, 773. In vier Urkunden der Jahre 1633, 35 und 36 ist Matthias unter den Herzogl. Räten als Zeuge von Belehnungen fürstlicher Vasallen genannt. (Vergl. Urkunde 617. ) Micraelius nennt den Matthias, Buch V S. 251, einen „vornehmen Mann". 577 Die Insel Wollin und das Seebad Misdroy, Georg Wilhelm von Raumer, Berlin 1851, S. 214 (2013) 578 Eheg. Elbing 21. Juni 1639. Geheimes Archiv Königsberg, Confirm. und Consense, Sammlung von Ehestiftungen und Leibgedingsbriefen ritterschaftlicher Geschlechter der Provinzen Sachsen, Brandenburg, Pommern und Preußen, Georg Adalbert von Mülverstedt, Magdeburg 1863, S. 307 (2010)
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Wir geben die Stammtafel von:
Der Damen-Nemmeriner Seitenzweig welcher von Georg auf Damen (III. 35) entsproßt ist, hat etwa nur ein halbes Jahrhundert länger, als der eben beschriebene geblüht. Georg hatte drei Söhne: 1) Richard, 2) Joachim und 3) Carsten (III. 69—71). III. 69. Richard auf Damen und Nemmerin, † c. 1604, Georgs ältester Sohn, wurde am 22. Februar 1575 mit seinen jüngern Brüdern zu Damen belehnt (502). Im folgenden Jahre meldeten Richard und sein Bruder Joachim der Jüngere, desgleichen Lorenz (III. 60) und Asmus zu Damen (III. 76), daß Matthias (III. 66) etliche ihrer Bauern thätlich angefallen und einen derselben „erbarmlich" erschossen hätte (512), welches Vorfalls bereits in des Matthias Lebensbeschreibung ausführlich gedacht worden ist. Im Jahre 1580 mutheten die Gebrüder Jochim der Jüngere und Carsten, wobei sie aussagten: „Unser Vater Jürgen ist etwan vor 20 Jahren gestorben, die Güter sind auf unsern ältesten Bruder Richard und uns vererbt; dieser hat sie bisher in Verwaltung gehabt und die Lehne empfangen bei der allgemeinen Huldigung, wir waren damals noch unmündig, auch nicht innerhalb Landes, sind neulich allererst aus fremden Landen gekommen et c. " Unterm 6. Dezember ej. a. ward ihnen Muthzettel erteilt. Laut Urkunde vom 7. Dezember 1587 kaufte Richard zu Damen von seinem Bruder Carsten dessen Gutsanteil für 3000 Fl. Dafür hatte er jährlich 500 Fl. bis zum Jahre 1592 zu entrichten. Die Kirchen- und Pfarr-Matrikel von Damen (29. Juni 1591) hat „Reichardt Klest" als einer der vier Patrone von Damen unterschrieben. Als sein jüngster Bruder Carsten a. 1593 Zeblin gekauft hatte, so bat derselbe um Lehnbrief und gesamte Hand auch für seine Brüder Richard und Jochim. Am 27. Mai 1601 wurden die drei Gebrüder mit Damen, Nemmerin und Zeblin belehnt (546 b und 547). Unterm 5. April 1604 wurde die gesamte Hand für Jochim, Carsten und ihre unmündigen Bruderkinder erteilt, und am 19. April 1605 wurden Richards Söhne belehnt (553). Der Vater war also zuvor, wohl zu Anfang des Jahres 1604, gestorben. Seine Gemahlin Eva von Rosen aus Preußen hatte ihm drei Söhne: 1) Jürgen, 2) Joachim und 3) Christian
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(III. 125—127) geschenkt. III. 70. Joachim auf Nemmerin und Warnin, Fürstl. Geh. Rat, † c. 1632, Georgs anderer Sohn, war bei der Belehnung am 22. Februar 1575 noch unmündig und abwesend in fremden Landen. Im darauf folgenden Jahre befand er sich wieder daheim (512).579 Joachim erwählte zu seinem Stammsitz Nemmerin; außerdem besaß er Anteile an Drenow und Warnin, erhielt auch die gesamte Hand an Zeblin.580 — Die Kirchen-Matrikel von Damen (29. Juni 1591) hat Joachim Kl. zu Nemmerin als Mitpatron unterschrieben. Joachim Kl. war ein geistig bedeutender Manu, der in die Politik des Vaterlandes wiederholt mit Rat und That kräftig eingegriffen und den pommerschen Herzogen in den damals verwirrten und schwierigen Zuständen des Landes wesentliche Dienste geleistet hat. Fast an 30 Jahre hindurch hat er seine reichen Gaben und Kräfte dem Dienste und Wohle seiner Fürsten und seines Vaterlandes gewidmet. Am 18. Oktober 1603 nahm er an dem Leichenbegängnisse Herzogs Barnim Xl. teil; er führte das Pferd hinter der neunten (Land Wolgast) Fahne. Barnims Nachfolger war Bogislav XIII., „der biederste, frommste und tadelloseste" unter den Söhnen Philipps I. Mit bangen Gedanken übernahm er, fast 60 Jahre alt, die Regierung. Auf dem Landtage, welcher noch in demselben Jahre in Stettin zusammentrat, 29. November 1603, erklärte sich Bogislav XIII. bereit, den gehäuften Beschwerden der Stande abzuhelfen. Die Landräthe, einen Ausschuß der Stande, hatte Herzog Johann Friedrich beseitigt, da sie ihm unbequem waren; anstatt ihrer hatte er sich mit Kammerräthen umgeben, welche ihm stets zu Willen waren. Ohne die Landstände, welche bis zum Anfange des 15. Jahrhunderts nur aus der Ritterschaft und den Städten, seit jener Zeit aber aus „Prälaten, Mannen und Städten bestanden, durften wichtige Landessachen nicht beraten und beschlossen werden. Da jedoch die Landstände nicht immer versammelt sein konnten, so bildete sich allmälig die Praxis, daß für die dauernde Wahrnehmung ihrer Gerechtsame ein eigener ständischer Ausschuß bestellt wurde. Dieser tritt seit dem Anfange des 15. Jahrhunderts hervor, und wurde bei allen wichtigen Regierungs-Handlungen zu Rate gezogen. Er hieß „der gemeine Rat", in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde dafür der Titel „Landrat" üblich, die Mitglieder wurden Landräthe genannt.
579 Im Jahre 1580 gab er mit seinem jüngeren Bruder Carsten an, daß sie neulich allererst aus fremden Landen gekommen; sie erhielten am 6. Dezember ej. a. Muthzettel, desgl. 4. Dezember 1585, sowie 14. April 1586 und wurden 13. März 1588 zu Belgard belehnt. Joachim war am 7. Dezember 1587 Zeuge des Verkaufes von Damen c an seinen älteren Bruder Richard. 580 Bei dem Ankauf von Zeblin Seitens seines jüngern Bruders Carsten am 7. September 1593 verbürgte er sich für die prompte Zahlung der Kaufsumme von 9500 Fl.; er erhielt auch die gesamte Hand an Zeblin. Unterm 27. März 1601 ward er mit Nemmerin belehnt (546 b und 547); in den Jahren 1604 und 5 wurde er von neuem belehnt (554 und 555 ). In dem Lehnbriefe vom 6. Mai 1608 werden Nemmerin, Zeblin und Drenow als seine und seines Bruders Carsten Güter angegeben (563 a und b, 564 und 565). Am 26. September 1618 wurden die Gebrüder Landrat Jochim und Landrat Carsten Kleist mit Nemmerin, Warnin, Zeblin und Drenow belehnt (585 und 586). Unterm 28. September 1621 ward Joachim mit Nemmerin, Warnin und Drenow belehnt (594). Am 16. Juni 1614 war er Zeuge bei dem Abschluß des Erbrezesses der Gebrüder Pribeslaff, Marten und Jacob Kl. (III. 144—146) wegen der Güter Kowalk und Dimkuhlen c, p. (579); desgleichen war er Zeuge der Ehestiftung zwischen Asmus Kl. zu Raddatz (IV. 17) und der Anna von Wolden aus Wusterbarth (580). Im Jahre 1624 fungierte er als Vormund der Söhne Jacobs (III. 103).
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Im 16. Jahrhundert, in welchem überhaupt der Hofadel ein überwiegendes Ansehn erhielt, verschwanden die Mitglieder des Landrats aus den Städten gänzlich. Als Bogislav auf dem genannten Landtage zu Stettin aufs neue gebeten wurde, die Landräthe wieder einzusetzen, so erfüllte er sofort den Wunsch seiner Stände. Im Landtags-Abschiede d. d. Stettin 5. Dezember 1603 ernannte er 13 Landräthe, jedoch nur aus den vornehmsten Adelsgeschlechtern. Sie waren: Stephan Heinrich Graf zu Eberstein, Ewald und Hans Heinrich von Flemming, Joachim von Wedell der Jüngere, Lorenz Wachholz, Henning Borcke, Claus Zastrow, David von der Osten, Damian Winterfeld, Jobst von Dewitz, Joachim Kleist zu Nemmerin, Georg Weiher und Tyde von der Zinne. Die Landräte mußten, so oft sie auf und außer den Landtagen zu Hofe verschrieben wurden, sich einstellen und zum allgemeinen Besten mitraten helfen. Sie waren der Fürsten Räthe in allen wichtigen Angelegenheiten; zu den Gerichtstagen wurden sie wechselweise erfordert, daher sie auch der Rechte kundig sein mußten; sie wurden zu Gesandtschaften und Commissionen gebraucht, zugleich aber waren sie auch Behüter und Vertreter der ständischen Freiheiten und Rechte; ohne Verantwortung durften sie zum Besten des Landes Erinnerungen machen. Stehende Besoldung ward ihnen nicht zu teil. Nur wenn sie von dem Fürsten zu Diensten verschrieben wurden, erhielten sie vom Hofe Speisung für sich und ihre Pferde. Traten sie im Auftrage und Namen der Stände zusammen, so wurden ihnen von diesen Zehrungskosten verabreicht. Nach kurzer Regierung starb Bogislav XIII. am 7. März 1606. Joachim Kl. folgte am 9. April ej. a. unter den Landräten dem Sarge seines Fürstl. Gebieters. Unter Bogislavs fünf Söhnen: Philipp, Franz, Bogislaff, Georg und Ulrich drohte ein Bruderzwist auszubrechen, weil der Vater keinerlei Bestimmung über die Verteilung des Erbes getroffen hatte. Mit Zuziehung der Landstände wurde die Erbschafts-Angelegenheit unter den fürstlichen Brüdern aber friedlich geordnet; einem jeden der Fürsten standen mehrere Räthe zur Seite, außerdem wurden mit gemeinsamer Übereinstimmung zu Unterhändlern ernannt: Hans Heinrich Flemming, Landvoigt zu Stolp und Schlawe als Direktor, Ewald Flemming, Landmarschall, Joachim von Wedelt zu Blumberg, Henning Borcke zu Woitzel, Jobst von Dewitz, Tyde von der Zinne, Damian Winterfeld, Caspar Otto Glasenapp und Joachim Kleist. Nach vielen Unterhandlungen, welche vom 25. August bis zum 2. Oktober 1606 währten, wurde vorläufig auf 8 Jahre ein Vergleich geschlossen, z u dessen Gedächtnis Philipp II., der älteste unter den Brüdern und Nachfolger des Vaters in der Regierung, eine goldene Denkmünze prägen ließ, welche auf der einen Seite zwei Hände, Füllhörner haltend, mit der Umschrift: „Una Salus Patriae Fratrum Concordia constans", auf der andern den Herzogshut, von einer Schlange umgeben, mit der Jahreszahl 1606 zeigte (Friedeborn III, S. 51—54). Als Herzog Philipp II. im Jahre 1607 sich mit Sophia, Herzogin von Schleswig-Holstein zu vermählen gedachte, ward auch der Landrat Joachim Kleist auf Nemmerin zum Sonntage Estomihi, zu dem bevorstehenden fürstlichen Beilager, zur Aufwartung mit drei reisigen Pferden und Zubehör verschrieben. Seine Lehnsvettern sollten ihm mit Zutat zu Hülfe kommen. Letztere weigerten sich dessen, so daß der Landrat Kleist klagen mußte, daß von den Kleists zu Damen, Muttrin, Kieckow, Kowalk, Voldekow und Schmenzin nichts geschehe. Einzelne erböten sich zwar zu geringen Beiträgen, doch betrage dies noch nicht ein ganzes Pferd; und ohne fünf Pferde könne er die Reife nicht machen; er sei vom Herzoge in kurzer Zeit mit mehreren beschwerlichen Reisen vielfältig beladen worden, wozu seine Vettern nicht das Geringste geleistet hätten; er habe jetzt auch „wegen dem Reitrocke und langen Stiefeln und sonsten" Schulden machen müssen. Er bat deshalb, den Säumigen durch den Belgarder Landreiter Execution androhen zu lassen. Dies geschah sofort und hatte den gewünschten Erfolg. Auf dem ersten Landtage, welchen Herzog Philipp II. zu Treptow a. d. Rega von Anfang Februar bis Ende März 1608 abhielt, wurde unter Anderm die Revision der Hofgerichts-Ordnung beschlossen. Unter den Commissarien, welche diese schwierige Aufgabe zu erfüllen hatten, wird auch der Landrat Joachim Kl. auf Nemmerin genannt. Im März 1613 traten, vom Herzoge Philipp II. einberufen, zur Revision und Beratschlagung des über die
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fürstliche Hofgerichts-Ordnung verfaßten Visitations-Abschiedes und etlicher zur Polizei gehörigen Punkte, einige Männer aus den Prälaten, der Ritterschaft und den Städten in Stettin zusammen. Diese waren: Curt Flemming, Landmarschall, Hans Heinrich Flemming, Dekan und Johann Chinow, Thesaurarius zu Cammin, Jobst von Dewitz, Richard Puttkamer, Andreas Borcke, Dubislav von Wedell, Jochim Kleist, Rüdiger von Massow, Friedrich von der Osten, Hans Billerbeck, Otto Rüdiger Glasenapp, Andreas Münchow und die Bürgermeister Alexander von Ramin zu Alt-Stettin, Thomas Mildenitz zu Stargard und Wulf Puttkamer zu Stolp. Es wurde beschlossen, daß die Beratungen dem bevorstehenden Landtage noch einmal vorgelegt und nach erfolgter Annahme publiciert und ins Werk gerichtet werden sollten.581 Die letzte Urkunde, in welcher des Fürstl. Geh. Rats und Landrats Joachim Kleist Erwähnung geschieht, datiert aus dem Jahre 1631. Er hat also noch die überaus schweren Zeiten des dreißigjährigen Krieges, den Baner'schen Ruin, welcher in den Ortschaften bei Belgard entsetzlich war, und vieles andere Schwere mitdurchlebt. Bald darnach starb er, c. 1632, wie die Stammtafel richtig vermutet.582 Der Geh. Rat von Kleist war zweimal verheiratet: a) mit Catharina von Paulsdorff, Eggerd Köllers Witwe, vermählt c. 1591. Im Jahre 1592 führte Jochim Kl., zu Nemmerin erbsessen, einen Prozeß wegen seiner Hausfrauen Aussteuer und gerichtlichen Deposition derselben contra Carsten Köller beim Kaiserl. Kammergerichte; b) mit Esther Maria von Podewils. In beiden Ehen blieb er jedoch unbeerbt. Am 26. Oktober 1658 war sel. Landrats Joachim Kleist auf Nemmerin nachgelassene Witwe Esther Maria von Podewils mit 40 Rtlr. Contribution im Rest. Sie wohnte zu Podewils und war laut Zeugnis von sechs adeligen Herren in Armut geraten. Es wurden ihr 4 Wochen Dilation gewährt. III. 71. Carsten auf Zeblin, Landrat, † 1620, Georgs jüngster Sohn, war nach Elzow zuerst Stallmeister beim Kurfürsten zu Heidelberg, darnach trat er in die Dienste des Königs von Dänemark.583
581
Wegner: Geschichte der Familie von Dewitz S. 271. Laut Matrikel vom 27. Januar 1628 hatte er zu Nemmerin 9 Hufen, einen Kossäthen, einen Müller und einen Schäfer zu versteuern und in Warnin 4 1/2 Hufen (606). In demselben Jahre beklagte er sich, daß die Patrone der Schwelliner Pfarre ohne sein Mitwissen einen neuen Pastor gewählt hätten. In der hierüber angestellten Verhandlung wurde er als Mitpatron anerkannt. Im Jahre 1629 ward Nemmerin vom Belgard'schen zum Polzin'schen Quartiere gelegt; am 9. Januar 1 630 wurden 2 1/2 Hf. gelöscht (610). Im November 1631 sagte Joachim zu Nemmerin aus, daß er einen Zadtkow'schen Unterthan hätte, welchem bei der Plünderung und dem Brandschaden in Muttrin am 23. August 1630 von den Kaiserl. Soldaten eine Kuh à 6 Fl. und 2 Pferde = 50 Rtlr. und ein silberner Frauenschmuck weggenommen wären. 583 Bei der Belehnung am 22. Februar 1575 war er noch unmündig und abwesend. Im Jahre 1580 sagte er aus, daß er „neulich allererst aus fremden Landen gekommen, " Er muthete mit seinem älteren Bruder Joachim am 6. Dezember 1580, 4. Dezember 1585 und 14. April 1586. Unterm 7. Dezember 1587 verkaufte er seinem ältesten Bruder Richard seinen Anteil am Gute Damen für 3000 Fl., welche bis 1592 an ihn abzuzahlen waren. Am 13. März 1588 ward er mit seinem Bruder Joachim belehnt; er war „vorhin in des Königs von Dänemark Dienst getreten, auch ihm noch vereidet. " — (Fortsetzung...) 582
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583
(...Fortsetzung) Die Kirchen-Matrikel von Damen (29. Juni 1591) hat er nicht mit unterschrieben, weil er nicht mehr Besitzer von Damen war. (Fortsetzung...)
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Nach seiner Heimkehr aus fremden Landen kaufte er unterm 7. September 1593 von Anselm Knuts Witwe und deren Kindern das Gut Zeblin mit dem Herrenhofe, der Schäferei, 12 Bauern und 2 Kossäthen für 9500 Fl. Für die Bezahlung der Kaufsumme verbürgte sich unter Andern sein Bruder Joachim. Der Herzog bestätigte den Verkauf am 24. September ej. a. (539). Noch in demselben Jahre bat Carsten um Lehnbrief und gesamte Hand für seine Brüder und Vettern zu Damen, Warnin, Nemmerin und Zeblin. Weil Zeblin aber zu den Gütern zählte, die dem Bischofe zu Cammin lehnpflichtig waren, so gehörte Carsten hinfort zum stiftischen Adel und ward im Stifte belehnt.584 Carsten Kl. war der Rechte kundig; ohne Zweifel hatte er in seiner Jugend studiert. So suchte er seine Kenntnisse und Gaben im Verwaltungsdienste des Stiftes zu verwerten. Am 16. Juni 1604 war er als Assessor des Lehngerichts in einer speziellen Sache tätig. In einer Urkunde des Jahres 1614 wird er zum ersten Male „Landrat" tituliert (579); er war bischöflich stiftischer Landrat.585 Unterm 26. September 1618 wurden die Gebrüder: Landrat Joachim und Landrat Carsten Kl. mit Nemmerin, Warnin, Zeblin und Drenow belehnt (594). Landrat Carsten wurde im folgenden Jahre (20. April 1619) mit Zeblin im Stifte belehnt (590 und 591). Im Lehnbriefe vom 26. September 1621 ist bereits sein Sohn Georg an seiner Statt genannt; der Vater war kurz zuvor gestorben.586 Am 24. Oktober 1622 sagte Georg, sel. Landrats im Stift Carsten Sohn, aus, daß er mit seines Vaters Bewilligung nach Böhmen in Kriegsdienste gezogen, nach dessen Tode aber von der Mutter zurückgerufen sei, sich eine Zeit lang hier aufzuhalten; er bat um Belehnung. In seiner Ehe mit Agnisa von Hechthausen waren dem Landrat von Kleist zwei Söhne: 1) Georg und 2) Joachim (III. 128 und 129), sowie zwei Töchter geboren: 1) Ursula, vermählt 1625 mit Philipp von Steinkeller auf Wipkenhagen und Rötzenhagen, Fürstl. pommerscher Stallmeister587, und
583
(...Fortsetzung) Unter dem 29. Juli 1591 ist ein Hofjunker Karsten Kleist in Kopenhagen erwähnt. Kancelliets brevbøger vedrørende Danmarks indre forhold, Band 9, L. Laursen, Kopenhagen 1908, S. 647 (2012) 584 So ward er im Jahre 1599 mit Zeblin im Stifte belehnt (551a u. 552a), ebenso am 27. März 1601 und 6. März 1603. Unterm 5. April 1604 genehmigte der Herzog die Bitte der Gebrüder Joachim und Carsten zu Damen, Nemmerin und Zeblin für sich und ihre unmündigen Bruderkinder und nächsten Vettern um gesamte Hand an allen Lehnen der Kleiste im Stift. — Am 12. Februar 1606 ward er mit Zeblin von neuem belehnt; sein Bruder Joachim erhielt gesamte Hand (563). Im Lehnbriefe vom 19. April 1605 ist auch Warnin als sein Lehngut bezeichnet (553). Seine Erben besaßen ferner 1/3 Drenow. In dem Lehnbriefe vom 6. Mai 1608 werden als seine und seines Bruders Joachim Lehngüter: Nemmerin, Zeblin und Drenow genannt (563 a und b, 564 und 565). Zusatz 2008: Er ist im Landschatzregister des Stifts Kammin der Jahre 1608, 1609 und 1610 aufgeführt (Urkundenbuch 2. Auflage 570a). 585 Bei der Kirchenvisitation in Curow am 19. September 1614 (Fürstl. Patronats) gab der Landrat Carsten Kl. auf Zeblin sich als Mitpatron an, weil ihm das Patronat in den Lehnbriefen verliehen worden. Unterm 19. Juni 1615 empfahl er von Zeblin aus seinen Candidaten R., welcher über zwei Jahre seine Kinderlein in den freien Künsten und göttlichem Worte unterrichtet, zum Pfarrer in Gr. Crössin, Syn. Neustettin. 586 2017: Im Landschatzregister des Stifts Kammin von 1620 ist bereits seine Witwe aufgeführt (592c). Er ist also spätestens 1620 gestorben. Die 1. Auflage nannte 1621 als Todesjahr. 587 Zeblin , 7. Februar 1625, Ehestiftung zwischen Philipp Steinkeller zu Wiepkenhagen und der Tochter des Stiftischen Landraths Carsten Kleist zu Zeblin und Drenow sowie dessen Frau Agnes geb. (Fortsetzung...)
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2)......, vermählt mit Stanislaus Torpowski, welcher in der Krone Polen wohnte und a. 1636 gegen Georg von Damitzen Erben in pto. debiti von 300 Fl. klagte, die seiner Frau in dotem zugeschlagen waren. Von Georgs drei Söhnen hatten also der älteste: Richard und der jüngste: Carsten männliche Erben. Richard hatte drei Söhne: 1) Jürgen, 2) Joachim und 3) Christian (III. 125—127). III. 125. Jürgen, † vor 1665, Richards ältester Sohn, wird zum ersten Male in dem Lehnbriefe vom 19. April 1605 mit seinen jüngern Brüdern Joachim und „Carsten" zu Damen genannt (553). Im Lehnbriefe vom 6. Mai 1608 werden sie als noch minorenn und abwesend bezeichnet (563 a und b). 588
Jürgens Name kommt in den Lehnregistern zum letzten Male am 29. April 1621 vor; in dem Verzeichnisse der Belehnten vom 26. September 1621 fehlt er bereits und kommt im Lehnbriefe vom 23. Oktober 1623 nicht mehr vor; er ist also in der Zeit zwischen dem 29. April und 26. September 1621 gestorben. Die Familien-Autoren berichten, daß er keine Lehnserben nachgelassen. III. 126. Joachim auf Nemmerin, † vor 1655, Richards anderer Sohn, wird in den Lehnbriefen vom 19. April 1605, 6. Mai 1608, 26. September 1618 und 29. April 1621 erwähnt. — Am 23. Oktober 1623 wurde er mit seinem jüngern Bruder „Carsten" belehnt. Letzterer ward unterm 7. Juli 1627 allein mit Damen belehnt. Joachim war also zuvor und zwar ohne Erben gestorben. III. 127. Christian auf Damen und Nemmerin, † nach 1654, Richards jüngster Sohn, wird in den Lehnbriefen vom 19. April 1605 und 6. Mai 1608 als minorenn, ferner in den Lehnbriefen vom 26. September 1618 und 28. September 1621 als abwesend bezeichnet. Unterm 23. Oktober 1623 ward er mit seinem älteren Bruder Joachim und am 27. Juli 1627 er allein
587
(...Fortsetzung) v. Hechthausen. Original auf Papier, 4 El. 3 aufgedrückte Siegel verloren 2 Unterschriften. Landesarchiv Greifswald, Rep 2 Privata (Akten des Hofgerichts Köslin), Nr. 906 (2008) 588 Am 26. September 1618 huldigten Jochim und Carsten (III. 7 0 und 71) auch für ihres Bruders Richard Söhne (585 u. 586). — Unterm 29. April 1621 huldigte Jochim zu Nemmerin gleichfalls für seines Bruders Richard Söhne (594). In dem Verzeichnisse der Belehnten vom 26 September 1621 ist nur Carsten, Richards Sohn, und zwar als abwesend genannt (593).
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belehnt (593). Seine Güter waren: Damen und Nemmerin, nebst Anteilen an Zadtkow und Warnin.589 In den Stürmen des dreißigjährigen Krieges litten dieselben gar sehr. Bei der Revision des Belgarder Kreises im April 1645 ward ausgesagt, daß Christian zu Damen von Alters her 16 Hufen, 2 besetzte Bauerhöfe in Damen und 2 in Zadtkow gehabt. Im Kriege waren 7 Höfe in Nemmerin und Damen verwüstet (623). Zum letzten Male wird Christian in der Urkunde des Jahres 1654 genannt. Bei der Musterung am 25. April 1655 wird er als tot angegeben (633). Seine Gemahlin Barbara Elisabeth von Kleist, des Christian auf Gr. Dubberow und Crolow und einer von Glasenapp aus Coprieven Tochter590 (?), hatte ihm drei Söhne: 1) Richard Christian, 2) Dubislaff Joachim und 3) Lorenz Heinrich (III. 200—202) und vier Töchter geschenkt: 1) Barbara Elisabeth, vermählt mit Georg von dem Borne auf Born. 2)....., vermählt mit von Paulsdorff. 3) Anna Sophia, vermählt mit Joachim Kl. auf Bolcko (III. 249); und 4) Agnise Christiane, vermählt mit Peter von Kl. auf Vietzow (III. 250). Von Richards drei Söhnen hatte also nur der jüngste: Christian männliche Erben; es waren ihrer drei: III. 200. Richard Christian auf Damen und Nemmerin, † vor 1714, Christians ältester Sohn, schloß in Damen am 16. Juni 1663 mit seinen Brüdern Dubschlaff Jochim und Lorenz Hinrich einen Vergleich wegen ihres väterlichen Erbes.591 Er besaß laut Angabe bei der Churfürstl. Erbhuldigung (9. November 1665) mit seinen beiden jüngern Brüdern gemeinsam ein Gut nebst 8 Bauern und 2 Kossäthen in Damen, auch ein Gut zu Nemmerin nebst 2 wüsten Bauerhöfen in Borntin, so ihm in pto. dotis zugeschlagen und vom sel. Otto Kleist zu Borntin (III. 283) herrührten und seinen Erben zu reluiren freistand (640 u. 662).592 Im April 1705 besaß er in Zadtkow Alles, was Werners (II. 143) Vorfahren als Pertinenz von Dubberow
589
Laut Steuer-Matrikel vom 17. Juli 1628 versteuerten Richards Erben zu Damen 16 1/2 Hfn., einen Kossäthen, einen Müller, einen Krug und einen Schäfer (606). Am 9. Juni ej. a . hatte Christian zu Damen in Warnin 4 1/2 Hfn. zu versteuern (607). In der Urkunde vom 10. Juni 1629 wird er als zur Belgarder Ritterschaft gehörig aufgeführt (609). Desselbigen Jahres ward er mit 17 Hfn. vom Belgard'schen zum Polzin'schen District verlegt. Unterm 9. Januar 1630 wurden ihm zu Damen 2 1/ 4 Hfn. gelöscht (610). 590 Hiernach müßte Christian Kl. auf Gr. Dubberow und Crolow (starb 1680) in erster Ehe, d. h. vor dem Jahre 1631, mit einer von Glasenapp aus Coprieven vermählt gewesen sein und obige Tochter gezeugt haben, — was freilich sonst nirgends bestätigt wird. (Vergl. Fam. -Gesch. III, 2 S. 59 ff. ) Wahrscheinlicher ist, daß Barbara (Elisabeth), dritte Tochter des Lorenz (II. 52) und der Barbara, geb. von Kleist, mit der obigen gemeint ist. 591 Landesarchiv Greifswald, Rep 2 Privata Nr. 979 (2008) 592 Im Jahre 1655 hatte er von Damen und Zarnekow 1 Lehnpferd zu halten (632 u. 633); desgleichen a. 1672 (651). In den Jahren 1667, 69 und 70 hatte er in Nemmerin 4 1/2 Hfn. und in Damen 3 1/2 Hfn. zu versteuern (645). Vergl. auch Urk. 667. Am 11. Oktober 1699 huldigte Richard Christian, Christians Sohn (675).
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besessen.
593
Er gehörte 2. 1706 zu den Erben seines jüngsten Bruders Lorenz Heinrich, und versteuerte in demselben Jahre, nach Auskunft des Rezeptors, von den 15 1/4 Hufen zu Zadtkow: 2 1/4 Hufen. Im Jahre 1714 wurde bereits einer seiner Söhne belehnt. Der Vater war also zuvor gestorben. Ans seiner Ehe mit Marie Hedwig von Ramel aus Reckow sind drei Söhne: 1) Joachim Ernst, 2) Christian Ehrenreich und 3) Lorenz Heinrich (III. 292—294), sowie vier Tochter entsprossen: 1)....., starb jung. 2) Maria Agnisa, vermählt a) mit Friedrich von Redern auf Runow, Churf. brandenburgischer Lieutenant zu Pferde, welcher jedoch kurz nach der Hochzeit in Berlin starb; — und b) mit Daniel Heinrich (III. 407).594 3) Elisabeth Sophia, und 4) Clara Hedwig. III. 201. Dubislaff Joachim auf Damen, † 1697, Christians anderer Sohn, war mit seinen Brüdern bei der Churfürstl. Erbhuldigung (1665) zugegen.595 Ihm war das Anteilgut Damen zugefallen. Daselbst starb er am 6. Dezember 1697. Im Jahre 1699 ward bereits einer seiner Söhne belehnt. Seine Ehe mit Elisabeth Hedwig von Kleist, des Christian auf Gr. Dubberow (II. 71) Tochter, war mit zwei Söhnen: 1) Christian Lorenz und 2) Joachim Heinrich (III. 295 und 296), sowie zwei Töchtern gesegnet: 1) Anna Elisabeth, vermählt mit Christian Wilhelm auf Gr. Tychow (II. 116), und 2) Hedwig, welche 1698 unvermählt starb. III. 202. Lorenz Heinrich auf Zadtkow, Regiments-Quartiermeister, † 1693, Christians jüngster Sohn, huldigte 1665 mit seinen Brüdern. Hierauf trat er in brandenburgische Kriegsdienste und avancierte zum Churfürstl. Regiments-Quartiermeister. Nach genommenem Abschiede kaufte er von Christian Heinrich auf Raddatz (IV. 25) dessen von Christian auf Dubberow erhaltenen Anteil an Zadtkow für 1137 Fl. (657). Laut Urkunde des Jahres 1690 hatte Lorenz Heinrich einen entsprechenden Anteil zu einem Lehnpferde zu geben, weigerte sich aber
593
Fam. -Gesch. III, 2 S. 65. In der Anmerkung zu Daniel Friedrich (III. 399) in der 1. Aufl. so berichtigt. (2017) 595 In den Jahren 1667, 69 und 70 hatte er zu Damen 12 1 /4 Hfn. zu versteuern (645). Im Jahre 1672 hielt er mit seinem ältern Bruder zusammen zu Damen 1 Lehnpferd (651). — Am 20. März 1685 war er Zeuge des Kaufes von Zadtkow, welches sein jüngerer Bruder Lorenz Heinrich (III. 202) auf Damen von Christian Heinrich auf Raddatz (IV. 25) für 1137 Fl. Pomm. erstand (657). Laut Urkunde vom 22. Januar 1690 gaben Richard Christian und Dubislaff Joachim, Gebrüder von Kleist zu Damen und Nemmerin 5/6 Lehnpferd (667). 594
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 264 -
desselben (667). Im Jahre 1693 starb er und ward in der Kirche zu Damen begraben.596 Seine Gemahlin Emerentia Elisabeth von Kleist, des Christoph Friedrich auf Damen (III. 291) und der Perpetua Elisabeth von Lettow aus dem Hause Gr. Reetz Tochter, hatte ihm einen Sohn Christian Friedrich (III. 297.), der jung starb, und Zwillingstöchter geboren: 1) Laurentia (nach Andern: Lucretia) Sophia, und 2) Barbara Agnisa. Christians drei Söhne waren also sämtlich beerbt. Des ältesten Richard Christian drei Söhne heißen: 1) Joachim Ernst, 2) Christian Ehrenreich und 3) Lorenz Heinrich (III. 292—294). III. 292. Joachim Ernst auf Nemmerin, † 1699, Richard Christians ältester Sohn, besuchte die Gymnasien zu Neu- und Alt-Stettin, und bezog dann die Universitäten Jena und Wittenberg. Zum großen Leidwesen seiner Eltern starb er zu Wittenberg am 24. Mai (in den Pfingsten) 1699, nachdem er bereits bis ins fünfte Jahr den Studien obgelegen. Am 1. Juni ej. a. wurde sein Leichenbegängnis zu Wittenberg vollzogen. III. 293. Christian Ehrenreich, Richard Christians anderer Sohn, äußerte in der Jugend große Neigung zum Militairstande und zog ganz jung in Kriegsdienste, nachdem er als Unteroffizier in das Churprinzl. Regiment Nr. 6 aufgenommen war. Nach der General-Reduction des Heeres aber erhielt er seinen Abschied und starb ohne Erben. III. 294. Lorenz Heinrich auf Damen, † nach 1738, Richard Christians jüngster Sohn, geboren 1688, erbte Teile von Damen a, und Nemmerin.597 Im Jahre 1737 gerieten seine Lehngüter in Concurs. Damen erstand der Geheime Rat Johann Julius von Koven für 1007 Rtlr. 5 Gr. 4 Pf.598 Die letzte Urkunde, laut welcher Lorenz Heinrich als Zeuge fungierte, datiert vom 10. Februar 1738. Bald
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Nach der Berechnung der Lehnpferdegelder de a 1704 hatte Lorenz Heinrich Kl. auf Zadtkow, modo d h. gegenwärtig Richard Christian (der älteste Bruder) von 11 Hfn. für c. 1/3 Lpf. zu zahlen (677 a). Letzterer war einer der Erben seines jüngsten Bruders. 597 Wegen Damen hatte er am 11. Januar 1714 für 1 Lpf. und wegen Nemmerin für 1/6 Lpf. zu zahlen (679). — Am 26. April ej. a. huldigte er zu Damen (680). — Im Jahre 1718 hatten er und sein Vetter Christian Lorenz (III. 295) Prozeß mit Hans Christian (III. 342) wegen Erbe. Am 8. April 1728 hatte er in Cöslin ein „Behör" mit Hans Christian wegen Reluition des Gutes Damen, die „Grobicho" genannt; er war damals 40 Jahre alt. — 598 Brügg III, S. 645. Dasselbe wurde dem Käufer am 16. April 1751 gerichtlich zugeschlagen. Ob Lorenz Heinrich letzteres noch erlebt hat, ist aus den Urkunden nicht ersichtlich. In dem Kirchenbuche von Muttrin-Damen ist er 1714, 1715, 1719 und 1727 unter den Paten genannt.
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darnach starb er.
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Seine Ehe mit Cordula Sophia von Braunschweig aus Beustrin bei Schievelbein, vermählt am 14. Mai 1732, war kinderlos geblieben. Dubislaff Joachim hatte zwei Söhne: 1) Christian Lorenz und 2) Joachim Heinrich (III. 295 und 296). III. 295. Christian Lorenz auf Damen, geb. 1682, † nach 1738, Dubislaff Joachims älterer Sohn, war bei der Belehnung am 11. Oktober 1699 minorenn und abwesend (675). Unterm 26. April 1714 ward er belehnt (680). Im Jahre 1719 hatte er in Gemeinschaft mit seinem Vetter Lorenz Heinrich Streit mit Hans Christian wegen Erbe. Mit Letzterem hatte er im Jahre 1735 neuen Streit, welcher in Tätlichkeiten ausartete, wobei Christian Lorenz seinen Gegner durch Flintenschüsse verwundete. In Folge dessen wurde er verurteilt, 13 Monate Haft im Stockhause zu Cöslin und 2 Jahre Festungsarrest in Colberg abzubüßen. Die Festungsstrafe wurde vom Könige sogar auf 6 Jahre bei Wasser und Brot prolongiert. Nach dem Jahre 1738 wird des Christian Lorenz nicht mehr Erwähnung getan. Er ist jedenfalls während der Festungshaft gestorben. Von seiner Gemahlin Dorothea Maria von Borcke aus Zozenow, vermählt 29. November 1714, war er a. 1721 gerichtlich geschieden worden. Diese Ehe war kinderlos geblieben.600 III. 296. Joachim Heinrich auf Damen, † 1730, Dubislaff Joachims jüngerer Sohn, erhielt am 6. Dezember 1698, noch minorenn, Muthzettel. In den Belehnungs-Registern vom 11. Oktober 1699 und 26. April 1714 fehlt sein Name (675 und 680).
599 In der Vasallenliste von 1756 ist im Belgard - und Polzinschen Kreis ein Lorenz Heinrich, 67 J., Lieut beim Garn.-Rgt in Stettin ohne Gut aufgeführt. Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV. bis in das XIX. Jahrhundert, herausgegeben durch Dr. Robert Klempin und Gustav Kratz, Berlin, 1863. (2008) 600 Unter dem 16. Juli 1724 berichtete der Lieutenant von Borcke im von Bredow'schen Kavallerie-Regiment, daß seiner ältesten Schwester separierter Ehemann Christian Lorenz von Kleist zu Damen condemniert wäre, seiner Frau die illata mit 2520 Fl. herauszugeben. Derselbe hätte ein unchrlstliches und unsittliches Leben geführt, daher wäre sie mit Urteil und Recht von ihm geschieden. Er (von Borcke) hätte wegen der illata die Einweisung in die Kleist'schen Güter verlangt; Kleist aber schritte zum Concursprozeß, wodurch er die geschiedene Frau um das Ihrige bringen wolle. Damen solle 1724 licitiert werden. Schon im Jahre 1718 hätte Kl. einen Bauerhof in Damen an Marten Jochim (III. 314) wiederkäuflich auf 15 Jahre für 425 Fl. verkauft. Seine geschiedene Ehefrau aber behaupte ein jus prius an den Bauerhof, da ihr das ganze Gut Damen bereits vorher auf ihr Eingebrachtes, mittelst Ehestiftung zur Hypothek gesetzet. Unter dem 27. März 1725 erhielt die geschiedene Frau von Kl., geborne von Borcke den gerichtlichen Bescheid, daß sie auf Höhe des Wertes des Bauerhofes befriedigt oder der Bauerhof ihr abgetreten werden müsse.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 266 -
Laut Kirchenbuch von Muttrin-Damen starb „Herr Jochim Heinrich von Kleist in Damen am 4. Oktober 1730." Er war unvermählt geblieben. Mit seinem ältern Bruder, welcher nach 1738 starb, erlosch der Damen-Nemmeriner Seitenzweig. Des Lorenz Heinrich Sohn: Christian Friedrich (III. 297) war bereits zuvor jung gestorben. Wir geben die Stammtafel von:
Ein dritter Seitenzweig an dem Damen'schen Aste ist der Zebliner, welcher von dem Landrat Carsten Kl. (starb 1621) entstammt. Das Dorf Zeblin liegt etwa eine Meile von Bublitz gegen Norden, unweit der waldigen Ufer der Radüe, deren Hügelsaum im Schmucke der Eichen und Buchen einer thüringischen Landschaft nicht unähnlich ist. Hier stand die Wiege eines der besten und edelsten Männer des Geschlechts, des berühmten Dichters Ewald Christian von Kleist (III. 398). Der Landrat Carsten hatte zwei Söhne: 1) Georg und 2) Joachim (III. 128 und 129). III. 128. Georg auf Zeblin, † 1631, Carstens älterer Sohn, huldigte am 28. September 1621 auch für seinen unmündigen Bruder Joachim (593 und 594). In demselben Jahre zog er mit Bewllligung seines Vaters in den Krieg nach Böhmen, ward aber nach dem bald erfolgten Tode des Vaters von der Mutter wieder zurückgerufen und bat auf Rat seiner Vormünder am 24. Oktober 1622 um Belehnung. Letztere erfolgte unterm 22. September 1623 im Stifte. Am 8. Januar 1623 hatte er von Zeblin aus an der Leichenfeier Herzog Ulrichs teilgenommen; er befand sich unter den 24 Trägern des Sarges.601
601
Bei der Musterung am 29. Juni 1626 hatte Jürgen zu Zeblin 1 Lehnpferd zu stellen (604). — Im Jahre 1627 versteuerte er in Zeblin 16 1/2 Dorfhufen (605), und 1629 4 1 /8 Hufen (609). Zusatz 2017: Im Landschatzregister des Stifts Kammin ist für 1620 bereits die Witwe seines Vaters (Fortsetzung...)
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Außer Zeblin besaß er Falkenhagen und Drenow. Als die Stürme des dreißigjährigen Krieges Pommern heftig bedrohten, griff auch Georg Kleist zum Schwerte und ward bestallter Rittmeister bei der „Sparr'schen Reuterey". Als solcher fiel er 1631 kurz nach Jakobi im Kriege in Schlesien. Er hinterließ eine Witwe, deren Namen wir aus den Urkunden leider nicht kennen lernen, einen Sohn: Jochim Ernst (III. 203), welcher a. 1632 im dritten Jahre stand und ein Töchterlein. Für den Sohn suchten die Vormünder Belehnung nach und erhielten selbige unterm 12. Juni 1632. III. 129. Joachim, Landrat auf Zeblin und Warnin, † 1679,602 Carstens jüngerer Sohn, war bei den Belehnungen am 28. September 1621 und 22. September 1623 noch minorenn (593 und 594). Außer Zeblin besaß er ein Ackerhöfchen in Warnin, ein gleiches in Zarnekow, Anteile an Drenow, Damen, Gr. Dubberow und am Schmenzin'schen Busche, Lindenhof etc .603 Am 13. Mai 1664 verkaufte er sein Anteil Lehngut in Gr. Dubberow, welches er von seinem Vetter Dubislaff geerbt hatte, an den Landrat Bernd von Münchow für 2200 Fl. Pomm. (639). Im Jahre 1654 wird er zum ersten Male Churfürstl. hinterpommerscher Landrat genannt, welches er bis zu seinem Tode blieb. Die Familien-Urkunden bezeichnen ihn als einen „klugen Mann". Im Jahre 1679 war der Landrat von Kleist nach Aussage seines Sohnes alt und schwach. Er starb noch in demselben Jahre. Am 20. März 1680 huldigten bereits seine Söhne. Aus seiner Ehe mit Adelheid von Glasenapp aus dem Hause Manow stammen acht Söhne: 1) Christian Wilhelm, 2) Ewald, 3) Joachim Wedig, 4) Peter Jürgen, 5) Henning, 6) Joachim, 7) Felix Otto und 8) Bogislaff (III. 204—211), außerdem eine Tochter: Helena, vermählt 9. Januar 1686 mit Heinrich von Meseritz auf Meseritz und Rützenhagen. Carstens beide Söhne waren also beerbt. Der ältere: Georg hatte nur einen Sohn:
601
(...Fortsetzung) (592c) aufgeführt, für 1623 (600a) und 1625 (603a) ist er aufgeführt. 602 Die Stammtafel gibt irrtümlich 1649 als sein Sterbejahr an. 603 Die Anteile an Gr. Dubberow, Damen, Zarnekow und Lindenhof hatte er nach dem Tode seines Vetters Dubislaff (III 123) geerbt Im April 1645 hatte er in Warnin 5 1/ 4 steuerbare Hufen, drei besetzte Bauelhofe und einen wüsten (623). In Zeblin versteuerte er am 6. März 1646 1 1/2 Hufen. Im Jahre 1656 hatte er im Ganzen 16 1/2 Hufen zu versteuern, wovon man ihm die Steuer für 3 Hufen erließ. Im Jahre 1654 wurde er UN Stifte belehnt, 1655 hatte er im Stift 1 Lpf zu gestellen (632), auch zu dem einen Damen'schen Lpf beizusteuern (633). Am 9. November 1665 wurde er mit Zeblin, Warnin, Drenow, Zarnekow und den Gerechtsamen am Schmenziner Busch belehnt (640, 641 u 662). Im September 1669 hatte er zu Damen 13 Hfn, in Drenow 2 Hfn, in Zarnekow 1 1/2 Hfn und im Stift 13 Hfn zu versteuern (645) In den Jahren 1670 und 1671 versteuerte er in Grünwald (von Dubberow her) 1/2 Hfn. und in Zeblin 13 Hfn (650) A. 1672 hatte er von Damen 1/2 Lpf und von Zeblin 1 Lpf zu halten (651)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 268 -
III. 203. Joachim Ernst auf Zeblin, † nach 1654. Im Jahre 1632 baten seine Vormünder um Muthzettel für ihn; er stand damals erst im dritten Jahre und wird „Jürgens einziges hinterlassenes Söhnchen" genannt. Der qu. Muthzettel ward unterm 12. Juni 1632 erteilt. Als Joachim Ernst majorenn geworden, trat er das Gut Falckenhagen an. Wegen Zeblin war er von seinem Vaterbruder Joachim mit Geld abgefunden worden. Im Jahre 1654 bat er von Falckenhagen aus um Belehnung mit der gesamten Hand an Zeblin; sie ward ihm in demselben Jahre gewährt (630 2). Darnach wird er in den Urkunden nicht mehr genannt; er ist bald darauf gestorben. Bei der Churfürstl. Erbhuldigung (1665) wurde bereits Andreas Joachim, Joachim Ernsts minorenner Sohn belehnt (640 und 641). Seine Gemahlin Dorothea von Below (Schwester Heinrichs von Below des Jüngeren auf Dünnow und Symbow) hatte ihm zwei Söhne: 1) Andreas Joachim und 2) Jürgen Heinrich (III. 298 u. 299) geschenkt. Der Landrat Joachim von Kl. auf Zeblin hatte acht Söhne: III. 204. Christian Wilhelm, Oberstwachtmeister, † 1683, Joachims ältester Sohn, besuchte die Universität „Gryphswalde" (= Greifswalde) und ging dann in Kriegsdienste, ward Kriegs-Hauptmann und Kammerjunker bei Ihro Churfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg, zuletzt Oberstwachtmeister. Er war von ungemeiner Größe und Stärke, „wie er denn bei Occupirung von Wollin zuerst den Wall erstiegen und sich gegen 14 Mann lange allein gewehret". Am 13. Mai 1664 war er Zeuge, als sein Vater dem Landrat Bernd von Münchow auf Cartzenburg sein Anteilgut zu Gr. Dubberow verkaufte (639). Als Hauptmann huldigte er am 22. März 1680 mit seinem Bruder Ewald auch für seinen jüngsten Bruder Joachim Wedig (die übrigen Brüder waren bereits gestorben) (647). An ihn und seine Brüder fiel ein Jahr darnach das durch Jersons Tod (starb 1681, III. 230) eröffnete Lehn Ruschitz. Christian Wilhelm befriedigte die Gläubiger und fand die Witwe ab. Es ward ihnen aber der Besitz von Ruschitz durch ihre Lehnsvettern Valentin Daniel (III. 212) und Valentin (III. 215) streitig gemacht. Der Oberstwachtmeister von Kl. starb, noch ehe der Lehns-Prozeß entschieden war;604 er war unverheiratet geblieben. Ruschitz kam an seine beiden Brüder. III. 205. Ewald
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In einer ungedruckten Urkunde vom 30. Juni 1686 heißt es: „Christian Wilhelm von Kl. starb als Churfürstl. Durchl. bestallter Obristwachtmeister vor 3 Jahren. " (Kleist'sche Lehns-Acten X, S. 15. )
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 269 -
auf Zeblin und Warnin, dänischer Capitain, † 1694,605 Joachims anderer Sohn, huldigte unterm 22. März 1680 auch für seinen jüngsten Bruder Joachim Wedig, welcher sich in Frankreich aufhielt (647). Am 22. März 1682 verkaufte Reimar Kl. auf Schmenzin ihm einen wüsten Bauerhof in Warnin für 275 Fl. Laut Urkunde vom 30. Juni 1686 sagt Ewald von Kleist aus, daß er mit seinem jüngeren Bruder Joachim Wedig folgende Besitzungen im Herzogthum Pommern inne habe: 1) Anteil an Damen c. p., 2) ein Ackerhöfchen in Zarnekow c. p., 3) ein Ackerhöfchen in Warnin, nebst dem von Reimar Kl. erkauften wüsten Bauerhofe, 4) Anteil am Schmenzin'schen Busch, 5) im Fürstenthum Cammin das Gut Zeblin, 6) in der Landvoigtei Stolpe das Gut Rusch (= Ruschitz). Noch werden ihnen in Drenow wegen der Contribution ein wüster Hof mit 2 Hufen aufgebürdet, weswegen sie aber mit dem Districte noch unentschieden seien. Nach ihres ältesten Bruders Tode (1683) hätten sie beide gekavelt und seien ihm selbst zugefallen: Zeblin und Rusch c. p., doch habe er noch mehr an Passivschulden übernommen. Er besitze einen Special-Lehnbrief über Zeblin, desgleichen über Rusch; von beiden Gütern halte er je ein Lehnpferd, obwohl bei dem letzteren kein Ritteracker vorhanden. Wegen der Belgard'schen Güter: Damen, Warnin und Zarnekow trügen sie die Roßdienste nach Proportion.606 Ewald von Kl. war in Königl. dänische Kriegsdienste gegangen und avancierte 1685 zum Lieutenant und 1690 zum Hauptmann.607 Am 19. Dezember 1694 starb der Hauptmann von Kl., auf Zeblin, Warnin, Damen, Döbel und Ruschitz erbsessen, und hinterließ die Witwe und unter den drei Kindern einen Sohn. Seine Witwe Maria Elisabeth von Kießlingen vermählte sich danach am 24. Januar 1701 mit dem in dänischen Diensten stehenden General Daniel Ernst von Zepelin (geb. ca. 1662- ca. 1731). Sie starb am 28. Oktober 1740 in Kopenhagen.608 Die drei Kinder, welche sie dem Hauptmann von Kl. geboren hatte, heißen: 1) Joachim Ewald (III. 300), 2) Sabina Concordia, vermählt mit Egidius Christian auf Krummensee (III. 359), und 3) Helene Maria, geb. 1695, † 1741, vermählt nach 1734 als 3. Ehefrau mit Christian Friedrich von Staffelt, Königl. dänischem General-Lieutenant, Ritter vom Danebrog und Kommandanten von Fridericia (geb. 1671, † 18. April 1741).609 Eine Tochter aus der 2. Ehe von Maria Elisabeth heiratete in Dänemark einen General Friedrich Wolldemar von Fölckersam. Dieser unterstützte Ewald Christian (III. 398), den Sohn des Halbbruders
605
Die Stammtafel tituliert ihn irrtümlich als „Major". Kleist'sche Lehns-Acten X, S. 15 Am 2. Juni 1686 hatte er von neuem, auch für seinen Bruder Joachim Wedig, gehuldigt (647). Am 22. Januar 1690 stellte „Capitain Ewald von Kl. " wegen Damen, Zarnikow und Lindenhof 5/8 Lpf. (667). 607 Im Jahr 1692 gab es im Lübecker Weinkeller einen Zwischenfall mit einem Dänischen Capitain Ewald von Kleist vom Regiment von Schack. Der Lübeckische Rathsweinkeller, Wehrmann, Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde, Band 2, Lübeck 1867, S. 75, 123. (2015) 608 Personalhistorisk tidsskrift, 1898, S. 278 (2009) 609 Pauli, Leben großer Helden, Bd. VI, S. 205. Zusatz 2009 Dansk biografisk lexikon, Bricka, 1902, Artikel Staffeld; Slægten von Kleist i Danmark, H. W. Harbou, Personalhistorisk tidsskrift 1897, S. 95 606
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 270 -
seiner Frau, während seiner Zeit in dänischen Diensten.610 III. 206. Joachim Wedig, Hauptmann, † 1687, Joachims dritter Sohn, befand sich in Frankreich, als seine beiden ältern Brüder für ihn am 22. März 1680 huldigten (647) und in Morea, als sein Bruder Ewald am 2. Juni 1686 die Lehnspflicht für ihn leistete (647). Nach seiner Rückkehr aus Frankreich war er zunächst Kammerjunker des Churfürsten von Brandenburg in Berlin gewesen. Von dort wurde er in hannover'sche Dienste recommandiert, in welchen er zum Hauptmann avancierte. Als a. 1685 3000 Mann den Venetianern nach Morea zu Hülfe gesandt wurden, gab der Churfürst ihm eine Compagnie zu Fuß unter Prinz Maximilians Regiment. Am 6. April 1685 war er unter hannover'schen Völkern im Marsch nach Italien begriffen. Laut Nachricht vom 30. Juni 1686 diente er unter den Venetianern in Morea. In Folge der Kriegsstrapazen wurde er auf der Heimkehr in Italien von einer hitzigen Krankheit befallen, an welcher er am 25. März 1687 starb. Er ward zu Neapolis begraben, ohne Lehnserben hinterlassen zu haben.611 III. 207. Peter Jürgen, † vor 1680, Joachims vierter Sohn, war bei der Belehnung im Jahre 1680 nicht mehr am Leben (647); er hinterließ keine Erben. III. 208. Henning, † vor 1680, Joachims fünfter Sohn, wird gleichfalls im Lehnbriefe von 1680 nicht mehr genannt. III. 209. Joachim, † vor 1680,
610
In der Geschichte der Familie von Zepelin, L. Fromm, Schwerin 1876, S. 290, wird als Ehefrau von Daniel Ernst von Zepelin die Witwe von Christian Casimir v. Kleist (II. 82) bezeichnet. Diese Zuordnung ist falsch, da Christian Casimir wie seine Frau im Jahr 1722 gestorben ist. Slægten von Kleist i Danmark, H. W. Harbou, Personalhistorisk tidsskrift 1897, S. 95. Die Familiengeschichte von Zepelin enthält als Namen der Tochter Dorothea Tugendreich. Der selbst geschriebene Lebenslauf von Ewald Christian enthält von Zepelin als 2. Ehemann seiner Großmutter und von Fölckersam als Ehemann seiner Tante, aber nicht den Namen seiner Tante. (2010) 611 Unterm 25. März 1687 ist im Curower Kirchenbuche (Curow ist die mater von Zeblin) folgende Notiz eingetragen:,, Accessit proh dolor! relatio de beato obitu generos. domin. Joachi m Wedig a KI. ca pitanii, qui reipublicae venetianae in regions Morea contra hostem Christianorum
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 271 -
Joachims sechster Sohn.
612
III. 210. Felix Otto, † vor 1680, Joachims siebenter Sohn, war erstlich Kammerjunker beim Herzog von Croy und begab sich dann in holländische Dienste, in welchen er bei der Belagerung der Stadt Breda blieb. Er starb unverheiratet; — und III. 211. Bogislaff, Joachims achter Sohn, starb in früher Kindheit. Von Joachims acht Söhnen hatte also nur der zweite: Ewald einen Lehnserben. Joachim Ernsts beide Söhne heißen: 1) Andreas Joachim und 2) Jürgen Heinrich (III. 298 und 299). III. 298. Andreas Joachim auf Völzkow, 1665, Joachim Ernsts älterer Sohn, war bei der Churfürstl. Erbhuldigung am 9. November 1665 abwesend; er wohnte in der Mark zu Völzkow (640). Unterm 12. Dezember ej. a erhielt er gesamte Hand an Zeblin mit seinem Großvater-Bruder Joachim (641). In den Jahren 1667, 1669 und 1670 versteuerte er mit dem Oberst Lorenz von Versen in Tietzow 5 Landhufen (645). In dieser Urkunde wird Andreas Joachim „Rittmeister" genannt; desgleichen in Urkunde 651 de a. 1672, nach welcher er von Tietzow 1/2 Lehnpferd zu halten hatte. Darnach wird er in den Urkunden nicht mehr genannt. Er war unvermählt geblieben. III. 299. Jürgen Heinrich, 1665, des Joachim Ernsts jüngerer Sohn, lebte bei der Churfürstl. Erbhuldigung 1665, wird aber darnach nicht mehr erwähnt. Er hinterließ gleichfalls keine Lehnserben. Ewalds einziger Sohn war: III. 300.
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Die Stammtafel setzt irrtümlich 1711 als sein Sterbejahr an.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 272 -
Joachim Ewald auf Zeblin und Warnin, geb. 6. März 1684, † 1737. Ihm ward unterm 14. Dezember 1695, im zwölften Jahre seines Alters, von der Churfürstl. Regierung zu Stargard ein Muthschein erteilt. Er besuchte das Gymnasium in Stargard, woselbst er bei dem Conrektor Schmidt in Pension war. Dort bekam er die Pocken, genas aber unter geschickter ärztlicher Behandlung bald. Bei der Belehnung am 11. Oktober 1699 war er noch minorenn und abwesend (675). Er besaß die vom Vater ererbten Güter: Damen, Döbel, Drenow, Warnin, Zarnekow, Lindenhof, Zeblin. Ruschitz hatten seine Vormünder bereits unter dem 31. Januar ej. a. dem Oberst Georg (II. 93) wiederkäuflich auf 15 Jahre überlassen. Er ging in Königl. dänische Kriegsdienste und ward Lieutenant. Unterm 23. März 1711, aus Dänemark heimgekehrt, meldete er sich, den Lehnseid zu schwören, wagte aber bei „diesen contagiösen Zeiten" nicht, nach Stargard zu reisen und stellte deshalb einen Bevollmächtigten. Am 29. Juni ej. a. ward er mit Zeblin, Warnin, Damen und Lindenbusch (= Lindenhof) durch Vollmacht belehnt (647); desgleichen am 26. April 1714 (680).613 In dem Ruschitzer Archive finden wir noch ein Schreiben seiner Schwester Helene, verehelichten Staffelt, d. d. Fridericia den 12. Januar 1736 an ihn, des Inhalts: „Mon tres cher frère, Dein Schreiben vom 16. Juli verflossenen Jahres habe ich erhalten, weillen ich aber ungerne schreibe, so hatt es mit der Antwohrt etwas lange gewehret. Meinen Zustant betreffent, so befinde mihr Gott sey Dank wohl und lebe recht vergnügt, da der liebe Gott so wohl für mich gesorget, daß er mihr einen braven und resonnablen Mann gegeben, der nicht weiß, mit was vor Libe und Gütte er mihr begegnen wil, und bey welchem ich mein völliges Auskommen habe und mihr so villen domestiquen halt, daß ich keinen Finger darf in kalt Wasser stecken, wo es nicht mein eigner Wille ist. Wihr haben eine ziemlich große Wirdtschaft, denn mein Mann als Commandant Lendereyen bey der Festung hatt und bauet jährlich so viel Rocken und Haberen, wie er zu seinen Gespan Ferde und Reitferde braucht, wie auch den Rocken, den wihr jährlich zu unserer Haushaltung canoniren, wihr halten auch Kühe, denn wihr haben sehr viel Heu." Aus dem Schreiben des Bruders hatte sie ersehen, daß ihr nicht mehr, als 1600 Rtlr. aus dem Mütterlichen, das sie aus den Gütern haben soll, zukommen könne; ihr Mann, der General, möchte gern das Capital auf Ostern abgegeben haben; ev. bittet sie um eine Obligation oder Hypothek. „Meine Schwester Binchen bitte zu grüßen. " - „P. s. Der Herr Bruder schreibe mihr doch, ob Lowisgen nicht heuratten sol, Dortgen wird auch wol was gewacksen sein." Lowisgen und Dortgen aber waren des Bruders jüngste Töchter. Joachim Ewald von Kl. starb im Jahre 1737. Er war zweimal vermählt gewesen: a) mit Maria Juliana von Manteuffel, des Franz Heinrich von Manteuffel auf Popplow Tochter, vermählt
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Im Jahre 1704 hatte er von Zeblin 71/75 Lpf. zu entrichten (677 a). In einigen Urkunden der Jahre 1717, 1721 und 1726 begegnen wir ihn als Zeugen. Am 2. April 1724 geriet er mit dem Oberstlieutenant Christian von Lettow auf Hohenborn, welcher bei einem Besuch in Zeblin zu viel Bier getrunken, in Streit, welcher in Tätlichkeiten ausartete. Unterm 30. April 1726 erhielt Kl. Königl. Pardon wegen Violierung des Duell-Edikts, weil Lettow „wegen seiner schlechten Aufführung" bekannt war. unpublizierte Akte 1724-1727 Signatur: Rep.7 Nr.2352 Landesarchiv Greifswald (Fundstelle 2007) — Er verkaufte die sogenannten Zeblin'schen Buschgüter: Freienstein und Hammelschäferei am 24. April 1726 und den Lindenhof mit 4 Buschkathen am 4. Juli 1732 dem Hauptmann Bernd von Kl. auf Schmenzin. Das Gut Zeblin verkauft: er am 26. März 1735 wiederkäuflich für 10000 Rtlr. auf 30 Jahre dem Capitain Johann Paul von Humbold; auch Warnin und Damen verkaufte er.
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7. Juli 1710. Sie starb im letzten Wochenbette und ward am 9. September 1719 in Zeblin begraben, nachdem sie ihrem Manne zwei Söhne: 1) Franz Casimir und 2) Ewald Christian (III. 397 u. 398), sowie vier Töchter geboren: 1) Elisabeth Clara, getauft 13. März 1711, gestorben 1775, vermählt mit Franz von Manteuffel, Königl. polnischem Capitain. 2) Juliana Sophia Sabina, getauft 9. Mai 1716, starb als Witwe im Mai 1767, vermählt 27. Juli 1758614 mit Balthasar Heinrich von Plötz auf Stuchow und Medewitz (geboren 15. Oktober 1694, gestorben 30. Dezember 1761). 3) Margaretha Ludovica Loysa, getauft 7. Juli 1718, vermählt mit Anton Heinrich von Kleist auf Lottin (III. 460). Als Witwe lebte sie in kummervollen Umständen und mußte sich viele Jahre hindurch von ihrer Hände Arbeit ernähren. Im Jahre 1782 war sie beinahe blind. Sie bat den König, ihr eine vacante Pension aus der Kasse für adelige Witwen zu geben; — und 4) Dorothea Adelheit,615 getauft 20. August 1719. Sie erbte von ihrem Vater einen Teil des Gutes Plötzig. Ihr Vormund, Regierungsrat von Glasenapp, verkaufte denselben unterm 12. November 1746, mit Einwilligung des Cöslin'schen Hofgerichts, dem Rittmeister Balthasar Friedrich von Berg. In anderer Ehe lebte er: b) mit Anna Luisa von Dorpowska aus Grabiana in Gr. Polen, des Paul von Dorpowski und einer von der Goltz Tochter. Ehestiftung vom 8. Mai 1722. Sie brachte ihrem Gemahl 3000 Rtlr. Ehegeld, 500 Rtlr. Morgengabe und 500 Rtlr. Paraphernalien mit. Am 27. Juni 1737 fand zu Gervin die Auseinandersetzung zwischen des sel. Joachim Ewald von Kl. Witwe und ihren Stiefsöhnen statt. Die Witwe hatte im Ganzen 4107 Rtlr. zu fordern und blieb ihr deswegen das jus retentionis an allen Gütern, in specie am Lehngut Ruschitz, à 5 % verzinslich. Das Gut Gervin hatte sie vom Präsidenten von Münchow in Arrende. III. 397. Franz Casimir, geb. 1714, † nach 1783, Joachim Ewalds älterer Sohn, getauft 5. Januar 1714, ging in dänische Kriegsdienste, in welchen er zum Hauptmann avancierte. Im Jahre 1740 huldigte er durch Balthasar Heinrich von Plötz auf Stuchow, seinen Schwager. Unterm 26. September 1743 ward Lieutenant Franz Casimir von Kleist mit Ruschitz und Zeblin belehnt (684). Zeblin war bereits vom Vater im Jahre 1735 auf 30 Jahre wiederkäuflich verkauft worden. Nach Ablauf dieser Zeit wurde das Gut dem Major Lebrecht Otto von Gerlach verkauft, und das Geschlecht von Kleist mit dem Vorkaufs- und Wiedereinlösungsrechte am 22. Mai 1765 präcludiert. Nach seines Bruders Ewald Christian Tode (starb 1759) war er alleiniger Besitzer von Ruschitz. Letzteres 614
Das Datum könnte verschrieben sein, 1738 statt 1758, denn in der Biographie des ältesten Bruders, III. 397, wird der Ehemann bereits 1740 als Schwager bezeichnet. (2014) 615 Brügg. III, S. 799 nennt sie Sophie Dorothea Friederike. Anm. 2014: Es ist fraglich, ob die in der 1. Auflage vorgenommene Gleichsetzung der 4. Tochter mit der Sophie Dorothea Friederike, die lt. Brüggemann einen Leutnant Joachim Ewald als Vater hat, zutrifft. Der Erwerb des Anteils an dem Gut Plötzig, für das erkennbar kein Lehnsrecht gilt, ist zuvor nicht erwähnt. Warum dieser Anteil bei zwei Söhnen der jüngsten Tochter zufallen soll, dafür ist kein Grund erkennbar. Dies spricht für einen der Familiengeschichte unbekannten Leutnant Joachim Ewald als Besitzer des Anteils. In der Genealogie von Berg wird ein Jochem Ewald von Kleist aufgeführt, der 1734 Marie Elisabeth von Berg, die Schwester des späteren Käufers, heiratet und 1737 in Plötzig stirbt. Die Witwe stirbt 1745. Jochem Ewald und Leutnant Joachim Ewald scheinen wegen der Zeit und des Ortes identisch. Die Tochter könnte nach der zeitlichen Reihenfolge den Anteil von ihrer Mutter, geb. von Berg, geerbt haben. Deutsche Stammtafeln Bd. 3, 1932, S. 50. Ein Kleistscher Besitz in Plötzke wird im Jahr 1724 im Rummelsburger und Schlawer Kreis aufgeführt in Pommerischer Atlas Oder Geographische Beschreibung, Des Hertzogthums Pommern und des dasigen Adels, Jakob Paul von Gundling.
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war freilich ziemlich verschuldet, doch waren für ihn immer noch 4000 Rtlr. darauf stehen geblieben. Da er aber in Folge von Milzkrankheit schwermüthig geworden, hielt er sich nicht auf seinem Gute, sondern bei seiner Schwester, der verwittweten Frau von Plötz auf Stuchow auf, von welcher er aufs Sorgfältigste gepflegt wurde. Unterm 13. April 1765 reichte er von Stuchow aus ein Gnadengesuch an den König ein, in welchem er bat, sein Lehngut Ruschitz für ihn und seine drei armen Schwestern in ein Allod verwandeln zu lassen. In seinem Schreiben sagt er: „Da ich nun schon viele Jahre von einer Milzkrankheit so sehr mitgenommen, daß ich zu mancher Zeit, einer daraus entstandenen Melancholie halber, nicht richtig denken kann, und eine von meinen Schwestern, die verwittwete von Plötzen mich von der Zeit meiner Schwermut bei sich gehabt, und gepfleget, ja mit aller Notdurft versorgt hat, ungeachtet sie selbst 8 lebendige Kinder noch behalten, von denen 3 Söhne im letzten Kriege Königl. Offiziere geworden, ich auch nunmehr 50 Jahr passiert bin, und nach meinem Ende, weil ich der letzte in meiner Linie bin, dies Gut von dem Lehnsfolger als ein Lehn angesehen werden dürfte, im letzten Fall aber meine drei Schwestern, die zusammt 7 Söhne in Königl. Diensten haben, nur den vierten Pfennig bekommen von dem, was übrig bleibt, und alle Drei nur 1000 Rtlr. von mir erben würden, so bitte u. s. w. " Am 3. Mai ej. a. kam eine Cabinets-Ordre Friedrichs des Großen, laut welcher er sich geneigt zeigte, die Bitte zu erfüllen; jedoch verlangte er zuvor Prüfung der Umstände. Diese Prüfung zog sich lange Jahre hin. Inzwischen meldeten sich bereits die Lehnsagnaten und erboten sich, noch bei Lebzeiten des Besitzers, die Lehnstaxe zu zahlen. Hierauf ging jedoch der Curator des blödsinnigen Franz Casimir von Kleist nicht ein. Endlich überließ derselbe: Hauptmann Jürgen Heinrich von Wobeser auf Gohren, laut Vergleich vom 17. März 1783, das Gut Ruschitz gegen Versicherung eines jährlichen vitalitii von 200 Rtlr. für den kranken Kl. an Otto Joachim Bernd Heinrich (III. 636), unter Approbation des Cöslin'schen Pupillencollegii vom 31. Mai 1783. Wie lange Franz Casimir noch gelebt, ist aus den Urkunden nicht ersichtlich. Er war unverheiratet geblieben. Mit ihm erlosch der so frisch aufblühende Zebliner Seitenzweig. III. 398. Ewald Christian, auf Zeblin und Ruschitz, Major, Dichter des Frühlings, geb. 1715, † 1759, Joachim Ewalds jüngerer Sohn, getauft 9. März 1715.616 Das neueste Lebensbild dieses edlen, hochberühmten Mannes ist in der Allgemeinen Deutschen Biographie erschienen; es lautet: „Ewald Christian von Kleist, Militair und Dichter, geb. (nach der eigenen Angabe) den 7. März 1715 zu Zeblin, gestorben den 24. August 1759 zu Frankfurt a. /O. Sein Vater Joachim Ewald (geb. 1684, gestorben 1738), dem alten weitverzweigten, besonders in Pommern, Preußen und den Marken begüterten Adelsgeschlechte angehörig, bewierthschaftete die von seinem Vater Ewald (gestorben 1694 in Zeblin) und einem Onkel Christian Wilhelm von Kleist ererbten Güter Zeblin (südöstlich von Cöslin zwischen Bublitz und Pollnow) und Ruschitz (nordöstlich von Glowitz, Kreis Stolp). Am 7. Juli 1710 vermählte er 616 Kirchenbuch von Curow: d. 9. Martii baptizatusfolius generosi domini Patroni dom. Joachim Ewaldt de Kleist in Zeblin et vocatus Ewaldt Christian. Susceptoresfuerunt 1) generosus dom. HenningFrantz a Münchow-Gerwin, 2) gen. Dom. Christian a Manteuffel-Poppelow, 3) generosa virgo Amalia Catharina a Kleist. In jenen Zeiten war es allgemein Sitte, daß die Kinder am dritten Tage getauft wurden; hiernach ist er, wie er selbst bestätigt hat, am 7. März 1715 geboren.
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sich mit Marie Juliane von Manteuffel aus Groß-Poplow (bei Polzin, Kreis Belgard); doch starb seine Gattin schon am 9. November 1719 nach der Geburt des sechsten Kindes. Ewald Christian, das dritte Kind dieser Ehe, verlebte mit seinem einzigen, um ein Jahr älteren, Bruder Franz Casimir nur die Kinderjahre im Elternhause oder auch wohl bei seinem Oheim Christian von Manteuffel in Gr. Poplow. Schon 1724 ward Kleist, wahrscheinlich zugleich mit dem Bruder, dem Jesuitencollegium in Deutsch-Krone, 1729 aber dem Gymnasium in Danzig übergeben617 und bezog 1731 die Universität Königsberg, um die Rechte zu studiren. Doch hörte er auch philosophische und mathematische Collegia, blieb selbst theologischen Untersuchungen nicht fern, vertiefte sich in das Studium mehrerer neuerer Sprachen und las eifrig die alten Classiker.618 Da aber bald nach Beendigung seiner Universitätsstudien sein Vater sich genöthigt sah, Zeblin an Paul von Humboldt pfandweise zu überlassen und nach Ruschitz überzusiedeln, so trat Kleist, weniger aus Neigung als in der Hoffnung auf eine schnelle Carriere, in die dänische Armee, in welcher einst sein Großvater als Major gedient hatte, und mehrere Anverwandte einflußreiche Stellungen bekleideten.619 1738 in Werbegeschäften nach Danzig geschickt, besuchte er auf Urlaub sowohl Vater und Schwestern, als auch auf ihrem Gute Battrow (nordöstlich von Flatow) eine entfernte Verwandte, die verwittwete Hauptmann von der Goltz, deren Tochter Wilhelmine auf ihn einen solchen Eindruck machte, daß er sich mit ihr verlobte. Doch die lange Trennung lockerte zu Kleist's großem Kummer allmählich das schnell geknüpfte Band, und 1747 reichte seine Braut einem andern Manne die Hand. — Wohl bald nach Kleists Rückkehr nach Dänemark starb auch sein Vater in Ruschitz; bei der Erbteilung (Ostern l 740) fiel Kleist nur ein Capital von 2200 Rtlr. zu; die Verwaltung des Gutes verblieb vorläufig dem Bruder, der jedoch bald in schwere Krankheit verfiel. Der Thronwechsel in Preußen rief Kleist in sein Vaterland zurück. Er ward von König Friedrich II. in eins der neu formierten Regimenter einrangiert und schon am 16. Februar 1741 zum Premier-Lieutenant befördert. Doch nahm sein Regiment Nr. 35, welches dem jugendlichen Prinzen Heinrich von Preußen verliehen wurde, keinen Anteil an dem ersten schlesischen Kriege, und der fast ununterbrochene Aufenthalt in der Garnison Potsdam befriedigte Kleist um so weniger, als die damalige Durchschnittsbildung der jüngeren Offiziere nicht seinen Kenntnissen und seiner gereifteren Lebensanschauung entsprach. Von seinen Kameraden schlossen sich nur von Seidlitz (starb 1750 als Capitain) und von Donop (nahm 1754 als Major den Abschied) ihm näher an. Dagegen führte ihm ein Krankenlager, auf welches ihn gegen Ende des Jahres 1743 eine im Duell erhaltene Wunde warf, einen 617
Am 15. September 1729 in die zweite Klasse des Gymnasiums zu Danzig aufgenommen: “Franz Casimir de Kleist und Ewaldus Christianus de Kleist. Equ. Pom.” Neue Mittheilungen über Ewald von Kleist, August Sauer, Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte, Band 3, Weimar 1890, S. 289 (2010) 618 Ewald Christian hat für Gleim am 25. Januar 1757 als Anhang zu einem Brief einen Lebenslauf geschrieben, in dem er zu Studium folgendes ausführt: “Daselbst habe ich bei Kuntzen und Jesken die Philosophie und bei M. Ammon die Mathematique gehört, Jura hörte ich bei v. Gregorovius. Ich habe daselbst unter dem Praes. des Prof. Christiani einmal disputirt - die Materie war: de pugna adpetitus et aversat: rat: cum adpetitu et aversatione sensitiva - und sehr oft publice opponirt.” Ewald von Kleist’s Werke, 2. Teil, August Sauer, Berlin, S. 369. (2010) 619 Ewald Christian hat in dem erwähnten Lebenslauf folgendes zu seinen dänischen Verwandten geschrieben: “Mein Großvater war Major in dänischen Diensten, und meine Großmutter heirathete nach seinem Tode einen General von Zepelin in denselben Diensten. Eine Tochter aus dieser Ehe, meines Vaters Halbschwester, heirathete in Dänemark einen General v. Folckersham und lebt noch, und eine rechte Schwester von meinem Vater einen General-Lieut. von Staffelt daselbst. Diese Umstände merke ich nur darum an, weil sie machten, daß ich anfänglich in dänische Dienste kam; sonsten mag ich mit meiner Anverwandtschaft nicht paradiren....1736 wurde ich Officier in Dänemark, auf Zureden meiner Freunde und [meines] Bruders, weil ich nicht sogleich eine Civil-Bedienung erhalten konnte und keine Mittel hatte, lange was abzuwarten, und weil mir der Umgang der dänischen Officiers, die mehrentheils artige Leute sind, sehr gefiel.” Ewald von Kleist’s Werke, 2. Teil, August Sauer, Berlin, S. 369. Zwei Briefe des Generals von Fölckersam an den dänischen König vom 23. April 1737 (Bitte um Ernennung zum Fähnrich und Paß für die Erbauseinandersetzung) und vom 3. Februar 1741 (Bitte um Entlassung) sind abgedruckt in: Ewald von Kleist in dänischen Diensten, Louis Bobé, Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte, Band 3, Weimar 1890, S. 295 (2010) Ewald von Kleist im dänischen Kontext - Politik - Militär - Kultur, Klaus Böhnen, in Beiträge zur Kleist-Forschung 2009, Themenband Ewald von Kleist, S. 19 (2016)
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Freund zu, bestimmt, die in ihm schlummernden dichterischen Anlagen zu wecken. Der um vier Jahre jüngere Gleim (s. den Art. Bd. IX. S. 228) früher auf der Universität Halle dem Dichterbunde der Anakreontiker angehörend, lebte seit 1740 in Potsdam als Stabssecretair des Prinzen Friedrich Wilhelm von Schwedt. Als er von Kleists Verwundung hörte, bot er sich ihm als Vorleser an und erregte durch eins seiner Lieder: „Tod, kannst Du Dich auch verlieben?" (ans der 1744 gedruckten Sammlung: „Scherzhafte Lieder") so heftig dessen Lachlust, daß eine Blutung der Wunde eintrat, welche die Heilung beschleunigte. Fortan blieb Kleist des Dichters und der Dichtkunst Freund. Bald sendet er an Gleim seine ersten Versuche anakreontischer Lieder (4. Dezember 1743). Aber nur selten schlägt er später wieder denselben leichten Ton an. Vielmehr läßt schon sein „Lob der Gottheit" (Februar 1744): „Tausend Heere lichter Ballen loben meines Schöpfers Stärke" als Vorbild Hallers Morgengedanken erkennen; auch seine Klage an Wilhelmine ist weit entfernt von der tändelnden Manieriertheit der Anakreontiker. — Erst der zweite schlesische Krieg rief Kleist nebst Gleim ins Feld, zunächst zur Belagerung von Prag. Als aber der Prinz von Schwedt am 12. September vor den Mauern der Stadt erschossen ward, kehrte Glenn alsbald nach Berlin zurück. Seitdem sind beide Freunde nicht wieder dauernd vereint gewesen, aber ein regelmäßiger Briefwechsel, ununterbrochen bis zu Kleist's Tode geführt, trat an die Stelle des persönlichen Verkehrs. Nach der Capitulation von Prag (16. September) gehörte Kleist's Regiment zu den Besatzungstruppen; diese mußten jedoch bald, vom Feinde bedrängt, die Stadt räumen und den beschwerlichen Rückzug nach Schlesien antreten. Kleist blieb bis zum Abschluß des Friedens in Brieg, ohne Teil an den ruhmreichen Schlachten des Jahres 1745 nehmen zu können. Die Schrecknisse des Krieges, deren Zeuge er gewesen, die Eintönigkeit des Garnisonlebens steigerten bei Kleist die wohl in Jugenderinnerungen wurzelnde Sehnsucht nach dem friedlichen Glück ländlicher Zurückgezogenheit. Diese Sehnsucht bildet denn auch den Grundton der meisten in Prag und Brieg entstandenen Gedichte. Unter diesen zeigen die Oden an Uz und Ramler („Vorsatz" und „Landleben") (Dezember 1745) mit ihren gereimten sapphischen Strophen jene Nachahmung des Horaz, wie sie damals in dem Gleim'schen Freundeskreise nach dem Vorgange Gotth. Sam. Lange's mit Eifer geübt ward. Dagegegen tritt in der Disposition des gleichzeitigen Fragments: „Lob der Gottheit" (zuerst in der Hempel'schen Ausgabe gedruckt) deutlich die Anlehnung an Thomsons Jahreszeiten hervor, welche gerade damals durch Brake's Übersetzung (1745) in die deutsche Literatur eingeführt, nebst den schon früher übersetzten Dichtungen Pope's und Milton's, einen Verehrer Haller's, wie Kleist es war, sympathisch berühren mußten. Es ist nur die weitere Ausgestaltung des Gedankenkreises, in welchen er mit den oben erwähnten Gedichten bereits eingetreten war, wenn Kleist nach der Rückkehr in seine Garnison Potsdam daran geht, das „Landleben" oder „die Landlust" im Kreislauf der Jahreszeiten in einem größeren Gedichte zu beschreiben. Als Versmaß wählte er, doch wohl im Hinblick auf Vergil's Georgica, den Hexameter, aber mit einer Anakruse, wie ihn Uz zuerst 1742 in seiner Frühlingsode gebraucht und auch Kleist bereits in einem Gedicht an den Rittmeister Adler (wohl im Frühjahr 1745) nachgeahmt hatte. Dabei entschlug er sich, ganz im Sinne der Schweizer, des Reimes, den er bisher auch noch bei den antiken Versmaßen anwandte. Die Arbeit an dem „Frühling", als dem ersten Gesang der „Landlust", hatte anfangs glücklichen Fortgang. Die persönlichen Beziehungen, welche er in dem nahen Berlin mit Gleim erneuern, mit Sulzer und seinen pommerschen Landsleuten Ramler und Spalding anknüpfen tonnte, wirkten günstig auf seine Stimmung. Nicht minder sah er sich gefördert durch den Verkehr mit dem jugendfrischen Arzt Hirzel aus Zürich (Bd. XII, S. 485), einem eifrigen Jünger Bodmer's, welcher sich ein Jahr lang in Potsdam aufhielt. Aber die Vereinsamung, welche er nach dessen Abreise (Oktober 1747) empfand, als gleichzeitig auch Gleim 1747 nach Halberstadt übersiedelte, außerdem Geldverlegenheiten und dienstliche Sorgen, die Nachricht von Wilhelmine's Vermählung und von dem unheilbaren Trübsinn des Bruders, steigerten seine eigene Hypochondrie bisweilen bis zur Verzweiflung und ließen seine poetische Schöpferkraft erlahmen. Da erschienen im Frühjahr 1748 in den Bremer Beiträgen die drei ersten Gesänge von Klopstock's Messias, verschieden zwar dem Inhalte nach von Kleist's Frühling, aber doch ihm verwandt durch das Versmaß und die den Einfluß der Schweizer und Engländer verratende Behandlung. Die Begeisterung, welche jene Gesänge hervorriefen, scheint Kleist bestimmt zu haben, auch noch vor Vollendung seiner „Landlust" mit dem „Frühling", als einem in sich abgeschlossenen Fragment, hervorzutreten. Am 19. August 1748 konnte das Gedicht im Manuscript an
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Gleim zur Durchsicht übersandt werden; eine Reihe stimmungsvoller Scenen aus dem ländlichen Stillleben, durchwebt mit Betrachtungen, welche den Führungen göttlicher Weltregierung nachgehend sich zu einer Theodicee gestalten und in einem Hymnus zum Lobe des Schöpfers ausklingen; das Ganze ein treues Spiegelbild der Empfindungen des Dichters, welcher mit diesem reifsten Werke seiner Muse aus tiefem Seelenschmerz zu neuem Lebensmute sich emporgerungen hatte. Leidet auch der Frühling an den Schwächen aller beschreibenden Gedichte, namentlich an dem Mangel einer fortschreitenden Handlung, welche die einzelnen Bilder zusammenhält, so kam dies doch erst zum klaren Bewußtsein, als Lessing in seinem Laokoon die Grenzen der Malerei und Poesie gezogen hatte. Dagegen erwarb sich das Gedicht durch die Naturschwärmerei, welche es atmet, durch die liebevolle Schilderung der Details und einen früher noch nicht erreichten rhythmischen Wohllaut der Verse damals in weiten Kreisen Beifall und Bewunderung. Dem ersten Drucke, welcher sich aus Mangel an einem Verleger bis zur Wende des Jahres 1749 verzögerte, folgten daher schnell mehrere neue Ausgaben des „Frühlings" nebst einem „Anhange einiger anderer Gedichte, von demselben Verfasser" in Berlin, Zürich, Frankfurt a. /O. Bereits im Mai 1749 war Kleist nach langem Harren zum Capitain befördert und erhielt am 5. Juni 1751 eine Compagnie. Im folgenden Jahre auf Werbung nach der Schweiz geschickt, verweilte er dort vom Juni 1752 bis zum Februar 1753. Durch den Empfang, der dem Sänger des Frühlings zu Teil ward, durch die Naturgenüsse, die sich ihm darboten, durch den Verkehr mit Bodmer und Breitinger, mit Hirzel, Wieland, Geßner gestaltete sich diese Zeit zu einer der glücklichsten Episoden in dem Leben des Dichters. Von den Genannten schloß sich besonders Sal. Geßner näher an Kleist an, besorgte für ihn eine Ausgabe des Frühlings und empfing durch diese Dichtung die Anregung zu seinen Idyllen, wie Wieland zu seinem „Frühling. " Kleist's eigene poetische Produkte aus diesen und den folgenden Jahren sind unbedeutend. In Potsdam fand er bei der Rückkehr einen früheren Bekannten, Joh. Joach. Ewald (Bd. VI, S. 442) als Auditeur beim Regimente wieder. Im Wetteifer mit ihm dichtete Kleist eine Anzahl Epigramme, von denen er einige an Ewald für seine „Sinngedichte in zwei Büchern" 1755 (erweitert 1757) überließ; andere nahm Fr. Nicolai in Berlin, Ewald's, bald auch Kleist's Freund, in seine „Briefe über den jetzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland" (1755) auf, in denen er auch die schwachen Anfänge einer englischen Übersetzung des Frühlings lieferte. Eine italienische Übersetzung desselben vom Königl. Intermezzo-Dichter Tagliazuccsi (la Primavera in versi sciolli, Potsdam 1755) verleibte Kleist der neuen Ausgabe seiner Gedichte vom Jahre 1756 ein, welche den Frühling in einer neuen von 460 auf 398 Verse verkürzten Umarbeitung brachte, außerdem die Zahl der kleineren Gedichte um einige Lieder und Epigramme vermehrte. Die Arbeit an den übrigen Teilen der „Landlust" ward zwar geplant, aber scheint über ein Fragment des „Sommers" nicht hinausgekommen zu sein. Aus Freienwalde, wo Kleist sich wegen einer Badekur im Juni 1756 aufhielt, rief ihn der Ausbruch des siebenjährigen Krieges zu seinem Regimente zurück. Am 28. August verläßt er mit demselben Potsdam, diesmal voll Freudigkeit und Zuversicht des Sieges. „Eine so exercierte Armee, als die unsrige jetzt ist, hat noch nie existiert", schreibt er an Gleim (20. Juli 1756); im Lager von Pirna (17. September 1756) „gefällt ihm das unruhige Leben ganz ungemein", er ist „vergnügter und gesunder als je"; voll Bewunderung für den tapferen und weisen Friedrich, fordert er von Ramler Oden auf den König, von Gleim eine Beschreibung des Krieges und sendet ihm zu diesem Zweck detaillierte Schlachtberichte. Gleim dichtet „seinem lieben Major zu Liebe" die „Preußischen Kriegslieder von einem Grenadier", und als dieser nach der Schlacht bei Kunersdorf verstummte, erfüllt Ramler den Wunsch seines verstorbenen Freundes. Nachdem die sächsische Armee capituliert hatte (14. Oktober 1756), bezog Kleist die Winterquartiere zu Zittau. Hier ward er am 20. Februar 1757 zum Major ernannt, doch alsbald zu dem aus sächsischen Capitulanten in Halle neuformierten Regiment Hausen Nr. 54 versetzt und erhielt als Garnison Leipzig, wo er bis zum Mai 1758 verweilte. Mit seiner Ode „An die preußische Armee", dem einzigen Kriegslied, welches er gedichtet, begrüßte er die Eröffnung des neuen Feldzuges. Freilich, zu dem Thatendrange, der in der letzten Strophe sich ausspricht („Auch ich, ich werde noch — vergönn es mir, o Himmel! — Einher vor wenig Helden ziehen. Ich seh dich, stolzer Feind, den kleinen Haufen fliehen. Und find Ehr' oder Tod im rasenden Getümmel. ") steht im grellem Contrast des Dichters Aufgabe, die Sachsen im preußischen Exercitium zu schulen. Doch ward das militairische Einerlei durch einzelne Commandos unterbrochen. Im September übertrug ihm das Vertrauen des Königs die Einrichtung und Verwaltung eines
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Feldlazareths; nach der Schlacht bei Roßbach wurden darin über 1200 feindliche Verwundete untergebracht, deren er sich mit großer Menschenfreundlichkeit annahm. Im Auftrage des zum Statthalter von Sachsen ernannten Prinzen Heinrich, seines früheren Regiments-Chefs, hatte er ant 23. Februar 1758 in Zerbst den Marquis de Fraigne, einen vom dortigen Hofe beschützten französischen Spion zu arretiren, sodann im März in den übrigen anhaltinischen Herzogthümern die Fouragelieferungen einzutreiben. Die dabei üblichen Douceurgelder anzunehmen, verschmähte er; doch benutzte er die Gelegenheit, in Bernburg mit dem Pastor Lange aus Laublingen und mit Gleim aus Halberstadt zusammenzutreffen, in seinem Leben zum ersten Male mit jenem und zum letzten Male mit diesem. Neben den Beschwerden des Dienstes bot jedoch das Leben in Leipzig für Kleist eine Fülle geistiger Anregung, besonders durch die Bekanntschaft mit Lessing, welcher damals durch die Verhandlungen mit dem Kaufmann Winkler über die geplante, aber durch den Krieg vereitelte, große Reise in Leipzig zurückgehalten wurde. Wegen seiner preußenfreundlichen Gesinnung von vielen seiner sächsischen Landsleute gemieden, schloß er sich um so inniger an Kleist an, als ihre geistigen Interessen sich gegenseitig ergänzten. Lessing's vielseitige Bildung, sein gereifteres Kunsturteil regten Kleist zu neuer poetischer Thätigkeit an, während Kleist, „ein Freund, dessen geringste Eigenschaften der Dichter und Soldat waren" (Lessing in den Anmerk. zu A. Scultatus Gedichten 1769), dem um 14 Jahre jüngeren Lessing den Einblick in neue Lebenskreise eröffnete und redlich bemüht, dessen äußere Lage zu verbessern, auch wohl seine spätere Stellung beim General von Tauenzien vorbereitete. Seine in Leipzig entstandenen Gedichte nebst der Tragödie „Seneca" hat Kleist selbst zu einer Sammlung vereinigt (1758) und der Mutter seiner früheren Braut gewidmet. Die ersteren gehören verschiedenen Dichtungsarten an und weisen mancherlei Versmaße auf, nicht mehr den Hexameter, aber zum ersten Male die reimlosen fünffüßigen Iamben. Mit Ausnahme der oben erwähnten Ode lassen sie nichts ahnen von den welterschütternden Ereignissen, welche das Jahr 1757 erfüllten. Gärtner-, Fischer- und Hirtenidyllen versetzen uns in die einfachen Verhältnisse glücklicher Zeiten; daneben finden wir eine Fabel („der gelähmte Kranich") und Erzählungen in Gellert's Manier, ein Grablied, wie jenes erst später in den Literaturbriefen (Nr. 40) abgedruckte Geburtslied, in sinniger Weise Leiden und Freuden des irdischen Daseins gegenüberstellend; endlich auch ein Paar lebensfrohe Trinklieder (Dithyrambe, Liebeslied an die Weinflasche). Die Tragödie Seneca zeigt durch ihren ganzen Aufbau, welcher sich an Klopstock's „Tod Adams" anlehnt, sowie durch den Mangel an Lebendigkeit des Dialogs, daß Kleist für das Drama nur geringe Begabung besaß. Zur Bearbeitung (in Prosa) des bereits längst ins Auge gefaßten Stoffes (Brief an Gleim vom 11. Dezember 1745) ward er wohl durch die Nicolai'sche Preisausschreibung veranlaßt, wie denn sowohl sein Leipziger Freund, der Student J. W. von Brawe (geboren 1738, gestorben 1758), um den Preis rang, als auch Lessing die Anfänge der Emilia Galotti plante (dessen Brief an Nicolai vom 21. Januar 1758) und später den Philotas dichtete (1759), welcher eine Anlehnung an Kleist's Seneca in der stoischen Opferfreudigkeit des jungen Soldaten zeigt. Der Mai 1758 brachte die Trennung der beiden Freunde Lessing und Kleist; jener verließ Leipzig am 4. Mai, Kleist marschierte am 11. Mai nach Zwickau, um von dort aus unter dem Prinzen Heinrich nach Franken gegen die Reichsarmee zu debouchiren. Kleist kam bis Baireuth; auf dem Marsch nach Hof entstand ihm unter dem Gesang der Soldaten die Hymne: „Groß ist der Herr! die Himmel ohne Zahl — Sind seine Wohnungen. " Der Rückkehr nach Sachsen folgten kühne Handstreiche Kleist's über die Pässe des Erzgebirges nach Böhmen. Doch während Friedrich der Große gegen die Russen zur Schlacht bei Zorndorf zieht, wird Dresden von den Reichstruppen und Österreichern bedrängt. Auch Kleist's Regiment wird zur Deckung der Stadt herangezogen. Da vollendet Kleist in den Lagern bei Dippoldiswalde, Groß-Sedlitz, Maxen in wenig Wochen bis zum 18. Sept. („weil er par raisonnement, große Lust habe, sich nachher todtschießen zu lassen") ein schon in Leipzig geplantes Heldengedicht „Cissides und Paches" in drei Gesängen (449 jambische Fünffüßler mit männlichem Ausgang). Es ist ein „kriegerischer Roman" aus der Zeit nach Alexanders Tode. Die beiden macedonischen Helden von der Armee des Antipater vertheidigen ein Schloß bei Lamia gegen die Athener unter Leosthenes. Sie fallen unter dem Ansturm der Feinde, aber ihre Tapferkeit wehrt vom Vaterlande das Verderben ab. Wilder, als das Gedicht sie darstellt, kann die kriegerische Leidenschaft nicht toben, rührender der Mannesmut sich nicht bewähren; aber auch nicht großartiger, als im Epilog geschehen, konnte Kleist die eigene Todesfreudigkeit aussprechen, die
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Bewunderung für Friedrich, den Glauben an dessen „Stern" und die Zuversicht glorreichen Friedens. Daher erbebt Kleist auch nicht bei der Nachricht von dem Überfall bei Hochkirch (14. Oktober) und bezifferte des Königs Verlust auf kaum 1500 Mann (an Gleim den 20. Oktober). Aber wohl steigert sich nunmehr, als Friedrich zum Entsatz von Neiße eilt, die Gefahr aufs äußerste durch den Anmarsch von Daun's freigewordenem Heere. Die preußischen Truppen concentriren sich noch enger in und um Dresden; am 9. November deckt Kleist mit seinem Bataillon glücklich den Marsch seines Corps durch den Plauenschen Grund. Doch erst als Schmettau am 10. November die Pirnaische Vorstadt abbrennen läßt („ein jämmerlich Schauspiel, das Kleist viel Thränen gekostet") und Friedrich, welcher Neiße von den Feinden befreit hat, heranrückt, zieht am 16. November auch Daun von Dresden ab und in die Winterquartiere nach Böhmen, ebenso die Reichsarmee nach Franken. Friedrich der Große kehrte nach kurzem Aufenthalt in Dresden zur Hauptarmee in Schlesien zurück. Für Kleist mischten sich in die Freude, „daß Sachsen vom Feinde wieder leer sei, wie voriges Jahr", die traurigen Nachrichten aus der Heimat, daß die Russen Ruschitz geplündert und seinen Onkel Manteuffel, einen ehrwürdigen Greis von 71 Jahren, in Groß-Poplow durch mehr als 30 Wunden ermordet hätten. Den Winter über lag Kleist wieder in Zwickau in Garnison. Dort erhielt er im Dezember die ersten Exemplare seines Heldengedichtes, welches Lessing in Berlin zum Druck befördert hatte und sodann in den im Geist wohl an Kleist gerichteten Literaturbriefen (Brief 40 vom 17. Mai 1757) zur Anzeige brachte. Dort entstanden auch die letzten Gedichte: eine Erzählung („die Seefahrt") und eine Hymne (Februar 1759), welche an jene erste zum Lobe der Gottheit (Februar 1744) wieder anklingt. Einige kleine prosaische Aufsätze, als Beiträge gedacht zu einer kritisch-moralischen Zeitschrift, wurden erst in den Cantonnements während des neuen Feldzuges verfaßt. Diesen eröffnete Prinz Heinrich im April durch einen Streifzug nach Böhmen zur Zerstörung der feindlichen Magazine; im Mai folgte sodann, wie im vorigen Jahre, ein energischer Vorstoß der ganzen Armee nach Franken, an welchem auch Kleist teilnahm; doch kehrte Prinz Heinrich bereits Ende Mai nach Sachsen zurück, um dies gegen die Österreicher zu decken. Diese streiften von Böhmen aus weit über das Erzgebirge und fielen dann (unter Haddik) in die Lausitz ein. So blieb Kleist in seinen Standquartieren bei Zwickau, Chemnitz, Dresden, Bautzen stets in Fühlung mit dem Feinde. Da mittlerweile auch (6. Juli) Daun sein Hauptquartier von Böhmen nach Marklissa am Queiß vorgeschoben, Friedrich aber etwas weiter östlich bei Schmottseifen ein festes Lager bezogen hatte, so hoffte Kleist auf einen Zusammenstoß mit den Österreichern: „Daun einmal geschlagen, dann will ich gerne sterben", schreibt er am 23. Juli in seinem letzten Briefe an Glenn. Aber an demselben Tage zwangen die Russen unter Soltikoff, welche auf ihrem Marsche durch Polen unaufhaltsam gegen die Oder vordrangen, mit ihrer Übermacht den General von Wedell, nach dem Verlust bei Kay auf das linke Ufer des Flusses zurückzugehen. Sie selbst aber blieben auf dem rechten Ufer, bis sie gegenüber von Frankfurt, dessen sie sich am 31. Juli bemächtigten, auf dem Plateau von Kunersdorf ein Lager aufschlugen. Bereits hatte nunmehr der König disponiert, Prinz Heinrich solle außer den Besatzungen der Festungen nur das Fink'sche Corps, bei welchem Kleist stand, um Bautzen zurücklassen, die übrige Armee aber (19000 Mann) ihm in Sagan übergeben und statt seiner das Commando in Schmottseifen übernehmen. Er beabsichtigte alsdann, noch das Corps Wedell's an sich zu ziehen und den Russen eine Schlacht zu liefern, ehe sich die bereits von Daun detachierten Corps mit ihnen vereinigt hätten. Als aber Friedrich, welcher am 30. Juli nur von Seidlitz begleitet in Sagan eingetroffen war, trotz forcierter Märsche zwar Haddik, nicht aber Laudon, hindern konnte, am 3. August Frankfurt zu erreichen, so erhielt auch das Fink'sche Corps die Ordre, zu ihm zu stoßen. Nachdem der König am 6. August bei Müllrose das Wedell'sche, am 9. August bei Wulkow, im Westen von Frankfurt, das Fink'sche Corps an sich gezogen hatte, gebot er über eine Armee von 48000 Mann, während die um Frankfurt vereinigten Kräfte der Feinde sich auf 78000 Mann beliefen. Zum ersten Male war Kleist das Glied einer Armee, welche unter dem Commando des Königs einer entscheidenden Schlacht entgegenging. In der Nacht vom 10. — 11. August setzte man, zwei Meilen unterhalb Frankfurts, von Reitwein nach Göritz und Oetscher auf das rechte Ufer über, marschierte südwärts bis Bischofsee und Trettin und übernachtete dort in der Nähe des russischen Lagers. Dieses lag, ringsum durch Batterien und Verhaue befestigt, in einer Breite von 1 — 2000 Schritte, bei einer Frontlänge von fast drei Viertelmeilen auf dem nördlichen Rande des Plateaus, welches wie ein breiter Querriegel ungefähr von Ost nach West sich gegen das Oderthal erstreckt. An vielen Stellen bewaldet, von Schluchten durchschnitten, selbst in der Lichtung südlich vom Lager bei
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dem am 11. August abgebrannten Dorf von einer Sumpf- und Seenlinie durchsetzt, bietet dieses Plateau für den Angriff die größten Schwierigkeiten; auch an dem weniger steilen Nordabhang erschwert östlich ein Rinnsal (das Hünerfließ), weiter westlich der sumpfige Elsbusch, dann der Hänkerbusch den Zugang; jenseits des letzteren hatte Laudon sich (beim Roten Vorwerk) gelagert und durch einen breiten Knüppeldamm über den Hänkerbusch die Verbindung mit dem russischen Lager hergestellt, ein Umstand, welcher leider Friedrich unbekannt blieb. — Am 12. August, an einem Sonntag, in aller Frühe marschierten die Truppen in die ihnen angewiesenen Positionen; es galt den östlichen Flügel des Lagers zuerst im großen Bogen hufeisenförmig zu umspannen, dann immer enger einzuschließen, endlich zu erstürmen und die Russen zur Aufgabe des Kampfplatzes zu zwingen. Dabei fiel dem am weitesten vorgeschobenen linken Flügel (der Cavallerie unter Seidlitz) der Angriff von Süden, dem Mitteltreffen der von Osten, dem rechten der von Norden zu. Das Fink'sche Corps sollte den rechten Flügel bilden. Da sein Weg der kürzeste war, blieb es anfangs in der Reserve, hatte auf dem Trettiner Spitz-(Fink-) Berg den Vormarsch der übrigen Corps zu markiren und erst dann an dem Nordabhang, den Elsbusch zur Rechten, westwärts vorzudrängen, wenn die Armee in ihre Stellungen eingerückt wäre. Aber erst um 11 1/ 2 Uhr, nach Überwindung unendlicher Schwierigkeiten, war letzteres geschehen, konnte das Feuer der Batterien eröffnet werden; dann reichten zwei Stunden hartnäckigsten Kampfes hin, den östlichen Flügel der Russen zu schlagen; in dichten Massen drängten die Truppen zur Mitte des Lagers, in die Ruinen des Dorfes. Schon fliegt die Siegesbotschaft nach Berlin.. Aber die Kraft der Preußen begann zu erlahmen, als es sich um den Angriff auf den „Kuhgrund" handelte; Seidlitz findet bei der Seenlinie kein angemessenes Feld, um einen Choc mit seiner Cavallerie auszuführen, die Russen sammeln sich von neuem, vor allem aber treten jetzt Laudon's Truppen in Action, welche durch den Knüppeldamm durch den „Landonsgrund" heranstürmen. In diesen Knäuel aller Waffengattungen geraten Fink's Regimenter, nachdem sie bereits drei Batterien erobert hatten und nunmehr gegen die Terrainwelle zwischen dem „Kuhgrund" und „tiefen Weg" heranstürmen, von den feindlichen Kanonen aus nächster Nähe empfangen. Von Kleist's Regiment wird Oberst von Nöbel verwundet, Oberstlieutenant von Breitenbach fällt, Kleist reitet vor die Front seines Regiments. Er wird verwundet an der rechten Hand, am linken Arm, den Degen hält er fest, den Fahnenträger nimmt er zu sich, wie Schwerin will er fallen. Da zerschmettert eine Kartätschenkugel ihm das rechte Bein, er stürzt vom Pferde, man zieht ihn aus dem Getümmel, der Feldscheer, der ihn verbindet, wird erschossen; Kosacken stürmen daher, sie plündern ihn aus, aber tragen ihn, da er sie polnisch anredet, in den Elsbusch. Die Schlacht tobt fort; vergeblich opfern sich die preußischen Schwadronen in erneuten Attaquen; der intakte westliche Flügel der Russen drängt unaufhaltsam nach Westen vor und vollendet den blutigen Sieg. Gegen Abend wird Kleist von mildthätigen Husaren gefunden, die seine Blöße decken und ihm ein Feuer anzünden (bekannt ist Chodowiecki's Darstellung dieses Moments). So verbringt er die Nacht. Erst am Morgen gegen 10 Uhr läßt ihn der russische Rittmeister von Stakelberg nach der Stadt transportiren, wo der Professor der Philosophie Gottlieb Sam. Nicolai (Friedrich's Bruder) ihn in sein Haus aufnimmt; Frankfurter Gelehrte, russische Offiziere treten an sein Krankenlager; eine Amputation des Beines lehnt er ab; heiter und ergeben sieht er den Tod nahen. Ahnte er, daß aus der Nacht des Unglücks Friedrich's „Stern" sich wieder erheben würde? Am 24. August frühmorgens ist er verschieden; am 26. trugen russische Grenadiere seinen Sarg, auf den jener Stakelberg sein Schwert legte (vgl. Max Piccolomini's Begräbnis in Schiller's Wallenstein: „Ein Lorbeer schmückte seinen Sarg, drauf legt der Rheingraf selbst den eignen Siegesdegen"), unter dem Geleite der Universität, der Bürgerschaft und der fremden Offiziere zum Kirchhof der Gubener Vorstadt, dem jetzigen Park. Kleist's Freunde hatten sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß er dereinst den Tod auf dem Schlachtfelde finden würde (vgl. Lessing: Ode an Kleist). Dennoch erfüllte die Trauerkunde alle mit dem tiefsten Schmerz, und jeder war bemüht, dem Heimgegangenen ein Totenopfer zu spenden. Gleim tat dies durch die pietätvolle Sammlung von Briefen und Manuskripten des Dichters, Fr. Nicolai durch sein „Ehrengedächtnis", Ramler durch die neue Ausgabe seiner Werke, an welche er die bessernde (!) Hand legte, Lessing durch die Schöpfung Tellheim's, dem er unverkennbare Züge von Kleist's Charakter lieh, der zahllosen poetischen Gaben zu geschweigen, welche man von allen Seiten auf sein Grab streute.
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Unsere Classiker und Kunstrichter haben seine Verdienste als Dichter gebührend gewürdigt, wenn auch — Lessing voran (Laokoon XVII) — seine Schwächen nicht verkannt. Nachahmungen des Frühlings und Übersetzungen desselben in fast alle Sprachen Europas, auch ins Lateinische, wiederholte Ausgaben seiner Werke bis zu den musterhaften, noch im Erscheinen begriffenen Hempel'schen, beweisen, daß das Interesse für den Dichter auch heute nicht erloschen ist. Der erste, welcher die Errichtung eines Denkmals für Kleist befürwortete, war Gleim; da aber die Verhandlungen darüber sich verzögerten, ließ er durch Ramler's vertrauten Freund Bernhard Rode in Berlin ein Ölbild anfertigen, dem der König eine Stelle in der Garnisonkirche bewilligte; darauf schenkte Rode dorthin noch die Bilder von Schwerin, Winterfeld, Keith. Auf dem Broncesockel am Denkmal Friedrich des Großen in Berlin steht Kleist's Name neben denen seiner Freunde Ramler und Gleim. Die Grabstätte in Frankfurt ward erst 1779, auf Veranlassung der dortigen Freimaurerloge, durch ein vom Bildhauer Kambly gefertigtes Denkmal bezeichnet; eine deutsche, lateinische, französische Inschrift steht auf den drei Seiten des Piedestals, welches eine dreiseitige Pyramide mit dem Reliefportrait des Dichters in Marmor trägt; 1861 ward das Denkmal durch die Familie von Kleist mit einem bronzenen Gitter umfriedigt. — In seinem Park zu Madlitz bei Frankfurt a. /O. hat ein Verehrer des Dichters, der Präsident Graf Finck von Finckenstein (starb 1818, s. den Art. Bd. VII. S. 21), nachdem er selbst eine Ausgabe des Frühlings besorgt hatte (1804), in kleinem Rahmen die in jenem Gedichte geschilderten landschaftlichen Bilder darzustellen versucht. — Der Aufruf des Predigers Kriele in Kunersdorf, eine Steinpyramide von 50 Fuß Höhe da, wo Kleist gefallen, zu errichten, führte nicht zu dem gewünschten Resultat; der Aussichtspunkt, welchen der Volksmund heute als „Kleisthöhe" bezeichnet, liegt über 2000 Schritte westlich von jener Stelle entfernt. Die Hauptquelle für Kleist's Leben bildet die Fülle von Papieren und Briefen, welche jetzt das Eigentum der Gleim'schen Familienstiftung in Halberstadt sind. Die ersten Auszüge aus den Briefen gab der Großneffe Gleim's, W. Körte, in seiner Ausgabe der Werke, 1803. Ergänzungen lieferte Pröhle (Friedrich der Große und die deutsche Literatur, 1878). Die von Dr. Aug. Sauer besorgte Hempel'sche Ausgabe der Werke verspricht vollständig das auf Kl. bezügliche Material zu bringen; bis jetzt erschien Bd. I, Leben und Werke mit Einleitungen und kritischem Apparat und Bd. II, Briefe von Kl.620 — Außerdem vgl. (Nicolai) Ehrengedächtniß 1760, Jördens, II. 641—696. — Petrich, Pommersche Lebensbilder I, 37—71. — J. C. A. Mayer, das Kleist-Monument in Frankfurt a.. O., 1781. — Einbeck, E. Chr. von Kleist, 1861. — Für die Schlacht von Kunersdorf: von Tempelhoff, III. S. 206—230, sowie die Schriften von Kriele (1803) und (von Stichle) im Beiheft zum Militair-Wochenblatt, 1860.621 R. Schwarze. " Selbst freisinnige Zeitungen, wie die Spener'sche, haben das Andenken des Helden und Dichters wiederholt in gebührender Weise geehrt. Deß zum Zeugnis bringen wir noch einen kurzen Artikel aus der Spener'schen Zeitung Nr. 287 vom 7. Dezember 1827: „Den Freunden der vaterländischen Dichtkunst und den Verehrern der deutschen classischen Dichter muß es erfreuend sein, zu erfahren, daß die bescheidene Loge zum aufrichtigen Herzen, in Frankfurt a. /O., das
620
Band 1, Band 2 und Band 3 Briefe an Kleist: (2015) http://www.v-kleist.com/ec/Sauer_EC_v_Kleist.pdf 621 Bücher, die sich nach Abschluss der 1. Auflage mit Ewald Christian beschäftigen: Theodor van Haag: “Ewald Christian von Kleist als Idyllendichter”. Rheydt: Leuchtenrath 1889. Paul Schreckenbach: "Der getreue Kleist. Ein Roman aus der Zeit des großen Königs." Leipzig: Staackmann 1909. Hans Guggenbühl: “Ewald von Kleist. Weltschmerz als Schicksal”. Brugg 1948 (Univ. Diss. Zürich 1947) Gerhard Wolf: "Ewald Christian von Kleist - Ihn foltert Schwermut, weil er lebt", Berlin 1982 Ingrid Patitz: “Ewald von Kleists letzte Tage und sein Grabdenkmal in Frankfurt an der Oder”. Frankfurt (Oder): Kleist-Gedenk- und Forschungsstätte 1994. (= Frankfurter Buntbücher; 11) Hans Christoph Buch: “Episode aus dem Siebenjährigen Krieg”, Erzählung in “Traum am frühen Morgen”. Berlin, Verlag Volk und Welt, 1996 (2008) Beiträge zur Kleist-Forschung 2009 - Themenband Ewald von Kleist zum 250. Todestag, hrg. Lothar Jordan, Kleist-Museum Frankfurt (Oder) (2016)
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schon in Trümmer zerfallene Denkmal unseres wahrhaft deutschen Ewald Christian von Kleist mit nicht unbedeutenden Kosten aus eigenen Mitteln, wieder hergestellt hat. Eine französische, lateinische und deutsche, ehemals von Zöllner verfaßte Inschrift ziert das Denkmal unseres Helden, und ein geschmackvoll angebrachtes eisernes Gitter wehrt die Verunglimpfung desselben. Bei dieser Gelegenheit lehrten die vorgefundenen Akten, daß man bei Errichtung der Grabstätte des Helden mehrere nah gelegene Gräber durchsuchte und nur an einem zerschossenen Beine und besonders an einem schwarz seidenen Halsbande, das Kleist als einen Talismann ins Grab mitzunehmen gewünscht hatte, den Körper des Entschlafenen erkannte, und auf dieser Stelle das Denkmal errichtete. Die französische Inschrift auf der Vorderseite eines dreiseitigen Obelisk zeigt uns, wer hier liegt. Ci-gît Chrétien Ewald de Kleist, né à Zeblin en Poméranie le 5. mars 1715, mort à Francfort sur l'Odre le 24. aôu t 1759. Die deutsche auf der andern Seite heißt: Für Friedrich kampfend sank er nieder. So wünschte es sein Heldengeist; Unsterblich groß durch seine Lieder Der Menschenfreund, der Weise, Kleist. Die lateinische Inschrift lautet: Christiano Ewaldo de Kleist forti, pio, Musarum patrono, pro patria mortuo, Societas, cui
sacra sunt.
Nach anderer Lesart: Societas Latomorum. Was Kleist's Freund, der alte Coryphäe, Gleim nach der Schlacht bei Kunersdorf, wo das Andenken an unsern reinen, tugendhaften Dichter noch frisch in Aller Herzen lebte, während fast zweier Decennien nicht auszurichten im Stande war, das vollführte die hiesige, wohlthätige Loge unter Anführung ihres großen Menschenfreundes Leopold von Braunschweig, den sie, als heiliges Opfer der Menschenliebe, bald nachher selbst zu betrauern hatte. So mag nun das Andenken zweier so großer Blüthen der Menschheit, deren heroischen Tod wir in unserer Mitte erfuhren, für unsere Nachkommen verewigt bleiben. Frankfurt a. /O. den 5. Dezember 1827. " In Bezug auf seine Güter teilen wir aus den Familien-Akten noch Folgendes mit: Ewald Christian besaß mit seinem älteren Bruder Franz Casimir das Gut Ruschitz, welches seit Jahrhunderten ein Kleist'sches Lehn war, bis Ostern 1740 gemeinschaftlich; den 16. April 1740 aber überließ es der jüngere Bruder dem älteren allein, und reservierte sich nur ein Capital von 2200 Rtlr. Damals hafteten unter andern Realverbindlichkeiten auf diesem Gute auch für die Generalin von Zepelin (Großmutter der genannten Gebrüder) 2200 Fl. Pomm., wovon sie aber keine Zinsen nahm; ferner die Capitalien ihrer Tante, der Frau General-Lieutenant von Staffeldt. Am 26. September 1743 ward der Lieutenant Ewald Christian von Kleist belehnt (684).
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Unterm 18. Februar 1748 trat er sein Lehnrecht an Zeblin (wiederkäuflich veräußertes Kleist'sches Lehn) dem Hauptmann Matthias Reimar von Kl. (III. 502 a) ab.622 Nach seinem Tode fielen die an Ruschitz stehenden 2200 Rtlr. seinem, ihn überlebenden älteren Bruder Franz Casimir zu, mit welchem der Zebliner Seitenzweig erlosch.
622
Brügg. III, S. 610.
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Wir geben die Stammtafel von:
Durch Peter auf Damen (III. 10) entstammen am Damen'schen Aste noch zwei größere Zweige, an denen wiederum Seitenzweige gewachsen sind, welche teils kürzere, teils längere Zeit fruchtbar und frisch gewesen sind. Wir beschreiben zunächst
den Damen-Dargen'schen Seitenzweig. Peter hatte drei Söhne: 1) Andreas (Drews), 2) Pribislaff und 3) Jacob (III. 36—38). III. 36. Andreas (Drews) auf Damen, † vor 1575,623 Peters ältester Sohn, ward 1540 und 1546 belehnt (459 b und 469). Sein Stammsitz war Muttrin; doch besaß er auch an Damen Lehnrecht.624 Im Jahre 1575 wurden bereits seine Söhne belehnt (501); der Vater war also vorher gestorben. Seine Gemahlin Cäcilia von Wedell aus Freienwalde und Uchtenhagen, des Comthurs Martin von Wedell auf Wildenbruch Tochter,625 hatte ihm drei Söhne: 1) Valentin, 2) Peter und 3) Otto (III. 72 bis 74) geschenkt. III. 37. Pribislaff auf Damen, † vor 1573,626 Peters anderer Sohn, ward 1552 auf dem Rathause zu Cöslin vom Bischöfe belehnt wegen der Hufen Ackers, welche er auf Dargen besaß. Am 23. August 1540, 1. Juni 1546 und 30. August 1553 wurde er
623
Die Stammtafel sagt irrtümlich „† nach 1577"; dagegen streiten die Urkunden des Jahres 1575
(501 ff. ). 624
In dem Lehnbriefe vom 23. August 1540 sind „Drews zu Muttrin und Pribslaff zu Damen" belehnt (459 b) und in dem Lehnbriefe vom 1. Juni 1546 stehen „Drewes zu Muttrin und Pribslaff der Jüngere zu Damen" verzeichnet (469), - woraus zugleich ersichtlich, daß Drews der älteste der Brüder gewesen. 625 Familiengeschichte v. Wedel: Dort sind nur vier Töchter mit anderen Partnern und andern Vornamen bekannt. (2015) 626 Die Stammtafel sagt irrtümlich,, † nach 1577"; dagegen Urkunde 496 ff.
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mit seinem Stammsitze Damen belehnt (459 b, 469 und 479). Laut Urk. vom 8. April 1565 gehörte Pribislaff auf Damen zur Ritterschaft des Stifts (488 a). Als unterm 28. September 1566 der Revers der Stände an Brandenburg ausgestellt wurde, unterschrieb „Pribslaff auf Damen" denselben. Am 9. April 1573 ward bereits für seine Söhne Muthzettel ausgestellt; der Vater war also zuvor gestorben. Seine Gemahlin Anna von Parsow, des Joachim von Parsow auf Parsow Tochter, hatte ihm vier Söhne geboren: 1) Tessen, 2) Asmus, 3) Daniel und 4) Adrian (III. 75—78 - siehe unten Damen-Zadtkower Seitenzweig S. 312). Ihr Leibgedinge war unterm 23. Mai 1545 bestätigt worden (467). III. 38. Jacob auf Kowalk, † c. 1577, Peters jüngster Sohn, wird zum ersten Male im Jahre 1537 in einer Klagesache des Hauptmanns Lorenz Kl. (III. 26) wider seine Vettern zu Damen etc . namhaft gemacht. Der ihm zufallende Stammsitz war Kowalk c. p. Damit ward er 1546 und 1575 belehnt (469, 501 und 502). 627 Im Januar 1577 starb er, unverheiratet. Seine sechs Neffen: Tessen, Asmus, Daniel und Adrian, sowie Valentin und Otto teilten seine Lehngüter: Kowalk, Anteil Dimkuhlen, Warnin mit Hasselmühle, Zarnekow, Anteile an Schmenzin, Gr. Voldekow und Gr. Dubberow (517). Von Peters drei Söhnen waren also die beiden ältesten: Andreas und Pribislaff beerbt. — Des Andreas drei Söhne heißen: 1) Valentin, 2) Peter und 3) Otto (III. 72—74). III. 72. Valentin auf Muttrin und Kieckow, † c. 1615, des Andreas ältester Sohn, war 1556 Offizier des Wobeser'schen Corps in Preußen.628 Am 22. Februar 1575 ward er mit seinem jüngsten Bruder Otto zu Muttrin und Drenow belehnt (501 und 502). Bei der Teilung am 26. März 1577 erhielten beide Brüder vom Besitze ihres Oheims Jacob die zweite Kavel, nämlich 7 Bauerhöfe in Warnin und Schmenzin, Anteil an einem Bauerhofe in Gr. Dubberow und Anteile an Dimkuhlen und Freienstein (517). Am 12. Februar 1578 empfingen sie hierüber Muthzettel. Nach einer andern Urkunde des Jahres 1577 besaß Valentin zu Muttrin außerdem: in Gr. Dubberow 2
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Im Jahre 1543 klagten Joachim und Peter von Bonin wider Jacob und Pribislaff von Kleist, die Dörfer Naseband, Drenow, Zarnekow etc. betreffend. Im Jahre 1557 ward Jacob Kl. auf Kowalk wegen seiner Lehnspflicht zu Colberg entschuldigt. Jacob hatte einem „unechten Weibe, Prisse Kleistes genannt, " 50 Fl. ausgesetzt, wovon sie für ihre Lebenszeit die Zinsen genießen sollte. 628 Im Geh, Staatsarchive in Königsberg ist noch eine Geldquittung aus dem Jahre 1556, von seiner Hand geschrieben, vorhanden; sie ist „Valthin Klest auf Mothrin" unterschrieben.
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Bauerhöfe, 2 1/2 Hufen, in Kieckow 4 Bauerhöfe, 7 Hufen und in Muttrin 3 Bauerhöfe, 6 Hufen (518).629 Um Martini 1586 bekannte er sich Hedwig von Kl., Witwe Wulffs von Wedell (III. 22), zu einer Schuld von 600 Fl. — Im Jahre 1588 klagte sie deshalb wider ihn. Er entlieh ferner 1604, Dienstags in Ostern von seinem Oheim Caspar vom Wolde, Fürstlich Alten-Stettin'schen Kanzler auf Wusterbarth, 100 Fl., unter Bürgschaft seines Vetters Christopher Kl. auf Damen (III. 121); 1610 klagte die Witwe des Caspar vom Wolde, Barbara von Versen, gegen ihn wegen dieser Schuld.630 Im Lehnbriefe vom 26. September 1618 wird Valentin nicht mehr genannt; er ist zuvor gestorben. Ans seiner Ehe mit Anna von Kleist, des Peter auf Zadtkow (III. 47) Tochter, stammen fünf Söhne: 1) Andreas, 2) Peter, 3) Georg, 4) Wilhelm und 5) Otto (III. 130—134) und eine Tochter: Elsa, vermählt an Paul von Bonin auf Dargen. Die Ehestiftung datiert vom 22. Oktober 1595, wonach sie: 1000 Fl. Ehegeld, 800 Fl. Vater- und Muttererbe und 100 Goldgulden zur Besserung des Geschmuckes und an den Hals erhielt. Zeugen waren außer ihren Eltern: Jacob und Jochim, Brüder von Kleist (III. 95 u. 96) zu Muttrin, Zamborsky, Klingbeck und Zadtkow. — Paul von Bonin starb 1614. Seine Witwe vermählte sich 1616 mit Asmus von Steinwehr. III. 73. Peter, des Andreas anderer Sohn, starb ohne Erben. III. 74. Otto auf Drenow, Hofjunker, † c. 1608, des Andreas jüngster Sohn, hatte 1574 nach des Vaters Tode, von welchem er nur wenig geerbt (nämlich das Gut Drenow nebst Anteil an Kieckow), bereits zweimal gemuthet, ward aber unterm 27. September ej. a. zur „gemeinen Huldigung" verwiesen, ist im Lehnbriefe vom 22. Februar 1575 „Otto auf Drenow" genannt (501 und 502). Er empfing bei der Teilung am 26. März 1577 von dem Besitze seines verstorbenen Oheim Jacob mit seinem ältesten Bruder Valentin die zweite Kavel und ward am 8. November 1578 damit belehnt (564 und 565). In den Lehnbriefen vom 27. März 1601 und 19. April 1605 werden als ihre Güter: Muttrin, Drenow und Kieckow angegeben (546 b und 553). Bei der Belehnung am 6. Mai 1608 wird von ihm ausgesagt: „Otto
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Am 27. März 1601 wurden Valentin und Otto von neuem mit Muttrin und Drenow belehnt (547); Valentin außerdem mit Muttrin und Kieckow (546 b); desgleichen am 19. April 1605 (553) und 6. Mai 1608 (563 a und b, 564 und 565). Am 26. September 1618 wurden bereits seine Söhne belehnt (585 und 586). 630 Aus dem Jahre 1597 ist noch eine Doppelklage vorhanden, die wir kurz erwähnen wollen. Valentin Kl., zu Muttrin erbsessen, klagte wider die Bauerschaft daselbst wegen eines von ihnen niedergehauenen, auf seinem Grund und Boden erbauten Zimmers. — Die Bauerschaft hinwiederum klagte gegen ihn wegen des Aufbaus einer Schäferei, welche „zum Verderben des Dorpffs" geschehe. Der Hauptmann von Neustettin und Belgard Franz von Dewitz erließ unterm 1. April 1597 an Valentin von Kl. das Mandat, mit dem Bau der neuen Schaferei inne zu halten. Der Hauptmann Asmus Kl. (III. 74) hatte den Bauern sogar erlaubt, wenn Valentin Kl. weiter baue, das Gebäude einzureißen. Dasselbe lag auf Kleists Grund und Boden, aber zwischen dem Gebäude und Kleists Acker lag ein kleines Gehölz, welches die Bauern für sich in Anspruch nahmen und für „Dorfs-Gerechtigkeit" erklärten. Durch dasselbe wollte Valentin Kl. eine Viehtrift anlegen. Um deswillen mußte der Bau unterbleiben.
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zu Kieckow aegrotat (ist krank)" (563 b). — Noch in demselben Jahre muthete Andreas, Ottos Sohn, auch für seine unmündigen Brüder; der Vater war also zuvor gestorben (564 und 565). In seiner Jugend war er Herzoglicher Hofjunker gewesen.631 a) Ottos erste Gemahlin Elisabeth Versen, des Henning Versen auf Tychow und der Anna von Meseritz aus Meseritz Tochter, war noch vor 1585 ohne Leibeserben gestorben. Von ihrer Mitgift (1100 Fl. ) schuldete Otto Kl. in dem genannten Jahre seinem Schwager Lorenz Versen und dessen Schwester noch 352 Fl. b) Zum andern Male vermählte er sich mit Catharina von Manteuffel, des Asmus von Manteuffel auf Drosedow und Arnhausen und der Anna Margaretha von Münchow aus dem Hanse Nassow Tochter. Dieser Ehe sind vier Söhne: 1) Andreas, 2) Gottfried, 3) Pribislaff und 4) Dubislaff (III. 135 bis 138), sowie eine Tochter entsprossen. Letztere, Dorothea mit Namen, geb. 1598 in Kieckow, heiratete mit 18 Jahren Hans von Wüstenhofen, nachmaligen Kaiserl. Obersten. Sie starb als Witwe am 5. Oktober 1653 und ward zu St. Marien in Danzig begraben.632 Von des Andreas drei Söhnen hatten also der älteste: Valentin und der jüngste: Otto Lehnserben. Valentins fünf Söhne heißen: 1) Andreas, 2) Peter, 3) Georg, 4) Wilhelm und 5) Otto(III. 130—134). III. 130. Andreas, Valentins ältester Sohn, starb ohne Erben. III. 131. Peter auf Dargen, Valentins anderer Sohn, wurde in der brüderlichen Erbteilung mit Geld abgefunden. Dafür kaufte er nenn Bauerhöfe zu Dargen, welche vordem Martin Kleist (III. 43) zugestanden hatten, im Concurs aber Georg Warnins Witwe: Veronika Kitzer zuerkannt waren. Der Fürstl. Consens zu diesem Kauf ward unterm 22. 631
Am 4. Oktober 1585 ward Otto Kl. auf Kieckow zum Mitvormund für Else Kl., Haus Kleists (III. 54) Witwe, und deren Kinder bestellt. Aus dem Jahre 1592 ist noch eine Klage vorhanden Otto hatte mit seinem Bruder Valentin 1 580, Montags nach Cantate, einen Vertrag geschlossen, „ihr sämmtliches Holz auf Muttrin zu hegen, Keiner sollte ohne des Andern Vorwissen Holz daraus hauen, bei Pon von 500 Rtlr., halb an den Herzog, halb an den haltenden Teil zu zahlen. " Sem Bruder hatte aber mehr denn 10 Mastbaume aus diesem Holz abhauen und wegfahren lassen; auch aus ihrem gemeinsamen Ellernholz hatte er einige Fuder abhauen und auf seinen Hof fahren lassen, hatte auch durch seinen Schäfer auf Kieckow'schem Felde hüten lassen, und als Otto die Schafe pfänden ließ, verwundete Valentin den Kieckow'schen Schäferknecht „jammerllch mit tödtlichen Wehren", so daß er 12 Wochen bettfest gelegen, ließ dann die mit Fug gepfändeten Schafe aus Ottos Hofe zu Drenow gewaltsam wegtreiben. Valentins Schäfer und Schäferknecht kamen mit langen Rohren vor Ottos Rittersitz, ja sogar erschienen sie zu Weihnachten in der Kirche, ihm zum Trotz, mit langen Rohren. Unterm 2. Juni 1600 stellten die Gebrüder Valentin und Otto zu Muttrin und Kieckow, Jochim auf Zadtkow (III. 96) , Pribislaff, Andreas und Otto (III. 114—116), Gebrüder von Kl. auf Muttrin und Borntin, ein Instrument aus, wonach sie sich in einer schwebenden Rechtssache für Adam und Lorenz Versen auf Burzlaff in Hohe von 3000 Fl verbürgten. 632 Christliche Leich-Predicht Uber Den Spruch 1. Thes. 5. v. 9., Bey ... Begräbnus Der ... Matronen, Frauwen Dorotheae Gebohrner Kleistin/ Des ... Hansen Wüstenhoffen ... Witwen Welche den 5. October Anno 1653. ... eingeschlaffen/ folgend den 7. Dessen zu S. Marien in Dantzig ... beerdiget worden / Gehalten von M. Johanne Jacobo Cramero, Pfarrern der Kirchen S. Johannis daselbst Danzig : Rhete, 1653 Digitalisat Staatsbibliothek Berlin (2014)
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Februar 1613 erteilt. Peter Kleist bat um Lehnbrief und erhielt denselben am 16. Juni 1618 (584).633 Im Jahre 1625 pachtete er auf sechs Jahre das Gut Casimirshof mit Ulrichs Schäferei. In einer Eingabe aus dem Anfange des Jahres 1630 bat Peter zu Dargen den Herzog, die Verlegung einiger abgebrannten Bauerhöfe zu Dargen zum Rittersitze und zur Schäferei zu genehmigen (so daß nur noch 12 Hakenhufen von Bauern bewohnt würden), wie dies auch Andern vom Adel gestattet worden, die solche früheren Bauerhufen alsdann steuerfrei hätten, wofür aber die Schafe in den Schäfereien durch die Schäfer versteuert werden müßten. Unterm 11. April 1630 erhielt er günstigen Bescheid. Von der Commission, welche 1632 den großen Sandschaden in Dargen besichtigte, wird Peter Kl. „Landrat" genannt; er scheint dies Amt jedoch nur vertretungsweise verwaltet zu haben. Unterm 27. Juni 1653 baten er und sein Bruder Otto um Confirmirung der ihrem (ohne Leibeserben verstorbenen) Bruder Wilhelm verliehenen Cession auf Eschenriege, da ihnen die Lehnsfolge verheißen. Sie wiederholten diese Bitte am 11. November 1654. Zwei Jahre darauf petitionierte Peter allein, ward aber auf die nächste Huldigung verwiesen. Am 14. Januar 1657 bat er nochmals, da die Witwe Hans Friedrichs (III. 152) das Gut verwüste und ruinire; er sei bereit, die geforderten 2000 Fl. an dieselbe zu zahlen. Der Advocatus fisci war jedoch dagegen; er wollte das Gut wieder zum Amte Neustettin eingezogen wissen. Peter Kleist war 1658 bereits „alt und schwach" und ließ sich durch seinen Sohn vertreten. Er starb nicht lange darnach. Am 22. Januar 1660 wurden die Güter Repplin und Eschenriege „aller widrigen Verluste ungeachtet" an den Landrat Gerd Wedig von Glasenapp zu Gramenz verliehen, welcher die Witwe abzufinden hatte.634 Peters Gemahlin war eine geborne von Usedom, einzige Tochter des Hauptmanns zu Belbuck: Daniel von Usedom auf Carnitz und Schrubbetow. Letztgenanntes Gut hatte der Hauptmann von Usedom 1588 von der Witwe und den Töchtern des sel. Kanzlers Dr. Lorenz Otto, mit Fürstlichem Consens, für 3000 Fl. gekauft, war aber mit den Zahlungen der Kaufgelder im Rückstande geblieben, so daß Peter Kl. als Ehemann der einzigen Tochter Usedoms im Jahre 1614 von dem Schwiegersohn des Kanzlers Otto wegen der rückständigen, aufgelaufenen Zinsen von 360 Fl. verklagt wurde. Aus dieser Ehe stammt: Valentin Daniel (III. 212). Ein zweiter Sohn starb als Kind. III. 132. Georg, Valentins dritter Sohn, ist ohne Erben gestorben.
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Am 10. September 1618 wurde er im Stift belehnt Im April 1619 bestätigte Herzog Ulrich zu Cöslin den Lehnbrief — Die Belehnung ward erneuert am 28 September 1621, 8. April 1622 (597) und 22 September 1626. Bei der Musterung der Lehnpferde am 30. Juni 1626 wurde festgestellt, daß die Bonine und Kleiste zu Dargen, Wojentin, Schwellin und Dubbertech 2 Lehnpferde zu gestellen hatten; eins derselben prasentierten Peter Kl und Heinrich vom Wolde, wegen der Lehne, die sie vor Alters von den Boninen bekommen (604). Nach dem Hufenanschlag des Jahres 1627 hatte Peter Kl zu Dargen 16 Dorfhufen und eine Mühle zu versteuern (605); 1629 behielt er nur 4 Hegerhufen (608). Laut Verzeichnis vom 6. März 1646 hatte er 1 5/16 und wegen Heinrich vom Wolde 7/18 Hf, auch 5/16 wegen Zarten Erben Im Verzeichnisse de a. 1656 ist bereits Peters Sohn genannt. 634 Im Jahre 1602 hatte sich Peter Kl. in den Niederlanden aufgehalten und von einem Kaufmann in Utrecht Seidenwaren zu seiner Kleidung und Notdurft entnommen, worüber er ihm einen Schuldschein ausgestellt; er hatte versprochen, gleich nach seiner Rückkehr nach Pommern die Schuld zu berichtigen. Dies war jedoch nicht geschehen, und der Kaufmann verklagte ihn 1610 wegen 235 Rtlr. nebst Zinsen. Im Jahre 1611 klagte Peter Kleist zu Muttrin wider Henning Borcken Erben zu Woitzel wegen eines von seiner Hausfrau demselben 1606 gemachten Darlehns von 1000 Fl.
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III. 133. Wilhelm auf Muttrin und Kieckow, Hofrat, später Kanzler, † 1636, Valentins vierter Sohn, war nach einstimmigem Urteile der Familien-Autoren ein „frommer, gottesfürchtiger und wohlthätiger Mann". Er studierte in seiner Jugend und war im Genusse des Pumlow'schen Stipendiums.635 Darauf trat er in Staatsdienste und ward Referent im Hofgericht. Am 2. Oktober 1611 bestellte Herzog Philipp II. ihn zum Hofgerichts- oder Hofrat (573). An Besoldung erhielt er hierfür 200 Fl., sowie freien Tisch bei den Herzogt. Räthen zu Hofe und gewöhnliche Sommer- und Winterkleidung für sich und einen Jungen (Diener). Als Hofgerichtsrat wohnte er dem Vergleiche bei, welchen Philipp II. a . 1611 mit der Stadt Stettin „wegen der Streitigkeiten, so bei drei fürstlichen Regierungen eingefallen", schloß. Als Hofrat war er mit den Fürstl. Räthen auf dem Landtage zu Stettin den 9. März 1613 zur Revision und Beratung des über die Fürstl. Hofgerichtsordnung verfaßten Visitationsabschiedes zugegen. Unter den Fürstl. Hof- und Landräten befand Wilhelm Kleist sich bereits am 18. Oktober 1603 bei dem Leichenbegängnisse Herzog Barnims XI., desgleichen am 8. April 1616 auf dem Begräbnisse der Herzogin Anna, Gemahlin Bogislavs XIII. Unter den Fürstl. Stettin'schen Hof- und Landräten sehen wir ihn ferner bei dem Begräbnis Herzog Philipps H. am 19. März 1618, desgleichen bei der Leichenfeier am 17. Dezember ej. a., welche zu Ehren der Herzogin Anna Maria, gebornen Markgräfin von Brandenburg, Barnims des Jüngeren Witwe, gehalten wurde. Unter dem 18. Oktober 1620 ward er zum Hofgerichts-Verwalter oder Direktor ernannt. Der Hofgerichts-Verwalter Wilhelm von Kl. auf Muttrin nahm am 15. Januar 1621 an dem Leichenbegängnis des Herzogs Franz I. teil. Am 8. Januar 1623 erschien er unter den Camminer Capitularen als Vicedominus, Fürstl. Alt-Stettin'scher Rat und Hofgerichts-Verwalter zu Muttrin und Dubberow zur Trauerfeier am Sarge Herzog Ulrichs. In den Urkunden des Jahres 1625 wird er „pommerscher Kanzler" genannt.636 Am 6. Mai 1625 erschien der Vicedominus, Fürstl. Stettin'scher Kanzler Wilhelm Kl. zu Muttrin und Dubberow, in Wolgast auf dem Begräbnisfeste des Herzogs Philipp Julius, unter den Prälaten des Stifts Cammin.637 Seit 17. Januar 1628 wird er Dekan des Camminer Domcapitels genannt. Der Kanzler Wilhelm Kl. hat die unsäglich schwere Zeit mit durchgemacht, welche über Pommern hereinbrach, als Herzog Bogislav XIV. durch den Kaiserl. Generalissimus im Jahre 1627 zur Capitulation von Franzburg gezwungen wurde, wonach Pommern eine Einquartierung von 10 Kaiserlichen
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Pädagogium Stettin 1598, Guilielmus Kleist a Mutrin P. (2010) Matrikel Jena 1604 Autoritate nobilissimi & amplissimi ictorum ordinis in illustri ... ad Salam Academ. hasce de feudis controversias maxime tum intricatas tum utiles, præside ... Ortolpho Fohmanno ... proponit. Wilhelm Kleist ... , Jenæ, typis Lippoldianis. 1606, Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt, Sammlung Lehnemann (2007) 636 Er war der 44ste pommersche Kanzler. 637 Wilhelm erscheint in den Jahren 1623 bis 1625 mehrfach als Widmungsempfänger in Dissertationen. In der Dissertation des Joachimus Müllerius, Pädagogium Stettin, aus dem Jahr 1625 ist folgender Text enthalten: Dn. Guilielmo â Kleist/ Illustriss. ac Rev. Principis ac Domini, Dn. Bogislai XIV. Ducis Pom. Episc. Cammin, Consiliario intimo, Cancellario & Episcopatus Cam. Vice-Domino excellentissimo, in Muttrin & Dubberow haereditario. (2007)
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Regimentern erhielt. Die Verhandlungen hierüber pflog der Herzog in Beistand zweier seiner Stettin'schen Räthe: Paul Damitz und Wilhelm Kleist und einiger Wolgastischer Stände, welche er in Eile zu sich entboten hatte. Durch die Kaiserl. Einquartierung, welche im November 1627 anfing, litten auch des Kanzlers Güter, namentlich Muttrin schwer. Der Kaiserl. Feldmarschall Torquato Conti forderte außer den 1400 Rtlr., so ihm monatlich zum Tractament deputiert gewesen, noch 3000 Rtlr. für 5 Monate à 600 Rtlr., welche der Herzog zu bewilligen Bedenken getragen. Um dies Geld zu erlangen, ließ der Feldmarschall von Colberg aus die Güter der ganzen Umgegend, auch die Muttriner Güter, plündern und niederbrennen. So sandte er im Juli 1630 einige Compagnien Reiter in die Muttrin'schen Güter ab, ließ alles Vieh, Lebensmittel und Mobiliar wegrauben und zwei „gar ansehnliche, kostbare adelige Wohnhäuser, so bei den Muttrin'schen beiden Rittersitzen befunden sein, gar aufen Grund abbrennen", dabei alles Hausgeräth, Leinen, Betten und Bettgewand eingeäschert und verbrannt ist, so daß der Schaden weit über 4000 Rtlr. zu schätzen war. Die Commission, welche am 14. November 1631 den Schaden abschätzte, fand von des Kanzlers Wohnhause, welches ein „gut adeliges Wohnhaus mit 4 Stuben und 6 Kammern und neuen Kachelofen" genannt wird, nichts mehr, als die rudera von Mauerwerk und Backöfen übrig. Seiner Mutter waren bei dieser Plünderung alles ihr Hausgeräth, Zimmergeräth, Kessel, Lacken und Betten, 16 Achtel Butter, 12 Achtel Käse, 27 Haupt Vieh, darunter 20 Milchkühe und ein Hengstpferd aus dem Hofe, dazu Wilhelm Kleists Bauern: 11 Pferde, 15 Ochsen, 6 Kühe, 3 Füllen und 2 dreijährige Stärken geraubt worden. Die wüste Stätte von des Kanzlers Wohnhause maß 5 Ruthen Länge und 4 Ruthen Breite. Auch in dem neuen Hause auf dem Walle über der Brücke war von den Soldaten auf dem Boden über der Küche ein großes Feuer angelegt worden, hatte aber merkwürdigerweise nicht um sich gegriffen, obwohl das Dach mit Splitt gedeckt war. In der Oberstube des Hauses waren 2 ansehnliche starke Kisten nebst 2 Laden entzweigehanen, die Schlösser abgeschlagen, die Kachelöfen und Fenster zerbrochen und niedergeschlagen. — Die Bauern waren damals wegen der grassierenden Pest zum Teil aus- und ins Holz gezogen. Außer Muttrin besaß der Kanzler Kl. noch 3 Bauerhöfe in Gr. Dubberow, welche Hans Friedrich (III. 152) ihm auf neun Jahre unterm 17. März 1613 antichretisch versetzt hatte (576). — Am 1. Mai 1618 verlieh ihm Herzog Franz ferner die Lehnsanwartung auf das Dorf Eschenriege (583). Wilhelm Kl. stand damals im neunten Jahre in Herzogl. Diensten.638 Unterm 16. Mai 1625 verlieh Herzog Bogislav XIV. seinem Kanzler und Geh. Rat Wilhelm Kl. zu Muttrin und Dubberow das Angefäll an des Andreas Bugenhagen Lehngut Nehringen (603).639 Am 17. März 1634 dehnte Herzog Bogislav XIV. die von Herzog Bogislav X. den Nachkommen und nächsten Agnaten des Kanzlers Georg Kl. zu Dubberow erteilte Exemtion von den Land- und Burggerichten (Urkunde 169) auch auf den Geheimen Rat und Dekan Wilhelm Kleist zu Muttrin,
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Bei der Belehnung am 26. September 1618 huldigten der Hofrat Wilhelm Kl. und Otto wegen Muttrin, Kieckow und Dubberow, auch für ihren Bruder Peter auf Dargen (585 und 586); am 28. September 1621 auch wegen Eschenriege (594 und 595) — Unterm 15. Juli 1619 hatten die Glasenapps “ihr besseres Recht an Eschenriege" gegen die Kleiste zu Dallenthin und in specie gegen Hofrat Wilhelm Kl. auf Muttrin eingereicht, wurden aber am 29. Juli 1620 contumaciert. In der Urkunde vom 2. August 1631 wurde festgesetzt, daß der Geheime Rat und Dekan Wilhelm Kl. dem Hans Friedrich Kl. oder dessen nachbleibenden Erben 2000 Fl. für Räumung der Eschenrieger Lehngüter zu zahlen hatte (612). 639 Nach der Steuer-Matrikel vom 17. Januar 1628 hatte Wilhelm Kl. zu Muttrin und Dubberow 5 Hakenhufen zu versteuern (606). Im Jahre 1629 wurde er mit 19 1/2 Hufen vom Belgard'schen zum Polzin'schen District verlegt. Am 15 Februar 1634 unterschrieb der Geheime Rat von Kl. des Herzogs Bogislav XIV lnstrumentum dotationis der Akademie zu Greifswald mit dem Amte Eldena (Dähnert, Pomm. Bibl. B. V, S. 342).
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Dubberow und Barnimskunow und seine Lehnserben aus, „wegen der unterthänigen, getreuen Dienste", welche derselbe dem Herzoge und dessen Vorfahren „in unterschiedlichen vornehmen officiis nunmehr über 24 Jahre willig und gern geleistet hat, auch hinferner gehorsamblich leisten und erzeigen soll und will" (615). Nach Angabe des Kirchenbuches von Cammin ward der Dekanus Wilhelm Kl. am 6. April 1636 im hohen Chor des Domes begraben; er hatte „sich zu Tode gefallen auffm Thumb".640 Die Urteile der Schriftsteller über den Kanzler Kleist lauten einstimmig günstig. Philipp Hainhofer, welcher ihn am Fürstenhofe zu Alt-Stettin kennen lernte, äußert sich über ihn und überhaupt über den pommerschen Adel jener Zeit sehr anerkennend. Er schreibt in seinem Reise-Tagebuche vom Jahre 1617: „Es gibt in Pommern fast hübschen Adel und Ritterschaft, und unter dem pommerschen Adel sind viel' Gelehrte und auch im Kriegswesen versuchete Rittersleute, inmaßen ich, unter Andern, mit Zastrow, Carnitz, Behr, Schwabe, Flemming, Puttkamer, Winter, Hindenburg, Marwitz, Normann, Ramin und Wilhelm Kleisten, als gelehrten nobilibus gute Kundtschaft habe und gar ansehenliche, dapfere, lange, starke Leute auch unter dem Adel giebt."641 Hainhofer erzählt auch von einem Abende, den er im Jahre 1617 (28. September) im Schlosse zu Stettin zugebracht: „Bei der Nachtmahlzeit saßen m. gn. Herre, m. gn. Fraw, Ich, der Kanzler, Matthias von Carnitz, Dr. Theodorus Plennius, Dr. Valtin Winter, Wilhelm Kleist und Friedrich von Hindenburg sammt dem Schloßhauptmann. Man tractierte mit Speisen und collation stattlich. Nach der Mahlzeit gingen wir wieder allesampt in die Hall und haben, wie man's auf Pommersch heißt, den munteren Nachbauren gespielt zu Goldfüchsen, welches Spiel etlichermassen mit dem Haaßspiel zu vergleichen, das Ihr viel mit einander spielen künden, allein daß dieses mit Würfel, jehnes mit Carten gespielt würdt."642 Der Kanzler Kl. ist zweimal verheiratet gewesen: a) mit Sophie Marie von Kleist, Tochter des Landrats Dubislaff auf Damen (III. 123), geboren 22. Januar 1605, vermählt 13. September 1618, gestorben 9. März 1622 in ihrer Tochter Wochen und ward am 11. April in der Marienstiftskirche in Stettin begraben. Mit ihr hatte er einen Sohn: Franz (III. 213) und eine Tochter: Elisabeth Sophia, geboren 1. März 1622, gestorben 16. November 1698, vermählt mit Bernd von Münchow, geb. 1632, † 1665,643 hinterpommerschem Landrat auf Carzenburg, Mersin, Gervin, Muttrin, Dubberow, Buckow, Wiesenburg, Wold. Tychow, Kl. Satspe, Zabelsberg, Pielburg und Heide. Den Kanzler Kleist in seinem tiefen Schmerze über den Verlust seiner Gemahlin zu trösten, erschienen zwei Schriften im Drucke, welche noch vorhanden sind. Die eine derselben ist von dem Hofgerichts-Advokaten Adam Mößler verfaßt und führt den Titel: “Threnodia consolatoria, Clag- und Trostschrift über den unverhofften tödtlichen Abgang der Wol Edlen Ehrentugendreichen Frawen Sophiae Mariae Kleisten, des Wohledlen, Gestrengen und Ehrenvesten Wilhelm Kleisten, Fürstl. Pomm.
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Mikralius drückt sich hierüber so aus: „Der Domdechant zu Cammin, herzogl. Pomm. Stettin'scher Geh. Rat und Kanzler Bogislavs XIV. Wilhelm Kleist hat der Welt durch einen kläglichen Fall abgedanket" Merkwürdig i st auch, was die Familien-Urkunden von einem Sohne des Kanzlers erzählen: „Der Sohn letzter Ehe hat auf seines sel. Herrn Vaters Begräbnis einen bösen Fall von der Stiege getan, wovon er auch kurz hernach gestorben." Das Urteil, welches in Sachen des Dekans Wilhelm Kl. wider Christian Kl. zu Dubberow wegen Wiedereinlösung einiger dem Ersteren verpfändeten Lehnstücke zu Gr. Dubberow und Muttrin gefällt wurde, ist erst nach des Dekans Tode, unterm 4 März 1640 publiciert worden (619). 641 Balt. Stud. Bd. II, Heft 2. S. 35. 642 Balt. Stud. ibidem S. 102. 643 Information der Familie v. Münchow (2012)
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Hofgerichtsverwaltern, zu Muttrin erbsessen, seligen Ehewirtin."644 Die andere Schrift enthält die Leichenpredigt des Dr. Daniel Cramer in Stettin, betitelt: „Von der heiligen Matriarchin Rahell und ihren schweren Kindsnöthen Genes. 35, V. 16. Leichpredigt bey der volkreichen und ansehnlichen Adlichen Begrebnus der Edlen Ehr- und Tugendreichen Frawen, Sophiae Mariae, des Woll Edlen, Gestrengen und Vehsten Wilhelm Kleistes auff Muttrin und Dubberow Erbsessen, Fürstlichen Stettinischen wolverordneten Hofgerichtsverwalters, Ehelichen Hausfrawen, welche kurz nach enthobenen Weiblichen bürden ihr Leben den 9. Martii Sehliglich geschlossen, und den 11. April, war der Donnerstag für Palmarum, in der Stiftskirchen zu St. Marien, Christlich beerdiget worden."645 b) Die zweite Ehe ging der Kanzler Kleist bereits am 16. November 1622 ein mit Elisabeth von Eickstedt, des George von Eickstedt auf Rothen-Clempenow, dreißigjährigen Fürstl. vorpommerschen Landrats und Obereinnehmers des Wolgast'schen Landkastens, und der Ursula von der Gröben aus dem Hause Kotzeband zweiten Tochter. Von ihr berichten die Familien-Urkunden: „Diese letzte Ehefrau hat der Höchste mit einem langen Leben begnadet, indem sie allererst 1694 gestorben und zu Damen bei Herrn Christoph Friedrich Kl. (III. 291), als welcher ihre Neffe (= Nichte) zur Ehe hat, begraben worden. " Die zweite Ehe war mit einem Sohne: Bogislaff (III. 214) und zwei Töchtern gesegnet: 1) Ursula, vermählt mit Nicolaus von Lettow zu Gr. Reetz und Ruchow, und 2) Agnise Hedwig, vermählt mit Rüdiger von Münchow, Churfürstl. hinterpommerschem Landrat auf Seeger (gestorben 1. August 1683). Die Witwe starb daselbst 23. Juni 1684. Nach des Dekans Wilhelm Kleist Tode brach ein Streit unter den Erben aus. Seine Witwe Elisabeth geborne von Eickstedt und die Vormünder ihrer Kinder klagten gegen den Curator der Kinder erster Ehe Bernd Münchow auf Carzenburg, welcher wegen des seiner Ehefrau Elisabeth Sophia von Kleist zugesagten Ehegeldes von 11374 Fl. 16 Sch. und 20 Loth Silber die Lehngüter in Besitz genommen hatte. Unterm 24. April 1643 erging das Erkenntnis des Stettinschen Hofgerichts, nach welchem der Klägerin
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Es existieren zwei weitere Schriften: Elegiacum lugubre : Cuius positiones partim annum, mensem & diem exanimationis; partim vero vitam, aetatem & ipsam mortem Generosae Matronae Sophiae Mariae, Nobilissimi Viri, Dn. Wilhelmi Kleistes, Illustrissimi Dicasterii Stetinensis Praesidis vigilantissimi haereditarii in Muttrin Coniugis Dilectissimae continent, annexo anagrammate. Sophia Maria Von Cleistes a Damen Undt Mutterin. Per anagramma. / Summae observantiae & condolentiae causa f. Christianus Ludeke Advocat. Fisci Erschienen: Stetini : Duber, [1622], SUB Göttingen - Digitalisat Epicedia in obitum Sophiae Mariae Kleistes, Faeminae qua Pietatem, qua Nobilitatem, qua Formam, laudatissimae, Praestantissimae, Venustissimae: Viri Magnifici, Nobilißimi & Consultißimi Dni. Guilielmi Kleistes, haereditarii in Mutrin & Dubbero, Illustrissimi Archidicasterii Stetinensis Praesidis dignissimi, coniugis dulcissimae, 9. Martii Anno 1622. pie & placide in Christo redemptore consopitae: Condolentiae ergo scripta ab Amicis Beiträger: Reutzius, David; Winther, Valentinus; Schertzius, Paulus; Neomarcus, Petrus; Kielmannus, Heinricus; Leuschnerus, Martinus; Bambamius, Martinus; Fabricius, Johannes; Stecherus, Christoph.; Segebadius, Georgius; Reutzius, Philippus [Stetini] : Kelner, [1622] (2007) 645 Von der Heiligen Matriarchin Rahell/ und ihren schweren Kindsnöthen/ Genes: 35, 16. Leichpredigt : Bey der Volckreichen und Ansehnlichen Adlichen Begrebnus/ der Edlen Ehr und Tugendreichen Frawen/ Sophiae Mariae/ Des Woll Edlen Gestrengen und Vehsten/ Wilhelm Kleistes auff Muttrin und Dubberow Erbsessen/ Fürstlichen Stettinischen wolverordenten Hoffgerichts verwalters/ Ehelichen Haußfrawen/ Welche kurtz nach enthobenen Weiblichen bürden/ ihr Leben den 9. Martii Sehliglich geschlossen/ und den 11. April. war der Donnerstag für Palmarum, in der Stifftskirchen zu S. Marien/ Christlich beerdiget worden/ Gehalten / Durch Danielem Cramerum, der H. Schrifft Doctorem, Pastorn und Professorn zu Alten Stettin, Alten Stettin : Duber, 1622, SUB Göttingen (2007)
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Forderung auf 9961 Fl. festgesetzt wurde.
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Unterm 14. April 1651 verglichen sich die Parteien mit einander. Dem Bernd von Münchow, Gemahl der Tochter erster Ehe des Kanzlers, wurden 21315 Fl. Pomm. zuerkannt. Dafür überließ des Kanzlers Witwe im Namen ihrer Kinder ihm unter Anderm die Lehngüter zu Muttrin und Dubberow (627).647 Im Jahre 1686 besaßen des Kanzlers Witwe und Erben ein Haus in der kleinen „Thumbstraße" in Stettin, welches früher aus zwei Häusern bestanden. Sie waren von 1658 bis 1686 noch 2929 Fl. Schoß für beide Häuser rückständig.648 In den letzten Lebensjahren wohnte die Witwe auf Damen bei Verwandten, woselbst sie 1694 starb. Des Kanzlers älterer Sohn: III. 213. Franz, geb. 16. Juni 1620, schrieb im Juli 1634, auf dem Fürstl. Pädagogio zu Stettin studierend, ein Stammbuchblatt. Er lebte bei des Vaters Tode noch, ist aber jung gestorben. Des Kanzlers einziger Sohn zweiter Ehe war: III. 214. Bogislaff.649 Nach den Familien-Nachrichten that er auf seines sel. Vaters Begräbnis einen bösen Fall von der Stiege, woran er kurz hernach starb. Mit dem frühzeitigen Tod dieser beiden Söhne ist des Kanzlers Seitenzweig erloschen. III. 134. Otto auf Muttrin und Kieckow, † c. 1655,650 Valentins jüngster Sohn, war c. 1574 Herzogl. Hofdiener. In den Jahren 1618 und 1622 wurde er mit
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Erkenntnis in: Auserlesene Sammlung verschiedener glaubwürdiger, guten theils nie gedruckter Urkunden und Nachrichten, Rostock und Wismar 1756, Band 2, S. 423 (2011) 647 Im Juli 1651 klagten die Capitularen der St. Marien-Stifts-Kirche und die provisores paedagogii zu Stettin wider sel. Dekani Wilhelm Kl. Witwe und Erben, auch wider Martin Borcke, wegen des Bauerhofes in Barnimskunow und dessen unbefugter Veräußerung. Die Capitularen hatten dem Dekan Kl. den Bauerhof um jährliche Rente ausgetan, aber seit 1630 keine Pension erhalten; die Erben hatten ihn nun wieder ausgetan und an Martin Borcke in Schönwalde verkauft. 648 Das eine Haus hatten sie von dem Bürger und Brauer August Schmieden, das andere von Baltzer Brockhusen gekauft. 649 Ist nach der Stammtafel a. 1636 geboren. Da der Vater bereits im Januar 1636 gestorben und der Sohn am Begräbnistage des Vaters von der Stiege gefallen, so ist wohl anzunehmen, daß er einige Jahre früher geboren ist. 650 Die Stammtafel gibt irrtümlich 1603 als sein Geburtsjahr und 1670 als sein Sterbejahr an.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 295 -
seinen älteren Brüdern Peter und Wilhelm belehnt. Sein Erbgut war Kieckow nebst Anteil an Dimkuhlen. Im Jahre 1629 wurde Otto Kl. zu Kieckow mit 7 1/2 Hufen vom Belgard'schen zum Polzin'schen Distrikt verlegt; im folgenden Jahre wurden ihm 3 Hufen gelöscht (610). Sein Gut Kieckow wurde im Kriege auch schwer heimgesucht. Otto nannte sich seitdem „einen ruinierten, ausgeplünderten Mann". In den Jahren 1653 und 1654 bat er mit seinem Bruder Peter wiederholt um Confirmirung der ihrem verstorbenen Bruder Wilhelm erteilten Cession auf Eschenriege, jedoch vergeblich. Im Jahre 1655 besaßen seinen Anteil an den Kowalk'schen Lehnen: Landrat Bernd von Münchow zu Carzenburg und sein Schwiegersohn Hans Friedrich von Kl. (III. 152) auf Eschenriege. Otto Kleist auf Kieckow nannte sich damals einen alten, schwachen Mann, der nicht mehr gehen könne. Sein Bruder Peter gibt ihn unterm 5. März 1656 als bereits gestorben an. In seiner Ehe mit Idea von Blanckenburg aus dem Hause Ram elow, des Venz von Blanck-Tochter, geboren 1620, waren ihm vier Söhne: 1) Valentin, 2) Venz Heinrich, 3) Peter Wilhelm 4) Otto (III. 215—218), sowie zwei Töchter geboren: 1) Barbara, zweite Gemahlin des Fürstl. pommerschen Jägermeisters Hans Friedrich von Kl. zu Neustettin (III. 152)651, und 2) Idea Herrath, welche im Kloster zu Marienfließ Aufnahme fand, woselbst sie am 11. Oktober 1705 gestorben. Von Valentins fünf Söhnen hatten also der zweite: Peter, der vierte: Wilhelm und der fünfte: Otto Lehnserben. Peters einziger Sohn heißt: III. 212. Valentin Daniel auf Dargen, † nach 1667. Seiner wird zum ersten Male in einem Verzeichnisse der Damen'schen Kleiste aus dem Jahre 1654 Erwähnung getan (630 a). Im Jahre 1655 mußte er von Dargen, so ein früheres Bonin'sches Lehn war, ein Lehnpferd gestellen (632). In diesem und den folgenden Jahren litt Dargen sehr durch starke Einquartierung von Truppen, welche gegen Polen dirigiert wurden. Valentin Daniel geriet hierdurch in große Not. Wegen seines „gar kläglichen Zustandes" mußte er seinem Nachbar Ulrich von Bonin 2 1/ 2 Hufen abtreten. Im Jahre 1658 vertrat er seinen Vater in der Sache wegen Eschenriege, bat aber, da er von der Contribution zu schwer getroffen sei und einige Mittel anschaffen müsse und deshalb eine hochnöthige Reise vorhabe, welche wohl drei Wochen dauern würde, um Dilation der Sache. Inzwischen hatte sich jedoch der Landrat von Glasenapp in den Besitz von Eschenriege gesetzt, und Valentin Daniels Bemühungen, ihn daraus zu entfernen, waren vergeblich. Bei der Churfürstl. Erbhuldigung am 9. November 1665 ward er mit Dargen belehnt (640 und 662). Unterm 25. Oktober 1666 meldete er zu Colberg seine Lehnsansprüche an Ruschitz an und gab deswegen eine Protestation gegen alle Prätendenten ad acta.
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Sie erhielt auf ihren Brautschatz jure retentionis das Gütlein Kalkberg.
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Sein Name kommt noch in den Steuer-Registern der Jahre 1667—1671 vor (645 und 650); darnach wird er nicht mehr genannt. Valentin Daniel war zweimal vermählt: a) mit Anna Marie von Podewils aus Ganzkow, Tochter des Adam von Podewils und der Anna von Somnitz, und b) mit.....von Rützen. Sein einziger Sohn hieß: III. 301. Peter auf Dargen, 1704, † nach 1720. Er ward 11. Oktober 1699 mit Dargen belehnt (675) und mußte nach der Berechnung der Lehnpferdegelder de a. 1704 seinen Beitrag zu einem Lehnpferd geben (677 a). Im Jahre 1713 verkaufte er einen Holzkathen an den Landrat Bogislaff von Bonin auf Wojenthin. Letzterer kaufte am 10. Juli 1717 und 14. Mai 1720 erblich noch andere Teile von Dargen dazu.652 Darnach wird Peter Kleist in den Urkunden nicht mehr genannt. Seine Gemahlin war gleichfalls eine geborene von Podewils aus dem Hause Ganzkow. Sie schenkte ihm einen Sohn: III. 399. Daniel Friedrich auf Dargen. Derselbe war laut Angaben des Schwelliner Kirchenbuches mit Maria Juliana von Glasow (gestorben c. 1762) vermählt.653 Aus dieser Ehe stammen zwei Söhne: 1) Peter Franz, geboren 1707 (III. 528.), welcher jedoch jung gestorben ist, und 2) Friedrich Albrecht, geboren 1709 (III. 529.), der 1730 als Fourier und 1740 als Sec.-Leutnant in den Regimentslisten des 29. preuß. Infanterieregiments, etwa 1710 geboren, auftaucht. Nach einem weiteren Eintrag über einen Leutnant von Kleist ohne Vornamen könnte er 1742 gefallen sein.654 Mit ihnen erlosch der Damen-Dargen'sche Seitenzweig.
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Brügg. III, S. 608. Irrtümlich ist auf Seite 503 gesagt, daß Maria Agnisa von Kl. (III. 200) in zweiter Ehe mit Daniel Friedrich (III. 399) vermählt gewesen; sie war in zweiter Ehe mit Daniel Heinrich (III. 407) verheiratet. 654 Einfügung 2014 653
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Wir geben die Stammtafel von:
Durch Otto aus Kieckow (III. 134) entstammt der Damen-Kieckower Seitenzweig, welcher nicht nur zweihundert Jahre geblüht hat, wie die 1. Auflage meinte. Otto hatte vier Söhne: 1) Valentin, 2) Venz Heinrich, 3) Peter Wilhelm und 4) Otto (III. 215—218). III. 215. Valentin auf Kieckow und Döbel, † 16. Juli 1692,655 Ottos ältester Sohn, befand sich bis 1644 im Genuß des Pumlow'schen Beneficiums. Unter den Belehnten wird sein Name zum ersten Male a. 1654 genannt (630 a).656 Er war am 26. April 1660 Zeuge, als die Witwe des Hans Friedrich Kl. mit den Vormündern ihres Sohnes das Gut Eschenriege dem Landrat Gerhard Wedig von Glasenapp auf Gramenz gegen Zahlung von 2500 Fl. Pomm. überließ (637). Im Jahre 1665 wurde er mit Kieckow, Muttrin und Kalkberg, auch mit 3 Bauerhöfen in Döbel belehnt (640 und 662). Nach den Steuer-Registern der Jahre 1667—1671 hatte er zu Kieckow 11 1/2 Hufen, zu Döbel 3 Bauerhöfe und zu Kieckow 2 Bauerhöfe (645). Er starb nach Ausweis der von Kleist'schen Lehnsacten am 16. Juli 1692. Seine Gemahlin war Ursula Perpetua von Kleist, des Peter auf Zadtkow (III. 162) und der Armgard von Lettow aus Gr. Reetz Tochter, welche sich in einer Eingabe vom 7. Oktober 1699 eine "betrübte, alte
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Die Stammt. gibt irrtümlich 1645 als sein Geburtsjahr und 1703 als sein Sterbejahr an. Bei der Musterung der Lehnpferde in Colberg am 25. April 1655 stellte Valentin von Kieckow und Muttrin ein Lehnpferd (632 und 635) Von Döbel hatte er für 1/2 Lehnpferd zu zahlen (651. Verg.. Urk. 667 und 677 a). 656
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Witwe" nennt. Sie hatte ihrem Gemahl fünf Söhne: 1) Otto, 2) Peter Caspar, 3) Friedrich Wilhelm, 4) Franz Andreas und 5) Dubislaff Bernd (III. 302—306), sowie zwei Töchter geboren: 1) Barbara und 2) Elisabeth Sophia, vermählt mit von Briesen auf Creitzig. Ihres Mannes Lehngüter Kieckow und Döbel behielt die Witwe wegen ihres Eingebrachten in Besitz. Am 4. Mai 1696 kaufte sie mit ihren Kindern von dem Hauptmann Sebastian Heinrich auf Gr. Tychow (II. 84) dessen Holzkavel im Zülow für 750 Fl. Pomm. (673). Im darauf folgenden Jahre kauften sie von dem Hauptmann Adam Wilhelm von Kleist (II. 83) ein Anteilgut in Kieckow für 2622 Fl. Pomm. (674). Der zweite Sohn Peter Caspar (III. 303) hat beide Urkunden mitunterschrieben. III. 216. Venz Heinrich, des Otto Kl. anderer Sohn, ging frühzeitig außer Landes, besuchte hohe Schulen und trat dann in Kriegsdienste. Im Jahre 1643 sehen wir ihn in der schwedischen Armee. Von einem schwedischen Corporal zu Rosse hatte er 50 Rtlr. geliehen. Er bat denselben, mit ihm nach Pommern zu reisen, wo er ihm das Geld baar bezahlen oder ihn anderweitig entschädigen wolle. Der Corporal, sein Weib und Söhnlein kamen mit ihm im April 1643 in Kieckow, seines Vaters Gute, an. Am 23. April ej. a. ritten sie mit einander von dort zurück nach Neustettin. Des Venz Heinrich jüngerer Bruder Peter Wilhelm, ein Bauer Michel Wegner und ein Knecht Martin Steffen begleiteten sie. In der Stadt wurde scharf getrunken. In angetrunkenem Zustande schoß Venz Heinrich aus dem Fenster des Wirthshauses und trieb andern Mutwillen. Als sie spät Abends nach Hause ritten und bei dem „Fürstl. Witthumshause" vorüber waren, sprach Peter Wilhelm zu dem Weibe: „Komm, wir wollen in die Wette reiten!" Kaum hatte der Wettritt begonnen, so schoß Venz Heinrich den Corporal von hinten zu in den Nacken, daß die Kugel durch den Kopf und zur rechten Backe herausging und er sofort tot vom Pferde fiel. Man schleppte die Leiche in einen Morast im Lottin'schen Busch, nachdem man die Kleider des Erschossenen unter sich geteilt. Die Gebrüder von Kleist entflohen nach Polen, Venz Heinrich aber wurde ergriffen und nach Alt-Stettin in das Fürstl. Schloß in Gewahrsam gebracht. Dort saß er mit einem „Zigeuner-Lieutenant" zusammen „in der Trabanten Bude, in einem guten, mit Fenster und Kachelofen versehenen Losament. " Man ließ ihn anfänglich auch auf dem Platze vor dem Schlosse umhergehen; er durfte auch zum Orgelbauer auf die Stube gehen. Als er aber am 4. August 1645 gemeinsam mit dem Zigeuner-Lieutenant einen Fluchtversuch machte, — wobei sie freilich nicht weit kamen, sondern sich in einer Kneipe fest tranken —, so wurde die Haft hinfort strenger. Und als Venz Heinrich seine verübte Gewaltthat durchaus nicht gestehen wollte, so wurde beschlossen, „zur Erkundung der Wahrheit ihn der Peinlich scharffen Frage zu unterwerfen". Letzteres geschah am 8. Oktober 1646 in der alten großen Ritter- und Hof-Stube zu Stettin, nachdem er an drei Jahre im Gefängnis zugebracht. Unter der Folter gestand er sein Unrecht. Sobald aber der Scharfrichter in der Tortur nachließ, widerrief er es und beteuerte, daß nicht er, sondern sein Knecht den Corporal meuchlings erschossen hätte. Weiteres berichten die Hofgerichts-Akten über ihn nicht. Es ist anzunehmen, daß er in Folge der Tortur bald gestorben ist, zumal er in dem feuchten und kalten Burgverließ von der Gicht und fallenden Sucht
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bereits hart geplaget war.
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III. 217. Peter Wilhelm, Ottos dritter Sohn, lebte 1643 beim Vater in Kieckow, machte in demselben Jahre den verhängnisvollen Ritt nach Neustettin mit und entfloh nach Polen, woselbst er nach den Familien-Urkunden jung gestorben ist. III. 218. Otto, † jung, Ottos jüngster Sohn, wird „Otto Kleist der Jüngere" genannt. Eine Nachricht meldet von ihm, daß er „zur Zeit einer Hungersnot, vor der Ernte, da im Dorfe Kieckow in etzlichen Tagen kein Stück Brods gewesen, sich zu einem alten Herrn in Preußen, als Hans Ernst von Polentz, begeben. " Im Jahre 1645, da er 15 Jahre alt war, hielt er sich bei seiner Mutterschwester, einer Witwe, zu Böcke in Polen auf; er trug einen schwarzen, polnischen Rock.658 Von Ottos vier Söhnen war also nur der älteste: Valentin beerbt. Derselbe hatte fünf Söhne. III. 302. Otto auf Kieckow, Lieutenant,659 Valentins ältester Sohn, war Churbrandenburgischer Lieutenant zu Pferde. Bei der Belehnung am 11. Oktober 1699 war er in Preußen abwesend. Seine Rechte an den väterlichen und brüderlichen Gütern hatte er gegen eine Abfindung seinem Bruder Franz Andreas abgetreten, weil er sich in Preußen niedergelassen. Er hatte sich daselbst mit Marie Elisabeth von Rapp, Erbin von Banditten, Boditten, Gischeinen und Ruppertswalde (auch die Dieben'schen Güter genannt), verheiratet. Unterm 7. Januar 1704 wurde ein Erbvergleich zwischen dem Erben des sel. Rats Oswald von Rapp auf Dieben oder Banditten et c. Johann Friedrich von Rapp und Otto von Kleist, seinem Schwager, der die Güter erhielt, geschlossen. Im Jahre 1716 war Otto Kl. bereits alt und schwach. Zwei Jahre darauf verpachtete er seine Güter auf sechs Jahre. Am 4. März 1724 machte er sein Testament und starb bald darauf. Aus seiner Ehe mit Marie Elisabeth von Rapp sind drei Söhne entsprossen: 1) Caspar Friedrich, 2) Otto und 3) Franz Andreas (III. 400—402). III. 303. 657
Venz Heinrich wird in einer Urkunde „der Lange" genannt; er war 1644 erst 21 Jahre alt. Die Familien-Urkunden bezeugen von ihm und seinen beiden älteren Brüdern, daß sie „teils ganz jung, teils in der Fremde und ohne Erben gestorben". 659 Die Stammtafel gibt irrtümlich 1669 als sein Geburtsjahr und 1737 als sein Sterbejahr an; er war den 6. Juli 1693 42 Jahre alt, ist also c. 1651 geboren und machte am 4. März 1724 sein Testament. 658
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 300 -
Peter Caspar auf Kieckow und Döbel, Rittmeister, † 1697, Valentins anderer Sohn, ist laut Familien-Urkunden „sofort in seiner Jugend an den Churfürstl. brandenburgischen Hof gekommen, hat daselbst etliche Jahre als Page aufgewartet, und sich insonderheit auf die Reitkunst applicielt, worin er auch so weit avanciert, daß er nicht allein des Hochsel. Herrn Markgrafen Ludwig, sondern auch des Höchst-Wohlsel. Durchl. Churfürsten von Brandenburg Friederici Wilhelmi Magni Freuden-Pferd mit großen Ehren geritten, so daß viele anwesende große Herren daran ein sonderliches Vergnügen gespüret. Es haben ihm bei Ihrem Leben Ihre Hochsel. Churfürstl. Durchlaucht die Gnade getan und ihn in Frankreich reisen lassen, allda er sich so qualificiert gemacht, daß er seinem großen Fürsten zu dienen capabel gewesen. Hernach ist er in Churbrandenb. Diensten Rittmeister geworden, hat auch die Anwartung gehabt, Ihro Durchl. des Chur-Prinzen Stallmeister zu werden; wie er aber 1697 in Preußen gereiset, sich daselbst mit der Fräulein von Heidekampen zu verehelichen, ist er allda an einer hitzigen Krankheit mit großer Betrübnis seiner ganzen Familie gestorben."660 III. 304. Friedrich Wilhelm, Capitain, † 1697,661 Valentins dritter Sohn, war laut Urkunde vom 6. Juli 1693 Lieutenant im Reiter-Regiment du Hamel (später Nr. 6), so in Köln a. Rh. stand, damals 25 Jahre alt, also a. 1668 geboren. Als er Seiner Churfürstl. Durchlaucht bestallter Capitain geworden, ward er commandiert, aus Preußen Rekruten zu holen. Auf der Rückreise erlag er einer hitzigen Krankheit a. 1697 den 13. Juni und wurde zu Mastricht begraben. III. 305. Franz Andreas auf Kieckow und Döbel, † nach 1714, Valentins vierter Sohn, wurde bei Ihrer Durchl. der Kurfürstin von Brandenburg Page, welche ihn in der reformierten Confession auferziehen ließ. Darnach ging er in Kriegsdienste und war 6. Juli 1693 Sergeant im Churprinzl. Regiment zu Fuß (22 Jahre alt, also 1671 geboren), später Fähnrich in Markgraf Philipps Regiment in Berlin. Unterm 11. Oktober 1699 huldigte er, auch für seine abwesenden Brüder Otto und Dubislaff Bernd (675), mit welchen er vom Vater ein Gut in Kieckow und in Döbel geerbt hatte. Diese Lehnstücke hatte dazumal ihre Mutter auf ihr Eingebrachtes im Besitz. Franz Andreas reservierte sich zugleich das jus reluitionis an den Lehnen: Ruschitz, Muttrin und Dubberow, Kalkberg und Drenow. Seine Brüder Otto und Dubislaff
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Am 6 Juli 1693 war er Rittmeister im Reiter-Regiment Nr. 6, so in Köln am Rhein stand; er war damals 34 Jahre alt, also 1659 geboren. Mit seinen Brüdern hatte er von seinem Vater ein Gut in Kieckow und Döbel geerbt. Zu Anfang des Jahres 1697 kaufte er noch eine Partikel in Kieckow von Adam Wilhelm und hinterließ diese seinen drei Brüdern, welche sie ihrem Bruder Franz Andreas (III. 305) abtraten. Er unterschrieb am 7. August 1696 und 5. Februar 1697 die Kaufcontracte, welche Valentins Erben auf Kieckow abschlossen (673 u. 674). 661 Er starb laut Familien-Urkunden am 13. Juni 1697.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 301 -
Bernd überließen ihm die vom Vater hinterlassenen Lehne und die von ihrem Bruder Peter Caspar hinterlassene verschuldete Partikel in Kieckow gegen eine Abfindung. Bei der Belehnung am 26. April 1714 hatte er seinem jüngsten Bruder Dubislaff Bernd auf Döbel und Kalkberg Vollmacht gegeben, für ihn zu huldigen (680), und starb bald darnach, unvermählt. III. 306. Dubislaff Bernd, Rittmeister auf Kieckow, geb. 1679, † 1748, Valentins jüngster Sohn, geboren 12. Januar 1679, besuchte 1693 das reformierte Gymnasium in Berlin und trat dann in Kriegsdienste. Kaum 20 Jahre alt, war er Cornet und Adjutant unter dem Churprinzl. Regiment zu Pferde (später Nr. 2). Im Jahre 1713 war er Königl. Preußischer Regiments-Quartiermeister und nahm bald darauf als Rittmeister seinen Abschied. Bei der Belehnung 1699 war er in Kriegsdiensten abwesend, 1713 hatte er nur kurze Zeit Urlaub. Im folgenden Jahre sehen wir ihn zu Hause; er huldigte 1714 auch für seinen älteren Bruder Franz Andreas. Letzterer hatte ihm seine Rechte an den väterlichen und brüderlichen Gütern gegen eine Abfindung abgetreten. So besaß er Anteile an Kieckow: Kieckow b, wozu ein Bauerhof in Muttrin, 5 Bauerhöfe in Döbel, ein Hof in Drenow, ein Kathen in Tychow und ein Kathen in Zadtkow nebst Holzkaveln und Buschkathen daselbst gehörten, auch einen Teil des Feldgutes Kalkberg. Letzteren verkaufte er mit 2 dazu gehörigen Bauern und einem Kossäthen in Schmenzin, ingleichen den Brahm-Kathen nebst 5 Holzkaveln und den Anteil am Streitholz an den Hauptmann Bernd von Kl. auf Schmenzin unterm 1. November 1720. Zuvor hatte er, laut Kaufvertrag vom 20. Mai 1718, von dem Hauptmann Joachim Ewald (III. 426) erblich drei Bauerhöfe in Zarnekow gekauft.662 Später kaufte er von dem Camminer Dekan Ewald Jürgen (III. 350) auf Vietzow dessen Anteil in Muttrin c. p. erblich für 7500 Fl. Pomm. und ward am 8. November 1729 damit belehnt (647); ferner erwarb er 1731 von Franz Jürgen (III. 502 b) auf Döbel dessen 5 Bauerhöfe in Döbel für 3700 Fl. Pomm. und Kieckow a von dem Major Nicolaus Valentin (III. 527). Das ganze Gut Kieckow trat er noch bei seinen Lebzeiten am 12. Juli 1742 seinem Sohne Adam Heinrich ab. Zur Huldigung am 16. September 1743 konnte er Alters und Unpäßlichkeit halber nicht reisen; sein Sohn Adam Heinrich vertrat ihn (684). Dubislaff Bernd starb am 24. April 1748 im Hause seiner Tochter zu Banditten und ward zu Arnsdorf begraben. Seine Gemahlin Ester Juliane von Kleist, des Adam Heinrich (III. 368) und der Eva Dorothea von Steinwehr Tochter, geboren zu Muttrin den 20. Februar 1689, vermählt 27. Juni 1713, gestorben zu Kieckow am 6. September 1721, hatte ihm zwei Söhne: 1) Adam Heinrich und 2) Ewald Friedrich (III. 403 und 404), sowie zwei Töchter geboren: 1) Barbara Elisabeth, vermählt: a) mit dem Lieutenant Franz Andreas von Kl. (III. 402);
662
Dieselben veräußerte er unterm 29. Juli und 18. September 1737 erblich dem Hauptmann Matthias Reimar (III. 502 a ).
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 302 -
b) mit dem Oberstlieutenant von Münchow und c) mit dem Landrat Heinrich Joachim von Woldeck auf Banditten; — und 2) Dorothea Barbara Juliana, vermählt 1733 mit Henning Christian von Kleist auf Schönwerder (III. 456). Von Valentins fünf Söhnen waren also nur der älteste: Otto und der jüngste: Dubislaff Bernd beerbt. Otto hatte drei Söhne: 1) Caspar Friedrich, 2) Otto und 3) Franz Andreas (III. 400—402). III. 400. Caspar Friedrich, Oberstlieutenant, 1729, Ottos ältester Sohn, war 5. März 1711 Fähnrich beim Infanterie-Regiment Kronprinz Nr. 6, 30. April 1713 Seconde-Lieutenant und 25. Dezember 1715 Premier-Lieutenant. Im folgenden Jahre richtete er von Cöpenick aus ein Gnadengesuch an den König des Inhalts: Die pommerschen Herzoge hätten dem Jägermeister Hans Friedrich von Kleist (III. 152) das Amtsdorf Eschenriege mit allen Pertinentien auf 65 Jahre eingetan, nach Ablauf derselben aber 2000 Fl. Pomm. versprochen. Dies wäre vom großen Kurfürsten bestätigt worden. Nach dem Tode der Witwe des Jägermeisters und dessen hinterbliebenen Sohnes aber hätte sein Vater, der bereits alt und schwach sei, als Allodialerbe die 2000 Fl. beansprucht, welches nur Gnadengeld, kein Lehngeld wäre. Er bat um Auszahlung dieser Summe. Unterm 30. März 1716 erging die Cabinets-Ordre: „Weil es kein Lehn und eine Genade ist von mein Großvatter, soll dieser Capitain von Kleist die Prätension haben. Fr. Wilhelm." Das Patent als Capitain erhielt Caspar Friedrich erst im Jahre 1722. Am 5. Mai 1725 war er Major beim Infanterie-Regiment Lottum Nr. 25. Unterm 24. Dezember 1729 nahm er als Oberstlieutenant seinen Abschied. Nach dem Testamente seines Vaters de a. 1724 hatte er dessen Güter übernommen. Er starb unbeerbt. III. 401. Otto, Lieutenant, geb. ca. 1698, † 1733 Ottos anderer Sohn, war 1. Juni 1722 Fähnrich beim Infanterie-Regiment Fürst von Anhalt-Zerbst und 26. Februar 1725 Sekondlieutenant. Am 6. Oktober 1729 wurde er zum Garnison-Bataillon L'Hôpital Nr. 1 versetzt. Im Mai 1733 ist er in den Listen ausgelassen. Er ist am 5. Mai 1733 in Memel begraben worden.663 Er war unvermählt. III. 402. Franz Andreas, Lieutenant 663
Johannes Sembritzki, Genealogische Nachrichten, gewonnen auf Grund der KirchenbuchForschung, Adel und Bürgerstand in und um Memel, in Altpreussische Monatsschrift 5. Folge, Königsberg 1901, S. 269, Korrektur Königsberg 1905, S.548 (2009) Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV (1. Pommerschen) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 100 (2011)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 303 -
auf Banditten, geb. ca. 1700,664 † ca. 1735, Ottos jüngster Sohn, wurde Gefreiter-Korporal, war 26. Juli 1723 Fähnrich beim Infanterie-Regiment Fürst von Anhalt-Zerbst Nr. 8, 11. Dezember 1725 Sekondlieutenant und 27. Januar 1732 Premier-Lieutenant. Am 15. März 1735 wurde er wegen Krankheit dimittiert. Er hatte sein Lehnrecht an den Banditten'schen Gütern erwiesen; dieselben wurden ihm auch zugesprochen. In seinem Testamente setzte er fest, daß nach seiner Witwe Tode diese Güter an die Lehnserben kommen sollten. Mit seiner Gemahlin Barbara Elisabeth von Kleist, Tochter des Dubislaff Bernd (III. 306), war er unbeerbt geblieben. Seine Witwe heiratete darnach den Oberstlieutenant von Münchow und nach dessen Tode den Landrat Heinrich Joachim von Woldeck auf Banditten etc. Mit des Franz Andreas Tode (starb c. 1735) erlosch Ottos Nebenzweig. Dubislaff Bernd hatte zwei Söhne: 1) Adam Heinrich und 2) Ewald Friedrich (III. 403 u. 404), durch welche der Damen-Kieckower Seitenzweig weiter fortgepflanzt wurde. III. 403. Adam Heinrich auf Kieckow, geb. 1717, † 1759, Dubislaff Bernds älterer Sohn, erhielt vom Vater unterm 12. Juli 1742 das große und die beiden kleinen Güter nebst der Mühle in Kieckow a und b, einen Bauerhof in Muttrin und 5 Bauerhöfe in Döbel.665 Bei der Belehnung am 16. September 1743 huldigte er im Auftrage seines Vaters und am 18. März 1744 ward er für sich belehnt mit Muttrin, Kieckow und Döbel (684). Er starb im November 1759 in Kieckow. Aus seiner Ehe mit Barbara Luise von Seiger, des Fromhold Wilhelm von Seiger auf Plietnitz666 Tochter, sind zwei Söhne: 1) Bernhard Wilhelm und 2) Adam Heinrich (III. 530 und 531), sowie zwei Töchter entsprossen: 1) Anna Barbara Erdmuth, geboren 28. August 1748, + 1. Oktober 1801, vermählt am 29. September 1774 in Bauditten mit Ernst Henning von Bonin, Lieutenant im Herzogl. Bevern'schen Regiment auf Wulflatzke, Steinfort und Dieck, geboren 9. August 1744 zu Gellen, + 21. November 1821 in
664
Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV (1. Pommerschen) Nr. 2, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 100 (2011) 665 In der Vasallenliste 1756 steht über ihn “Unteroff. a.D. bei Treskow”. Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV. bis in das XIX. Jahrhundert, herausgegeben durch Dr. Robert Klempin und Gustav Kratz, Berlin, 1863. In der Regimentsliste des Inf. Reg 23 ist er 1728 als Fähnrich aufgeführt. (2008) 666 Geschichte des Hinterpommerschen Geschlechtes von Bonin bis zum Jahre 1863, Udo von Bonin, Berlin 1864, S. 105: Ehefrau 1. Ehe 1717 Barbara Luise, geb. von Bonin, 2. Ehe 1726 (2014)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 304 -
Wulflatzke,
667
und
2) Anna Ulrike Henriette, geboren 17. Mai 1755, + 1782, vermählt am 12. Dezember 1781 mit dem Lieutenant Johann Friedrich von Bonin auf Crangen, geboren 23. Januar 1749 in Gellen, + 24. September 1799 in Krangen.668 Adam Heinrichs Witwe erhielt d. d. Hirschholm 29. März 1783 von dem dänischen Major und Kammerherrn Christian Friedrich von Kl. (III. 601) dessen Lehnrechte an Anteilen in Muttrin und Döbel; sie bat um Berichtigung des Besitztitels für ihre beiden Söhne. Von ihrem Vater hatte sie Barkenbrügge, Grünhof, Plietnitz, Dieck b, Hammer b und Steinfort c geerbt.669 Im folgenden Jahre wurde sie die zweite Gemahlin des Landrats Heinrich Joachim von Woldeck auf Banditten, mit welchem sie jedoch unbeerbt blieb. Nach ihrem baldigen Tode überließ Letzterer die pommerschen Güter unterm 21. Juni 1786 seinem Stiefsohne Adam Heinrich von Kleist. III. 404. Ewald Friedrich auf Muttrin, Hauptmann, geb. 1719, Dubislaff Bernds jüngerer Sohn, war 22. Mai 1736 Fähnrich beim Garnison-Bataillon Sack Nr. 3. Am 8. März 1737 kam er zum Infanterie-Regiment von Grumbkow Nr. 17, in welchem er 5. November 1739 Lieutenant ward. — Er kämpfte im ersten schlesischen Kriege mit und wurde bei Czaslau (17. Mai 1742) verwundet. Bei Beginn des siebenjährigen Krieges stand er als erster Premier-Lieutenant beim Garnison-Bataillon Lattorf Nr. 6, mit Patent vom 11. September 1746. Am 28. August 1756 war er bereits Stabs-Capitain und 4. Dezember 1760 Compagnie-Chef. Im Kriege war er an einem Fuß und Auge blessiert. Er nahm am 7. April 1765 seinen Abschied. Nach der väterlichen Disposition vom 12. Juli 1742 waren ihm die Güter Döbel a und Muttrin a zugefallen. Im Kriege wurden dieselben arg verwüstet, und der Hauptmann Ewald Friedrich geriet tief in Schulden. Dieselben beliefen sich 1769 auf 7388 Rtlr. 3 Sgr. 11 Pf. Seine Creditoren verklagten ihn und wurden in die Güter immittiert. Er wandte sich wiederholt an den König um ein Gnadengeld. In einer Eingabe sagt er: „Ich vor meine Person lebe in summa paupertate, ich habe in meinen Gütern kein Nachtlager, sondern muß meinen Verwandten zur Last liegen, als welche mir schon in's zweite Jahr benöthigten Unterhalt gereicht haben. Die Schulden habe ich schon mit den Gütern übernommen, der letzte Krieg hat ihnen den letzten Stoß gegeben; ich bin ohnedem nach dem letzten Feldzuge auf eine hinterlistige Weise aus Sr. Königl. Majestät Diensten und umb meine Compagnie, consequenter auch umb mein Brod gekommen. " Im Dezember 1769 empfing er 260 Rtlr. Gnadengelder und im folgenden Jahre 203 Rtlr. 7 Gr. 4 Pf.670
667
Geschichte des Hinterpommerschen Geschlechtes von Bonin bis zum Jahre 1863, Udo von Bonin, Berlin 1864, S. 155 (2014) 668 Geschichte des Hinterpommerschen Geschlechtes von Bonin bis zum Jahre 1863, Udo von Bonin, Berlin 1864, S. 156 (2014) 669 Leutnant Hans Georg von Hertzberg auf Lottin verkauft in Kieckow am 2. Mai 1770 einige Bauerhöfe in Barkenbrügge an Frau Barbara Louisa v. Kleist geb. v. Seiger. Geschichte des Geschlechts v. Hertzberg, Bd. I Urkundenbuch, Hermann Waterstraat, Stettin 1906, Nr. 449. Rückkauf 27. Oktober 1781 Urkunde Nr. 471 (2009) 670 Am 16. September 1743 war er als Lieutenant zum ersten Male belehnt worden, und am 6. Dezember 1748 hatte er ob mortem patris wegen Kieckow, Muttrin und Döbel gehuldigt (684). Durch (Fortsetzung...)
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Am 16. Mai 1776 wurde er beim Königsberger Land-Regiment Nr. 2 angestellt, bei welchem er bis zu seinem Tode im Juni 1782 blieb. Mit seiner Gemahlin Anna Eleonore von Schlieffen aus Lütkenhagen, geboren 12. Januar 1722 zu Pudenzig, vermählt im April 1747, des Hauptmanns Hans Michael von Schlieffen auf Gieskow und der Anna Helene von Petersdorff auf Jacobsdorf Tochter, lebte er höchst unglücklich. Seit 1775 hielt sie sich, von ihm geschieden, in Bärwalde auf; sie lebte daselbst 1798, 76 Jahre alt, in der größten Schwachheit. Sie hatte ihrem Gemahl einen Sohn: Martin Ulrich Heinrich (III. 532) und zwei Töchter geboren: 1) Diana Juliana Henriette, geboren 1750, wurde 1753 ins Stift zum heiligen Grabe eingeschrieben, bezog aber 1798 noch nicht einmal eine Minoren-Präbende; sie lebte sehr dürftig, hatte eine unheilbare Wunde am Fuß, war lahm und litt heftige Schmerzen; — und 2) Johanna Agnisa Eleonora, geboren 1752, vermählt mit einem kleinen Gutsbesitzer in Westpreußen.... von Stürmer.671 Dubislaff Bernds beide Söhne waren also beerbt. Der ältere: Adam Heinrich hatte zwei Söhne: 1) Bernhard Wilhelm und 2) Adam Heinrich (III. 530 und 531). III. 530. Bernhard Wilhelm, Lieutenant, geb. 1751, gest. 1785, Adam Heinrichs älterer Sohn, besuchte 1768 die Schule zu Colberg und wurde darnach Soldat. Am 12. März 1772 war er Lieutenant im Ingenieur-Corps. Er starb am 27. November 1785 im Arrest, ohne Leibeserben. Seine Witwe Sophie Helene von Martitz, welche mit ihm in kinderloser Ehe gelebt, bat den König ein Jahr nach ihres Mannes Tode um eine Unterstützung. In ihrem Schreiben d. d. Glogau den 27. November 1786 sagt sie: „Heute ist es ein Jahr, daß mein unglücklicher Mann, dessen Leben dem Dienst seines Königs gewidmet war, vor Chagrin im Arrest verstorben. " Sie befand sich seit seinem Tode in trauriger Lage. In ihrem Gesuche überreichte sie dem Könige zugleich ein unter den Papieren ihres sel. Mannes vorgefundenes Blatt. Ihre Bitte wurde abgeschlagen. Zwei Jahre später erhielt sie jedoch, auf Empfehlung des Ministers von Hagen, durch Königl. Handschreiben von: 6. September 1786 Exspectanz auf eine Sinecur.672 III. 531. Adam Heinrich auf Kieckow und Döbel, Major, † 1811,
670 (...Fortsetzung) den Rechtsspruch vom 9. Oktober 1775 wurden seine Güter seiner Schwägerin, der vermählten Landrat von Woldeck, Barbara Luise gebornen von Seiger zuerkannt (Brügg. III, S. 648). 671 In der Geschichte des Grenadier-Regiments König Friedrich I. (4. Ostpreussischen) Nr. 5, Band 2, 1713 - 1813, Kopka von Lossow, Berlin 1901, S. 133, wird bei einem Sohn 1806 erwähnt, dass er 17 Jahre alt ist und seine Eltern leben. (2012) 672 Am 11. September 1764 hatte Bernd Wilhelm, verstorbenen Hauptmanns Adam Heinrich Sohn, Muthzettel erhalten und war am 15. März 1771l belehnt worden (684); er hatte durch den Lieutenant Ernst Henning von Bonin gehuldigt.
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Adam Heinrichs jüngerer Sohn, geboren im Februar 1757, war 22. Juli 1773 Fähnrich beim Infanterie-Regiment Thadden Nr. 4 und 14. Februar 1776 Lieutenant. Am 15. Juni 1783 nahm er seine Entlassung. — Am 4. April 1803 erhielt er den Charakter als Capitain. Seit 1807 wohnte er als Hauptmann a. D. in Stargard, woselbst er (als Major) am 3. Juli 1811 starb. Vom Vater hatte er Kieckow, Muttrin a und b, Anteil in Döbel und Zadtkow a geerbt. Diese Güter verkaufte er dem Lieutenant, späteren Major Gustav Ludwig Sigismund von Petersdorff, laut Kaufcontract vom 20. Mai 1799, erblich für 85000 Rtlr. Die Banditten'schen Güter, welche durch die Erbauseinandersetzung vom 18. Februar 1790 zwischen dem Landrat Heinrich Joachim von Woldeck und ihm nebst seiner Schwester Anna Barbara von Kleist, verehelichten von Bonin, ihm zuerkannt waren, verkaufte er mittelst Contract vom 27. Dezember 1794 an den Rittmeister Friedrich von Auerswald.673 Aus seiner Ehe mit Juliane Friederike Wilhelmine Elisabeth von Grape aus Dorfhagen, gestorben 2. März 1828 zu Stargard, stammen zwei Söhne: 1) Wilhelm Heinrich Dietrich und 2) Julius Ernst (III. 659 und 660), sowie eine Tochter: Henriette Wilhelmine Caroline Barbara, geboren 26. August 1785 in Banditten, gestorben am 27. Mai 1797 zu Stargard. III. 659. Wilhelm Heinrich Dietrich, Premier-Lieutenant, geb. 25. Oktober 1794, † 1864, Adam Heinrichs älterer Sohn, studierte, trat aber in Folge des Aufrufs seines Königs am 3. März 1813 als Freiwilliger beim Detachement des Regiments Garde du Corps ein, ward 8. Juni ej. a. Fähnrich im Regiment und 5. Dezember Lieutenant. Nach Beendigung der Freiheitskriege ließ er sich zum Brandenburgischen Kürassier-Regt. versetzen. Am 8. April 1817 schied er aus zum 1. Bataillon 20. Landwehr-Regiments; im November 1820 war er disponibel bei der Cavallerie des 1. Bataillons 9. Landwehr-Regiments. Am 15. Juni 1831 erhielt er den Charakter als Premier-Lieutenant. Er war Nutznießer eines Lehnstammkapitals von 14000 Rtlr., welches er mehreren berechtigten Agnaten des Geschlechts als Äquivalent für die von seinem verstorbenen Vater am 22. Mai 1799 erblich verkauften Lehngüter Kieckow, Muttrin a und b, Döbel und Zadtkow a bestellt hatte, und welche nach der Obligation vom 5. Oktober 1822 auf dem Gute Alt-Storckow, Kreis Saatzig, Pommern, eingetragen waren. Im Jahre 1830 wurde der Liquidationsprozeß über die ihm zustehenden Zinsen des Lehnstammkapitals eröffnet.674 Wilhelm Heinrich Dietrich von Kleist lebte hinfort in größter Dürftigkeit. Er starb den 6. April 1864, unvermählt. III. 660.
673
Im Jahre 1764 hatte er Muthzettel erhalten und war 1771 belehnt worden. In der Tabelle von Vanselow de a. 1799 steht Lieutenant Adam Heinrich von Kl. als Besitzer der Güter Kieckow, Döbel und Zadtkow verzeichnet. In der Verwaltung dieser Güter leistete ihm der Pastor Bernhardi in Gr. Tychow wesentliche Dienste. 674 Bekanntmachung des Pommerschen Oberlandesgerichts vom 29. Mai 1828 mit Bietungsterminen für Alt-Storckow, Amts-Blatt der königl. Regierung zu Stettin 1828, 310 (2012)
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Julius Ernst, geb. 1800, Adam Heinrichs jüngerer Sohn, geboren 17. Januar 1800, starb jung und unbeerbt. Mit Ewald Friedrichs Nachkommen starb dieser Seitenzweig aus. Der einzige Sohn desselben war: III. 532. Martin Ulrich Heinrich, Capitain, geb. 1756, † 1806. Er wurde am 11. November 1756 in Muttrin geboren und war 20. Mai 1778 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 4, 15. Juli 1783 Lieutenant, 9. August 1793 Premier-Lieutenant, 27. November 1795 Stabs-Capitain und 21. Februar 1801 Compagnie-Chef im Grenadier-Bataillon der Infanterie-Regimenter Nr. 4 und 54. Im Oktober 1780 war ihm die Nomination und Anwartschaft auf die Comthurei und Landvogtei Schievelbein verliehen; 1801 ward dies bestätigt.675 Nach der Cabinets-Ordre vom 3. Dezember 1798 sollte er mit einer Invaliden-Compagnie oder im Civil versorgt werden. Im Jahre 1805 schlug er das ihm angetragene Postamt in Treptow a. d. Rega aus. Im genannten Jahre marschierte er gegen den Rat des Obersten von Vieregg mit dem Bataillon aus, obwohl er sehr angegriffen war. Nach einem Marsche von 80 Meilen mußte er in Thorn krank zurückbleiben. Am 31. Dezember 1805 schied er mit 300 Rtlr. Wartegeld aus. Er ging nach Marienburg, woselbst er am 30. Dezember 1806 an der Hektik starb. Am 4. Januar 1807 ward er auf dem Kirchhofe zu St. George in Marienburg begraben. Am 23. März 1802 hatte er sich in Marienburg mit Anna Christiane Schirnick, starb 3. Juni 1841, 78 Jahre alt, verheiratet, nach dem Kirchenbucheintrag “auf königliche Concession”. Er hinterließ drei Kinder676, einen Sohn: Heinrich (III. 661) und zwei Töchter. 1) Friederike Wilhelmine geboren 4. April 1797, verehelicht 1820 oder 1821 mit dem Kreisgerichts-Rat Otto Heinrich Grossheim im Marienburg. Sie starb am 26. September 1857 in Marienburg. 2) Ulrike Anna Henriette, verehelichte Reyger. Sie starb am 26. Februar 1870 im Alter von 69 Jahren.677 Alle Kinder sind also vor der Eheschließung geboren worden. III. 661. Heinrich, geb. 14. Dezember 1785, † 25. Juli 1865. Die 1. Auflage wußte von ihm nur, dass er legitimiert war post matrimonium subsequens und 1810 als Soldat in Thorn stand. Der Autor stützte sich auf eine Notiz von ca. 1830 des Predigers Steinbrück, der
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Jahrbücher der preussischen Monarchie, 1801, Bd. 2, S. 80 (2009) In einem Schreiben an die Militär-Witwen-Kasse schrieb die Witwe am 15. Februar 1809: “Ohne eigenes Vermögen muß ich 3 Kinder erziehen und verpflegen, kein Mensch will mir etwas darlehnen.” Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 176 VI K 488 (2008) 677 Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 176 VI K 488 (2008) 676
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auch als Genealoge tätig war, der aber zusätzlich ausführte, dass die Legitimation durch eine königliche Behörde am 3. Dezember 1803, also ein Jahr nach der Eheschließung, erfolgt war.678 In der Notiz war auch schon der Geburtsort Neuheide angegeben. Da er keine weiteren Informationen hatte, kam er zu dem Schluss, dass mit Heinrich der Damen-Kieckower Seitenzweig erloschen war. Aus inzwischen bekannt gewordenen Urkunden wissen wir jetzt mehr über ihn. Er heiratete am 19. (vor dem Zivilstandsbeamten) und 28. (kirchlich) März 1822 in Trierweiler Anna Maria Dibry, kath., geb. 13. August 1795, Tochter des Nicolaus Dibry.679 Die Urkunde des Zivilstandsbeamten enthält die vorgedruckte Aussage, dass der Geburtsschein vorlag. Nach dieser Heiratsurkunde war er 37 Jahre alt, geboren in Neuheide bei Elbing in Ost-Preußen, von Profession Grenz- Aufseher, wohnhaft zu Metzdorf, natürlicher großjähriger Sohn des Martin Ulrich von Kleist, verstorben, von Profession Preuß. Hauptmann, wohnhaft zu Marienburg und der Anna Christina geborene Schirnick, derzeitiger Aufenthalt unbekannt. Die entsprechenden Angaben finden sich in den Eintragungen im Kirchenbuch.680 Es folgt eine Geburtsurkunde vom 11. Januar 1823 aus Trierweiler. Heinrich Kleist, 37 Jahre alt, von Profession Grenzaufseher, wohnhaft in Metzdorf, und seiner Frau Anna Maria, geborene Dibry wurde ein Sohn geboren, der den Namen Michael erhält (III. 786a). Die nächste Urkunde ist eine Geburtsurkunde des Bürgermeisters der Gemeinde Rhaunen, nach der dem Grenzaufseher Heinrich v. Kleist, neununddreißig Jahre alt, und der Anna Maria Dabru zu Rhaunen am 12. September 1825 ein Sohn Heinrich Balthasar Gottlob geboren wurde (III. 786b). Seine Ehefrau hatte vor der Ehe am 29. April 1820 eine Tochter Maria Magdalena geboren. Mit Notariatsurkunde vom 16. Oktober 1846 erklärte er sie für ehelich. Seine Ehefrau starb am 5. September 1860 in Düsseldorf.681 Aus Gründen, die nicht aufgeklärt werden konnten, verwendete Heinrich 20 Jahre nach der Eheschließung seiner Eltern, von den oben angeführten Ausnahmen abgesehen, den Namen “Kleist”. Ebenso werden seine Nachkommen, von Ausnahmen abgesehen, bis zu einem nicht mit einer Begründung versehenen Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 22. November 1932 nicht als “von Kleist” sondern als “Kleist” bezeichnet. In einem Meldebuch der Stadt Düsseldorf, das vorher und nachher mehrere weitere Personen mit dem Namen “von Kleist” enthält, ist Heinrich auf Grund einer Anmeldung vom 3. April 1843 ebenso wie sein Sohn mit dem Nachnamen “Kleist” eingetragen, der Geburtsname seiner Ehefrau ist mit “Dupry” angegeben. Er starb am 25. Juli 1865 in Düsseldorf. Die Sterbeurkunde enthält den Namen “Heinrich Kleist”. Den Tod gemeldet hat sein Sohn, der ebenfalls mit “Heinrich Kleist” bezeichnet wird und ebenso unterschrieben hat. Sie hatten zwei Söhne, Michael und Heinrich Balthasar Gottlob (III. 786a und 786b) und eine Tochter Magdalena, die vor der Ehe am 29. April 1821 geboren war durch notarielle Erklärung von Heinrich am 16. Oktober 1846 für ehelich erklärt wurde. Sie war mit dem Eisenbahnbeamten Johann Franken verheiratet. Wir geben die Stammtafeln von:
678
Landesarchiv Greifswald (2008) Kirchenbuch der Jesuitenkirche in Trier, 1822 (2008) 680 Kirchenbuch der Jesuitenkirche in Trier, 1822 (2008) 681 Kirchenbuch Lambertuskirche Düsseldorf (2009) 679
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Im Anhang zur Biographie von Heinrich (III. 661) wird über seine Nachkommen berichtet. III. 786a. Michael geb. 1823, † 1862 wurde geboren am 11. Januar 1823 in Metzdorf. Er war Schreiner. Er heiratete am 21. November 1848 Isabella Arentz, geb. um 1819 in Derendorf, Tochter des Metzgers Christian Aloys Arentz und der Bernardine JosephaPetronella Kelz. Michael wurde am 1862 ermordet. Sein Grabstein trug den Text: Hier ruht Michael Kleist, unter den Händen der Mörder starb er am 11. Juni 1862.682 Sie hatten drei Söhne, Heinrich Johann Wilhelm, geb. 12. Juni 1850, Wilhelm, geb. 2.Februar 1858, † 1. Mai 1859, und Wilhelm Johann, geb. 11. Juni 1860, (III. 884a bis 884c). Über die beiden Söhne, die das Erwachsenenalter erreicht haben, wird in der 2. Auflage der Fortführung der Familiengeschichte berichtet. Sie hatte auch zwei Töchter: Franziska, geboren am 4. November 1852 in Düsseldorf und Anna Maria, geboren am 26. März 1856 in Düsseldorf. Sie heiratete am 4. August 1890 in Düsseldorf683 Hermann Joseph Willich. Sie wohnten in Köln. III. 786b. Heinrich Balthasar Gottlob von Kleist684 geb. 12. September 1825, † 1886 Er ist geboren in Rhaunen. Er war Schreiner. Er heiratete am 15. Oktober 1854 Katharina Franziska Klein, geb. 25.Juni 1833 in Düsseldorf, † 30. 682
Aus meiner Rheinischen Studienmappe, Adolf Kohut, Düsseldorf 1877, im Kapitel “Eine Wanderung durch die Kirchhöfe Düsseldorfs”, Seite 267. (2009) 683 Information aus www.familysearch.org. (2009) 684 Gemäß Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 22. November 1932 lautet der Nachname "Kleist" richtig "von Kleist". (2008)
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März 1917, Tochter des Wirts Max Klein. Sie hatten sieben Söhne, von denen vier jung gestorben sind: Julius Max (geb. 6. Januar 1855), Friedrich Heinrich (geb. 22. August 1857, † 6. März 1859), Michael Julius (geb. 21. Februar 1859), Heinrich Max (geb. 15. Dezember 1864 in Düsseldorf, † 14. August 1890 ), Hermann Joseph (geb. 18. März 1868, † 30. Oktober 1880), Karl Wilhelm (geb. 7. August 1870.685 † 17.Januar 1882) und Johann Wilhelm (geb. 20. August 1873 ) (III. 884d bis 884j) sowie eine Tochter Wilhelmina Franziska, geb. 30.8.1862, † 23.12.1865. Über die Biographien der drei erwachsenen Söhne und die ihrer Nachkommen wird in der 2. Auflage der Fortführung der Familiengeschichte berichtet. Es folgt die Stammtafel
685
Geburtsregister der Stadt Düsseldorf nach den Angaben in www.familysearch.org. (2009)
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Von Otto auf Drenow (III. 74) stammt ein kleiner Nebenzweig her, welcher jedoch nur kurze Zeit geblüht hat; wir wollen ihn von dem Stammsitze Drenow: den (Alt-) Drenower Nebenzweig nennen. — Otto hatte vier Söhne: 1) Andreas, 2) Gottfried, 3) Pribislaff und 4) Dubislaff (III. 135—138). III. 135. Andreas, 1618, Ottos ältester Sohn, wird in den Urkunden „der Jüngere" genannt. Er besaß außer Drenow noch einen Anteil an Kieckow. Am 6. Mai 1608 huldigte Andreas der Jüngere auch für seine Brüder Gottfried, Pribislaff und Dubislaff (563 b, 564 und 565). Bei der Belehnung am 26. September 1618 huldigte Gottfried zu Kieckow für sich und seine Brüder Andreas, Pribislaff und Dubislaff (585 und 586). Darnach wird Andreas in den Urkunden nicht mehr genannt. Er starb ohne Erben. III. 136. Gottfried auf Drenow, † nach 1621, Ottos anderer Sohn, war bei der Belehnung am 6. Mai 1608 noch unmündig. Am 26. September 1618 huldigte er für sich und seine Brüder in Kieckow (585 und 586). Unterm 28. September 1621 huldigte Gottfried zu Kieckow und Drenow auch für seinen Bruder Dubislaff (594). — Er lebte zuletzt bei seinem Bruder in Kieckow, woselbst er auch gestorben. Seine Gemahlin Maria von Mildenitz hatte ihm einen Sohn: Wilhelm (III. 219) und eine Tochter Sophia geschenkt. Letztere (starb 2. Oktober 1667) ward die zweite Gemahlin des Doctor der Medizin und Philosophie Eduard Timäus von Güldenklee auf Kl. Neugarten, Rützenow und Rosenberg (starb 30. November 1667). III. 137. Pribislaff, 1618, Ottos dritter Sohn, war 1608 minderjährig, ward 1618 mit seinen Brüdern belehnt, lebte aber 1621 nicht mehr. Er war ohne Erben gestorben. III. 138. Dubislaff, 1621, Ottos jüngster Sohn, wird in den Urkunden Dubislaff „der Jüngere" genannt. Sein Name steht in den Lehnbriefen der Jahre 1608, 1618 und 1621. Bei ihm hielt sich sein Bruder Gottfried in Kieckow auf. Er starb ohne Erben. Von Ottos vier Söhnen hatte also nur der zweite: Gottfried einen Lehnserben:
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III. 219. Wilhelm, 1654, Gottfrieds einziger Sohn, ward 1654 belehnt (630 a); er lebte auch bei der Churfürstl. Erbhuldigung 1665 noch, starb aber bald darauf ohne Erben. Mit ihm erlosch der Drenower Nebenzweig. Wir geben die Stammtafel von:
Von Pribislaff auf Damen (III. 37) sind zwei größere Seitenzweige entstammt, deren einen wir von den Hauptsitzen, darauf eine größere Zahl der Mitglieder gewohnt haben,
den Damen-Zadtkower Seitenzweig nennen können. Pribislaff hatte vier Söhne: 1) Tessen, 2) Asmus, 3) Daniel und 4) Adrian (III. 75—78). III. 75. Tessen auf Damen und Kowalk, Hauptmann zu Neustettin und Belgard, † 1588, Pribislaffs ältester Sohn, stand viele Jahre in Herzogt. Diensten als Stallmeister und Hofdiener, als Herzogl. Rat und Hauptmann zu Neustettin und Belgard. Auch ist er längere Zeit am Kaiserlichen Hofe gewesen. Als Herzog Georgs Tochter: Prinzeß Georgie ihr Beilager mit Stanislaus Latelzki, Grafen von Labischin am 15. Oktober 1563 feierte, mußten „Teßmar" Kleist und Michel Kedingk Ihro Fürstl. Gnaden „das Trinken tragen", d. i. das Amt von Mundschenken versehen. Am 26. August 1567 sehen wir Tessen unter Herzog Johann Friedrichs Räten.686 Am 23. April 1573 belehnte der Herzog ihn für seine treuen und langjährigen Dienste erblick mit den Gerechtsamen an den Feldmarken Grünwald und Steinburg, „so nach Triddemer's, weiland unsers Lehnsmannes zu Crössin Absterben an uns und das Fürstl. Haus gefallen", auch mit Triddemers andern Lehngütern, doch solle er sie durch Güte oder Recht von den Glasenappen erlangen; geschehe dies, so
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Am 9. April 1573 erhielten Tessen Kl., Hauptmann zu Neustettin, und Asmus und ihre andern Bruder Muthzettel (496!; am 20. April ej. a. mutheten sie abermals und empfingen Muthzettel: am 22. Februar 1575 wurde Tessen, Hauptmann zu Neustettin und Belgard, Pribislaffs Sohn, Jacobs Neffe, belehnt (501 und 502).
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behalte der Hauptmann freie Holzung und Hütung zu dem Fürstl. Ackerhofe und Schäferei zu Crössin, sowie den Vorkauf (497).687 Unterm 29. August 1574 verkauften Alexander und Asmus Kleist auf Raddatz an Tessen Kleist, Hauptmann auf Neustettin und Belgard, auf Damen, seinen Erben und Brüdern und deren Erben das halbe Dorf Glieneke für 500 Fl.; sie behielten sich aber die Priorität vor, falls Tessen und dessen Brüder ohne Erben stürben (498). Der Herzog belehnte am 21. Februar 1575 Tessen und seine Brüder erblich damit (505). Am 20. September 1576 erklärte Herzog Johann Friedrich auf Ansuchen der Gebrüder Tessen, Asmus, Adrian und Daniel, seiner getreuen Räthe, das Wehr auf der Persante zwischen Damen und Zadtkow für eine Pertinenz ihres Lehns (514). Dies wurde 1601 und 1605 bestätigt (551 und 558). Im Jahre 1577 war Tessen Kl. als Herzogl. Rat gegenwärtig, als die Stadt Danzig mit dem Polen-Könige, welcher die Stadt belagert hatte, Frieden schloß. Bei der Teilung der Lehne ihres im Januar 1577 verstorbenen Oheims Jacob (III. 38) erhielten Tessen und Adrian die erste Kavel, Rittersitz in Kowalk, 3 Bauerhöfe in Kowalk und Zarnekow, Anteil an Dimkuhlen und Freienstein. Am 28. Januar 1578 baten sie den Herzog um Verleihung dieser Lehngüter und erhielten 12. Februar ej. a. Muthzettel.688 Am 25. Mai 1579 schenkten Bürgermeister und Rat zu Neustettin ihrem Hauptmann Tessen Kl. aus Erkenntlichkeit einen abgabenfreien Platz zu seinem zu erbauenden Hause (522). Im Jahre 1582 hatte Tessen Kl. sein Amt als Hauptmann niedergelegt; am 5. Dezember genannten Jahres war Karsten Manteuffel Hauptmann in Neustettin.689 Im Januar 1584 wurde er als Gesandter des Herzogs zur Vermählung des Andreas Czarnkowski nach Labischin in Polen geschickt. Er hatte mit Brief vom 11. Januar 1584 vergeblich gebeten, ihm die beschwerliche Reise zu ersparen unter Hinweis auf zwei Reisen mit dem Herzog in den letzten zwei Jahren nach Berlin und Dresden.690 Er war Zeuge, als Jochim Versen auf Burzlaff am 30. November 1584 an Daniel Kleist zu Damen 15 Bauerhöfe zu Maldewin und Hökenberg, die er von den Dewitzen erstritten, für 6000 Fl. Pomm. verkaufte (527). Unterm 5. April 1585 erneuerte der Herzog die an Marten Kl. am 30. Oktober 1584 erteilte Commission, die Feldmark „Temkuhr" - Dimkuhlen zwischen Tessen und Consorten, auch Venz (III. 62) und Jürgen Kl. (III. 64) und Franz Versen zu teilen. Am 12. Juli 1588 starb Tessen. Dies melden 1589 seine Brüder Asmus und Adrian und bitten um Belehnung mit seinen Kowalk'schen und Glienke'schen Gütern.
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Tessen erbaute an einem Quell bei Glienke, der aus seinem „Gebruch und Gemobr" entsprang, eine Mühle, erhielt aber nur die Erlaubnis, das Korn für seinen häuslichen Bedarf darauf mahlen zu lassen. — Im Jahre 1575 klagte von Bonin auf Naseband wider den Hauptmann zu Neustettin, Tessen Kl., wegen weggenommener Ochsen und Pferde. 688 Im Jahre 1578 klagte Matthes vom Wolde auf Wusterbarth gegen Tessen Kleist, Hauptmann zu Neustettin und Belgard, zu Damen gesessen; derselbe sei Nachts in seinem Lande auf Nemmerin mit etlichen Wagen und Bauern eingefallen und habe den Roggen weggefahren und zertreten. Er bat, ihn und seine Söhne während der Dauer der Feindschaft mit Kleist von des Hauptmanns Jurisdiction zu eximiren. Kleist residierte damals auf dem fürstlichen Hofe zu Belgard. 689 Kleist war bereits hochbetagt. Im Jahre 1571 bat er seinen Schwager Jacob von Zitzewitz, Fürstl. pommerschen vornehmsten Rat und Hauptmann zu Alt-Stettin, sich bei dem Herzog wegen Verleihung des ihm „wegenn langtgepflogener Dienst" versprochenen Angefülls an Sallentin zu verwenden. 690 Zur Vermählung Andreas Czarnkowskis mit Maria Anna Latalska, Gräfin von Labischin (1584), O. Heinemann, Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, Posen 1899, S. 147 (2011)
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Seine Gemahlin Ursula von Wachholz, des Joachim auf Dargislav und der Dorothea von Kleist aus Dubberow und Crolow (II. 14) Tochter, hatte ihm nur eine Tochter, Tessina mit Namen, geschenkt. Dieselbe war vermählt: a) mit Christoph von Hagen auf Naulin691, gestorben 1613, und b) mit Siegesmund Herholdt von Oppen. Am 11. November 1621 war Zabel von Dossow auf Barnimskunow Frau Tessina von Kleist, Christophs von Hagen Witwe, seiner Schwägerin, 500 Rtlr. schuldig. Letztere klagte gegen den Sohn des Schuldners: Joachim von Dossow, in den Jahren 1632 und 1633 wegen der seit 1621 restirenden Zinsen des Darlehns. Tessens Witwe vermählte sich am 24. August 1601 zu Brunn mit Otto von Ramin, Fürstl. Stettin'schem Kanzler auf Brunn, Krakow und Petershagen, gestorben 18. Februar 1610. Sie wurde dessen zweite Gemahlin. III. 76. Asmus auf Damen und Zadtkow, Hauptmann, † c. 1606, Pribislaffs anderer Sohn, trat, wie sein älterer Bruder, frühzeitig in Herzogl. Dienste.692 Zu Anfang des Jahres 1560 erklärte er sich bereit, das ihm übertragene Amt als Rentmeister zu Klempenow und Treptow anzunehmen (483). Im Jahre 1568 ff. war er Hauptmann in Cöslin. Der Herzog und Bischof Johann Friedrich zog das Cisterzienser-Nonnenkloster in Cöslin zu seinen Tischgütern, ließ das verfallene und wüst gewordene Kloster abbrechen und erbaute aus dem Material ein stattliches Residenzschloß für sich. Mit der Ausführung wurde sein Hauptmann Asmus Kl. beauftragt.693 Am 22. Februar 1575 wurde er vom Herzoge belehnt (501 und 502).694 Bei der Teilung der Güter ihres Oheims Jacob erhielten Asmus und Daniel die dritte Kavel: 7 Bauerhöfe in Gr. Voldekow, einen Krug in Kl. Voldekow und Anteil an Dimkuhlen und Freienstein. Unterm 28. Januar 1578 empfingen sie hierüber Muthzettel. Am 30. November 1584 war Asmus Zeuge des Verkaufs der 15 Bauerhöfe in Maldewin und Hökenberg an Daniel Kl., seinen Bruder (527). Er bat mit seinem Bruder Adrian 1589 um Verleihung der Dewitz'schen Güter Maldewin und Hökenberg, worauf ihr Bruder Daniel 3500 Fl. an Joachim von Versen auf Burzlaff geliehen hatte. Er und Adrian erhielten am 3. Juli 1599 einen Lehnbrief über die von ihren verstorbenen Brüdern Tessen und Daniel auf sie devolvierten Lehnsgüter (599).
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Martinus Phalenus: Epithalamion In honorem et festivitatem nuptiarum Viri ... Christophori Ab Hagen Hæreditarii in Nowlin in matrimonium trabentis Nobilissimam, Eximiisqve Virtvtvm Dotibvs Decoratissimam Virginem Tessinam A Kleist, Viri Nobilitate vera, Sapientia præstanti, judicij dexteritate clrissimi Tessen `a Kleist pie ... , Erschienen: Sedini : Rhetianis, 1604, Universitätsbibliothek Jena (2007) 692
Ein Asmus Klest wird im Dezember 1550 in Magdeburg neben anderen Edelleuten gefangengenommen. Die Chroniken der niedersächsischen Städte, Magdeburg Bd. 2, Leipzig 1899, S. 45 (2014) 693 Laut Urkunde vom 9. April 1573 wird er Hauptmann zu Roggezow genannt. Das Dorf Rogzow liegt nur 1/4 Meile von Cöslin entfernt. Dort hatte Asmus Kl. damals seinen Wohnsitz genommen. Rogzow gehörte seit 1284 dem Nonnenkloster zu Cöslin. 694 Vergl. Urkunden 499, 506 und 513.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 315 -
In demselben Jahre lieh Asmus Kl. 600 Fl. von Carsten Ristow auf Carzin und versetzte demselben dafür drei Bauerhöfe in Damen.695 Asmus Kleist zu Damen nahm am 15. März 1600 an dem Leichenbegängnisse Herzog Johann Friedrichs teil; er ging vorn im ersten Gliede. Unterm 28. April 1600 kam die Verfügung, daß die aus dem Amte Neustettin veräußerten Tischgüter der Hauptmann von Neustettin und Asmus Kl. auf Damen einnehmen sollen. Am 27. März 1601 wurde Asmus Kl. auf Damen belehnt (547). Zugleich ward er mit seinem Bruder auf Kowalk mit der halben Feldmark Glienke und der gesamten Hand an der Vangerow'schen Hälfte belehnt (549). Am 19. Oktober 1605 wurde er von neuem belehnt (553). In dem Lehnbriefe des Jahres 1608 werden bereits seine Söhne genannt (569); der Vater war zuvor gestorben. In seiner Ehe mit Catharina von Heydebreck, des Carsten von Heydebreck und der Barbara von Kleist aus Vietzow zweiten Tochter, des Lorenz von Flemming auf Benz Witwe, waren ihm fünf Söhne: 1) Christian, 2) Tessen, 3) Daniel, 4) Asmus und 5) Nicolaus (III. 139—143), außerdem zwei Töchter geboren: 1) Barbara, vermählt mit Lorenz Kl. auf Crolow (II. 52), und 2) Anna, vermählt mit Peter von Zastrow. III. 77. Daniel auf Damen, Hofrat, † 1585, Pribislaffs dritter Sohn, hat in Heidelberg studiert696 und war in den Jahren 1573 ff. Hofrat unter Herzog Johann Friedrich. Von ihm schreibt Schwarz in der Lehnshistorie S. 850: „Von dem Kaiser Rudolph ihre Reichslehen zu empfangen, wurden noch vor Ausgang des Jahres 1577 die fürtrefflichsten Räthe: aus Stettinscher Regierung Daniel von Kl. zu Damen und aus der Wolgastischen: Valentin von Eickstedt zu Damitzow erb- und lehngesessen, in Gesandschaft an den Kaiserlichen Hof zu Wien abgefertiget, die dann auch zu Demselben den 7. Januar 1578 mit gewöhnlicher Solennität gelangte, und in einer besonderen Urkunde die Bestätigung aller ihrer Privilegien und hohen landesfürstlichen Herrlichkeiten erhielt. Solcher Gestalt war diese Gesandschaft vor gedachte beide Pommersche Herren von Adel, Kleist und Eickstedt nach Wunsch ausgerichtet. " — Im Jahre 1585 bekam der Hofrat Daniel Kleist von neuem den Auftrag und Paß, als Gesandter beider Herzoge an den Kaiserl. Hof zu gehen (529). Am 9. April 1573 hatte Daniel Kleist mit seinen Brüdern Muthzettel erhalten (496) und war 22. Februar 1575 belehnt worden (501 und 502). Bei der Teilung der Güter seines Oheims Jacob war ihm und seinem
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Cartzin 16. Januar 1599: Asmus Kleist zu Damen quittiert dem Karsten Ristow zu Cartzin über den Empfang von 600 Gulden, die er ihm mit 36 Gulden verzinsen will... Er verpflichtet sich, den herzoglichen Konsens beizubringen - Landesarchiv Greifswald Rep. 2 Privata Nr. 748, (vorstehendes eingefügt 2008) Im Jahre 1600 klagte Christoph von Manteuffel in Cerstin wider Asmus Kl. zu Damen wegen einer Schuld von 100 Rtlr Capital und Zinsen seit 1576. 696 Daniel Kleist Pomeranus 16. April und 1.Juli 1569, Matrikel Universität Heidelberg. Er wird am 1. Juli 1569 alumnus iuris. Pommersche Studierende auf der Universität Heidelberg 1368-1668, H. v. Petersdorff. in Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie, Berlin 1887
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 316 -
ältern Bruder Asmus die dritte Kavel zugefallen, nämlich 7 Bauerhöfe in Gr. Voldekow, ein Krug in Kl. Voldekow, Anteil an Dimkuhlen und Freienstein. Die Brüder erhielten am 28. Januar 1578 Muthzettel hierüber. Am 12. Oktober 1581 hatte er seinem Schwager Jochim Versen auf Burzlaff 3000 Fl. gegen Pfandverschreibung der Loitzen auf 4000 Fl. geliehen, wofür Bernd und Franz von Dewitz Bürgen. Gegen diese hatte Jochim Versen durch alle Gerichte, auch beim Reichsgericht 15 Bauerhofe zu Maldewin und Hökenberg erstritten; er trat nun am 30. September 1584 Daniel alles ab für 6000 Fl. Zeugen waren: Tessen, Asmus und Adrian, Daniels Brüder zu Kowalk, Damen und Voldekow (527). Daniel Kl. vermachte der Marienkirche in Stettin ein Legat; darauf starb er am 30. Juli 1585 in Stettin.697 Seine Lehnserben waren seine Brüder. Laut Urkunde des Jahres 1589 legitimierten sich Asmus und Adrian zu Damen und Voldekow als Erben der Kowalk'schen und Glienke'schen Lehngüter. Bei dieser Gelegenheit sagten sie aus: „Auch hat unser verstorbener Bruder Daniel 3500 Fl. vom Lehngut mit Fürstl. Consens an Joachim Versen zu Burzlaff um 15 Bauern zu Maldewin und Hökenberg, so derselbe Joachim Versen von Bernd und Franz Vettern von Dewitz hatte einziehen lassen, geliehen. Es ist in diesem Jahre 1589, 29. Januar Urteil ergangen zwischen Versen und Dewitz, auch zwischen Versen und Uns, daß wir diese Güter, wofern die von Dewitz uns binnen 6 Monaten Zahlung leisten, befreit behalten; die 6 Monate sind noch nicht verlaufen. " Sie baten um Belehnung mit allen diesen Lehngütern und erhielten am 28. Juni ej. a. Muthzettel, desgleichen 28. April 1591, 23. Februar 1592 und 20. März 1593. Am 3. Juli 1594 wurden sie belehnt. — Des Hofrats Daniel Gemahlin hieß Margarethe von Zozenow, mit welcher er unbeerbt geblieben. Seine Witwe wurde am 24. Juli 1587 die erste Gemahlin des Fürstl. Stettin'schen Kanzlers Otto von Ramin auf Brunn, Krackow und Petershagen. Sie starb am 4. November 1598, und der Kanzler vermählte sich am 24. August 1601 mit Tessen Kleists Witwe Ursula gebornen von Wachholz; er starb am 18. Februar 1610. III. 78. Adrian auf Damen und Kowalk, † c. 1606, Pribislaffs jüngster Sohn, erhielt 1573 mit seinen Brüdern Muthzettel und ward 1575 mit ihnen belehnt (501 und 502). Am 26. März 1577 empfing er mit Daniel bei der Teilung der Güter ihres Oheims Jacob die dritte Kavel: 7 Bauerhöfe in Gr. Voldekow, einen Krug in Kl. Voldekow, Anteil an Dimkuhlen und Freienstein, und erbte später seines Bruders Daniel Anteil an diesen Gütern. Ihm verpfändete Lorenz Kl. auf Crolow (II. 52) 2 Bauerhofe zu Kieckow und Anteil an der Kieckow'schen Mühle für 675 Rtlr. oder 900 Fl. gemeiner Währung auf 12 Jahre. Herzog Johann Friedrich consentierte und confirmierte die Verpfändung am 8. August 1594 (540). Asmus und Adrian auf Damen und Kowalk erhielten unter dem 3. Juli 1599 einen Lehnbrief über die von ihren verstorbenen Brüdern Tessen und Daniel auf sie devolvierten Lehngüter (545). Beide Brüder kommen auch in den Lehnbriefen der Jahre 1601 und 1605 vor (546 b, 547, 549 und 553). Als ihre Güter sind Damen, Kowalk, Glienke und Voldekow angegeben. Adrian bekennt sich 6. d. Dargen den 18. Oktober 1605 der Anna vom Wolde, des Lorenz Versen Witwe, zu einer Schuld von 100 Fl., wofür Martin Bonin zu Dubbertech sich verbürgte. Nachdeut Adrian Kl. inzwischen gestorben, klagte die Gläubigerin 1610 gegen Martin Bonin um Wiedererstattung. Am 6. Mai 1608 waren bereits seine Söhne belehnt (564 und 565); der Vater war also zuvor gestorben. Seine Gemahlin Maria von Zastrow aus Cölpin hatte ihm drei Söhne: 1) Pribislaff, 2) Martin und 3) Jacob
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Staatsarchiv Stettin, Akten Marienstift in Stettin, Daniel Kleist, Fürstl. Hofrat zu Damen erbsessen, Begräbnis. Signatur 65/37/0/290 (2012)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 317 -
(III. 144—146) geboren. Von Pribislaffs vier Söhnen hatten also der zweite: Asmus und der jüngste: Adrian Lehnserben. Des Asmus Söhne heißen: 1) Christian, 2) Tessen, 3) Daniel, 4) Asmus und 5) Nicolaus (III. 139—143).
III. 139. Christian, des Asmus ältester Sohn, und III. 140. Tessen, des Asmus anderer Sohn, starben jung und ohne Erben. III. 141. Daniel auf Damen und Zadtkow, † vor 1665, des Asmus dritter Sohn, huldigte am 6. Mai 1608 zu Damen auch für seine unmündigen Brüder Asmus und Nicolaus (564 und 565). Er war in Kriegsdienste gegangen und zum Capitain avanciert. In einem Zeugenverhöre de 1615 antwortet er auf die Generalfrage: „Ob Zeuge sich auch einiger Mißhandlung, als Mordes, Todschlages, Ehebruches, Diebstahls oder sonsten schuldig wisse?" ganz naiv: ,, Nescit, außerhalb was im Kriegswesen geschehen!" — Im Jahre 1617 klagte Christopher Kl. zu Damen (III. 121) wider ihn, daß er sich „den geineinen Strom, die Persante genannt, aufzufangen, zu vergraben, zu verteilen, und nicht allein durch ein Wehr, sondern auch eine Schneidemühle zu erbauen gerüstet"; dadurch werde die von Alters auf der Persante, als „einem freien Strome", übliche Flößung von allerlei Bau-, Schneide- und Grenz-, auch Böttich-und Räderholz gehemmet, das nach Belgard und Colberg geflößt werde; auch geschehe seinem (Christophers) Unterthan am Fischen große Behinderung. Er bat, den angefangenen Bau zu zernichten. Unterm 18. August 1617 erging das Mandat an Daniel, den Bau einzustellen, und an den Hauptmann zu Belgard, Hechthausen, sich durch Augenschein zu überzeugen. Daniel Kl. „hatte sich solcher Stieffvatterei und Zanksucht zu Christopher Kl. nicht versehen, eher zu des Himmels Fall"; die Persante sei am selben Ort frei, und die Ufer auf beiden Seiten ihm zuständig; das Wehr auf der Persante sei laut Lehnbrief eine unstreitbare Pertinenz des Lehngutes Damen. Was Christoph wegen der Behinderung der Flößung „weitläuftig geschmieret, machet er der lieben Wahrheit einen unnöthigen Feiertag"; denn die Flößung sei seit undenklichen Jahren durch Haltung des Wehrs nicht behindert worden; er (Daniel) habe vielmehr den Fluß gerade durchstechen lassen, mit vielen Kosten, und eine neue Schleuse zum Holzflößen gemacht, habe auch die Pfähle des alten Wehrs, welche dem Flößen sehr hinderlich waren, fortgeschafft. Zu der angeblichen Schneidemühle sei noch nicht der geringste Baum gefällt; doch hoffe er, der Herzog werde es ihm gestatten. Christopher dagegen sagt aus, Daniel habe mit beiden Wehren den Fluß dermaßen aufgefangen, daß er sich als ein Teich aufgestauet und ganz stille stehe, wie solches augenscheinlich. Am 18. August ej. a. erging das Mandat an Daniel, bei 500 Rtlr. Pön sich des neuen Wehrs und der Schneidemühle zu enthalten. Der Streit zog sich beinahe 6 Jahre lang hin, bis unterm 3. April 1623 das Urteil des Fürstl. Kammergerichts publiciert wurde, Daniel solle das erbaute Wehr und die Schneidemühle demoliren. —
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 318 -
Daniel Kl. befand sich am 21. Mai 1617 beim Leichenbegängnis Herzog Georgs III. unter den 20 Trägern der Leiche und am 15. Januar 1621 beim Begräbnis Herzog Franzs I. unter den 24 Trägern des Sarges. Bei der Leichenfeier Herzog Ulrichs am 8. Januar 1623 ging er hinter dem Sarge im zweiten Gliede. In der Mitte der zwanziger Jahre übernahm Daniel das Amt eines Commissarius oder Direktors des Belgard'schen Quartieres. Laut Revers vom 10. Juni 1629 ließ er sich bereit finden, dies Amt noch ferner zu verwalten, obwohl ihm „die Crabaten große Überlast und Molest zugefügt". Falls die Contribution von den Bauern Ihrer Fürstl. Gnaden oder der Herzoginnen nicht einkommen würde, so versprach die Ritterschaft des Kreises, ihm dies zu ersetzen, wolle sich auch seiner militairischen Execution unterwerfen (609). Wiewohl sämmtliche Glieder der Ritterschaft diesen Revers unterschrieben hatten, so mußte der Hauptmann Daniel Kl. im Jahre 1633, nach Niederlegung seines Amtes, wegen restirender Contribution klagbar gegen sie vorgehen. Landrat des Belgarder Kreises war damals Achatz Kl. (III. 110) und Commissarius des Quartieres Bernd Kleist (II. 39). In Bezug auf Daniel Kleists Güter teilen wir noch mit, daß laut Erbteilung vom 8. Oktober 1611 ihm und seinem Bruder Asmus die Güter Damen und Zadtkow und ihrem Bruder Nicolaus Glienke zugefallen waren. Am 26. September 1618 huldigten Daniel und Asmus auf Damen und Zadtkow auch für ihren Bruder Nicolaus auf Glienke (585 und 586). Am 28. September 1621 mutheten Daniel und Nicolaus auf Damen, Zadtkow und Glienke auch für ihren Bruder Asmus auf Diekow (594). Wegen des Gutes Glienke wurde ein langjähriger Streit mit Michael Kl. auf Raddatz (IV. 18) geführt, welcher erst in: Jahre 1627 sein Ende fand.698 Im Jahre 1627 versprachen die Gebrüder Daniel und Nicolaus Kleist, das Legat ihres Vaterbruders Daniel an die Marienkirche zu Stettin abzutragen. Ihre Vermögensverhältnisse aber kamen durch die Verluste im Kriege so herunter, daß Daniel nicht im Stande war, die Schuld von 600 Fl., für welche sein Vater dem Carsten Ristow 3 Bauerhöfe in Damen hypotheciert hatte, zurückzuzahlen. Ristows Erbe: Lorenz von Zitzewitz auf Techlüb verklagte ihn dieserhalb, und wurden demselben durch die Urteil d. d. Alt-Stettin 16. September 1647 und 6. September 1652 die drei Bauerhöfe addiciert.699 Bei der Revision des Belgard'schen Quartieres auf dem Lande nach den Verwüstungen des dreißigjährigen Krieges ergab sich in Bezug auf Daniel Kleists Güter Folgendes: Er hatte zu Damen von Alters her 18 1/2 Hakenhufen und 6 besetzte Bauerhöfe (einer war vom Bürgermeister Calsow eingezogen). Zu Döbel waren 3 Höfe durch den Bauer'schen Ruin wüste geworden, ein Bauer von den Soldaten todtgeschossen, 3 698
Juli 1627. Der Streit zwischen Gebrüdern Daniel und Nicolaus auf Damen und Glienke wegen ihres Erbvertrages und des Gutes Glienke ist ausgeglichen. Das halbe Gut Glienke mußte Nicolaus 1619 an Michael auf Raddatz abtreten; so war die Erbteilung vom 8. Oktober 1611 unhaltbar. An Lorenz Kleist auf Crolow waren 2334 Fl. abzuzahlen; er hat ?. Februar 1626 wegen Abgang von Glienke 1066 Fl. Ehesteuer fallen lassen. An Georg Parsow hatte Nicolaus 500 Fl. zu entrichten; demselben waren 2 1/2 Bauerhöfe in Maldewin auf seine Ehesteuer zugeschlagen. 699 Nach der Steuer-Matrikel von 1628 hatte Daniel zu Damen 4 Hufen zu versteuern (606) und zu Döbel 5 1/2 Hufen (607). Im folgenden Jahre wurde er mit 18 Hufen (darunter 4 Hufen in Kieckow), 2 Kossäthen und einem Müller aus dem Belgard'schen District zu dem Polzin'schen gelegt. Am 9. Januar 1630 wurden ihm 1 1/2 Hufen zu Damen wegen Sandschadens gelöscht (610). Daniel war am 11. November 1643 zu Cüstrin gegenwärtig, als sein Bruder Asmus von dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm mit dem erkauften Anteile an Dertzow in der Neumark belehnt wurde (621). Im Jahre 1654 wurde Daniel von neuem belehnt (630 a) . Laut Berechnung der Lehnpferde hatte er am 23. April 1655 von Damen 1 Lpf. zu gestellen (632). Am 8. Mai ej. a. stellte Tessen wegen seines Vaters Daniel 1 Lpf. (633).
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 319 -
Bauerhöfe waren daselbst schon vor dem Kriege wüste; 2 Höfe zu Kieckow in der Pest a. 1630 „wüste gestorben", einer zu Zadtkow wüst geworden. Die Wassermühle nebst der Schneidemühle war von den Krockow'schen verbrannt. Jeder Bauer hatte nur eine Kuh und zwei Ochsen, welche der Major zu Colberg ihnen gekauft. Derselbe schickte von Colberg auch Pferde zum Eggen des Landes (623). Daniel Kl. war im Jahre 1659 bereits todt. In dem genannten Jahre trat Lorenz von Zitzewitz die 3 Bauerhöfe in Damen, welche er durch Urteil vom † Daniel Kl. erlangt, an Georg Bartsch ab. Im Jahre 1665 wurden seine Söhne belehnt. Aus seiner Ehe mit Eva von Benkendorff, des Daniel von Benkendorff auf Blumenfelde und Wormsfelde und der Sophia von Born aus dem Hause Dolgen Tochter,700 sind vier Söhne: 1) Tessen, 2) Daniel, 3) Anton und 4) Heinrich (III. 220—223), außerdem drei Töchter entsprossen: 1) Sophia, vermählt mit dem Rittmeister Ewald von Kl. auf Vietzow (III. 171). 2) Barbara, vermählt mit Christian Heinrich von Kl. auf Dubberow (II. 107). 3) Die jüngste Tochter starb unvermählt. III. 142. Asmus auf Damen, 1643, des Asmus vierter Sohn, war bei der Belehnung am 6. Mai 1608 noch unmündig.701 Bei dem Leichenbegängnis Herzogs Franz I. am 15. Januar 1621 befand Asmus Kl. sich unter den 24 Fackelträgern neben dem Sarge. Kurz zuvor hatte er das Gut Diekow in der Neumark von Albrecht Runge gekauft. Seine Brüder Daniel und Nicolaus auf Damen, Zadtkow und Glienke mutheten am 28. September 1621 auch für Asmus auf Diekow (594). Ferner kaufte er einen Anteil von Dertzow von dem Oberst Hans Christoph von Burgsdorff. Am 11. November 1643 wurde Asmus Kl. von dem großen Kurfürsten mit dem erkauften Anteile an Dertzow belehnt. Die von Burgdorff protestierten vergeblich gegen Kauf und Belehnung. Gesamte Hand erhielten sein Bruder Daniel, seines verstorbenen Bruders Nicolaus unmündige Söhne und einige Lehnsvettern (621). Darnach wird Asmus in den Urkunden nur noch am 23. April 1646 genannt, an welchem Tage er sich mit Maria Erdmuth von Waldow, des Hieronymus von Waldow auf Bernstein und Hasselbusch Tochter vermählte. Nach Angabe der Familien-Autoren starb er ohne Erben. Sein Sohn Asmus scheint erst nach seinem Tode geboren zu sein. III. 224. Asmus,
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Ihr Schwester heiratete Anton auf Schönau, III. 149 (2012) Am 18. Mai 1608 wurden Asmus und Nicolaus, verstorbenen Asmus Söhne zu Damen, mit 1/2 Feldmark Glienke, welche von ihrem Vaterbruder Tessen herstammte, belehnt (569) Unterm 26. September 1618 huldigten Daniel und Asmus auf Damen und Zadtkow auch für ihren Bruder Nicolaus auf Glienke (585 und 586). Nach der Erbteilung vom 8. Oktober 1611 war Letzterem genanntes Gut zugefallen. 701
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 320 -
1654, des Asmus einziger Sohn, ward 1654 zu Gottberg702 belehnt. Die väterlichen Güter in der Mark hatte er verkauft. Er starb ohne Erben. III. 143. Nicolaus auf Glienke, † 1643, des Asmus fünfter und jüngster Sohn, war 1608 noch minderjährig, in den Urkunden Niclaus und Nickol genannt (563 a). In der Erbteilung vom 8. Oktober 1611 erhielt er das Gut Glienke; die Hälfte des Gutes mußte er jedoch 1619 an Michael auf Raddatz (IV. 18) abtreten.703 In demselben Jahre verkaufte er sein Haus vor dem Belgarder Thore in Neustettin für 600 Fl. (à 9 Dütken Poln. jeder Gulden) an Franz Böhn, auf Culsow erbsessen, Hauptmann auf Cöslin und Casimirsburg. Zu diesem Hause gehörten 18 Morgen Acker und Wiesen, die er mitverkaufte, sammt Fischerei, Holzung und Exemtion von der Landsteuer, auch das „fornste Frauengestülte" in der Kirche, welches er einst für 21 Rtlr. erworben, endlich das Erbbegräbnis im Chor am Altar, welches 20 Fl. kostete. Kleist behielt das Vorkaufsrecht. Die Herzogin Hedwig confirmierte den Kauf d. d. Rügenwalde 16. Juni 1622 (592). Im Jahre 1627 war sein Streit mit seinem Bruder Daniel auf Damen wegen ihres Erbvertrages und des Gutes Glienke ausgeglichen. Am 11. November 1643 erhielten bereits seine beiden unmündigen Söhne die gesamte Hand an ihres Oheims Asmus Gute Dertzow in der Mark (621); der Vater war zuvor gestorben. Laut Ehestiftung vom 27. Juni 1612 war er mit.....von Benckendorff aus Schönfeld vermählt, welche ihm zwei Söhne: 1) Christian Dietrich und 2) Hans Christian (III. 225 und 226), sowie zwei Töchter schenkte. Barbara Elisabeth heiratete 1660 Hans Heinrich von Hertzberg, geb. ca. 1623, † 1686. Sie erhielt 1000 Rthlr. als Heiratsgut, das auf Damen hypotheciert wurde.704 Den Namen der zweiten Tochter erfahren wir in den Urkunden nicht. Sie waren beide verheiratet und lebten noch 1663 mit ihrer Mutter.705 III. 225. Christian Dietrich auf Glienke, 702
Das Gut Gottberg wird in der Belehnungs Urkunde als in Chur-Brandenburg gelegen angegeben. Im vorigen Jahrhunderte gehörte es zum Pyritzer Kreise, also zu Pommern, eine Hufe des Gutes steuerte jedoch zum Arnswalder Kreise, d. h. zur Neumark. 703 Von dem halben Dorfe Glienke hatte er 1627 3 1/2 Hufen, einen Kossäthen, einen Schäfer und 1/2 Krug zu versteuern (605); desgleichen 1628 (606). 704 Geschichte des Geschlechts v. Hertzberg, Bd. I Urkundenbuch, Hermann Waterstraat, Stettin 1906, Nr. 210, Bd. II S. 389 (2009) 705 Aus dem Jahre 1620 ist noch eine Klage zu erwähnen, die von dem Advocatus fisci wider Ihn und seine Hausfrau angestrengt wurde in puncto injuriarum gegen die Fürstlichen Commissarien: Peter Somnitz auf Grumsdorf, Hauptmann zu Neustettin, und Franz Herzberg auf Bahrenbusch, als er (Nicolaus Kl. ) 20. April 1619 zur Glienke mit Michael Kleist's Tochter: Anna Sophia einen Tumult gehabt", wobei er geäußert: „die Commissarien hätten nicht ehrlich, sondern als Schelme und leichtfertige, lose Vögel gehandelt"; obgleich ihm im Juni 1619 zu Cöslin durch den Fürstlichen Kanzler Arrest angesetzt, wäre er weggereist, ohne sich daran zu kehren, er hätte also Sr. Fürstl. Gnaden Arrest in den Wind geschlagen und violieret etc."
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 321 -
1665, des Nicolaus älterer Sohn, war bei der Belehnung seines Oheims Asmus am 11. November 1643 noch unmündig; er erhielt bei dieser Gelegenheit mit seinem jüngern Bruder Hans Christian die gesamte Hand an dem Gute Dertzow (621). Im Jahre 1654 ward er mit Glienke und Damen belehnt (640). Im Dezember 1665 ward vom großen Kurfürsten der Lehnbrief über Nassen-Glienke für Christian Dietrich auf Damen und Kowalk ausgestellt, in welchem ihm zugleich die gesamte Hand an der Vangerow'schen Hälfte von Glienke erteilt wurde (643). Am 6. April 1663 hatte er sein Gut Glienke auf gewisse Zeit jure antichreseos für 2000 Fl. an Margaretha Lucretia Rothberger, des Obersten Michael Jenicke Ehefrau, verpfändet; dieselbe mußte aber wegen des Churf. Consenses, welchen er binnen einem Vierteljahre zu schaffen versprochen, gegen ihn klagbar werden. Der Consens wurde am 7. Juni 1664 erteilt. Die Pfandbesitzerin mußte ihn auch 1664 wegen Aufbau des Schäferkathens und wegen Reparatur der ganz baufälligen Scheune und des Thors in Anspruch nehmen. Christian Dietrich Kl. wohnte damals zu Steinburg, im „Pusche", auf seinem Hof. Seine Mutter hatte laut Ehestiftung vom 27. Juni 1612 und anderer Quittungen 6000 Fl. aus Glienke zu fordern. Seine Schwestern aber prätendierten jede 1000 Rtlr. Ehegeld. Nach dem Jahre 1665 wird Christian Dietrich in den Urkunden nicht mehr genannt; er ist bald darnach gestorben. — Er war zweimal vermählt: a) mit.... von Bonin, welche ihm einen Sohn Lorenz Dietrich (III. 310) schenkte, und b) mit Barbara Elisabeth von Bandemer, mit welcher er unbeerbt blieb. Seine zweite Gemahlin hatte das Gut Steinburg von Caspar Rüdiger von Herzberg gekauft. Als Witwe cedierte sie am 27. Juni 1672 mit den Vormündern ihres Pflegesohnes das Einlösungsrecht an der Hälfte von Nassen-Glienke an Christoph Kl. daselbst (III. 240) für 3500 Fl. Von diesem Gelde erhielt der Oberst Jenicke 2070 1/2 Fl.; ihre Schwiegermutter und die beiden verheirateten Schwestern ihres Mannes 900 Fl. und ihr Pflegesohn außer Naturalien 500 Fl. bar und ein gutes, wohl mundiertes Pferd. Die Witwe aber hatte davon „weniger, denn nichts zu erhoffen" (652). III. 226. Hans Christian, 1654, des Nicolaus anderer Sohn, lebte bei der Erbhuldigung im Jahre 1654 noch, starb aber bald darauf ohne Erben. — Mit Christian Dietrichs einzigem Sohne: III. 310. Lorenz Dietrich starb der Glienke'ner Nebenzweig aus. Außer in Urkunde 652 de a. 1672 wird er nicht genannt. Er starb ohne Erben. Von des Asmus fünf Söhnen hatte also der dritte: Daniel, der vierte: Asmus und der fünfte: Nicolaus Lehnserben. Der beiden letztgenannten Söhne Nachkommen starben, wie wir bereits kurz berichtet, erblos aus. Daniel hatte vier Söhne: 1) Tessen, 2) Daniel, 3) Anton und 4) Heinrich (III. 220—223). III. 220.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 322 -
Tessen auf Damen und Zadtkow, † vor 1665, Daniels ältester Sohn, vermählte sich, laut Copulirbuch der Marien-Stiftskirche zu Stettin, am 10. April 1643 mit Gertrud von Trampen, des Hofgerichtsverwalters Adam von Trampen und der Witwe des Ernst Philipp von der Lanken auf Schlatikow Tochter. Seiner Ehefrau Eingebrachtes, im Gesamtbetrage von 5000 Fl., welches auf dem Schlatikowschen Gute in Vorpommern haftete, überließ er am 12. Mai 1646 dem Major Peter Larsson in Colberg, welcher ihm das Gut Damen dafür abtrat. Im Jahre 1654 wurde Tessen auf Damen belehnt (630 a).706 Am 9. November 1665 wurden bereits seine minorennen Söhne belehnt; der Vater war also zuvor gestorben (640 und 662). In seiner Ehe mit Gertrud von Trampen waren ihm drei Söhne geboren: 1) Daniel, 2) Adam und 3) Christian (307a, 307b und 308). III. 221. Daniel auf Damen und Rauden, 1665, Daniels anderer Sohn, zog in seiner Jugend in den Krieg wider die Türken und ward von denselben lange Jahre in Gefangenschaft gehalten. Nach seiner Befreiung kehrte er nach Damen heim. Am 16. September 1647 reichte Lorenz von Zitzewitz eine Klage wider Daniel Kleist ein wegen einer Forderung von 600 Fl. Capital und 600 Fl. Zinsen. Der Major Peter Larsson war Intervenient in dieser Streitsache. Dieselbe wurde dahin entschieden, daß dem Lorenz von Zitzewitz für seine Forderung 3 Bauerhöfe in Damen, welche auf 1085 Fl. zu ästimiren, zu addiciren seien, falls Daniel Kleist nicht binnen 3 Monaten zahle. Letzterer wurde außerdem wegen vielfacher Turbation in 600 Rtlr. fiskalische Strafe genommen, welche ihm jedoch auf seine Bitte am 6. September 1652 erlassen ward. Am 8. März 1659 wurde ein Vertrag zwischen Friedrich von Petersdorff auf Resehl und Daniel von Kl. geschlossen wegen seiner Frau, der Barbara von Pistoris Aussteuer aus des verstorbenen Joachim von Petersdorff zu Lutkenhagen Lehnen. Kleist offerierte diese Lehne dem von Petersdorff; er behielt nur 2 Höfe in Lüttenhagen und anderes ad vitam; Joachims Gut in Petershagen aber behielt er ganz zu eigen.707 Am 9. 'November 1665 wurde er mit Damen und Rauden, Grünwald und Steinburg belehnt; er huldigte zugleich für seines ältern Bruders Tessen minorenne Söhne (640 und 662). Er besaß außerdem einen Anteil an Zadtkow, 3 Banerhöfe in Döbel und 2 in Kieckow. Im Jahre 1672 war er bereits todt.708 Seine Gemahlin Barbara von Pistoris hatte ihm nur einen Sohn: Peter Valentin (III. 309.) geboren, welcher jung und ohne Erben verstorben ist. III. 222. Anton, Daniels dritter Sohn, und 706
Am 25. April 1655 hatte er von Damen 1 Lpf. zu halten (632 und 633). Am 7. Mai 1659 trat Lorenz von Zitzewitz seine drei Bauerhöfe in Damen, welche er von Daniels Vater erlangt, an G. Barts wegen Schuld ab. 708 Daniels Erben hatten 1672 von Damen 1 Lpf. zu halten. (651). Vergl. auch Urkunde 667. 707
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III. 223. Heinrich, Daniels jüngster Sohn, starben in Kriegsdiensten, ohne Erben. Von Daniels vier Söhnen waren also nur die beiden ältesten Tessen und Daniel beerbt. Tessen hatte drei Söhne: 1) Daniel, 2) Adam und 3) Christian (III. 307 a, b und 308). III. 307a. Daniel auf Damen und Rauden, 1699, Tessens ältester Sohn, war bei der Belehnung am 11. November 1699 nicht mehr am Leben (675), während er bei der Churfürstl. Erbhuldigung am 9. November 1665 namhaft gemacht ist (640 u. 662). Er starb ohne Erben. III. 307b. Adam auf Damen und Zadtkow, † 1701, Tessens anderer Sohn, wurde mit seinen Brüdern am 9. November 1665, minorenn, belehnt (640 u. 662). Im Jahre 1689 bat er, wiewohl seine großväterlichen Güter in der Creditoren Hände waren, um Muthzettel. In seiner Eingabe sagt er: „Man kann nicht wissen, was der liebe Gott in's künftige mit mir vorhat; ich will von meinen Allodia so viel daran wagen und einen Muthzettel lößen"; er erhielt denselben am 10. Dezember 1689. Als Erbe seines Onkels Daniel (III. 221) hatte er von dem Gute Rauden einen entsprechenden Beitrag zu einem Lehnpferde am 22. Januar 1690 zu geben (667) und im folgenden Jahre zu Damen und Rauden 6 Hufen zu versteuern. Unterm 20. Januar 1691 kaufte er von den Gebrüdern: Rittmeister Christian Heinrich und Gustav Georg von Dewitz auf Daber das Gut Heyde bei Arnhausen, welches ihnen 1673 aus Manteuffel'schem Concurs zugeschlagen war, für 4000 Fl. (670). Im Jahre 1699 besaß er von den väterlichen Lehnen die auf dem Damen'schen Felde belegene Schäferei Rauden nebst dem dazu gehörigen Ritteracker und Anteil im Holze Catzenhagen, ferner 4 Bauerhöfe im Dorfe Damen, sowie die auf den Zadtkow'schen 6 Ritterhufen angelegte Schäferei. Er huldigte am 11. November 1699 (675). Mitte April 1701 starb er, mit Hinterlassung von drei unmündigen Söhnen und der Witwe. Seine Gemahlin Demuth Margarethe von Kleist aus dem Hanse Poberow (III. 175) hatte ihm vier Söhne und eine Tochter: Dorothea Elisabeth, † an der Wassersucht 21. August 1727, vermählt am 22. März 1709 an Hans Georg von Grube auf Zamzow in der Neumark, † 3. März 1727, geboren. — Die Namen der Söhne sind: 1) Tessen Wilhelm, 2) Balthasar Christian, 3) Daniel Heinrich und 4) Philipp Ernst (III. 405—408). Die Witwe grämte sich wegen des Absterbens ihres Mannes so sehr, daß sie „wahnwitzig" und „von blödem Gemühte" wurde. Sie starb in Zamzow am 20. Mai 1714.709
709
Genealogische Kollektaneen, Dr. Gg. Schmidt, Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie, Berlin 1887, S. 309 und 1889, S. 154 (2009)
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III. 308. Christian, 1665, Tessens jüngster Sohn, war bei der Belehnung 1665 noch minderjährig. Im Jahre 1671 hatte „Carsten zu Kieckow" für 1/3 Lpf. mit Joachim Kl. auf Zeblin und Dubberow zu zahlen (651). Darnach wird er nicht mehr genannt. Er starb ohne Erben. Von Tessens drei Söhnen hatte also nur der zweite: Adam (III. 307 b) Lehnserben, es waren ihrer vier. III. 405. Tessen Wilhelm, Adams ältester Sohn, starb zu Berlin in Churbrandenburgischen Diensten, unvermählt. III. 406. Balthasar Christian auf Damen und Rauden, 1738, Adams anderer Sohn, war bei seines Vaters Tode (starb 1701) noch minderjährig, huldigte am 14. September 1703 wegen Damen und Zadtkow (647) und hatte 1704 von Damen ein Lehnpferd zu gestellen (677 a). Bei der Belehnung am 26. April 1714 war er abwesend. Er hatte als Unteroffizier bei dem Alt-Heyden'schen Regiment gestanden und dann seinen Abschied genommen. Im Jahre 1719 hatte er einen Streit mit Lorenz Heinrich auf Damen (III. 294); sie hatten sich einander mit Worten schwer beleidigt: zur Schlägerei war es jedoch nicht gekommen. Trotzdem klagte der Advocatus fisci wider ihn wegen vermutlich violierten Duelledicts. Die Sache zog sich bis 1730 hin. Das Civil-Collegium wollte ihm nur einen Verweis erteilen. Der König aber gab Ordre, daß er, weil er wider die einmal festgesetzte Landespflicht raisonniert hätte, Geld zur General-Strafcasse zahlen sollte. Das Criminal-Collegium condemnierte ihn zu 25 Rtlr. Strafe. Dagegen verfügte der König durch Marginal-Rescript vom 3. Mai 1728: „Soll 50 Rtlr. zahlen. F. W." Da er aber 1720 ganz und gar abgebrannt war, so daß er kaum das liebe Leben gerettet, und nichts zu bezahlen hatte, so erging das Marginal-Rescript des Königs: „Wegen Raisonnirens gegen die Landespflicht zur Festung!" — und er mußte ein halb Jahr Festungshaft in Colberg abbüßen.710 Mit seinem jüngern Bruder Daniel Heinrich hatte er sich am 27. November 1708 und 22. April 1720 über den Besitz von Damen verglichen; sein Bruder hatte 1726 bei ihm 800 Fl. zu stehen. Am 10. Februar 1738 verkaufte er an Bernd Erdmann (III. 409) das Gut Rauden und den halben Hof in Damen und 1/3 des Hofes in Ziltz, mit Einwilligung seiner Frau Scholastica Tugendreich von Sanitz, wie er diese Lehnstücke laut brüderlichen Vergleiches von 1708 und 1726 hatte, auf 30 Jahre, für 1795 Fl. Darnach wird er in den Urkunden nicht mehr genannt.711
710
Ein Teil der Vorgänge befindet sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. I. HA Rep. 30 Nr. 44 K 62 – 1720-1728 (2013) 711 Im Oktober 1720 wurde auf einem Berge bei Damen eine Menge Bernstein gefunden, an 2 bis 3 Scheffel, darunter Stücke von der Größe eines Kinderkopfes, mindestens 2 Fäuste groß Er und sein Bruder Daniel Heinrich berichten., daß der Bernstein am Persantestrome nicht adernweise, sondern stückweise gefunden, und daß sie ein Recht darauf hätten, da er im Bereiche ihres Lehngutes aufgefunden (Fortsetzung...)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 325 -
Seine Ehe mit Scholastica Tugendreich von Sanitz war kinderlos geblieben. III. 407. Daniel Heinrich auf Damen, † vor 1738, Adams dritter Sohn, war 1701 bei seines Vaters Tode, militae causa, 15 Jahre alt, abwesend; er stand im spanischen Erbfolgekriege einige Jahre bei der Reichsarmee und kämpfte wider die Krone Frankreich.712 Nach geschlossenem Frieden huldigte er an: 26. April 1714 wegen Damen, über dessen Besitz er sich 1708 mit seinem älteren Bruder verglichen. Seine Brüder Balthasar Christian und Philipp Ernst waren bei der Belehnung 1714 nicht zugegen (680). Am 4. Februar 1726 verkaufte er an Bernd Erdmann (III. 409) seinen Anteil an Damen, mit Einwilligung seiner Frau Maria Agnesa von Kleist, auf 30 Jahre für 4020 Fl., wovon 2000 Fl. Pfandschilling an Franz Jürgen gezahlt worden. Falls die Reluition nach 30 Jahren nicht geschehe, so gelte der Kauf auf andere 30 Jahre verlängert. Der Churfürstl. Consens ward erst unterm 15. März 1741 erteilt. Bei dem Verkaufscontracte, welchen Balthasar Christian am 10. Februar 1738 mit Bernd Erdmann von Kl. abschloß, ist bereits von Daniel Heinrichs Witwe die Rede; er war also zuvor gestorben. Seine Ehe mit Maria Agnesa von Kleist, Tochter des Richard von Kleist auf Damen (III. 200), verwitweten von Redern, war ohne Söhne geblieben. III. 408. Philipp Ernst auf Zadtkow, † 1732, Adams jüngster Sohn, studierte in seiner Jugend auf der Universität Jena und diente darnach eine kurze Zeit bei der Reichsarmee. Von seinem Vater hatte er ein Gütchen in Zadtkow geerbt, welches ihm in der brüderlichen Erbteilung 1708 zugefallen war; dasselbe bestand in 3 Bauerhöfen, wofür der Verwalter ihm jährlich 80 Fl. Pension gab. — Im März 1713 hielt er sich bei seiner Schwester in Zamzow auf und geriet daselbst mit dem preußischen Capitain-Lieutenant Philipp Reinhold von Krockow in Streit, wobei sie sich „nicht allein geschlagen, sondern auch hernachens sich am Ende des Dorfes mit den Degens ziemlich herumgefuchtelt, daß der von Kleist ziemlich blessiert ist. " Letzterer war beim Kampfe mit einem Bein im Morast stecken geblieben und vornüber gefallen; darauf hatte von Krockow ihm hinten durch den Hals und durchs linke Ohr und in die rechte Schulter einen guten Finger lang tief gestochen, ihm auch den linken Daumen zerhauen und einen zwei Finger breiten Stich in den rechten Arm beigebracht, so daß viel Blut floß und von Kleist fast unkenntlich war. In Folge des violierten Duelledicts brachte der Landreuter den kaum geheilten von Kl. ins Stockhaus nach
711
(...Fortsetzung) worden. Der Advocatus fisci aber beanspruchte den Bernstein und bewilligte den ehrlichen Findern nur einen geringen Finderlohn. 712 Eine Nachricht vom 21. August 1711 besagt von ihm: „Aus der Citadelle von Magdeburg ward dem Kronprinzen geschickt der bewußte Daniel Heinrich von Kleist, war über die Mauer gesprungen und hatte sich versteckt. Es überbringen ihn Adam Christian von Kl. (III. 464) und Caspar Ehrenreich von Wolden."
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Belgard. Nachdem er seine Strafe abgebüßt, vermählte er sich am 5. Dezember 1714 mit der hinterlassenen Tochter des verstorbenen Landrats von Plötz auf Stuchow.713 Philipp Ernst von Kl. starb laut Kirchenbuch von Muttrin-Damen auf Zadtkow den 18. August 1732. Er hinterließ die Witwe und zwei Söhne: 1) Christoph Caspar Heinrich und 2) Joachim Ernst (III. 533 und 534). Die Witwe verhaftete das ihr gehörige kleine Gut Zadtkow am 28. Februar 1736 und 20. September 1741. Von Adams vier Söhnen war also nur der jüngste: Philipp Ernst beerbt. Sein älterer Sohn hieß, wie gesagt: III. 533. Christoph Caspar Heinrich auf Zadtkow, geb. 1716, + 1797. Er ward am 3. Februar genannten Jahres getauft und kam frühzeitig auf die Cadettenschule in Berlin. Am 2. August 1741 war er Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 21 und 1. Februar 1742 Lieutenant im Garnison-Bataillon Nr. 6, späteren Grenadier-Bataillon Nr. 6. Er kämpfte in der Schlacht bei Mollwitz mit. Bei der Belehnung am 12. Februar 1744 war Lieutenant Christoph Caspar Heinrich von Kleist abwesend (684). Am 12. September 1750 avancierte er zum Premier-Lieutenant und 23. Dezember 1757 zum Stabs-Capitain. Unterm 29. März 1758 ward er Compagnie-Chef. 1766 stand er bei den Grenadieren des Infanterie-Regiments Nr. 28. Am 13. September 1770 nahm er wegen Invalidität seinen Abschied, nachdem er 42 Jahre activ gedient, und erhielt eine Pension von 120 Rtlr. Seinen Wohnsitz nahm er in Brieg, woselbst er 1782 ein Haus besaß, welches er von seiner verstorbenen Frau geerbt hatte; dasselbe war höchst baufällig, so daß er den König um eine Beihülfe zum Wiederaufbau bitten mußte.714 Vom 1. Juli 1796 an bezog er eine Pension von 180 Rtlr.715 Nicht lange danach am 19. Januar 1797 starb er in Brieg.716 Seine Gemahlin Rebecca geborne Ambtschild (starb vor 1782) hatte ihm zwei Söhne: 1) Heinrich und 2) Ernst Wilhelm Julius (III. 662 und 663) und eine Tochter geboren. Letztere, Henriette Sophie Elisabeth mit Namen, geboren 28. Oktober 1763, vermählte sich mit dem in Brieg garnisonirenden Platz-Ingenier-Major Bourdet (gestorben 1809 in Glatz als Staatsgefangener). Als Witwe zog sie nach Breslau, wo sie am 24. März 1814 im Hospitale bei den Elisabethinerinnen starb.
713
Am 8. Dezember 1726 entzweite er sich mit dem Lieutenant Bernd Erdmann von Kl. auf Damen in der Apotheke zu Belgard beim Trunk und Spiel. Der Discurs war auf „hübsche Frauenzimmer gefallen". Philipp Ernst schlug seinen Vetter an die Ohren und faßte ihn in die Haare Sein Gegner aber zog den Degen und schlug ihn einige Male über den Kopf, daß er eine schwere Wunde davontrug. Dies Rencontre brachte unserm Helden einen zweimonatlichen Festungsmrest ein. Er war übrigens so „blutarm, daß er 1730 seine unter den Cadets zu Berlin habenden Söhne mit benöthigten Unterkleidern nicht versehen konnte". 714 Das Bittgesuch an den König, Brieg 20.August 1782, befindet sich im Geheimen Staatsarchiv. I.HA Rep.96 Nr.435 Litt.K6 (2008) 715 Sein Gütchen Zadtkow b hatte er 1786 an Friedrich Felix von Kl. auf Warnin (III. 666) verkauft. 716 Schlesische Provinzialblätter, Band 25, Breslau 1797, S. 187 (2013)
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 327 -
III. 534. Joachim Ernst, Lieutenant, geb. 1719, † 1760, des Philipp Ernst jüngerer Sohn, getauft 1. September 1719, ward 12. Februar 1744 abwesend belehnt (684). Im genannten Jahre war er in Brieg Gefr. Corporal im Regiment Nr. 42. Er machte den Anfang des siebenjährigen Krieges mit als Lieutenant im Regiment Blanckensee. Am 29. Dezember 1760 starb er zu Neiße am hitzigen Fieber und ward daselbst begraben. Er war unvermählt geblieben. III. 662. Heinrich, des Christoph Caspar Heinrich älterer Sohn, starb jung. III. 663. Ernst Wilhelm Julius, Major, des Christoph Caspar Heinrich jüngerer Sohn, geboren 16. April 1766 in Brieg, war 30. April 1786 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 28, den 16. April 1788 Lieutenant und den 4. Oktober 1797 Premier-Lieutenant. Am 1. Juni 1799 kam er zum Grenadier-Bataillon von Engelhard (Regiment Nr. 28 und 50) und 9. Juli 1803 ins Regiment zurück. Nachdem er am 12. August 1809 Stabs - Capitain geworden, ging er im Februar 1813 zur Gendarmerie und ward Kreis-Offizier bei der Gendarmerie in Leobschütz und im Juni ej. a. Führer resp. Commandeur des Landwehr-Bataillons des Kreises Leobschütz (2. Bataillon 10. Schlesischen Landwehr-Infanterie-Regiments).717 Am 11. August 1813 starb er am Nervenfieber in Strehlen, wohin er mit seinem Bataillon marschiert war. Seine erste Ehe schloß er am 31. Mai 1792 mit Charlotte Wilhelmine v. Kamecke. Diese starb am 23. Oktober 1793 in Brieg am hitzigen Krampffieber.718 Zum zweiten Mal hatte er sich am 25. Januar 1798 (Königl. Consens erhalten 10. April ej. a.) in Brieg verheiratet mit: Charlotte Sophie Emilie von Schnell, 16 1 /2 Jahre alt, ältesten Tochter des Majors von der Armee Heinrich Alexander von Schnell. Dieser Ehe entstammen ein Sohn: Hermann Julius Alexander (III. 787) und eine Tochter: Emilie Henriette Albertine, geboren 2. Dezember 1798, vermählt mit Pastor Seibt in Panthenau bei Nimptsch in Schlesien.719 Beide sind bereits gestorben. Frau von Kleist ließ sich am 14. Juni 1804 in Brieg von ihrem Gemahl scheiden und vermählte sich mit dem Grafen Carl von Sandreczky. Sie starb im Sommer 1816 in Salzbrunn im Bade.
717
Er war ca. 1809 Mitglied der Freimaurer-Loge in Brieg, Freimaurer-Zeitung, Band 20, S. 63
(2015). 718
Schlesische Provinzialblaetter, Bd. 15, 1792, S. 560, Bd. 18, 1793, S. 461 (2017) Am 4. Juli 1833 wurde ihnen in Kesselsdorf bei Löwenburg ein Sohn geboren. Schlesische Provinzial-Blätter, Breslau 1833, S. 91. (2009) 719
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Des Majors Ernst Wilhelm Julius einziger Sohn also war: III. 787. Hermann Julius Alexander, Major in Neiße, geb. 1800, † 1864. Er wurde am 13. Dezember 1800 in Brieg geboren. Seine Erziehung empfing er zuerst in Brieg und seit 1814 im Cadetten-Corps. Am 5. Mai 1818 kam er aus dem Corps als Fähnrich zum 22. Infanterie-Regiment, ward 18. März 1820 Lieutenant, 14. Dezember 1832 Premier-Lieutenant und 10. Dezember 1837 Hauptmann und Compagnie-Chef. Am 9. Mai 1848 nahm er als Major seinen Abschied mit 560 Rtlr. Pension, seit 1861 empfing er einen Zuschuß von 100 Rtlr. Vom November 1850 bis April 1851 war er Commandeur des Ersatz-Bataillons der 24. Infanterie-Brigade und 1851 Führer des 2. Aufgebots des 1. Bataillons 23. Landwehr-Regiments. Im Jahre 1848 wohnte er in Neiße, 1851 in Neuland bei Neiße, seit 1853 wieder in Neiße, woselbst er am 11. Februar 1864 starb. Der Major Hermann von Kleist war zweimal verheiratet: a) mit Caroline Friederike Eleonore von Buchs, geboren 30. November 1806 in Hirschberg, gestorben 5. September 1839 in Neiße, vermählt 25. Juli 1831 zu Frankenstein, ältesten Tochter des Kaufmanns und Rittergutsbesitzers von Buchs in Hirschberg. Aus dieser Ehe sind ein Sohn: Eduard Hermann Carl Robert (III. 885) und eine Tochter: E l i s a b e t h Caroline, geboren 3. Juni 1834, † 12. Februar 1898,720 entsprossen. Letztere war Erzieherin in Gnadenfrei und wohnte zu Kaiserswerth a. Rh. b) Zum andern Male verheiratete er sich am 5. August 1842 mit der Stiftsdame Minna Agnes Caroline von Müllenheim, geboren 16. Dezember 1808 zu Preuß. Holland, getraut in der Stiftskirche zu Heiligengrabe, starb 29. April 1882 zu Freiburg in Baden, Tochter des bei Leipzig gefallenen Majors Carl Heinrich August von Müllenheim und der Marie Elisabeth Pommer, geschiedenen Freifrau von Buddenbrock.721 Dieser zweiten Ehe entstammen gleichfalls ein Sohn: Sigismund Theodor Carl Alexander (III. 886) und eine Tochter: Helene Natalie Minna Agnes, geboren 29. Dezember 1845 in Neiße, † ..., vermählt 21. November 1867 in Erfurt mit General der Infanterie z. D. Barthold von Ditfurth, geboren 2. November 1826 in Trier, † 17. Juni 1902 in Berlin. III. 885. Eduard H e r m a n n Carl Robert,722 Major und Bataillons-Commandeur im Infanterie-Regiment Nr. 62. geb. 1837, † 1907, des Majors Hermann Julius Alexander von Kleist einziger Sohn erster Ehe, am 8. Juli 1837 zu Neiße geboren, kam ins Cadetten-Corps und war 2. Mai 1857 Seconde-Lieutenant im 2. Infanterie-Regiment, 14. Januar 1860 im 22. Infanterie-Regiment, 1. Juli 1860 im Infanterie-Regiment Nr. 62, 10. Februar 1866 Premier-Lieutenant, 15. Juli 1871 Hauptmann und Compagnie-Chef. 1870/71 Belagerung von Paris
720 721
Personalbestand der Familie 1899 (2006) Jahrbuch des Deutschen Adels, hrg. Deutsche Adelsgenossenschaft, Berlin 1898, S. 615
(2010) 722
Die Stammtafel nennt ihn nur: Hermann Eduard.
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(Eisernes Kreuz 2. Klasse). Von ihm stammen Veröffentlichungen über diesen Krieg.723 11. März 1883 Major, den 19. April etatsmäßiger Stabsoffizier und 19. November 1883 Bataillons-Commandeur. 15. November 1887 zum Kommandeur des Kadettenhauses Wahlstatt ernannt. 19. September 1888 Oberstleutnant. Am 17. Oktober 1893 nahm er den Abschied und zog nach Berlin-Steglitz. Im Ruhestand schrieb er mehrere geographische Aufsätze.724 Er starb in Berlin-Steglitz am 16. 9. 1907.725 Er besaß 1886 das eiserne Kreuz 2. Klasse, das Dienstauszeichnungs-Kreuz und das Ritterkreuz 2. Klasse des bayerischen Militair-Verdienst-Ordens, sowie seit 18. Januar 1886 den roten Adlerorden 4. Klasse. Am 2. April 1869 verheiratete er sich als Premier-Lieutenant in Mesow bei Daber mit Anna Pauline Henriette Cochius, geboren 30. April 1840 zu Friesack, † Berlin-Steglitz 2. 2. 1913, Tochter des Amtmanns726 Alexander Horatius Friederich Cochius und der Julie Pauline gebornen Cochius. Sie hat bei der Sammlung von Volkssagen aus dem Kreis Regenwalde mitgewirkt.727 Diese Ehe war mit vier Söhnen 1) E w a l d Hermann Carl Victor, geboren 21. Mai 1872, 2) D e t l e f Hermann Wedig Heinrich, geboren 27. August 1873, 3) H e r b e r t Hermann Wedig Georg, geboren 13. November 1874, 4) J o a c h i m Wilhelm Hermann Wedig, geboren 18. Juni 1878 (III. 966-969), über deren Biographien in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet wird, und drei Töchtern gesegnet: 1) C a r o l i n e Friederike Anna Hermine Beata, geboren 9. Februar 1876 in Kosel. † Berlin-Wilmersdorf 2. 1. 1946, verm. Berlin-Steglitz 26. 6. 1903 mit Dr. med. Hubert Schnitzer, * Berlin 26. 6. 1870, † 14. Dezember 1941728, leitender Arzt der Kückenmühler Anstalten in Stettin, 2) A n n a Hermine Julie Helene, geboren 19. Februar 1877 in Ratibor, † Berlin-Steglitz 15. 9. 1956, 3) E v a Magdalene Anna Hermine, geboren 15. 1. 1883 in Kosel, † Berlin 18. 7. 1973729
III. 886. S i g i s m u n d Theodor Carl Alexander, Premier-Lieutenant a. D., geb. 12. August 1848, † 1911, des Majors Hermann Julius Alexander einziger Sohn zweiter Ehe, zu Neiße geboren, kam ins Cadetten-Corps und war 18. April 1865 charakter. Portepee-Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 31, 11. November ej. a. Portepee-Fähnrich, 13. Oktober 1866 Seconde-Lieutenant und am 15. November 1869 im See-Bataillon. Vom 1. April bis 1. Juli 1870 war er Führer der Wachtdetachements der Battr. Jägersberg und Wollenort. 1870/71 war er an Bord S. M. S. “Elisabeth”. Von Juni bis Juli 1871 war er Führer des
723
Die Gefechtstage von Le Mans vom 5. bis 12. Januar 1871, von Kleist, Hauptmann und Compagnie-Chef im Infanterie-Regiment 62, Hannover, 1880 Die Schlacht bei Loigny-Poupry am 2. Dezember 1870, Hauptmann Hermann von Kleist, Monatshefte für Politik und Wehrmacht XVII, 1, 129, XIX, 104 (2009) 724 Frankreichs äthiopische Eisenbahn, Geographische Zeitschrift 1903, S. 465. Birma, Geographische Zeitschrift 1905, S. 601. Die Hedschas-Bahn, Geographische Zeitschrift 1907, S. 153. Kurzer Nachruf, Geographische Zeitschrift 1907, S. 595. (2009) 725 Offizier-Stammliste des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV, Kurt von Priesdorff, Berlin 1906, S. 451 (2009) 726 Familiengeschichte 1980: Gutspächter (2006) 727 Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, 2. Auflage, Berlin 1889, S. V (2011) 728 Nachrichtenblatt März 1943 (2006) 729 Familiengeschichte 1980 (2006)
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Seesoldaten-Detachements in Friedrichsort, von Februar bis April 1872 bei der Lehrabt. der StammDivision der Ostseeflotte.730 Am 12. Februar 1874 ist er bei der Marine ausgeschieden und als Premier-Lieutenant im Füsilier-Regiment Nr. 33 angestellt. Am 16. April ej. a. schied er ohne Pension aus und wechselte zum 1. Bataillon Landwehr-Regiments Nr. 94, am 12. Februar 1875 zum Reserve-Landwehr-Bataillon Nr. 35. Aus Gesundheitsgründen schied er 1880 aus dem Heeresdienst aus und erhielt eine Zivil-Anstellung in Berlin.731 In der Regimentsgeschichte des Füsilier-Regiments 33 ist erwähnt, dass er in Berlin als Berichterstatter tätig war.732 1887 sei er wegen versuchten Betruges verhaftet worden. Am 1. Februar 1894 sei er nach England ausgewandert.733 Er starb am 30. 10. 1911 in Charlottenburg.734 Als Lieutenant im Infanterie-Regiment Nr. 31 verheiratete er sich: a) in Erfurt am 1. November 1869 mit Catharina Margarethe Dorothee Seebald, geboren 20. September 1850 in Treuenbrietzen, † Berlin 17. 12. 1935, Tochter des Papier-Fabrikanten Friedrich Wilhelm Seebald und der Johanne Amalie Albertine Mathilde gebornen Heinrich. Die Ehe wurde 1878 geschieden. Margarethe heiratete in 2. Ehe in Treuenbrietzen am 2. Mai 1881 Dr. Franz Hermann Kaphengst. Die Ehe wurde geschieden. Als sie sich nach der Scheidung wieder von Kleist nannte, wurde dies vom Familienverband beanstandet. Das Heroldsamt lehnte ihren Antrag am 24.5.1910 ab.735 In der ersten Ehe hatte er zwei Söhne 1) Waldemar geboren am 10. Februar 1871, † 28. Juli 1871 (III. 969a), 2) S i g i s m u n d Erdmann Eberhard, geboren am 24. April 1874 (III. 970), über dessen Biographie in der Fortführung der Familiengeschichte berichtet wird, und eine Tochter Margarethe, die 1872 geboren wurde und am 19. Oktober 1877 starb. Nachdem er 1878 geschieden wurde, heiratete er am 19. September 1879 in Russawa, Podolien: b) Elisabeth geborne von Neveroffsky, * St. Petersburg 5. 5. 1857 (gesch. 10. 10. 1893). Tochter: Marie geboren 9. August 1880 Berlin736, † vor 1912737. Am 13. Januar 1905 hatte Sigismund beim Heroldsamt beantragte, seinem am 13. März 1895 geborenen unehelichen Sohn den Namen von Kleist zu geben. Der Antrag wurde abgelehnt, da die Zustimmung des Familienverbandes nicht vorlag.738 Der Damen-Zadtkower Seitenzweig wird mit der folgenden Generation enden.
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Geschichte des Füsilier-Regiments Graf Roon (ostpreussischen) Nr. 33, Nr. 436 (2009) Bisherige Textfassung: Am 12. Oktober 1875 erhielt er den erbetenen Abschied und Auswanderungs-Consens. Unterm 24. Februar 1880 ward ihm Aussicht auf Anstellung im Civil erteilt. 732 Im Oktober 1877 wurde er Leiter einer in Berlin neu gegründeten Zeitung „Deutsches Salonblatt“. Leipziger Zeitung, Wissenschaftliche Beilage, 1877, S. 544. (2016) 733 Geschichte des Füsilier-Regiments Graf Roon (ostpreussischen) Nr. 33, Nr. 436 (2009) 734 Familiengeschichte 1980 (2006) 735 Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 176 VI K 493 (2008) 736 Gotha 1901 (2008) 737 Personalbestand der Familie 1912 ohne Datum (2008) 738 Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 176 VI K 493 (2008) 731
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Wir geben die Stammtafel von:
An dem Damen'schen Aste ist endlich noch ein größerer Seitenzweig mit einigen kleinen Nebenzweigen entsprossen. Den Seitenzweig können wir nach den Hauptsitzen
den Kowalk-Warniner nennen. Er entstammt von Adrian (III. 78), welcher drei Söhne hatte: 1) Pribislaff, 2) Martin und 3) Jacob (III. 144—146). III. 144. Pribislaff auf Kowalk, † vor 1665, Adrians ältester Sohn, wurde 6. Mai 1608 belehnt. In demselben Jahre wurden er und sein Bruder Martin, auch ihr unmündiger Bruder Jacob, Adrians zu Kowalk Söhne, mit der Feldmark Glienke, welche von ihrem Vaterbruder Tessen herstammte, mitbelehnt (569). Unterm 14. Juni 1614 ward der Erbrezeß zwischen den Gebrüdern Pribislaff, Martin und Jacob auf
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Kowalk und Dimkuhlen geschlossen. Jacob erhielt Geld von Pribislaff, dieser 2/3 der Güter, nämlich den Rittersitz Kowalk und 2 Kossäthen daselbst, einen Bauerhof zu Dubberow, einen Bauerhof zu Zarnekow, 3 Bauerhöfe zu Warnin, einen Bauerhof zu Kl. Voldekow, Holzung und Äcker zu Hansfelde, die Feldmark Freienstein, die Wiese Sitenitz, den Teich Paulwurre, 7 1/ 2 Bauerhöfe zu Höckendorf, Haus und Acker zu Cöslin, worüber er nach Belieben disponiren durfte. Die Pacht der Hasselmühle war gemeinschaftlich, desgleichen waren das Vier auf dem Groß-Voldekower Felde, worüber ein langwieriger Streit mit den Vettern entbrannte, die Gerechtsame am Schmenzin'schen Vier nebst Freienstein pro rata gemeinschaftlich; — alles nach Inhalt des am 19. April 1608 aufgerichteten Vertrages (579).739 Bei der Churfürstl. Erbhuldigung 1665 war Pribislaff nicht mehr am Leben; es wird dabei nur noch sein Bruder „Marten, Adrians Sohn, auf Kowalk und Warnin" genannt (640). Seine Gemahlin Anna von Podewils hatte ihm vier Töchter geschenkt, deren Namen wir nicht erfahren; sie wurden von Adrian, Martins Sohne, aus Kowalk mit 4000 Fl. ausgesteuert. III. 145. Martin auf Kowalk, Dimkuhlen und Warnin, 1643, Adrians anderer Sohn, huldigte am 6. Mai 1608 mit seinem älteren Bruder Pribislaff, auch für ihren unmündigen Bruder Jacob, welcher außer Landes war (563 a und b, 564 und 565). In demselben Jahre wurden die drei Gebrüder mit der Feldmark Glienke belehnt (569). Bei der Erbteilung am 14. Juni 1614 erhielt Martin 1/3 Hof zu Dimkuhlen, 4 Bauerhöfe und 3 Kossäthen in Gr. Voldekow, ferner noch 1 1/2 Bauerhof daselbst, laut Vertrag vom 19. April 1608 (579).740 Am 19. März 1618 nahm er an dem Leichenbegängnisse Herzogs Philipp II. teil, indem er unter den 24 Fackelträgern neben dem Sarge ging. Unterm 11. November 1621 bekannte er sich, zu „Dumkuhr" = Dimkuhlen erbsessen, der Sophia von Sagers, des Henning von Brüsewitz, auf Cummin erbsessen, Witwe, zu einer Schuld von 800 Fl., wofür er ihr mit Bewilligung seiner Brüder Pribislaff und Jacob seinen Rittersitz zu Dimkuhlen verpfändete, dazu die 4 Bauerhöfe, jeden mit 1 1/2 Hufen, 1/2 Bauerhof mit 1/2 Hufe und einen Käthener, der sein voll Land hatte, zu Gr. Voldekow, die Wassermühle im Voldekow'schen Grunde, wie er solches vom Vater ererbt, jure antichreseos; sie sollte befugt sein, den Besitz zu ergreifen, sobald nach angesetzter Kündigung Martin Kl. mit der Zahlung säumig wäre. Im Jahre 1645 klagte Georg von Bartzs, Witwer der verstorbenen Sophia von Sagers, wegen rückständiger Zinsen des Restcapitals von 400 Fl. à 131 Fl.
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Am 26 September 1618, 28 September 1621, 1623 und 1624 wurde Prlbislaff von neuem belehnt. — Nach der Steuer-Matrikel de a. 1628 hatte er in Zarnekow 1 1/2 Hufen, in Warnin 3 1/2 Hufen und in Kl. Voldekow 1 Hufe zu versteuern (607). Wegen Sandschadens wurden ihm und seinem Bruder Martin 1630 5 1/2 Hufen im Schatzregister gelöscht (610) Beide Bruder erhielten am 11. November 1643 die gesamte Hand an dem von Asmus Kl. erkauften Gute Dertzow in der Mark (621). Bei der Besichtigung der Güter des Belgard'schen Quartieres lm April 1645 ergab sich's, daß Prlbislaff in Warum 2 besetzte Bauerhose, einen Kossäthen, 1/4 Hufe, in Zarnekow einen Kossäthen mit 1/2 Hufe, in Kl. Voldekow einen Kossäthen mit 1/4 Hufe und in Kowalk keine steuerbare Hufe besaß (623). — Im Jahre 1654 wurden Pribislaff und Jacob zu Kowalk und Bärwalde belehnt (630 a). — Am 25. April 1655 hatte Pribislaff von Kowalk ein Lehnpferd zu gestellen (632 und 633). 740 In den Jahren 1618 und 1621 wurden die drei Bruder belehnt (585 und 586) — Am 22. Oktober 1623 suchten Priblslaff zu Kowalk, Martin zu Dimkuhlen und Jacob zu Bärwalde gesamte Hand an den Stlftischen Lehnen der Kleiste, was ihnen 24 August 1624 bewilligt ward (601). Laut Steuer-Matrikel de a. 1628 hatten Adrians Erben zu „Kuewalk" = Kowalk 13 Hufen zu versteuern (606); außerdem Martin in Groß-Voldekow 7 Hufen (607). Gelöscht wurden a. 1630 wegen Sandschadens Pribislaff und Martin, als Adrians Erben, 5 1/2 Hufen und 1 1/2 Morgen (610) Am 11. November 1643 erhielten die drei Brüder die gesamte Hand an Dertzen (621).
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Am 10. Juni 1629 hatte er den Revers der Ritterschaft des Belgard'schen Quartieres für ihren Direktor Daniel Kleist auf Damen mitunterschrieben (610). Im Jahre 1645 lebte er nicht mehr (623). Er war zweimal verheiratet: a) mit Dorothea von Zastrow aus dem Hause Bärwalde, welche ihm zwei Söhne geschenkt: 1) Adrian und 2) Asmus (III. 227 und 228), und b) 1640 mit der Witwe Christoph von Mellenthiens, auf Rackitt und Loest erbsessen, welche ihm einen Sohn ihrer ersten Ehe: Christoph Samson von Mellenthien mitbrachte. Martin Kl. wohnte in seinen letzten Lebensjahren auf Rackitt. III. 146. Jacob auf Kowalk und Bärwalde, † vor 1665, Adrians jüngster Sohn, war bei den Belehnungen des Jahres 1608 noch unmündig und außer Landes. In der Erbteilung am 14. Juni 1614 erhielt er von seinem ältesten Bruder Pribislaff eine Geldabfindung von 3000 Fl. (579). Unterm 22. Oktober 1623 suchte er, dazumal auf Bärwalde erbsessen, mit seinen Brüdern gesamte Hand an den Stiftischen Lehnen der Kleiste. Die Bewilligung erfolgte 24. August 1624 (601). Auch an Dertzen erhielten die drei Brüder 1643 gesamte Hand (621). Im Jahre 1654 wurde er von neuem mit Bärwalde belehnt (630 a).741 Bei der Churfürstl. Erbhuldigung 1665 wurde bereits sein Sohn belehnt (640); der Vater war mithin zuvor gestorben. Seine Gemahlin.... von Wolden, Tochter Heinrichs von Wolden auf Eichenberge, Zeblin und Bärwalde, hatte ihm nur einen Sohn Asmus Georg (III. 229) geboren. Von Adrians drei Söhnen waren also der zweite: Martin und der dritte: Jacob beerbt. Martin hatte zwei Söhne: 1) Adrian und 2) Asmus (III. 227 und 228). III. 227. Adrian auf Kowalk, † 1665, Martins älterer Sohn, hatte seine vier Cousinen, Pribislaffs Töchter, mit 4000 Fl. aus Kowalk auszusteuern und behielt dafür Kowalk inne, das sonst auf 6000 Fl. ästimiert war, bis sein Oheim Jacob es einlösen würde. Wiewohl letzterer dagegen protestierte, so suchte Adrian Belehnung mit Kowalk nach.
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Den Rittersitz Bärwalde hatte er von seinem Schwiegervater Heinrich von Wolden auf Eichenberge, Zeblin und Bärwalde für 3000 Fl. angenommen; dazu gehörten 6 Bauern und 3 Kossäthen in Pribkow. Im Jahre 1648 hatte Jacob zu Kowalk einen Prozeß beim Hofgericht zu Stettin wider Peter von Wolden auf Eichenberge, nachher dessen Erben, in puncto dotis et paraphernal: Beklagter war 16. März 1645 zur Zahlung von 2000 Fl. Ehegeld, 1000 Fl. Vater- und Muttererbe und 2152 Fl. 7 Schl. restirenden Zinsen verurteilt, hatte aber leine Zahlung geleistet und war darüber gestorben. Da auch die Erben nicht zahlten, so wurde Jacob Kl. in deren Güter am 21. August 1648 durch den Landreiter immittiert. Im Jahre 1655 hatten Jacob Kl. und Major von Zastrow auf Bärwalde und Zeblin wegen Heinrich von Wolden 1 Lpf. zu gestellen (632).
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Im Jahre 1641 führte er Prozeß mit Joachim Kleist auf Dimkuhlen (III. 191). Mit Valentin Kl. (III. 215) teilte er das Schmenzin'sche Vier so, daß er immer 5 Ruthen bekam, wenn Valentin 4 Ruthen erhielt. Seine 5 Ruthen aber teilte er mit seinem Bruder Asmus gleichmäßig. Im Jahre 1654 wurden beide Brüder belehnt (630 a). Am 1. November 1665 starb Adrian kurz vor der Churfürstl. Erbhuldigung. In seiner Ehe mit Euphrosine von Woitke (= Wödtke) aus dem Hause Zirkwitz sind drei Söhne: 1) Martin, 2) Dubislaff Heinrich und 3) Christoph Ludwig (III. 311—313), sowie zwei Töchter geboren: 1) Anna Ursula, vermählt mit Martin Joachim von Kl. auf Kowalk (III. 314), und 2)....., vermählt mit Alexander von Münchow auf Klannin.742 III. 228. Asmus auf Gr. Voldekow und Dimkuhlen, † vor 1665, Martins jüngerer Sohn, war 1645 Mitpatron der nach Naseband gehörigen Kapelle zu Kowalk; er wurde 1654 mit seinem Bruder Adrian belehnt (630 a). Am 8. Mai 1655 hatte er mit seinem Oheim Pribislaff auf Kowalk und Dimkuhlen ein Lehnpferd zu halten (633). Im Jahre 1665 wurden bereits seine Söhne belehnt. In den Jahren 1667-70 hatte des verstorbenen Asmus Witwe zu Dünkuhlen 4 1/8 Hufen zu versteuern (645). Seine Gemahlin Dorothea Hedwig von Kleist, des Bernd auf Gr. Tychow (II. 39) und der Elise von Manteuffel aus Broitz Tochter, hatte ihm zwei Söhne: 1) Martin Joachim und 2) Bernd Christian (III. 314 und 315), sowie zwei Töchter geschenkt: 1) Herrath Erdmuth, geboren 10. August 1660 zu Dimkuhlen, gestorben 9. September 1681 daselbst, vermählt a) mit Heinrich Georg von Sager auf Schötzow und b) mit Reimar von Kleist auf Schmenzin (III. 287), und 2) Anna Maria, welche unvermählt starb. III. 229. Asmus Georg auf Eichenberge, † c. 1689, Jacobs einziger Sohn, suchte nach seines Vaters Tode sein Lehn und bat um Investitur über Kowalk und Warnin, sowie über das Gut Bärwalde nebst dazugehörigen 6 Bauern und 3 Kossäthen in Pribkow. Mit erstgenannten Gütern wurde er am 9. November 1665 belehnt (640 und 662). Hinsichtlich des Gutes Bärwalde aber erging unterm 21. Mai 1668 der Bescheid, daß er zuerst Urkunden oder Bescheinigung über die Erwerbung desselben beibringen müsse. In dem Concursproceß wegen der Güter des sel. Peter von Wolden waren ihm laut Distribution vom 15. und 18. März 1667 folgende Posten zugeschlagen worden, die er aber am 22. November 1689 von den Possessoren noch nicht hatte beschaffen können:
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Für Adrians Witwe ward am 14. Dezember 1665 ein Curatorium bestellt, wozu als Vormünder ihrer Kinder: der Landrat Joachim Ernst von Bonin auf Naseband und Peter Woitke zu Sydow und als Iitis curator Petrus Döpke, Bürgermeister zu Belgard, gehörten.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 335 -
1) an der Wusterbarth'schen Mühle 212 Fl., 2) an einem Bauerhofe in Zülkenhagen 473 Fl., 3) an der Gerechtigkeit am Schulzenhofe in Zülkenhagen 69 Fl., 4) am Kossäthenhofe daselbst 100 Fl., 5) an den Wiesenflecken und Dieckstellen auf dem Bärwald'schen und Priebkow'schen Felde 700 Fl., 6) Anteil an der Coprieben'schen Mühle 565 Fl., 7) an den wüsten Höfen in Pribkow, das „neue Bawerk" genannt, 833 Fl., 8) an 2 Kossäthenhöfen und 3 Äckern in Pribkow 783 Fl. 8 Schl., 9) am Gallenhofe in Pribkow, welcher von Hans von Zastrows Erben in Besitz genommen, 400 Fl., 10) die Zeblin'sche Mühle mit 240 Fl., 11) noch an einem Hofe in Dummerwitz 240 Fl. und 12) mehrere andere Gerechtigkeiten an dem Bärwalde'schen Gute. Im Jahre 1672 hatte Kleist auf Eichenberge seinen Beitrag zu dem von Wolden'schen Lehnpferde beizusteuern (651). Im Juni 1688 war er alt und nicht mehr im Stande, seine Güter selbst zu verwalten; er sah sich genöthigt, dieselben seiner noch minderjährigen Tochter, für welche Vormünder bestellt wurden, abzutreten. Nach 1690 wird Asmus Georg nicht mehr genannt. Seiner Ehe mit Margarethe von Glasenapp, Tochter des Casimir v. G.,743 entstammt nur eine Tochter: Erdmuth Hedwig, vermählt 1694744 mit Franz Eggerd von Glasenapp, geb. 1668, gest. vor April 1736, sächsischem Capitain auf Rothenfließ, Coprieben und Pazig. Nachdem sie Witwe geworden, bezog sie mit ihren fünf Töchtern das von ihrem Vater ihr verschriebene Gut Pribkow. Letzteres wurde nach ihrem Tode, sie starb in Pribkow am 23. Januar 1754745, durch Rechtsspruch vom 15. Oktober 1764 den Erben des Franz Lorenz von Glasenapp zuerkannt. Mit des Asmus Georg unbeerbtem Tode erlosch Jacobs Nebenzweig, während der Kowalk-Warniner Seitenzweig durch Martins beide Söhne fortgepflanzt wurde. Martins älterer Sohn: Adrian hatte drei Söhne: 1) Martin, 2) Dubislaff Heinrich und 3) Christoph Ludwig (III. 311—313). III. 311. Martin auf Kowalk, 1672, Adrians ältester Sohn, war 1664 Arrendator von Dubislaffs (III. 123) Gut in Gr. Dubberow (639). Im Jahre 1665 suchte er für sich und seine unmündigen Brüder Belehnung nach und ward am 9.
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Vollständige Genealogie des alt-hinterpommerschen Geschlechts der Erb-, Burg- und Schloßgesessenen von Glasenapp, II. Teil, E. v. Glasenapp, Berlin 1897, S. 208. (2008) 744 Vollständige Genealogie des alt-hinterpommerschen Geschlechts der Erb-, Burg- und Schloßgesessenen von Glasenapp, II. Teil, E. v. Glasenapp, Berlin 1897, S. 294. Im Ehegelöbnis vom 10. Februar 1690 verspricht Asmus Jürgen, dass er sein Gut Eichenberge cum pert. loco dotis bei der Hochzeit abtreten wolle. (2008) 745 Vollständige Genealogie des alt-hinterpommerschen Geschlechts der Erb-, Burg- und Schloßgesessenen von Glasenapp, II. Teil, E. v. Glasenapp, Berlin 1897, S. 294. (2008)
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November ej. a. mit Kowalk und Warnin belehnt (640 und 662). Im Jahre 1672 mußte er von Kowalk 1/3 Lehnpferd beisteuern (651). Mit seiner Gemahlin Esther von Kleist blieb er unbeerbt. Sein Todesjahr ist c. 1685. III. 312. Dubislaff Heinrich auf Dimkuhlen, 1665, Adrians anderer Sohn, war bei der Belehnung am 9. November 1665 noch minorenn (640); er starb bald darnach ohne Erben. III. 313. Christoph Ludwig, 1665, Adrians jüngster Sohn, war 1665 minderjährig und starb gleichfalls ohne Erben. Mit dem unbeerbten Tode der drei Söhne Adrians erlosch dessen Seitenzweig. Asmus hatte zwei Söhne: III. 314. Martin Joachim auf Gr. Voldekow und Dimkuhlen, † 1730. Bei der Belehnung am 9. November 1665 war er etwa 10 Jahre alt; er mußte mit seinem jüngern Bruder Bernd Christian frühzeitig in Churfürstl. Dienste treten; sie waren in Preußen und andern Ländern einquartiert und konnten deshalb nicht eher, als am 20. April 1686 zur Huldigung erscheinen (647).746 Unterm 25. Januar 1697 verkaufte er an Bernd Eccard von Bonin zu Naseband etliche Kämpe in dem sogenannten „Versenheege" bei Naseband. Nach dem Vergleiche vom 5. April 1715 tauschte er einen Teil von Damen c für seinen Anteil an Kowalk von Franz Jürgen (II. 78), welcher denselben am 1. Februar 1717 an den Major Jürgen Lorenz (III. 388) verkaufte.747 Am 28. April 1718 kaufte er von Christian Lorenz (III. 295) einen Bauerhof zu Damen auf 15 Jahre wiederkäuflich für 425 Fl., und wurde, wiewohl ein Concurs über dessen Güter ausgebrochen, per jud. 30. Oktober 1724 im Besitze geschützt. Aber des Christian Lorenz separierte Frau machte Ansprüche daran; Martin Joachim erhielt jedoch 27. März 1725 ein günstiges Urteil; die separierte Frau behielt nur das jus hypothecae.
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Im Jahre 1690 mußten sie von Kowalk 3/4 und von Dimkuhlen 1/4 Lehnpferd beisteuern (667). Vgl. auch Urkunde 677 a. — Am 11. Oktober 1699 wurden sie von neuem belehnt (675). ebenso am 26. April 1714 (680); in demselben Jahre hatte Martin Joachim in Kowalk für 1/3 Lehnpferd zu zahlen (679). 747 Im Jahre 1623 hatte Martin Joachim Prozeß mit Jürgen Lorenz wegen 1/8 Lehnpferd, welches von dem Versen'schen Anteile an Kowalk zu entrichten war.
Familiengeschichte v. Kleist - Muttrin-Damensche Linie - Damen - 337 -
Am 4. Februar 1726 bevollmächtigte er seinen Sohn Bernd Erdmann, Damen zu kaufen. Darnach wird er in den Urkunden nicht mehr genannt. Er starb laut Kirchenbuch von Muttrin-Damen am 12. Dezember 1730 zu Damen. Seine Gemahlin Anna Ursula von Kleist, des Adrian zu Kowalk (III. 227) Tochter, hatte ihm einen Sohn: Bernd Erdmann (III. 409) und eine Tochter: Eleonore Sophie geboren, welche mit dem .....von Wienkowski vermählt ward. III. 315. Bernd Christian auf Gr. Voldekow, † 1715, des Asmus jüngerer Sohn, war 1665 minorenn und ging später mit seinem älteren Bruder in Kriegsdienste. Am 20. April 1686 huldigten beide Bruder (647). Sie wurden ferner am 11. Oktober 1699 und 26. April 1714 belehnt (675 und 680).748 Im Jahre 1715 starb er. Er war zweimal verheiratet gewesen: a) mit Eleonora von Versen aus dem Hanse Pobanz, starb 1696, des Lorenz von Versen auf Tietzow und Pobanz und der Barbara Catharina von Puttkamer auf Grünwald und Ponickel Tochter, welche der Rittmeister Andreas Joachim von Kl. auf Völzkow (II. 61) an Kindesstatt angenommen und ihr das Gut Völzkow mitgegeben. Im Juli 1706 mußte ihr Gemahl eine Reise in die Mark thun, um daselbst einige Streitigkeiten, die mit den Interessenten seines dortigen Gutes Völzkow entstanden, beizulegen. b) Eine zweite Ehe ging Bernd Christian von Kl. am 7. Dezember 1698 ein mit Ernestine Christine von Zastrow aus Wusterhanse, Tochter des Hauptmanns Peter Heinrich von Zastrow auf Wusterhanse und der Sophia Elisabeth von Ramin aus Böck. Die Söhne und Töchter erster Ehe sind sämtlich jung gestorben. In zweiter Ehe wurde nur ein Sohn: Andreas Joachim (III. 410) geboren, welchen die Mutter noch um mehrere Jahre überlebte. Des Asmus beide Söhne waren also beerbt. Martin Joachims einziger Sohn war: III. 409. Bernd Erdmann auf Damen, Major, † 1745. Er war 1714, 22 Jahre alt, Fähnrich749 und nahm 1725 seinen Abschied. Sein Vater bevollmächtigte ihn 748
Im Jahre 1690 hatten beide Brüder von Kowalk für 3/4 und von Dimkuhlen für 1/4 Lpf. zu zahlen (667 u. 667 a ). Am 11. Januar 1714 hatte Bernd Christian von Gr. Voldekow 1/3 Lpf. beizusteuern (679). 749 Als ein Lieutenant von Bülow sich in Gegenwart von Cadetten über einen ihrer Offiziere ungebührlich äußerte, trat Bernd Erdmann von Kleist, zu welchem der Fürst Leopold einst gesagt: “Gott sei dem Regiment gnädig, davon Du einst Oberst wirst,” vor und sagte:” Herr, Ihr müßt nicht so von (Fortsetzung...)
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1726, Damen c und Rauden zu kaufen. Hierauf trat er wieder ein und avancierte 1727 zum Premier-Lieutenant, 1729 zum Capitain und 1740 zum Major im Infanterie-Regiment Nr. 31. Er machte den ersten schlesischen Krieg mit, und starb am 24. Juni 1745 zu Breslau. Er heiratete am 12. August 1725 in Bielefeld Hermina Elisabeth750 von Schmerheim, Tochter des Generalmajors von Schmerheim. Sie hatte ihm einen Sohn: Friedrich Carl (III. 535) und eine Tochter: Anna Franziska, vermählt mit Franz Lorenz von Kl. (III. 511), geschenkt. Sie begab sich als Witwe nach Minden. Bernd Christian hatte auch nur einen Sohn, welcher zu Jahren kam, während seine übrigen Söhne sämtlich jung gestorben: III. 410. Andreas Joachim auf Groß-Voldekow und Warnin, † 1725.751 Er studierte 1713 in Jena. Nach seines Vaters Tode (starb 1715) erbte er einen Teil von Gr. Voldekow und ein Gut in Dimkuhlen nebst dem Sandhöfchen, auch einen Bauerhof in Schmenzin. Dazu trat ihm Friedrich Wilhelm von Versen auf Tietzow: Warnin am 6. Mai 1716 ab; ferner kaufte er von seinem Oheim Martin Joachim dessen in Warnin belegenes Vorwerk, nach dem Vergleiche vom 28. Februar 1717 erblich, während er zu gleicher Zeit sein väterliches Gut in Dimkuhlen nebst Sandhöfchen und dem Bauerhofe in Schmenzin c. p. mit einer steuerbaren Hufe, woran 1/3 Lehnpferd haftete, an Christian Wilhelm von Kl. auf Gr. Tychow (II. 116) für 3050 Rtlr. verkaufte; ausgenommen waren vom Verkauf: die Bauerhöfe in Gr. Voldekow mit ihren Wiesen in Freienstein und der Oberbusch mit seinen zwei Kathen. Ferner kaufte er die Hälfte von Gr. Voldekow am 28. Mai ej. a. von Hans Erdmann von Kl. (III. 377), die andere Hälfte besaß er schon als Lehn. Die beiden Buschkathen nebst dazugehöriger Holzung hatte er nach dem Contract vom 15. Mai ej. a von Franz Jürgen von Kl. (II. 78) gekauft. Im Jahre 1724 klagte er gegen Ulrich von Versen, desgleichen gegen M. C. von Blanckenburg wegen Lehnsfolge in Pobanz. Im darauffolgenden Jahre starb er. Seine Gemahlin war eine geborene von Münchow, Schwester des Hofgerichts-Präsidenten von Münchow. Sie hatte ihm zwei Söhne: 1) Christopher Heinrich und 2) Joachim Friedrich (III. 536 und 537), sowie eine Tochter: Dorothea Luise geboren. Die Vormundschaft über die Kinder übernahm zunächst der Hofgerichts-Präsident von Münchow, später der Kammerjunker von Zarth. Die Vormünder der Minorennen klagten 1729 und 1739 gegen den Oberstlieutenant von Blanckenburg wegen der Verlassenschaft von Christoph Erdmann von Versen auf Pobanz und Tietzow. Nach vieljährigem Prozesse reluierte jedoch Georg von Versen, als nächster Agnat, das Gut Pobanz.
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(...Fortsetzung) meinem Offizier sprechen” und als Bülow ihm mit der Fuchtel drohte: “das will ich hier abwarten; ich bin alle Tage noch so gut wie Ihr.” Die Magdeburger Cadetten-Compagnie 1710 bis 1719 in Militärische Blätter, Band 22, Berlin 1870, S. 475, 490 (2014) 750 www.familysearch.org Kirchenbuch Marienkirche Bielefeld (2009) 751 Die Stammtafel nimmt irrtümlich 1737 als sein Sterbejahr an.
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Des Majors Bernd Erdmann einziger Sohn war: III. 535. Friedrich Carl auf Damen, Hauptmann, geb. 1727, Er wurde am 29. August 1727 in Bielefeld geboren.752 Nach seines Vaters Tode wurde er am 29. Juni 1746 belehnt (684). Er war 1745 im damaligen Schwerin'schen Regiment, wo er als Fähnrich stand. Allein „teils Krankheit, teils anderer Schandthaten halber ist er weggekommen, ging dann in die Pfalz zum General von Zastrow, um Dienste zu suchen, mußte aber wegen einer lügenhaften Plauderei das Land räumen, hat dann unter den Österreichern Dienste genommen, unter des General von St. Andrée Regiment als Corporal, blieb nicht lange, sondern ging unter die Franzosen, blieb auch dort nicht lange, sondern zog unter die sardinischen Truppen als Musketier, unter des Obersten von Wangenheim Compagnie, von wo ihn seine Mutter, als sie seinen Aufenthalt erfuhr, wieder ins Land kommen ließ, um die väterlichen Güter in Besitz zu nehmen.” Er hatte ein „leichtsinniges, von desparaten Gedanken eingenommenes Gemüth.” Im Jahre 1751 vermählte er sich mit Luisa Eleonore von Kleist, Tochter des Lorenz Christian von Kleist (III. 380) aus Kl. Voldekow, welche ihm einen Sohn: Friedrich Bernd Christian Heinrich (III. 664) und eine Tochter: Johanna schenkte. Letztere lebte c. 1763 bei ihrer Mutterschwester Ernstine Agnese von Kleist, Stiftsfräulein in Cammin. Auf seinen Vetter in Warnin (III. 536) war er im Jahre 1753 höchst erzürnt, wegen eines „Liebesverständnisses", in welchem derselbe mit seiner (Friedrich Carls) Gemahlin stehe und sandte ihm ein wenig schmeichelhaftes Cartell zu; seine Gemahlin aber drohte er zu erstechen. Seine Mutter bat d. d. Damen 6. November 1753, „den ungerateten Sohn, der mit seinen Ausschweifungen sie in's Grab bringe, sich selbst aber zeitlebens unglücklich mache”, sofort aufheben zu lassen. Letzterer war inzwischen nach Danzig geflohen. Dort wurde er arretiert und vorläufig im Kloster Oliva untergebracht, von hier aber bald nach Pommern zurückgebracht. Laut Urteil vom 20. März 1754 ward er „wegen übler Aufführung, heimlicher Entweichung außer Landes und Contravention gegen das Duell-Edict" zu 6 Jahr Festungs-Arrest condemniert und im Fort Preußen bei Stettin interniert. Inzwischen starb seine Frau.753 Da bat er 1755 von Fort Preußen aus, daß „sein zartes, ungezogenes Kind (Sohn) nicht seiner Frauen Schwester, sondern seiner leiblichen Mutter, der Majorin von Kleist geborenen von Schmeerheim anvertraut werde; diese wolle es zu ihrer Mutter, des Kindes Eltermutter, Generalin von Schmeerheim zu Bielefeld nehmen, und sei von dieser eine bedeutende Erbschaft zu hoffen etc.” Es ward ihm jedoch abgeschlagen. In einer Eingabe vom 9. Mai ej. a. sagt er offen: „Ich gestehe gern, daß meine flüchtige Jugend dem Cöslin'schen Hofgericht einigermaßen Gelegenheit gegeben, mir ihre Freundschaft zu entziehen.” In demselben